Wie frei wollen wir?

Der freie Wille. Ein Konzept, das seit jeher hinterfragt wird. Er ist ein großer Teil unseres Selbstverständnisses, die Grundlage für Demokratie und Moral, die Voraussetzung zur Strafmündigkeit. Doch gibt es ihn wirklich, oder sind wir lediglich Marionetten chemischer Prozesse?

Eine lange Geschichte

Der bewegende Diskurs über die Willensfreiheit nahm bereits im antiken Griechenland seinen Anfang. Namhafte Philosophen wie Homer und Aristoteles zerbrachen sich die Köpfe an diesem Phänomen. Doch, obwohl der freie Wille ständig neu definiert wurde, lautete der allgemeine Konsens, der Mensch träfe (zumindest bedingt) freie Entscheidungen.

Hand in Hand mit den Naturwissenschaften erlebte der Determinismus in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts einen Aufschwung und bot der seelischen Freiheit offiziell die Stirn. Nach dieser philosophischen Auffassung unterliegen alle Prozesse strikten Naturgesetzen. Unvereinbar mit der Willensfreiheit. Kompatibilisten wie Hobbes gelang es zwar kurzfristig, die Willensfreiheit mit dem Determinismus zu vereinen, dennoch geriet das Konzept immer weiter ins Wanken.

Das Libet-Experiment

Einer der Skeptiker der Willensfreiheit war der Physiologe Benjamin Libet. Er führte in den 1980ern ein Experiment durch, dessen Ziel es war, den exakten Zeitpunkt einer bewussten Handlungsentscheidung und der darauffolgenden motorischen Umsetzung zu bestimmen. Hierzu ließ er seine Probanden auf eine laufende Uhr blicken und zu einem völlig zufälligen Zeitpunkt die rechte Hand heben. Anschließend sollten sie sich den Stand der Uhr zum Zeitpunkt ihres Entschlusses merken. Mit einem Elektromyogramm und einer Elektronenzephalographie maß er ihre Muskel- bzw. Kortexaktivität.

Das erstaunliche Ergebnis: Die willentliche Entscheidung setzte im Schnitt 300 Millisekunden nach der Nervenaktivität im Kortex ein, die die Muskelbewegung einleitet. Daraus folgt, dass nicht die Willensentscheidung die Bewegung auslöst.

Ist die Entscheidungsfreiheit nur eine Illusion?

Die Konsequenz daraus wäre, dass niemand für seine Handlungen verantwortlich gemacht werden könnte. Alle Verbrecher müssten aus dem Gefängnis entlassen werden, alle Straftaten blieben unbestraft. Ob Steuerhinterziehung, Geldfälschung, Körperverletzung, Vergewaltigung.

Ein allmächtiges Unterbewusstsein widerspricht unserer subjektiven Empfindung. Und auch Teilgebiete der Wissenschaft kommen nicht umhin, Versuche wie Libet sie durchführte, anzuzweifeln. So wird argumentiert, dass die einzige wirkliche Entscheidung in dem Moment getroffen wurde, als der Proband sich dazu bereit erklärte, am Experiment teilzunehmen. Die Instruktionen standen fest, lediglich der Zeitpunkt der Handhebung war variabel. Reicht dieses Experiment also aus, um uns die gesamte Freiheit unseres Geistes abzuerkennen?

Ich weiß, dass ich nichts weiß

Nach meiner Recherche zu diesem Thema bin ich noch verwirrter als zuvor. Schopenhauer sagte: „Der Mensch kann tun was er will; er kann aber nicht wollen was er will.“ Das leuchtet ein. Allerdings würde das auch bedeuten, dass all unsere Errungenschaften gar nicht unser Verdienst sind. Eine ziemlich deprimierende Vorstellung.

Um nicht im ethischen Nihilismus zu versinken, begnüge ich mich zunächst mit dem Wissen, es nicht zu wissen. Gerade die enorme Interdisziplinarität dieser Debatte bestätigt meine Hoffnung, dass es beim aktuellen Kenntnisstand keine eindeutige Antwort geben kann. So unbefriedigend dies auch aus wissenschaftlicher Sicht sein mag – dieses Unwissen ermöglicht uns vermutlich ein Leben in einer demokratischen Gesellschaft. Und das ist doch gar nicht mal so verkehrt.

Literatur

Avatar-Foto

Veröffentlicht von

Mein Name ist Louisa Sohmen und ich bin Medizinstudentin in Hamburg. Da ich erst am Anfang meines Studiums stehe, konnte ich noch keine eigenen Erfahrungen in der wissenschaftlichen Forschung sammeln, allerdings kann ich mir gut vorstellen, später in einem solchen Bereich tätig zu werden. Die Komplexität des menschlichen Gehirns faszinierte mich schon immer, weswegen ich mich sehr freue, mich hier regelmäßig mit spannenden Fakten auseinandersetzen zu können.

78 Kommentare

  1. Würde eint Boxer erst nach einer Willensentscheidung zuschlagen, wäre er schon vorher k.o.
    Der Augenschließreflex verlangt nach keiner Willensentscheidung.
    Wenn Sie jemand anrempelt, dann reagieren die meisten spontan und nicht nach Überlegung.
    Aus dem Libet Experiment auf den (un)freien Willen zu schließen, das zeigt nur, dass Bewegungen einen anderen Weg gehen als zuerst Denken, dann Handeln.

    • Ich weiß nicht, ob der (un)freie Wille mit Reflexen zu erklären ist, da zumindest viele nicht einmal über das Gehirn laufen, und alle unwillkürlich passieren. Beim bewussten Heben eines Arms sieht das ganz anders aus.

  2. Mensch bedeutet IMMER ALLE, deshalb ist “unser Geist” erst im fusionierten Zustand wie Gott = Vernunft (Wissen), für den Sinn des schöpferischen Geistes – Gemeinschaftseigentum und entsprechendes Verantwortungsbewusstsein “wie im Himmel all so auf Erden” (Glaube)

    Leider hat Mensch die Konfusion seit der “Vertreibung aus dem Paradies” (Mensch erster und bisher einzige geistige Evolutionssprung) noch nicht überwunden, so daß wir im zeitgeistlich-reformistischen Kreislauf nun mit den brutalen Symptomatiken des “gesunden” Konkurrenzdenkens im nun “freiheitlichen” Wettbewerb “zusammenleben” und versuchen den geistigen Stillstand seit der “Vertreibung” mit Rechtfertigung auszufüllen.

    Der Freie Wille, ist ein Zustand der es uns über Vernunft und Verantwortungsbewusstsein möglich macht die ganze Kraft des Geistes …

    • Wie frei wollen wir?

      Schopenhauer sagte: „Der Mensch kann tun was er will; er kann aber nicht wollen was er will.“

      Wir sind alle “durchströmt” vom selben Geist der Gott = Vernunft ist. Nichts gehört dem “einzelnen” / “individualbewussten” Mensch allein, sogar/besonders unsere Gedanken nicht, weil diese auch immer abhängig von Geist und sonstwie funktionalisierter Gemeinschaft geprägt “wachsen”.

      Wir stecken seit der “Vertreibung” im “vorhergesehenen” Kreislauf / in der “göttlichen Sicherung” einer schöpferischen Diktatur fest, wo es um mehr geht als nur die “gottgefällige” Fusion – vermutlich die Gestaltung eines weiteren Geistes / einer neuen “Seele”, zur Stärkung des ursprünglichen Geistes und …

  3. “… dieses Unwissen ermöglicht uns vermutlich ein Leben in einer demokratischen Gesellschaft. Und das ist doch gar nicht mal so verkehrt.”

    Wenn man die Geschichte dieser Welt- und “Werteordnung” genau betrachtet, dann ist so ziemlich alles verkehrt.

  4. Ich kann zum eigentlichen (hochinteressanten! Danke!) Thema nichts beitragen, aber die Aussagen zum Strafrecht möchte ich relativieren: Strafrechtlich spielt neben der Schuld auch die Prävention eine Rolle, sodass die Folgerung, alle Straftaten blieben unbestraft, nicht zwingend ist.

      • @Gerald Fix

        Ja, das “Verbrechen” ist eine Folge von Reizüberflutung in systematisch-erpresserischen Abhängigkeiten und mangelhafter Prävention aus falsch übermittelter / falsch verstandener Werte wie Freiheit und Vernunft.

  5. Eine sehr komplexe Frage. Ich kannte mehrere Menschen die sich totgesoffen haben . War das ihr freier Wille ? Letztendlich ja. WILLE kommt dem Wortstamm nach von WOLLEN. Dieses Wollen ist in der Psyche relativ einfach bei den Trieben denn Essen und Sex sind angeboren und kein kompliziertes Lernergebnis. Alles andere muss der Mensch erlernen bzw. wird von der Gesellschaft geformt/manipuliert. Ich kann dann also nur etwas Wollen , was ich an Werten vermittelt bekommen habe. Ich bin FREI zwischen diesen vorgegebenen Werten zu entscheiden bzw. mit ihnen in Konflikt zu geraten . Meine Lösung, mein Wille(Wollen) ist individuell und hängt von meiner Bewertung der jeweiligen Situation ab. Wenn ich also mit Alkohol (Drogen) meine Konflikte wegtrinken will, ist das meine freier Wille der mir keine andere Konfliktlösung anbietet der wahrscheinlich aus den Konflikten anderer ,aus dem freien Willen anderer, gezeugt wurde.

    • @Golzower: “Ich kann dann also nur etwas Wollen, was ich an Werten vermittelt bekommen habe.”

      Ja, und folglich ist ALLES bisher nur Bewusstseinsbetäubung, unserer gleichermaßen unverarbeiteten Bewusstseinsschwäche.

  6. Die meisten Wünsche kann man auf angeborene Eigenschaften zurückführen.
    Zum Beispiel:
    Der Wunsch nach Arbeit ist eine Folge des Wunsches nach Geld,
    der Wunsch nach Geld ist eine Folge des Wunsches nach Nahrung und Kleidung,
    der Wunsch nach Nahrung und Kleidung ist eine Folge der Instinkte Hunger und Kälte nicht haben zu wollen.
    Und diese Instinkte sind angeboren,
    weil sie sich bei den evolutionären Vorgängen bewährt haben.
    —–
    Der im Buddhismus vorkommende Wunsch, keine Wünsche mehr zu haben,
    beruht selbst auf dem Wunsch nach Ruhe und Leidensfreiheit.
    —–
    Das Einsperren von Kriminellen dient dazu, die Nichtkriminellen vor ihnen zu schützen,
    und auch dazu, um potentielle Kriminelle zu demotivieren.
    Schuld und Bestrafung sind als Begriffe dazu nicht notwendig.

    • Ergänzung:
      Die primären Wünsche sind angeboren.
      Die angeborene Erziehbarkeit führt zu den anerzogenen Wünschen.
      Aus den Wechselwirkungen zwischen den angeborenen Wünschen
      und der Umwelt entstehen die sekundären, erlernten Wünsche.
      —–
      Die Vernunft setzt keine Ziele.
      Die Vernunft vermittelt nur zwischen den Zielen.
      Es gibt keine Wirkung ohne Ursache.
      Keine Ursache stammt letzten Endes aus dem Individuum selbst.
      —–
      Die erlernten Wünsche kann man relativ leicht ablegen.
      Die anerzogenen Wünsche sind viel schwerer abzulegen.
      Das Sokushinbutsu zeigt, dass man sogar die angeborenen
      Wünsche ablegen kann.

    • Korrektur

      Der Freie Wille, ist seit der “Vertreibung” eine mehrheitsbedingte/ganzheitliche Entscheidung zwischen Ja gegen Unwahrheit und Nein zur Wahrheit, offenbar immernoch im Nein, wobei das Bekenntnis an Gott zu glauben eine heikle Sache ist die einem Verschwörungsmythos gleichkommt – Die, die an Gott glauben, und die, die Gott als Vernunft wissen und an den Sinn des Geistes der Schöpfung glauben, könnten vom Satan verführt worden sein, was wiederum den konfusionierten Gedanken des “freiheitlichen” Wettbewerbs entspricht!? 🤪🤭😎

    • Ergänzung:
      Die primären Wünsche sind angeboren.
      Die angeborene Erziehbarkeit führt zu den anerzogenen Wünschen.
      Aus den Wechselwirkungen zwischen den angeborenen Wünschen
      und der Umwelt entstehen die sekundären, erlernten Wünsche.
      ——
      Die Vernunft setzt keine Ziele.
      Die Vernunft vermittelt nur zwischen den Zielen.
      Es gibt keine Wirkung ohne Ursache.
      Keine Ursache stammt letzten Endes aus dem Individuum selbst.
      ——
      Die erlernten Wünsche kann man relativ leicht ablegen.
      Die anerzogenen Wünsche sind viel schwerer abzulegen.
      Das Sokushinbutsu zeigt, dass man sogar die angeborenen
      Wünsche ablegen kann.

    • Herr Bednarik,
      der Begriff ‘Schuld’ ist im Strafrecht grundlegend. Die §§ 13 – 21 des StGB führen das aus. Insofern hat Frau Sohmen völlig recht, dass das Strafrecht seine Basis verlöre, wenn man dem Menschen seinen freien Willen absprechen müsste.
      Darüber hinaus kennt das Strafrecht allerdings auch schuldunabhängige Regelungen – so wird eine Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt, wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Täter oder die Täterin weitere Straftaten begehen wird. (Maßregeln der Besserung und Sicherung, §§ 61 – 72 StGB)

      • @Fix: Strafrecht

        Im Gerichtssaal geht es nicht um Willensfreiheit, sondern um Einsichts- und Steuerungsfähigkeit.

        Der Term “Willensfreiheit” taucht im Strafrecht gar nicht auf und auch nur in ein paar wenigen BGH-Urteilen, in denen die Richter einmal etwas philosophieren, die in der Rechtspraxis aber so gut wie keine Rolle spielen.

        Das ist Ihre Interpretation.

        • Sind “Steuerungsfähigkeit” und “Willensfreiheit” in diesem Kontext nicht synonym zu gebrauchen? Wer keinen freien Willen hat, kann seine Handlungen nicht steuern. Und wer seine Handlungen nicht steuern kann, sollte für diese nicht belangt werden.

          • @Sohmen: Wille vs. Steuerung

            Ich würde sie nicht synonym verwenden: “Wille” ist ein abstrakter, eigentlich philosophischer Begriff, der zudem suggeriert, es gäbe ein Ding “Wille” (und wo ist das?).

            Einsichts- und Steuerungsfähigkeit sind konkretere Begriffe, die sich psychologisch/psychiatrisch beurteilen lassen und normativ sinnvoll sind. Damit können Richter etwas anfangen.

            Das philosophische Willensfreiheitsproblem ist auch nach rund 2000 Jahren nicht gelöst. Es mag heute eine kompatibilistische Mehrheit geben (die übrigens gut mit Einsichts- und Steuerungsfähigkeit einhergeht). Mehr auch nicht.

            Richter haben – anders als Philosophen – nicht ewig Zeit.

            Man könnte “Willensfreiheit” aus dem Vokabular streichen – und das Leben ginge einfach weiter, sofern man nicht gerade Philosoph ist und damit seinen Lebensunterhalt verdient.

        • Nun, das mag so sein. Bundesrichter a.D. Fischer widmet dem freien Willen in seinem Buch “Über das Strafen” immerhin ein Kapitel.

          Nur eine Frage: Wie erklären Sie Vorsatz höchster Ordnung – also unbedingten Vorsatz oder Absicht, d.h. den unbedingten Willen ein Gesetz zu brechen – mit Steuerungs- oder Einsischtsfähigkeit?

  7. @Louisa Sohmen

    »Der bewegende Diskurs über die Willensfreiheit nahm bereits im antiken Griechenland seinen Anfang. Namhafte Philosophen wie Homer und Aristoteles zerbrachen sich die Köpfe an diesem Phänomen.

    Das scheint auf der Hand zu liegen und plausibel zu sein. Doch bei genauerer Betrachtung stimmt das nicht so ganz, wie Rainer Mausfeld (in einem Vortrag Die Freiheit des Willens und die Gesetzmäßigkeiten der Psyche, gehalten vor der Luther-Gesellschaft, Eisenach, 2011) bemerkt:

    Untersucht man die Literatur von Homer bis lange nach Aristoteles, so findet sich, wie Michael Frede (2011) in seiner Studie Free Will in Antiquity aufzeigt, weder ein direkter noch ein indirekter Hinweis auf so etwas wie ein ,Problem der Willensfreiheit’. Vielmehr haben, ihm zufolge, weder Platon noch Aristoteles überhaupt über ein Konzept eines freien Willens verfügt, das über den banalen Alltagsgebrauch hinausgeht. Dieses Konzept taucht erst in der späten Stoa auf und entfaltete sich als eigenständiges Problem erst in der christlich-jüdischen Tradition.

    Das hatte ich anlässlich einer früheren SciLogs Debatte zum Thema schon einmal zitiert, nur ist der dort angegebene URL zu Mausfelds Vortrag inzwischen ungültig — den Link zu Frede (2011) habe ich jetzt nachträglich hinzugefügt.

    Meines Wissens kennt übrigens auch die buddhistische, daoistische und konfuzianistische Tradition kein “Problem der Willensfreiheit”. Die christliche Theologie sieht da wohl einen Konflikt zwischen Mensch und göttlicher Bestimmung, was die Neurodeterministen der jüngeren Vergangenheit bedenkenlos übernommen haben, wobei lediglich Gott durch einen Demiurgen namens `Gehirn’ ersetzt wurde.

  8. Die Informationstechnologie hat uns die Entscheidung abgenommen ob wir wollen oder nicht.
    Ohne die Zustimmung zu den AGBs kann man das Internet nicht nutzen, man kann keine Smartphones nutzen, in Bälde wird bei den Lebensmitteldiscountern der bargeldlose Zahlungsverkehr mit smartphone + App eingeführt.
    Die Fragestellung ist also überholt. Wir haben keine Wahl.
    Die Freiheit, die gemeint ist, ist der Zugang zu den wirtschaftlichen Möglichkeiten, Aktienkauf, Fernreisen, Freiheit bei der Wahl der „Lebensabschnittgefährten/innen“.
    Werden wir gefragt ??

  9. Wie wäre denn ein freier Wille zu definieren?
    Das Libet-Experiment ist nur dann ein Widerspruch zur Willensfreiheit, wenn man Willensfreiheit mit einer bewusst erlebten und erinnerten Entscheidung gleichsetzt. Der bewusst erlebte und erinnerte Teil des Selbst ist jedoch nur ein winziger, aktuell im Fokus stehender Aspekt des ganzen Selbst. Vielleicht handelt es sich um ein Missverständnis, eine freie willentliche Entscheidung direkt und allein vom erinnerbaren, bewussten Selbst abhängig zu machen.
    So schwierig eine wissenschaftliche Definition des bewussten Selbst auch ist, Emotionen sind jedenfalls Anzeichen für bewusstes Erleben. Wenn Emotionen im Lauf der Evolution, nicht zuletzt als Bewertung von gut oder schlecht getroffene Entscheidungen entstanden sind, um nachhaltig in den Erfahrungsschatz des Individuums einzufließen, dann ist die zeitliche Reihenfolge auf der unmittelbaren Erlebnisebene wie im Libet-Experiment nur logisch. Eine spontane Entscheidung kommt aus dem Bauch, aber bereits erlebte, oder instinktive Erfahrungen fließen mit ein. Anschließend kriegt das bewusste Selbst mit, was nun aufgrund der schon getroffenen Entscheidung passiert ist, eine emotionale Bewertung der Entscheidung kann stattfinden. Etwas anders sieht es aus, wenn man die Zeit hat, eine Entscheidung aufzuschieben, zu reflektieren, Wissen und andere Meinungen Einzuholen um dann zu entscheiden. Letztendlich kommt die Entscheidung wohl wieder aus dem Bauch. Aber das reflektierende, bewusste Selbst konnte mehr Einfluss auf das gesamte Selbst nehmen, es besser auf die Entscheidung vorbereiten.
    Und klar, Schopenhauer hat die engen Grenzen des sogenannten freien Willens schon ganz trefflich auf den Punkt gebracht.

  10. @Louisa Sohmen, Willensfreiheit und Respekt

    „So unbefriedigend dies auch aus wissenschaftlicher Sicht sein mag – dieses Unwissen ermöglicht uns vermutlich ein Leben in einer demokratischen Gesellschaft. Und das ist doch gar nicht mal so verkehrt.“

    Wesentlich scheint es mir zu sein, den Willen eines freien Menschen zu respektieren, wenn er denn vernünftig genug ist. Das ist meine ich die Basis der Menschenrechte. Spekulationen über die Herkunft einzelner Willensbildungen sind recht unwesentlich, und ich finde es auch gut, dass man hierüber so viel gar nicht sagen kann. Wichtig für das Leben ist, dass eine gewisse Autonomie respektiert wird. Das ist die Basis einer freien Gesellschaft.

    @Bednarik 30.05. 09:30

    „Das Einsperren von Kriminellen dient dazu, die Nichtkriminellen vor ihnen zu schützen, und auch dazu, um potentielle Kriminelle zu demotivieren. Schuld und Bestrafung sind als Begriffe dazu nicht notwendig.“

    Das ist schon mal pragmatisch. Das Prinzip Vergeltung ist aber auch nicht ganz unbrauchbar, wenn man sozusagen für seine Taten mit Leiden bezahlen muss, dann bringt das den Rechtsbruch ein Stück weit wieder ins Lot. Sofern das überhaupt möglich ist, zumindest.

    Verbrechen sind ja auch eine Art Friedensbruch und ein Angriff auf das staatliche Gewaltmonopol. Beides, die Macht des Staates und den Bruch des Friedens will man mit den Haftstrafen wiederherstellen.

    Die psychologischen Spitzfindigkeiten wie die von Libet führen jedenfalls zu nichts.

    @hwied 29.05. 20:12

    „Aus dem Libet Experiment auf den (un)freien Willen zu schließen, das zeigt nur, dass Bewegungen einen anderen Weg gehen als zuerst Denken, dann Handeln.“

    Gute Idee, genau das zeigt, wie manche Experten mit Schnellschüssen nur Verwirrung stiften.

    Das Unbewusste ist ja auch ein Sammelsurium der eigenen Einsichten, Einstellungen und Strategien, die als Ganzes eine Person ausmachen. Das Bewusstsein ist nur das aktuelle Erleben in konkreten Situationen, die Person als Ganzes hat frei zu sein, hat Respekt verdient. Oder eben auch mal nicht, und wandert dann auch mit Fug und Recht in den Knast.

  11. Die im Text genannten Probleme, die später zu verschiedenen Dilemmata führen, sind mir aus eigener Erfahrung bekannt.

    Es gibt diverse Erklärungsmodelle, die jedoch z.T. nicht mit wissenschaftlichen Betrachtung auskommen. Dies ist für mich, der bereits von früher Kindheit rationale Erklärmodelle gesucht hat, z.T. etwas unbefriedigend, aber auch akzeptabel.

    Vor knappen 20 Jahren nahm ich als Niemand an einer Internetdiskussion auch mit Philosophen teil. Deren Frage lautete: Ist der Mensch frei oder ist er nicht frei?

    Meine Antwort lautete: Wenn die Wissenschaft zweifelsfrei feststellen könnte, dass der Mensch nicht frei sei, aber ich beim besten Willen nicht erkennen könne, dass ich unfrei bin, dann darf ich annehmen, dass ich frei wäre. Also im Zweifel zu Gunsten einer (eingebildeten) Freiheit.

    Heute weiß ich, dass ich lange unfrei war, aber noch nicht zum damaligen Zeitpunkt. Dies bedurfte schon mehr Einschüchterung.

    Heute kann ich ohne Zweifel und mit guten Gewissens sagen: Ich bin frei in meinem Denken, in meinem Handeln, in meinem Empfinden, also in meiner gesamten Existenz.

    Die Freiheit ist ein hohes Verhandlungsgut in eigener Sache. Für die Freiheit muss man nichts anderes tun als ohne Vorbedingung frei zu sein. Das minimiert die Zweifel an der eigenen Freiheit. Dies kann aktiv erlernt werden oder passiv erfahren. Der erste Weg ist schneller, aber bedarf dem Vertrauen einem Lehrenden gegenüber. Ein Vertrauen, dass einem wegdiskutiert werden kann. Der zweite Weg ist langsam und wenn er wissenschaftlich betrieben wurde auch sehr sicher mit dem Vorteil im Nachhinein die Vorgehensweise Schritt für Schritt erklären zu können.

    Dieser Text als Antwort sollte vorläufig reichen.

    • Vielen Dank für Ihren ausführlichen Kommentar!

      “Meine Antwort lautete: Wenn die Wissenschaft zweifelsfrei feststellen könnte, dass der Mensch nicht frei sei, aber ich beim besten Willen nicht erkennen könne, dass ich unfrei bin, dann darf ich annehmen, dass ich frei wäre. Also im Zweifel zu Gunsten einer (eingebildeten) Freiheit.”

      Dies halte ich für eine sehr vernünftige Einstellung, die ich absolut teile 🙂

  12. Weil klar ist, dass das erkennende Subjekt (als Weltteilnehmer, versus Weltbetreiber) nicht erkennen kann, ob diese Welt determiniert (“vorherberechnet”, “bestimmt”) ist, ist es unerheblich, ob es so sein könnte.

    • @web🐻: “…ist es unerheblich, ob es so sein könnte.”

      Sowas von falsch, denn es ist offensichtlich, daß unreifer/bewusstseinsschwacher Weltteilnehmer nach der Kontrolle der holographischen Matrix des Universums sucht, deshalb gibt es die “göttliche Sicherung”.

  13. Wenn das Leben nur die Sinnhaftigkeit von zufälliger Einmaligkeit hat, dann haben die Selbstmörder (bewusst und unbewusst) die höchste Moral und das größte Verantwortungsbewusstsein, angesichts unseres “Zusammenlebens”.

  14. @web🐻

    Bevor Du fragst, ich habe Anfang der achtziger Jahre die Matrix gesehen, während der Versuche die Grenze des halluzinogenen Wirkstoffes von Psylocibin zu finden. Damals gab es für mich nichts Vergleichbares, was mir das Gesehene hätte erklären können. Die AKE kam später, und hat mit der Matrix …

  15. Zu DR. Webber
    Ich denke da gibt es schon noch einen Unterschied zwischen den Menschen und einer Gnu-Herde in der Savanne. Wobei letztere auf ihrer Futtersuche auch noch “vorherberechnend ” sind denn sie folgen dem Leittier der die Futterstellen aus der Erfahrung kennt.
    Letzteres macht ja auch der Homo Sapiens in gewisser Weise. Er hat die innere Freiheit diesen Leittieren zu folgen oder diese zu hinterfragen bzw. das System was ihn lenkt bzw. vorgibt zu lenken oder abzulenken bzw. in die gewünschte Richtung zu lenken (Manipulation) . Für die Gnu-Herde ist ihre Welt eindeutig determiniert denn sie kann Geld nicht fressen bzw. vom Geld gefressen werden.

  16. Die Annahme, ohne die Existenz eines freien Willens dürften Straftäter nicht bestraft werden, da sie für ihre Handlungen nicht verantwortlich wären, impliziert, dass – im Gegensatz zu den Straftätern – die Gesellschaft frei wählen, frei entscheiden könne, wie sie Straftäter behandelt.

    Wenn aber jeder einzelne deterministisch handelt, sind auch die Handlungen jeder beliebigen Gruppe von Individuen deterministisch. Wenn die Gesellschaft entscheidet, Straftäter drakonisch zu bestrafen, so ist ohne die Existenz eines freien Willens die Gesellschaft alleine schon dadurch gerechtfertigt, dass sie nicht anders handeln kann. Für die Behandlung von Straftätern ist der Mangel des freien Willens daher völlig unbedeutend.

    Das einzige, was mit dem freien Willen wegfällt, ist die rechtliche Begründung der Strafbarkeit bzw. Nichtstrafbarkeit aufgrund der Schuld(un)fähigkeit des Täters. Wenn es keinen freien Willen gibt, gibt es auch keinen Grund, alkoholisierte, Kretins, oder sonstig geistig vorgeschädigte Täter von den allgemeinen Regeln des Strafrechts auszunehmen.

    • Der Freie Wille ist nur in der Ganzheitlichkeit menschlichen Denkens umsetzbar, wo die Vernunftbegabung von Mensch die ganze Kraft des Geistes ebenbildlich gestalten läßt.

      Das funktioniert durch Mutation vielleicht auch “individualbewusst”, aber eben nicht ebenbildlich, also nicht in Vernunft = Gott, was die Sache im wahrsten und wohl auch unvernünftigsten Sinne mächtig spannend machen würde. 😎

  17. Der Freie Wille ist die wahre Freiheit, denn in der Ganzheitlichkeit ist die Kraft die bedingungslose Sicherheit garantiert.

  18. Mal ein anderer Gesichtspunkt.
    “Denn solange ich muss und soll, ist egal was ich will. Solange ich muss, muss ich endlich mal etwas nicht: Wollen.

    Denn wollen ist unbequem. Unpopulär. Ehrlich. Echt. Nackt. Wollen kommt von mir. Nur von mir. Es zeigt mir wer ich bin, wer ich sein möchte, mein Innerstes, mein Wahrestes.”

  19. Der Wille ist die Kraft des Geistes zur Überwindung unserer korrumpierenden Gefühle, bzw. der genetischbedingten Instinkte unserer daraus resultierenden Bewusstseinsschwäche in Angst, Gewalt und egozentriertem “Individualbewusstsein”, fusioniert, zur Überwindung der “göttlichen Sicherung” (Vorsehung), für wirklich-wahrhaftige und zweifelsfrei-eindeutige Möglichkeiten im Freien Willen und in Reiner Vernunft der vollen Kraft des Geistes 😎

    • Um es abschließend klar zu machen: Das Libet-Experiment ist absolut blödsinnig, denn wir haben schon eine willentliche Entscheidungsfreiheit, aber eben nur begrenzt in Konfusion und geistigem Stillstand, was wir egozentriert-“individualbewusst” in Unvernunft, Unwahrheit und entsprechend-gebildeter Suppenkaspermentalität pflegen, anstatt …!

  20. Das Wollen kommt garantiert nicht von mir.
    Das Wollen wird uns von der Evolution eingebaut.
    Zum Beispiel:
    Beschaffe Dir Nahrung, sonst wirst Du mit Hunger bestraft.
    Verletze Dich nicht, sonst wirst Du mit Schmerzen bestraft.
    Es gibt noch eine längere Liste von solchen fest eingebauten Vorschriften.
    Wenn wir völlig frei wären, dann würden wir überhaupt nichts tun.
    Es gibt sogar Steuerbefehle im Zusammenhang mit der Informationsverarbeitung:
    Neugier, Mitteilungsdrang, Spieltrieb und Nachahmungstrieb.
    Ohne den Mitteilungsdrang würde hier niemand etwas hineinschreiben.

  21. Karl Bednarik,
    Das Wollen ist der Kern des Ich.
    Beobachten Sie mal die Entwicklung des Kleinkindes. Wie es das Ich entdeckt, das Nein, das sind die Zeichen des Wollen.
    Erst später, mit der Reife entdeckt das Ich auch das andere Ich und akzeptiert, dass man Kompromisse schließen muss.
    Dann wandelt sich das Wollen zum Sollen.

    Was Sie meinen, ist das Müssen, ich muss essen, ich muss atmen, das wird aber nicht als Zwang empfunden, kann sogar lustvoll sein.
    Bei chronisch Kranken werden die Triebe zur Belastung. Wenn man nicht mehr richtig Atmen kann, das ist schon schlimm.

    Freiheit würde ich als harmonisches Zusammenspiel von natürlichen Bedürfnissen und deren Befriedigung ansehen. Wenn das Zusammenspiel gestört wird, wird man unfrei.

    • Der Freie Wille ist gerahmt in der Definition/Ebenbild von Vernunft und Verantwortungsbewusstsein – spannend wenn bewusstseinsschwacher Mensch seiner Idee von KI den Freien Willen implantiert!? 😎

    • Hallo hwied,
      die Entwicklung des Kleinkindes, und auch seine natürlichen Bedürfnisse
      sind nicht das Ergebnis einer freien Willensentscheidung des betroffenen Individuums,
      sondern das Produkt der davor stattgefunden habenden Evolutionsvorgänge.
      Falls die Sollwerte der natürlichen Bedürfnisse erfüllt werden,
      dann entstehen angenehme Empfindungen,
      und falls die Sollwerte der natürlichen Bedürfnisse nicht erfüllt werden,
      dann entstehen unangenehme Empfindungen.
      Das betroffene Individuum ist darauf programmiert,
      diese Steuerbefehle der Evolution für seine eigenen Wünsche zu halten.
      Auf diese Weise haben die Marionetten der Evolution die höchste Existenzwahrscheinlichkeit.
      Die Evolution orientiert sich nur an der Existenzwahrscheinlichkeit,
      und nicht an den Wünschen der Individuen.

  22. @Louisa Sohmen // 31.05.2021, 20:50 Uhr

    Zunächst: Danke für den Beitrag, das Thema ist ja immer wieder aktuell: Jede heranwachsende Generation steht ja aufs Neue vor der Frage, wie sich die gefühlte „Freiheit“ mit den gesetzmäßigen Naturvorgängen vereinbaren lässt.

    An @Chrys gerichtet schreiben Sie:

    » Ich finde die Idee sehr interessant, Gott mit dem Gehirn zu vergleichen. Vielen Dank für Ihren Beitrag!«

    Genau genommen war es kein Vergleich, sondern die Ersetzung Gottes durch das menschliche Gehirn, was trivialerweise ja durchaus Sinn ergibt: Schließlich entstammen sämtliche Gottesvorstellungen menschlichem Denken und somit Gehirnen.

    Aber das nur nebenbei. Mich würde ja mal interessieren, wie Sie grundsätzlich die Dinge sehen, also ob streng naturwissenschaftlich (alle biologischen Phänomene basieren auf physikochemischen Prozessen), oder ob Sie da Möglichkeiten sehen, wie „Geist“ und/oder „Bewusstsein“ doch irgendwie (also in einem starken Sinne, nicht bloß metaphorisch) menschliche Handlungen und (willentliche) Entscheidungen steuern könnten.

    Im Beitrag schreiben Sie:

    Nach meiner Recherche zu diesem Thema bin ich noch verwirrter als zuvor.

    Ich fand folgenden Essay vom Biologen Martin Heisenberg in Nature (2009) sehr hilfreich und anregend (ist frei zugänglich):

    Is free will an illusion?

    Er zeigt darin auf, inwieweit biologische Systeme in gewisser Weise frei sind Handlungen zu initiieren, die ihren Ursprung allein im Lebewesen haben und die dennoch im Rahmen der bekannten Naturgesetze ablaufen (so in etwa ;-)).

    • I maintain that we need not be conscious of our decision-making to be free. What matters is that our actions are self-generated. Conscious awareness may help improve our behaviour, but it does not necessarily do so and is not essential. Why should an action become free from one moment to the next simply because we reflect upon it?

      Danke, für den Link, Balanus. Es ehrt mich natürlich, wenn ein Professor Martin Heidegger zu einer ähnlichen Sichtweise kommt wie meine Wenigkeit. Er kann es jedenfalls verständlicher erklären.

  23. Der Wille ist zu unterscheiden vom Wollen, dem meist triebgesteuerten Wünschen, Begehren oder Sehnen nach etwas (siehe auch Bedürfnis). Dieser Artikel befasst sich nur mit dem obigen Begriffsverständnis des Willens.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Wille

    Wie so oft wäre ein gemeinsames Vokabular hilfreich.

  24. Bei solchen Sätzen könnte jeder misstrauisch werden :

    Unter allen Bedingungen zeigte sich, dass das Gehirn die Bewegung der Hand bereits zu einem Zeitpunkt vorbereitete, zu dem der Proband selbst noch gar nicht die Absicht gehabt hatte, die Bewegung tatsächlich auszuführen. Bis zu einer Sekunde vor der tatsächlichen Entscheidung signalisierte die Aktivität des motorischen Cortex bereits die erst später folgende Handlungsabsicht. [Quelle]

    Dr. Webbaer geht davon aus, dass die hiesig vorrätige Frau Inhaltegeber wie folgt klug ist :

    Um nicht im ethischen Nihilismus zu versinken, begnüge ich mich zunächst mit dem Wissen, es nicht zu wissen. Gerade die enorme Interdisziplinarität dieser Debatte bestätigt meine Hoffnung, dass es beim aktuellen Kenntnisstand keine eindeutige Antwort geben kann. So unbefriedigend dies auch aus wissenschaftlicher Sicht sein mag – dieses Unwissen ermöglicht uns vermutlich ein Leben in einer demokratischen Gesellschaft. Und das ist doch gar nicht mal so verkehrt. [Das Ende des Aufsatzes ist gemeint, letzte Absätze haben oft etwas Fazitäres]

    Wobei Dr. W “old-school” ist, mal versucht hat a bisserl hineinzuschauen, Dr. W sieht hier Potential und hofft mal, dass es nicht versaut wird, IYKWiM.

    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. Webbaer (der ge­nea­lo­gisch nie sehr gut war, Häuser betreffend)

  25. Bonuskommentar hierzu :

    Nach meiner Recherche zu diesem Thema bin ich noch verwirrter als zuvor. Schopenhauer sagte: „Der Mensch kann tun was er will; er kann aber nicht wollen was er will.“ Das leuchtet ein. Allerdings würde das auch bedeuten, dass all unsere Errungenschaften gar nicht unser Verdienst sind. Eine ziemlich deprimierende Vorstellung.

    Sicherlich war Schopenhauer zumindest partiell dull.
    Dr. Webbaer hat mal einen “Louisa Sohmen”-Scan durchgeführt, und alles scheint OK zu sein.
    Nur hier, bei den Scilogs.de, anderes unbeachtend lassen.

    (Wobei Dr. W schon einige beobachtet hat, langfristig, Dr. W schon ein wenig älter sein, anfänglich eher zugeneigt war, abschließend manchmal nicht.)

    Woher kommen Sie?

    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. Webbaer

  26. Dr. W.
    Schopenhauer war ein interessanter Zeitgenosse, weil er zu Vielem eine entgegengesetzte Meinung hatte, die ich als “Negativ” bezeichne. Man schaue nur mal sein Konterfei an, da sieht er nicht glücklich aus, sondern verbissen.
    wenn man behauptet, dass man nicht der Herr seines Willens ist, dann bedeutet das, dass er den Trieben die Dominanz vor der Vernunft gibt.

  27. Karl Bednarik,
    der “programmierte Mensch” ist eine moderne Sichtweise. Bewiesen ist das nicht.
    Menschen, die sic h für andere Menschen aufopfern deuten darauf hin, dass Menschsein mehr ist, als ein “Bioprogramm”.
    Erinnert sei in diesem Zusammenhang an die Religionen, für die die Freiheit des Willens Voraussetzung zwischen Gut und Böse ist.

    • Erinnert sei in diesem Zusammenhang an die Religionen, für die die Freiheit des Willens Voraussetzung zwischen Gut und Böse ist.

      Nicht unbedingt, selbst das Christentum kannte eine Zeitlang so etwas wie eine (doppelte) Prädestinationslehre. (Augustinus, Luther, Calvin …)
      Und nicht jede Religion hat einen Gut/Böse Dualismus.

      Angenommen Gott wäre allwissend, wie kann unser Handelnd oder Denken dann “frei” sein?

  28. einer,
    einer, der mitdenkt! Das “angenommen” ist wichtig, denn Gott mit menschlichen Eigenschaften auszustatten, das ist schon von der Sprache her begrenzt.

    Das Wort all… alles führt logisch zu einem Widerspruch. Es setzt nämlich die Subjekt-Objekt- Spaltung voraus, die festlegt, was Alles ist. Zählt sich Gott bei allem mit ? Meiner Meinung nach nicht, denn Gott ist kein Objekt , das sich definieren läßt.

  29. Hallo hwied,
    Menschen, die sich für andere Menschen aufopfern deuten darauf hin, dass Menschen Gruppenlebewesen mit Sozialinstinkten sind.
    Gruppenlebewesen mit Sozialinstinkten haben eine erhöhte Existenzwahrscheinlichkeit.
    Auch bei Einzellebewesen opfern sich oft die Eltern für ihre Kinder auf.
    Einzellebewesen, die sich für ihre Kinder opfern, haben eine erhöhte Existenzwahrscheinlichkeit.
    Die Instinkte kann man in egoistische und soziale Instinkte aufteilen, was den Eindruck eines Konfliktes zwischen Böse und Gut erweckt.
    Hallo Uli Schoppe,
    Wir treffen nach Ansehen der uns vorliegenden Umstände Entscheidungen.
    Dabei stammen weder die eigenen Zielsetzungen, noch das eigene Denkvermögen, noch die eigenen Informationen, noch die äußeren Umstände von uns selbst.

  30. Karl Bednarik,
    die vollkommene Determiniertheit wird unterbrochen durch den Glauben.
    Durch den Glauben , dass nichts zufällig abläuft, sondern das Unglücke als Zeichen gedeutet werden, sein Verhalten zu ändern.
    Die Determiniertheit durch die evolutionäre Entwicklung wird durchkreuzt durch die Determiniertheit durch die Bestimmung (Kismet)-
    Wir handeln nicht mehr triebbestimmt, sondern wir handeln dann pflichtbestimmt.
    Das kann dann ganz gegensätzlich werden. Aus dem Saulus wird der Paulus.
    Zwixchen beiden Extremen können wir entscheiden, das ist die Freiheit, die wir haben.
    Goothe hat es poetisch ausgedrückt, jedes Wollen ist letztlich auch ein Sollen.

  31. @Bednarik 04.06. 08:52

    „Wir treffen nach Ansehen der uns vorliegenden Umstände Entscheidungen. Dabei stammen weder die eigenen Zielsetzungen, noch das eigene Denkvermögen, noch die eigenen Informationen, noch die äußeren Umstände von uns selbst.“

    Die Zielsetzungen hat man sich meistens sehr gut und lange überlegt, wenn es um die beruflichen Karriere geht, sogar über Jahrzehnte hin immer wieder neu überlegt.

    Das Denkvermögen tut man auch über viele Jahre schulen und trainieren.

    Die eigenen Informationen sucht man sich teils auch ein Leben lang ganz gezielt zusammen.

    Und die äußerem Umstände tut man sich ebenso gerne und auch regelmäßig aussuchen, so versucht man etwa nicht im Knast zu landen, und man versucht sich teils aktiv von Kriegen fern zu halten.

    Wenn man die Person und ihr Leben als Ganzes betrachtet, versteht man einen Menschen dann auch eher, und dann macht auch die Willensfreiheit gleich viel mehr Sinn. Ein Mensch, der organisiert durch sein Leben geht, der bestimmt Vieles in seinem Leben tatsächlich selber.

    Auch ist hier zu bedenken, dass auch ganze Kollektive versuchen, organisiert ihr Leben zu gestalten. Auch Kollektive können eine definierte Agenda, und damit praktisch einen Willen haben.

  32. @Kuhn 05.06. 00:23

    Ich meine auch, dass das Ding, dass oft Gott genannt wird, tatsächlich in der Schöpfung enthalten ist. Und würde aber vorschlagen, das es weder allgütig, noch allmächtig und auch nicht allwissend ist. Nur recht gütig, eher weniger kontrollierend und auch nur begrenzt mit einem Weltenplan daherkommend, sondern eher mit Fahren auf Sicht aktiv.

    So kann man da viel besser mit umgehen. Die Theodizee-Frage stellt sich dann nicht, und unsere Freiheit hätte genau den Spielraum, den wir die ganze Zeit tatsächlich nutzen.

    • Das es bisher keinen Freien Willen gibt, sieht man derzeit vor allem an der Reaktion / der mehr und weniger systemrational-gebildeten Suppenkaspermentalität, besonders wenn man die funktionalen Wohlstands- und Gewohnheitsmenschen mit sozialistisch-kommunistischen Argumenten konfrontiert – Alles Denken, jegliche Vernunft, ist aus- und einschließlich kanalisiert in das intrigante Dogma der wettbewerbsbedingten Symptomatik und der stets systemrationalen Schuld- und Sündenbocksuche, egal wie offensichtlich dieses “gesunde” Konkurrenzdenken der zeitgeistlich-reformistische Kreislauf des imperialistisch-faschistischen Erbensystems ist.

    • @Jeckenburger: “… sondern eher mit Fahren auf Sicht aktiv.

      Ja, vor allem ist dabei sichtbar, daß “Gottes Wege NICHT unergründlich und nur vorbestimmt sind” 😉 sondern ziemlich offensichtlich eine vergleichsWEISE Wahrheit wie Sozialismus/Kommunismus propagieren – Gemeinschaftseigentum “wie im Himmel all so auf Erden”, dann klappt’s auch mit zweifelsfrei-eindeutigen Werten und … 😎

  33. Hallo hwied,
    wenn man Unglücke als Zeichen deutet, sein Verhalten zu ändern,
    dann ist das ein Lernvorgang, der die Überlebenswahrscheinlichkeit
    erhöht, und der natürlich von der Evolution so eingebaut wurde.
    Wir handeln pflichtbestimmt, weil das in der sozialen Evolution
    die Überlebenswahrscheinlichkeit der Gruppe erhöht hat, und
    deshalb durch die Erziehbarkeit in unsere Ziele eingebaut wurde.
    Zwischen welchen Extremen wir uns auch entscheiden, keine Art
    der Zielsetzung stammt aus uns selbst.
    Hallo Tobias Jeckenburger,
    die primären Zielsetzungen, Schaden zu vermeiden und Nutzen
    anzustreben, sind angeboren, und sind kein Ergebnis einer freien
    Willensentscheidung.
    Alle vernünftigen Willensentscheidungen sind eine logische Folge
    dieser primären Zielsetzungen, und besitzen deshalb keine Basis
    von Freiheit.

  34. Tobias Jeckenburger,
    Das Ding, wie sie es nennen, ist aktiv. Gerade war ich in der Kirche und habe mir das ewige Licht angeschaut, dazu Barockmusik im Hintergrund. Das war ein Vorgeschmack für den Himmel.

  35. Schuld ist ein psychologisch/ethisches Konzept und existiert auch ohne freien Willen
    Zuerst einmal ein Kompliment für den angenehm kurzen Beitrag von Louisa Sohmen. Ihre kurze Darstellung eines alten Ladenhüters der Philosophie (was ich nicht unbedingt abschätzig meine) bietet eine guten Startpunkt für Diskussionen.

    Zum Begriff freier Wille möchte ich folgendes sagen:
    – Einen „freien Willen“ gibt es subjektiv und die Frau, die ihren freien Willen umsetzt, handelt frei, sie nimmt damit Handlungsfreiheit in Anspruch. Auch die Meinungsfreiheit gehört zur Handlungsfreiheit – mindestens dann, wenn man seine Meinung äussert (Anmerkung: seine Meinung äussern ist eine Form der Handlung und kann Konsequenzen haben, wie auch Schillers Don Carlos demonstriert in dem der Satz fällt „Geben sie Gedankenfreiheit“).
    – Einen „freien Willen“ gibt es sicher nicht in der Art, dass man wollen kann, was man will. Sich selber an den Haaren aus dem Sumpf ziehen kann man definitiv nicht.

    Ich behaupte nun: Jemand der subjektiv frei handelt ist schuldfähig ganz unabhängig davon ob es eine objektive Willensfreiheit gibt oder nicht gibt. Warum das? Weil Schuld ein psychologisch/ethisches Konzept ist und Schuld immer ein Subjekt voraussetzt, also eine Person wie beispielsweise Louisa Sohmen oder Martin Holzherr. Eine Person macht sich schuldig, wenn sie direkt oder indirekt gegen eine ethische Norm verstösst und dabei subjektiv frei gehandelt. Dann ist sie als Person (psychologisch/ethisch) verantwortlich für das, was sie getan hat. Mit andern Worten: Schuld setzt ein Ich voraus, es setzt eine Person voraus, die sich selber als Akteur erlebt.

    Ich behaupte sogar: Würde man das Schuldkonzept streichen, beispielsweise mit der Begründung, wir seien ja alle determiniert, dann würde man auch das Konzept der Person, das Konzept des selbstverantwortlichen Ichs in Frage stellen. Ein menschliches Zusammenleben wäre dann aber nicht mehr möglich. Wir würden uns selbst zu Maschinen degradieren.

    Umgekehrt gilt aber: Selbst eine Maschine, ein fortgeschrittener Roboter beispielsweise, der sich als Person fühlt und ein Ichbewusstsein hat, auch ein solcher Roboter wird schuldfähig. Ja sogar eine höheres Tier kann bis zu einem gewissen Grad schuldfähig werden, wenn es eine „Person“ entwickelt. Ob Tiere Personen sein können ist sogar eine aktuelle Frage, die sich „Tierphilosophen“ stellen.

    Fazit: Wer kein Ich (mehr) hat, kann nicht schuldfähig sein und umgekehrt.

  36. Martin Holzherr,
    Auch Tiere denken psychologisch. Wenn eine Krähe eine Nuss vergräbt und merkt, dass sie beobachtet worden ist, dann kommt sie wieder , gräbt die Nuss aus und vergräbt sie woanders.
    Die Krähe weiß also, dass ihre Artgenossin, die Nuss klauen wird.

    Was die Schuld betrifft, Kleinkinder bewerten die Schuld nach dem Umfang des Schadens. Wirft das Kind nur eine Tasse herunter , dann ist das weniger schlimm, als wenn es 4 Tassen heruntergeworfen hat. Dabei spielt das Motiv keine Rolle. Eine absichtlich heruntergeworfene Tasse ist weniger schlimm als 4 unabsichtlich heruntergeworfene Tassen.
    Im Mittelalter hat man Tiere bestraft, wenn sie einen Menschen getötet hatten.
    Heute sieht man Tiere als unzurechnungsfähig an.

  37. @Kuhn 05.06. 00:23

    „die primären Zielsetzungen, Schaden zu vermeiden und Nutzen anzustreben, sind angeboren, und sind kein Ergebnis einer freien Willensentscheidung.“

    Klar sind wir als biologische Wesen sozusagen vorkonfiguriert. Und ja, ein Roboter könnte wesentlich freier sein. Aber gerade aufgrund dieser angeborenen Ziele ergeben sich doch im Miteinander erst diese Konflikte, um die es eigentlich geht, wenn von Freiheit und Schuld geredet wird.

    „Alle vernünftigen Willensentscheidungen sind eine logische Folge dieser primären Zielsetzungen, und besitzen deshalb keine Basis von Freiheit.“

    Diese Grundziele sind dann Bestandteil der konkreten Ziele, die wir haben. Aber eben wie genau diese angewendet werden, ist dann ein Fall von Freiheit, und ggf. auch von Schuld. Freiheit fordern wir, wenn wir unseren Teil beanspruchen, und als Schuld klagen wir an, wenn uns jemand etwas vorenthält.

    Wenn ich jemanden Erschlage, um ihm die Geldbörse zu rauben, dann ist hier meine Habgier im Konflikt mit dem Lebensrecht des Erschlagenen. Beides sind Ziele, die uns biologisch eingebaut sind, aber konkret ist hier der Konflikt, und auch die Schuld, die sich daraus ergibt, dass ich mein Recht auf Kosten des anderen überschreite.

    @Holzherr 06.06. 11:28

    „Eine Person macht sich schuldig, wenn sie direkt oder indirekt gegen eine ethische Norm verstösst und dabei subjektiv frei gehandelt. Dann ist sie als Person (psychologisch/ethisch) verantwortlich für das, was sie getan hat. Mit andern Worten: Schuld setzt ein Ich voraus, es setzt eine Person voraus, die sich selber als Akteur erlebt.“

    Genau so ist das. Bestraft wird dann auch immer die gesamte Person. Und nur so können wir in Rechtssicherheit zusammenleben.

    „Ja sogar eine höheres Tier kann bis zu einem gewissen Grad schuldfähig werden, wenn es eine „Person“ entwickelt.“

    Entsprechend ist es möglich, mit Hunden zusammen zu leben. Man kann denen beibringen, was sie dürfen, und was nicht. Wenn die was angestellt haben, und als ganzer Hund bestraft werden, verstehen die das genau so, und halten sich in Zukunft daran.

    Wie man beobachten kann, so sind auch die Vorfahren von Hunden, die Wölfe, dazu fähig, organisiert im Rudel zu leben.

  38. Revisitierend hierzu noch kurz :

    Um nicht im ethischen Nihilismus zu versinken, begnüge ich mich zunächst mit dem Wissen, es nicht zu wissen. Gerade die enorme Interdisziplinarität dieser Debatte bestätigt meine Hoffnung, dass es beim aktuellen Kenntnisstand keine eindeutige Antwort geben kann. So unbefriedigend dies auch aus wissenschaftlicher Sicht sein mag – dieses Unwissen ermöglicht uns vermutlich ein Leben in einer demokratischen Gesellschaft. Und das ist doch gar nicht mal so verkehrt.

    Bei einer angeblichen ‘enorme[n] Interdisziplinarität dieser Debatte’ wäre Dr. Webbaer vorsichtig bis ablehnend, denn die aus der Philosophie, die die Mutterwissenschaft ist, herausgelösten Einzeldisziplinen können zur grundsätzlichen Beschaffenheit der Erkenntnis nichts sagen, als Derivate nicht, sie sind sozusagen ausgelagert, ohne dem Sozusagen gar.

    Platon hat’s begriffen :

    -> https://de.wikipedia.org/wiki/Höhlengleichnis

    Sokrates war so freundlich hier (präventiv) auszubauen, vor gar nicht so-o viel Jahren.

    Erkenntnis, die sich um das Erkennen kümmert, im Ergebnis offen, im Sinne moderner skeptizistischer (Natur-)Wissenschaftlichkeit unterwegs ist, sucht die Falsifikation von Theorie (“Sicht”) und ist insofern nicht eine Wahrheit behauptend.
    Sie pflegt die Sicht auf Gemessenes, mehr ist nicht los, nun, empirisch adäquat sollte derartige Sicht schon sein.
    (Streng genommen hat auch inadäquate Sicht einen (natur-)wissenschaftlichen Wert, denn es könnte ja auch ausgebessert werden, hier wird es abär kompliziert.)

    Es ist Nichts daran ‘unbefriedigend’ etwas nicht sicher zu wissen.

    Die ‘demokratische Gesellschaft’, korrekt, hat damit direkt zu tun, sofern die Liberale Demokratische Gesellschaft gemeint war, auch das Sapere Aude!, das oder die sich Sichten kümmern.
    Um Richtigkeit (“Gerichtetheit”, versus Wahrheit) kümmern, nicht aber um (absolutes) Wissen.
    Es ist cool etwas zu “wissen”, was funktioniert, gerade auch Anwendungen meinend.

    MFG
    WB

  39. Wissen ist Macht, sagt der Volksmund. Die Schwarmintelligenz behauptet sich.
    Wie frei wollen wir — ein intelligenter Titel —-“Ich will alles, und zwar sofort”, hat die dänische Sängerin .Gitte Henning ……
    Für die Freiheit haben viele gekämpft,……..halten wir die Freiheit hoch……..wenn wir die Freiheit verlieren, verlieren wir fast alles.
    Glauben wir den Philosophen nicht, die uns zu Marionetten degradieren wollen,
    ….über den Wolken soll die Freiheit grenzenlos sein…..
    Riechen Sie mal an einer Duftrose,…..das ist auch Freiheit.

  40. Freiheit ist teilweise eine Illusion – aber eine wertvolle
    Man kann einem Hund beibringen, nicht einfach Essen vom Tisch zu stibizen und eventuell zeigt der Hund sogar eine Art Schuldgefühl wenn er es trotzdem tut. Doch die meisten Hundehalter werden einem Hund, der gegen ihm antrainierte Regeln verstösst, bis zu einem gewissen Grad verzeihen und vielleicht sagen: „ Ist halt ein Hund“. Womit der Hundehalter meint, von einem Tier dürfe man nicht zu viel erwarten.

    Was für die Beziehung Hund Mensch gilt, gilt aber auch für das Verhältnis von beispielsweise disziplinierten, „willensstarken“ Menschen und impulsiven, ungezügelt agierenden Menschen. Ein disziplinierter Mensch, der einen impulsiven, seinen Emotionen ausgelieferten Menschen, einmal erfahren hat, wird oft dazu neigen, ihn, den Impulsiven in eine andere Kategorie einzuordnen und ihn sowohl als weniger schuldfähig als auch wenig verantwortungsvoll, weniger zuverlässig einzustufen. Wer sich weniger unter Kontrolle hat wird als weniger frei handelnd eingestuft, weil anstatt Wille und Absicht Emotion, Affekt und andere Automatismen am Werk sind.

    Automatismus verträgt sich generell schlecht mit Freiheit. Bis zu einem gewissen Grad sind wir aber alle Automaten und können uns das auch bewusst machen durch eine Out-Of-Body, eine ausserkörperliche Sichtweise, indem wir ein paar Tage unseres Lebens von aussen zu betrachten versuchen wie ein heimlicher Filmer unseres Lebens das tun könnte. Mit dieser Sicht von aussen wird einem eventuell plötzlich bewusst, dass sich da ein gar nicht so freies Geschöpf durch den Alltag bewegt.

    Was aber wenn es Übermenschen gäbe die uns gewöhnliche Menschen ähnlich betrachten würden wie wir Hunde betrachten. Diese Übermenschen würden – wenn sie sich einmal etwas mit uns angefreundet hätten – vielleicht das gleiche über uns denken wie wir über Hunde denken: „Ist halt ein Mensch“, nur ein Mensch und damit kein voll verantwortungsvolles Wesen.

    Von hier aus ist es dann nicht mehr weit zu Martin Luthers (und auch Calvins) Überzeugung, der Mensch sei völlig unfrei und sein Schicksal bis ins kleinste vorausbestimmt, denn ein allmächtiger Gott (wie es eben der christliche Gott ist) könne doch nichts dem Zufall und noch weniger dem Menschen überlassen, sondern solch ein allmächtiger Gott bespiele die Welt wie es ein grosser Dirigent tut und lasse keine falschen Töne zu.

    Fazit: Je höher einer geistig steht, desto freier fühlt er sich selbst und umso mehr sieht er die Unfreiheit der Anderen und lächelt vielleicht über den Unfreien wie wir über einen Hund, der seinem Trieb nachgibt.

    • @Holzherr

      Das worum es beim Freien Willen geht, das Verantwortungsbewusstsein für die volle/ganze Kraft des Geistes der Gott/Vernunft ist, kann “Übermensch(en)” nicht einfach durch bloße Erkenntnis umsetzen, besonders wenn Mensch sich in seiner unverarbeiteten und leicht manipulierbaren instinktiven Emotionalität/Bewußtseinsschwäche vom geistigen Stillstand her als “Individualbewusstsein” definiert.

      Es muss eine der zu erwartenden Mutation (2. geistiger Evolutionssprung) entsprechende Entwicklung stattfinden – im Falle der konfusionierten Menschheit: konsequent-kompromisslose Fusion zur Überwindung als ganzheitlich-agierendes Wesen Mensch (geistig-heilendes Selbst- und Massenbewusstsein) in Ursprünglichkeit/Gemeinschaftseigentum “wie im Himmel all so auf Erden”.

      Die 2. Mutation wird sicher kommen, dann wird entweder Chaos herrschen, oder wirklich-wahrhaftig ebenbildliche Vernunft ordnen/gestalten.

  41. Und wer da denkt “Ach was solls, ich lebe nur einmal”, dem sei gesagt, daß nicht nur in der Bibel über Reinkarnation geschrieben steht, auch Paul Panther wusste schon: “Heute ist nicht alle Tage, ich komme wieder, keine Frage” 🐾😎

    • @Holzherr: “Fazit: Je höher einer geistig steht, desto freier fühlt er sich selbst und umso mehr sieht er die Unfreiheit der Anderen und lächelt vielleicht über den Unfreien wie wir über einen Hund, der seinem Trieb nachgibt.”

      Höher? Geht garnicht, denn wir sind alle im SELBEN Maße “durchströmt” vom Geist.
      Und je mehr man in dieser Welt- und “Werteordnung” der zweifelsfrei-eindeutigen Wahrheit und dessen Sinn bewusst wird, umso mehr leidet man und findet das immer weniger lustig.
      Der Intellekt und die daraus resultierende materialistische “Absicherung”, ist dabei offensichtlich auch nur Bewusstseinsbetäubung!

  42. So, jetzt mal Schluss mit der Freiheit.
    Wie heißt es doch: Drum prüfe, wer sich ewig bindet.

    Das mit der Freiheit haben sich Hagestolze ausgedacht, in Wirklichkeit suchen wir die Bindung und zwar auf ewig.

  43. Zum in der Überschrift des letzten Absatz Eingeschätztem, vermag Dr. Webbaer wie folgt zu ergänzen :

    -> https://de.wikipedia.org/wiki/Ich_weiß,_dass_ich_nichts_weiß (Sokrates, womöglich der erste sozusagen steife Bursche)

    Um nicht im ethischen Nihilismus zu versinken, begnüge ich mich zunächst mit dem Wissen, es nicht zu wissen. Gerade die enorme Interdisziplinarität dieser Debatte bestätigt meine Hoffnung, dass es beim aktuellen Kenntnisstand keine eindeutige Antwort geben kann. So unbefriedigend dies auch aus wissenschaftlicher Sicht sein mag – dieses Unwissen ermöglicht uns vermutlich ein Leben in einer demokratischen Gesellschaft. Und das ist doch gar nicht mal so verkehrt.
    Vely schlau, ob es gerichtet letztlich auch verständig ist, wird Dr. Webbaer später herausfinden.

    MFG
    WB

  44. Zum in der Überschrift des letzten Absatz Eingeschätztem, vermag Dr. Webbaer wie folgt zu ergänzen :

    -> https://de.wikipedia.org/wiki/Ich_weiß,_dass_ich_nichts_weiß (Sokrates, womöglich der erste sozusagen steife Bursche)

    Um nicht im ethischen Nihilismus zu versinken, begnüge ich mich zunächst mit dem Wissen, es nicht zu wissen. Gerade die enorme Interdisziplinarität dieser Debatte bestätigt meine Hoffnung, dass es beim aktuellen Kenntnisstand keine eindeutige Antwort geben kann. So unbefriedigend dies auch aus wissenschaftlicher Sicht sein mag – dieses Unwissen ermöglicht uns vermutlich ein Leben in einer demokratischen Gesellschaft. Und das ist doch gar nicht mal so verkehrt.

    Vely schlau, ob es gerichtet letztlich auch verständig ist, wird Dr. Webbaer später herausfinden.

    MFG
    WB


    Gerne so veröffentlichen, falls überhaupt, Dr. W hat es mit dem BLOCKQUOTE versaut.

Schreibe einen Kommentar


E-Mail-Benachrichtigung bei weiteren Kommentaren.
-- Auch möglich: Abo ohne Kommentar. +