Was erbst du von deiner Oma? – Ein Trauma

Kann man ein Trauma vererbt bekommen? Es geht nicht um traumatische Erlebnisse in meiner Kindheit, die mich emotional verkorkst zurücklassen (was durchaus auch Aufmerksamkeit und Aufarbeitung verdient). Nein, es geht um genetisch vererbbare Traumata. Oder besser gesagt: Folgen eines Traumas bis in die nächste Generationen.
Menschen, die durch schwere Zeiten gegangen sind, einen Krieg oder eine Katastrophe miterlebt haben, können ein ganzes Leben lang unter den Folgen eines Traumas leiden.
Erziehungsstil und Umgang mit den eigenen Traumata, deren Folgen und wie diese an die nächste Generation weitergegeben werden, können natürlich eine Rolle spielen.
Wie Kinder oder auch Enkelkinder noch in der nächsten Generation, ohne das Geschehene miterlebt zu haben, Schäden davontragen, ist Gegenstand einiger Studien.
Die Neuroepigenetik, ein noch neues Feld im Bereich der Hirnforschung, deutet auf eine Vererbung von Traumata und deren Folgen in Nachkommen hin.

Was ist ein psychisches Trauma?

Ein psychisches Trauma beschreibt ein sehr einschneidendes Erlebnis, welches jede und jeden unterschiedlich strak belasten kann. Einige Menschen können eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) entwickeln. Diese Krankheit zeichnet sich neben vielen weiteren Symptomen dadurch aus, dass die betroffenen Personen Reize vermeiden, sowie Veränderungen in Denkprozessen und Stimmungsschwankungen zeigen.
Andere Menschen hingegen reagieren sehr milde auf ein Trauma oder bauen eine Resilienz auf. Resilienz ist die Fähigkeit, die Menschen hilft mit einer stressigen Situation umzugehen, sich anzupassen und sich von einem Trauma erholen. Reaktionen auf ein Trauma können unterschiedlicher Art sein. Sie können sich in Form von Handlungen äußern oder als emotional aufbrausend bzw. zurückhaltend zeigen.

Methylierung an der DNA durch Methylgruppen. (Bildquelle: gesundheitsindustrie-bw.de)

Vererbung durch Epigenetik

Wie Merkmale biologisch vererbt werden, hängt mit dem Erbgut, oder Genen zusammen.
Eine Veränderung innerhalb der Gene im Organismus, kann zu Veränderungen von Merkmalen führen.
Bei einer epigenetischen Veränderung wird jedoch nichts innerhalb der Gene verändert. Stattdessen werden kleine Moleküle an das Genom angehängt. Diese Anhängsel sorgen dann dafür, dass ein Gen weniger, gar nicht mehr oder verstärkt verwendet werden kann. Das Gen ist aber immer noch da.
Anders als bei Genen in denen die Abfolge verändert wurde, sind diese Anhängsel bzw. Methylierungen am Erbgut über das ganze Leben flexibel.
Ein weiterer Mechanismus, der die Verwendbarkeit von Genen reguliert, ist die RNA-Interferenz. RNA ist ein Einzelstrang, der von dem originalen Erbgut abgeleitet wird und an dem die Informationen für ein Protein umgesetzt werden. Bei der RNA-Interferenz werden ähnlich wie bei der Methylierung die Gene „ruhiggestellt“, aber nicht gelöscht.

Ein bekanntes Beispiel für Epigenetik ist der „Hungerwinter“. Im Winter 1944/45 litten die Menschen im Westen der Niederlande an einer Hungersnot, ausgelöst durch das deutsche Nahrungsmittel-Embargo. Frauen, die in dieser Zeit schwanger waren und hungern mussten, beeinflussten die Entwicklung des noch ungeborenen Lebens nachhaltig. Die Kinder, die in diesen nahrungsarmen Monaten zur Welt kamen, hatten im späteren Leben ein erhöhtes Risiko an Diabetes zu erkranken oder übergewichtig zu werden. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fanden heraus, dass diese Kinder weniger Methylierungen an ihrem Genom hatten, was zu genannten Krankheiten führte.

Neuroepigenetik

Wie gehen jetzt psychische Trauma und Vererbung zusammen und das vor der Empfängnis?

Um eine epigenetische Veränderung an die nächste Generation weiterzugeben, muss die Veränderung in der Keimbahn des Organismus stattfinden. Konkreter: in den Eizellen der Frau und/oder in Spermien des Mannes.
In Tierexperimenten wurde die erste Generation von den Müttern getrennt und somit traumatisiert. Später, als diese traumatisierte Generation Babies bekam, konnte gezeigt werden, dass diese Nachkommen gestörte Verhaltensweisen zeigten. Die Mäuse zeigten depressives und unsoziales Verhalten und gingen unnötige Risiken ein und das über drei Generationen hinweg.
Dabei wurden die nachfolgenden Generationen von einer Leihmutter ausgetragen und die Spermien eines belasteten Männchens verwendet. So gingen die Forscherinnen und Forscher sicher, dass die neue Generation nicht durch das Fehlverhalten des Muttertiers beeinflusst wurden.

Forschende gehen davon aus, dass anteilig die Methylierung und die RNA in der Keimbahn für diese Traumavererbung verantwortlich sind. Zu welchen Anteilen das passiert, ist jedoch noch nicht gänzlich geklärt.

In einem weiteren Experiment wurden männliche Mäuse mit Gerüchen und kleinen elektrischen Schocks konditioniert. So verknüpften sie einen bestimmten Geruch mit Angst. Diese Konditionierung führte zu einer Methylierung der DNA im Gehirn und in den Spermien der Mäuse.
Die Nachkommen dieser männlichen Mäuse zeigten auch noch in der zweiten Generation eine epigenetische Veränderung.

Ob und wie dieses Phänomen beim Menschen zustande kommt, ist bisher nicht bewiesen. Es ist schwierig unter klinischen Bedingungen die Gründe zu differenzieren, warum sich ein Mensch in die eine oder andere Richtung entwickelt hat. Zudem ist noch nicht klar, ob diese Tendenzen epigenetischen Ursprungs sind und ob diese in der Zeit im Mutterleib, im Kindesalter oder noch vor der Empfängnis eingeleitet werden.

Fazit

Nicht nur Erziehung kann Kinder so sehr beeinflussen, dass sie in ihrem folgenden Leben mit physischen und psychischen Erkrankungen zu kämpfen haben. Die Behandlung und Aufarbeitung jeglicher psychischen Erkrankungen, sollte nicht vernachlässigt sondern ernst genommen werden.
In Tieren wurde eine epigenetische Vererbung von nicht normalen Verhaltensweisen nachgewiesen.
Wie das beim Menschen aussieht, und ob durch traumatische Erlebnisse und Vererbung psychische Erkrankungen in der nächsten Generation auftreten können, ist noch immer Gegenstand aktueller Forschung.

Referenzen

Can Trauma Be Passed Down From One Generation to the Next? (n.d.). Retrieved May 3, 2023, from https://www.psycom.net/trauma/epigenetics-trauma

Epigenetik – Wo der Hunger seine Spuren im fetalen Erbgut hinterlässt | deutschlandfunk.de. (n.d.). Retrieved May 4, 2023, from https://www.deutschlandfunk.de/epigenetik-wo-der-hunger-seine-spuren-im-fetalen-erbgut-100.html

Epigenetik: Hungersnot-Forschung – Spektrum der Wissenschaft. (n.d.). Retrieved May 4, 2023, from https://www.spektrum.de/news/hungersnot-forschung/971989

How trauma’s effects can pass from generation to generation. (n.d.). Retrieved May 3, 2023, from https://www.nature.com/articles/d41586-023-01433-y

Narben im Erbgut – Trauma vererbt sich über vier Mäuse-Generationen | deutschlandfunk.de. (n.d.). Retrieved May 5, 2023, from https://www.deutschlandfunk.de/narben-im-erbgut-trauma-vererbt-sich-ueber-vier-maeuse-100.html

Thun-Hohenstein, L., Lampert, K., & Altendorfer-Kling, U. (2020). Resilienz – Geschichte, Modelle und Anwendung. Zeitschrift Für Psychodrama Und Soziometrie 2020 19:1, 19(1), 7–20. https://doi.org/10.1007/S11620-020-00524-6

Trauma. (n.d.). Retrieved May 3, 2023, from https://www.apa.org/topics/trauma

(US), C. for S. A. T. (2014). Understanding the Impact of Trauma. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK207191/

What is Epigenetics? | CDC. (n.d.). Retrieved May 3, 2023, from https://www.cdc.gov/genomics/disease/epigenetics.htm

Yehuda, R., & Lehrner, A. (2018). Intergenerational transmission of trauma effects: putative role of epigenetic mechanisms. World Psychiatry, 17(3), 243–257. https://doi.org/10.1002/WPS.20568

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Veröffentlicht von

Mein Name ist Ina Mayländer und studiere zurzeit Neurowissenschaften im Masterprogramm an der Universität zu Köln. Während meines Bachelorstudiums der Biowissenschaften in Heidelberg, habe ich meine Begeisterung für das Gehirn finden dürfen. Ich möchte das Geschehen in der Wissenschaft um das hoch komplexe Organ verständlich an interessierte Leser weitergeben.

13 Kommentare

  1. Dagegen, auch/besonders gegen die Veränderungen unserer Umwelt, die ebenso genetisch-bedingte Auswirkungen durch das Aussterben von Arten hat / haben wird, hilft nur Bewusstsein, also vor allem ein geistig-heilendes durch Fusion, äußerlich vor innerlich – Dem geistigen Stillstand und dem daraus resultierenden “Individualbewusstsein”, mit all der wettbewerbsbedingt-konfusionierten Symptomatik, seit Mensch erstem und bisher einzigen geistigen Evolutionssprung (“Vertreibung aus dem Paradies”), ein menschenwürdiges Ende!?
    ☝🙂🙃👎

  2. Frauen die im Amsterdamer Hungerwinter schwanger waren litten nicht nur sebst an Hunger sondern dieser Ernährungsmangel wirkte sich auch auf ihren Embryo/Fötus aus. Wenn dieser Embryo/Fötus weiblich war, wurde dabei auch gleichzeitig dessen Entwicklung der Eierstöcke (und damit der zukünftigen Kinder) beeinflusst.

    Über diese Wirkungsweise beeinflusste das Leid der Omas sogar noch direkt die Enkelgeneration

  3. Im Kreislauf des imperialistisch-faschistischen Erbensystems, wo die systemrationale Hierarchie in mehr und/oder weniger Suppenkaspermentalität zur wettbewerbsbedingten Symptomatik gebildet wird, ist die so gepflegte (restinstinktive) Bewusstseinsschwäche in Angst, Gewalt und egozentriertem “Individualbewusstsein” ziemlich offensichtlich genetisch manifestiert, durch Dogmen die der mehr und/oder weniger materialistischen Bewusstseinsbetäubung/Korrumpierbarkeit entsprechen.

  4. Es sind die Traumata, die uns aus der (restinstinktiven) Bewusstseinsschwäche heraus- und zusammenführen sollen, doch leider ist Bewusstseinsbetäubung weiter der Garant für die herkömmlich-gewohnte Konfusion von Verstand und Vernunft seit …

  5. Epigenetik hat eine grosse Zukunft unter anderem weil sie unsere Alterung kontrolliert, indem Gene deaktiviert werden. Zudem werden immer mehr chronische Krankheiten/chronische Veränderungen mit epigenetischen Veränderungen in Zusammenhang gebracht, unter anderem etwa stabiles Übergewicht (siehe dazu den MPI-Artikel), Neigung zu Depression oder Drogensucht.

    Und wie hier im Beitrag von Ina Mayländer dargestellt, können epigenetische Veränderungen auch vererbt werden.

    Konkret hat die Disziplin Epigenetik eine Zukunft , weil irgendwann epigenetische Umprogrammierungen zu erwarten sind mittels Epigenome Engineering, auch Epigenom Editierung genannt. Es gibt bereits Versuche dazu und im entsprechenden Wikipedia-Artikel liest man: „Im Jahr 2022 bewertete die Forschung seine Nützlichkeit bei der Reduzierung des Tau-Proteinspiegels, der Regulierung eines an der Huntington-Krankheit beteiligten Proteins, der Bekämpfung einer vererbten Form von Fettleibigkeit und dem Dravet-Syndrom.“

    Fazit: Epigenetische Therapien werden in naher Zukunft möglich werden. Vielleicht wird irgendwann auch ein ganzes Set von epigenetischen Schaltern mit einem einzigen Eingriff umstellen um etwa Alterungserscheinungen rückgängig zu machen.

    • wie die Therapieansätze in Zukunft konkret aussehen in Bezug auf die Epigenetik sind mir noch nicht bekannt. Jedoch ist das nicht auszuschließen, dass Forschende versuchen auch auf diesem sehr komplexen Gebiet etwas auf den Weg zu bringen.

  6. Deckt sich mit dem Kenntnisstand des Schreibers dieser Zeilen, einen Ausschnitt der dankenswerterweise bereit gestellten Nachricht wiedergebend :

    Nein, es geht um genetisch vererbbare Traumata. Oder besser gesagt: Folgen eines Traumas bis in die nächste Generationen.

    Es macht, dies könnte allgemein klar sein, i.p. Evolution und Erblichkeit Sinn bspw. einer Mäusegeneration mitzuteilen nicht “im Osten” (eine Metapher liegt vor, nichts gegen “den Osten”) nach Wasser zu suchen, wenn dies doch zum beobachteten zeitnahen Ableben von anderen sozusagen Mäusen geführt hat, weil vergiftet.

    Was nicht auf Basis der Lebenshaltung geschehen muss, die nicht direkt generationenübergreifend meint, sondern eben auch anders geschehen könnte, Botenstoffe meinend, die Zeitnahes meinen, eben ‘epigenetisch’.

    Um nicht sozusagen wie Lemminge ein ums andere Mal über die Klippe zu fallen, wenn eine so gemeinte Klippe doch, eben epigenetisch, als sozusuagen “böse” abzulehnen bliebe, qua Erfahrungen der Altvorderen der wie gemeinten Population.

    Alles vely plausibel, die evolutionäre Leere sozusagen zwischen Ererbten, die Lebensdatenhaltung meinend, und der zeitnahen Erfahrung von Populationen könnte so überwunden werden, das Leben fände einen Weg.

    Wobei so gerne auch biochemisch nachgewiesen bleiben darf, damit so kein “Spekulatius” bleibt. (Wie dies anscheinend auch zunehmend versucht wird.)

    MFG
    WB

      • Es sollte oben statt ‘Lebenshaltung’ ‘Lebensdatenhaltung’ heißen, ich bin kein Biologe, sehe aber diese Lücke im Zeitnahen, konnte dann i.p. Epigenetik lernen.
        Herr Dr. Cornelius Courts von den “Scilogs.de” hat mich so vor einigen Jahren angeleitet.
        Sehr interessant, vielen Dank für die Freischaltung des kleinen Kommentars und Ihnen alles Gute!

  7. Gene sind die Bibliothek, die Epigenetik beeinflusst, welche Bücher Sie lesen. Was übersetzt bedeutet, je mehr Bücher Sie in der Bibliothek haben, je besser Sie die Information darin neu kombinieren können, desto unwichtiger wird die Bibliothek, wenn Sie Ihre Eigenschaften erklären wollen. Eine gespeicherte Information ergibt eine Möglichkeit. Zwei ergeben drei, jede für sich alleine und die Kombination aus beiden. Und diese können sich schon miteinander kombinieren, indem sie sich replizieren, 1, 2 oder 3, jede 1, 2, 3 kann sich entscheiden, oder für sich allein bleiben. Linear vs. exponentiell, ein Klassiker.

    Schon in der Schule dachte ich mir, die Natur wäre ja schön bescheuert, wenn sie erlerntes Verhalten nicht irgendwie speichern und vererben würde, denn jedes Wesen, das das hinkriegen würde, hätte einen immensen Evolutionsvorteil. Siehe Mensch, wir evolvieren ja mit Gehirn, nicht mit Genen, geht so schnell, dass wir die Umwelt ähnlich durcheinander wirbeln, wie der Asteroid für die Dinosaurier. Als ich das erste Mal „Epigenetik“ gelesen habe, dachte ich mir: Na endlich. Wurde aber auch Zeit. Sie wirkt wie der Mittler zwischen dem Langzeitgedächtnis der DNA und dem Kurzzeitgedächtnis der Neuronen, irgendwie wie Freuds Ego zwischen Id und Super-Ego. Gene passen uns vorrangig an Dinge an, die Ewigkeiten gleich bleiben, das Lernen an solche, die sich von Tag zu Tag und Leben zu Leben ändern, und die Epigenetik scheint auf das Dazwischen zugeschnitten zu sein, also Veränderungen innerhalb weniger Generationen. Aber das passt nur Pi mal Daumen, je mehr man ins Detail geht, desto mehr verwischen sich die Grenzen.

    Experimente würde ich aber nicht mit Säugetieren anstellen. Es gibt ja Fälle aus der Zwillingsforschung, wo die Kids direkt nach der Geburt getrennt wurden, und trotzdem ähnliche Vorlieben und Schicksale entwickelten, Ehepartner mit identischen Namen wählten, den Kindern identische Namen gaben. Erklärung? Die Leutchen schwammen neun Monate in derselben Suppe, hörten das gleiche Radio und soffen das gleiche Bier. Ihre ersten Eindrücke bei der Geburt waren auch identisch. Das heißt, auch hier fixieren wir uns womöglich zu sehr auf die Gene, und zu wenig auf Umwelteinflüsse und Information, die vielleicht durch die Suppe allein übertragen wird.

    Das mit den Mäusen hat man übrigens schon gemerkt, als genetische Faktoren in der Psyche noch als Erbsünde bezeichnet wurden: Der Herr rächt die Sünden der Väter bis in die vierte Generation – vermutlich, weil sie die Traumata genauso immer wieder aufleben lassen, wie ein Trauma-Patient, in der Fantasie und Wirklichkeit. Falls Sie Ihr Trauma liebgewonnen haben und wollen, dass all ihre Kindeskinder was davon haben, können Sie ganze Kulturen auf Traumata aufbauen, die immer wieder aufgefrischt werden: Wenn Sie sich Osteuropa ansehen, sehen Sie typische barbarische Kriegerstämme, wie auch Paschtunen oder Araber: Jeder sieht die Gräuel, die er den Nachbarn angetan hat, als Heldentaten, und schwört Blutrache für die gleichen Gräuel, die ihm angetan wurden. Da sie zur Reue unfähig sind, ist auch keine Vergebung möglich, die ganze Region lebt nur für die Rache und Rache für die Rache, deswegen ist dort ständig Krieg. So halten sich die Vampirkulturen am Leben – indem die Traumata bei jeder Gelegenheit mit frischem Blut und Leid genährt werden.

    Das heißt, Traumata werden nicht nur von Mensch zu Mensch vererbt. Sie dienen der Umweltanpassung, und manchmal wird diese Umwelt allein von der Kultur aufrechterhalten, in der man lebt, auch wenn sich die physischen Gegebenheiten so verändert haben, dass die Kultur zu etwas Angenehmeren mutieren könnte. Auch Kulturen entstehen zwecks Umweltanpassung, Osteuropa ist das Grenzland zwischen einer sicheren Halbinsel voller geologischer Petrischalen und Asien, es schützt einen Raum, in dem sich Wirtschaft und Technologie entwickeln können, die der Westen immer wieder nützt, um damit Osteuropa niederzubrennen. Vom Osten kommen wie aus dem Nichts immer neue, unberechenbare Horden plündernder Skythen, Hunnen, Tataren, Russen. Man braucht Dauerübung mit der Streitaxt, es macht auch wenig Sinn, etwas Stabiles aufzubauen, wenn es doch zwischen zwei Kontinenten zermalmt werden wird. Stattdessen braucht es eine hohe Betriebstemperatur, leichten Schlaf, Albträume, die einen an Gemetzel gewöhnen, und große politische Flexibilität, um sich an stets neue Gegebenheiten anzupassen.

    Aber das ist schon Dämonologie: Die Lehre von den primitiven Viechern, die wir zusammen bilden, z.B. Staaten oder Religionen, für die wir nur Körperzellen sind – irgendwas zwischen Pflanze und Amöbe, in großen Massen neutralisieren sich individuelle Kennzeichen gegenseitig, es bleiben nur die gemeinsamen Nenner übrig – und weil wir alle Intelligenz nur zum persönlichen Vorteil nützen, und nur Gefühle gemeinsam haben, sind wir zusammen nur fühlendes, triebgesteuertes Fleisch, das die Evolution von vorne anfängt, in einer neuen Größenskala. Solche Gefühle können auch durch kollektive Traumata beschworen werden. Natürlich sind auch diese Dämonen (denken Sie sich einen trockeneren Namen aus, falls Ihnen der zu Oldschool ist) eine Selbstverständlichkeit, die Sie erst glauben werden, wenn seriöse Wissenschaft die Mechanismen dahinter findet. Auf jeden Fall haben Sie schon die Spitze des Eisberges. Vielleicht bekomme ich ja noch einen „Na endlich – wurde aber auch Zeit“-Moment?

    Am Ende haben wir’s mit Information zu tun. Information verhält sich stets gleich, unabhängig vom Datenträger, und kämpft frei nach Darwin ums Überleben. DNA, Meme – alles nur die Spitze eines noch gewaltigeren kosmischen Eisberges.

  8. Die ganze EVOLUTION scheint irgendwie ein Trauma zu sein denn das Leben muss sich ständig neu anpassen und neue Varianten zum Überleben finden und ausprobieren. Wir nennen diesen Zustand dann “Trauma” denn es werden genetische Informationen weitergegeben die das einzelne Individium in seinem bedeutungs-vollen Leben zum Überleben benötigte. Eine Pflanze bekommt ihr “Trauma” in dem sie bei einer bestimmten Temperatur(Reiz) anfängt zu blühen .Wenn dieser Reiz zu stark wird wird sie wahrscheinlich nicht überleben es sei denn sie ist reizresistenter. Traumatisierte Menschen sind in der Regel kaum reiz- resistent gegen die Ursachen ihres Traumas was sie dann genetisch weitergeben,also den Zustand der ständigen Alarmbereitschaft des Körpers.

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