Rätselhaftes Gehirn: wie neuronale Karten unser Denken lenken
Im Rahmen einer einwöchigen Übung an der Uni haben wir mit dem Computer entschlüsselt, an welcher Stelle sich eine Maus in ihrem Labyrinth befand. Dazu nutzten wir die Programmiersprache Python. Ich habe vorher noch nie programmiert und werde es wahrscheinlich auch nicht mehr tun. Spannend fand ich diese Übung aber dennoch. Denn von nur wenigen Datensätzen konnten wir ableiten, welche Neurone bei der Maus Signale geben, wenn sie sich an einem bestimmten Ort befindet. Umgekehrt konnten wir auch ableiten, wo sich die Maus befindet, wenn diese Neurone feuern. Diese Neurone heißen Place Cells. Ihre charakteristische Eigenschaft ist es, ein Signal zu geben, wenn sich Tiere (in unserem Fall die Maus) an einem Ort in ihrem Umfeld befinden. Dadurch ist die räumliche Position spezifisch codiert. Wir waren also in der Lage durch nur wenige daten die neuronalen Karten der Maus zu entschlüsseln.
Diese Übung hat bei mir einige grundlegende Fragen aufgeworfen: Wie werden beim Menschen unsere räumlichen Positionen, aber auch andere Reize aus der Umwelt und unserem Körper gespeichert? Wird die Information über diese Speicher vererbt oder erlernt? Wie funktioniert es, dass ein besonderes Neuron eine räumliche Position als ihren Ort mit der dazugehörigen Aufgabe des Signal-Gebens erkennt?
Was sind neuronale Karten?
Nicht nur die räumliche Position wird durch spezifische Neuronen im Gehirn codiert, sondern auch jede Information der Sinnesorgane und jeder Teil des menschlichen Körpers hat seine eigenen Neuronen, die ihn repräsentieren. Interessanterweise liegen Neuronen, die benachbarte Teile des Körpers codieren, auch häufig nebeneinander. So sind zum Beispiel die Neuronen, die Wahrnehmungen aus den Fingerspitzen codieren, ebenfalls nacheinander angeordnet. Und dieses Phänomen gilt nicht nur für räumlich benachbarte Teile des Körpers, sondern auch für Teile, die sich von ihrer Funktion her sehr nahe liegen können.
Durch die Herstellung einer räumlichen Beziehung zwischen verschiedenen Informationen kann man sie sehr effizient verwalten. Grundsätzlich ist es also die Aufgabe des Gehirns, eine 3D-Topographie von Informationen in ein 2D-System umzuwandeln. Dabei muss natürlich clever vorgegangen werden, denn wenn man dieses Nachbarschaftssystem einfach 1:1 wiedergibt, dann würde das Gehirn nicht mehr in den Kopf passen. Deshalb wird zum Beispiel die Oberfläche unseres Körpers nicht zusammenhängend codiert, sondern in verzerrten und verkleinerten Stücken. Man nennt diese durch ihre planaren Eigenschaften auch neuronale Karten.
Wie funktionieren neuronale Karten?
Neuronale Karten funktionieren sehr einfach. Einzelne Neurone reagieren auf spezifische Reize. Auf ein Eingangssignal folgt also ein Ausgangssignal. Dadurch kann man in beide Richtungen das System lesen. Vom Eingangssignal kann man auf das Ausgangssignal schließen, aber eben auch umgekehrt. Das ist also ziemlich genau das, was wir mit den Informationen zu den Place Cells und der Maus getan haben. In der Realität müssen die neuronalen Karten aber nicht unbedingt so einfach sein. Manchmal muss aus mehreren Reizen aus der Umwelt erst die zu speichernde Information berechnet werden. Beispielsweise wird für das Richtungshören von Säugetieren die Information aus beiden Ohren miteinander verrechnet und daraus das Wissen über die Richtung entnommen. Diese etwas komplexeren Systeme heißen deswegen computational maps.
Die große Stärke der neuronalen Karten ist aber, dass funktional ähnliche Neurone beieinanderliegen, was die Verknüpfung mit ihren Nachbarn vereinfacht und dadurch Wege spart und die Verarbeitung effizienter gestaltet. Es ist wohl auch so, dass die Menge der Neurone die Größe und Fähigkeiten der neuronalen Karten bestimmt. Je größer das Gehirn und dadurch die Menge an Neuronen, desto komplexer und besser organisiert werden diese Karten.
Woher ist klar, welche Neurone für was codieren?
Die Fähigkeit, neuronale Karten zu bilden, ist nicht vollständig genetisch festgelegt. Zwar ist die Verbindung der Sinnesorgane mit Bereichen im Kortex verknüpft, aber die Intensität und Ausprägung der neuronalen Karten muss durch Reize erlernt werden. Je häufiger ein bestimmtes Reizschema auftritt, desto klarer werden die neuronalen Karten organisiert.
Da die neuronalen Karten auf Lernen basieren, können sie sich auch zurückbilden wenn auf einmal die Augen ausfallen würden, beispielsweise weil der Mensch erblindet. Denn dann würden nach und nach diese neuronalen Karten nicht mehr gebraucht werden und sich umorganisieren.
Warum werden nur bestimmten Neurone für die Karten aktiviert?
Es ist seit langem bekannt, dass sich Reize normalerweise durch elektrische Übertragung ausbreiten. Die Ziele des Reizes sind oft mehrere Stellen und häufig wird Information von mehr als einer zuständigen Stelle bearbeitet. Deswegen erscheint es erstmal eigenartig, dass nur ein Neuron erregt wird, wenn sein abzubildender Reiz eintritt. Was verhindert, dass die benachbarten Neurone nicht auch aktiviert werden?
Tatsächlich funktionieren Neurone kompetitiv zueinander. Das Neuron, das am stärksten von dem Reiz erregt wird, kann die schwächer erregten Neuronen hemmen. Dadurch ist am Ende nur ein Neuron zuständig für die Abbildung des einen Reizes. Das ist auch die Grundlage dafür, dass die Neuronen ihre spezifischen Aufgaben annehmen, denn durch das automatische Inhibieren der Kompetitoren wird das festgelegt. Dadurch muss die Information über die Aufgaben der einzelnen Neuronen nicht vererbt werden, denn die Einzelheiten werden dadurch gelernt. Das ist enorm effektiv und spart Informationen, die vererbt werden müssen.
Was sind selbstorganisierende Karten?
SOMs (self-organizing maps) oder auch Kohonenkarten sind künstliche neuronale Netze. Ihre Funktion ist den biologischen neuronalen Karten nachempfunden, in denen sehr viel Information durch ihre funktionelle oder tatsächliche Nachbarschaft räumlich zueinander gespeichert wird. Dadurch können Informationen auf ihre wichtigen Teile reduziert und in Zusammenhang mit anderen Informationen gesetzt werden, denn dieser Zusammenhang wird durch eine räumliche Nähe im Speicher verdeutlicht. Und genauso sind die künstlichen Karten auch aufgebaut.
Was lässt sich mit SOM verwirklichen?
Neuronale Karten lösen in der Biologie das Problem, dass eine riesige Menge an Informationen vereinfacht und verkleinert gespeichert werden muss. Denn schließlich brauchen wir nur die wesentlichen Informationen. Es wird nicht gleichmäßig gekürzt, sondern immer da, wo es gebraucht wird. Dadurch behalten Mäuse ihre Orientierung und Menschen können sehen. Genau die benötigte Information bleibt erhalten.
Das künstlich nachzubauen und in verschiedenen technischen Projekten zu verwirklichen, macht deswegen viel Sinn. Mehrere Faktoren, die mit einem bestimmten Phänomen zusammenhängen, können in Nähe zueinander gut gespeichert und dadurch gemeinsam abgelesen werden. Beispielsweise hat ein Auto mehrere Sensoren, die den Benzinverbrauch, die Motortemperatur und die Batterie messen. Die Werte dieser drei Dimensionen haben alle etwas mit der Geschwindigkeit zu tun und als gemeinsame Datensätze können sie präzise Aufschluss geben über den Sweetspot an Schnelligkeit. Denn man möchte maximal schnell fahren, den Motor aber nicht überhitzen und die Batterie nicht leer fahren. Das System von selbstorganisierenden Karten kann also die Werte der Sensoren entsprechend sinnvoll speichern, damit man genau dieses Ergebnis erreichen kann.
Der typischste Einsatzbereich von selbstorganisierenden Karten aber ist das Data Mining. Data Mining beschreibt die systematische Anwendung von computergestützten Methoden, um in vorhandenen Informationen Muster, Trends und eine Logik zu finden. Und genau darauf sind selbstorganisierende Karten ausgelegt. Denn sie bilden dimensionsvermindert hoch dimensionierte Informationen ab. Das schaffen sie, indem sie die Informationen anstatt in verschiedenen Dimensionen eher geographisch zueinander speichern.
Was bedeutet das alles also?
Unser Gehirn ist super effizient und hat eine sinnvolle Lösung gefunden, um die große Menge der Informationen, die die Sinnesorgane liefern zu speichern. Durch eine räumliche Verknüpfung können viele Daten verkürzt werden. Das spart Platz und Energie. Die Fähigkeit neuronale Karten zu bauen ist zwar vererbt, aber die genauen Verknüpfungen und räumlichen Beziehungen sind erlernt. Denn das Gehirn bildet seine neuronalen Karten situativ und ist dadurch flexibel und von der Genetik losgelöst. Weil das System so einfach funktioniert, hat man sich in der Welt der IT auch damit auseinandergesetzt und ist in der Lage selbstorganisierende Karten zu entwickeln, die nach dem gleichen System wie die neuronalen Karten funktionieren. Das wird vor allem für Data mining genutzt.
Bei weiterem Interessen
https://scilogs.spektrum.de/hirn-und-weg/emergenz-more-is-different
https://scilogs.spektrum.de/hirn-und-weg/das-simulierte-gehirn-aus-berlin-in-die-zukunft
https://scilogs.spektrum.de/hirn-und-weg/schluss-mit-bulimie-lernen-wie-lernst-du-richtig
https://scilogs.spektrum.de/hirn-und-weg/gehirnmodell-fake-it-till-you-make-it
Quellen
Luber, S. (2022, November 11). Was sind Selbstorganisierende Karten? BigData-Insider. https://www.bigdata-insider.de/was-sind-selbstorganisierende-karten-a-e66cfa06545ec9da435dd47e978cc641/
Radny, J. (2022, May 11). Wie das Gehirn visuelle Karten erstellt – Bernstein Netzwerk Computational Neuroscience. Bernstein Netzwerk Computational Neuroscience. https://bernstein-network.de/newsroom/aktuelles/20220428/
Selbstorganisierende neuronale Karten. (n.d.). Spektrum Der Wissenschaft. https://www.spektrum.de/magazin/selbstorganisierende-neuronale-karten/822941
Zellzahl bestimmt Struktur neuronaler Karten. (n.d.). Max-Planck-Gesellschaft. https://www.mpg.de/11287320/neuronale-karten-zellzahl
Wie haben Sie den die „Daten“ aus der Maus bekommen? Also woher wusste der Computer, welche Neurone bei der Maus aktiv sind?
Super gute Frage! Ich habe die Daten schon fertig von der Arbeitsgruppe bekommen, deswegen weiß ich es nicht sicher. Aber ich nehme an, dass die Forscher ein EEG bei der Maus gemacht haben, während diese durch das Labyrinth gelaufen ist. Dadurch kann man die Spannungsunterschieden messen.
Es gibt Lern-Zeiträume, in denen neuronale Verknüpfungen neu festgelegt werden:
Z.B. Wenn Kinder mit einem schielenden Auge geboren werden – dann muss man diesen Fehler möglichst bald therapeutisch korrigieren. Erfolgt keine Korrektur, dann wird das Schiel-Auge vom Gehirn neuronal abgeschaltet: obwohl dieses Auge biologisch funktionsfähig wäre – ist man damit blind.
Dass sich außerhalb dieses plastischen Lernfensters Gehirnfunktionen umorganisieren, wenn eine bestimmte Funktion nicht mehr gebraucht wird, – scheint nicht der Fall zu sein:
z.B. sollten Versuchspersonen, welchen 25 bzw. 31 Jahre zuvor eine Hand amputiert worden war – die Finger dieser Hand bewegen. Es zeigte sich (7T-MRT), dass die Erfahrungen des Fingerbewegens noch aktiviert werden konnten: D.h. die dafür zuständigen neuronalen Strukturen waren noch immer vorhanden.
[Quelle: DOI: 10.7554/eLife.15292 Revealing the neural fingerprints of a missing hand ]
Bei einem Experiment wurde eine drehbare Karussellachse in einem Zylinder bewegt – dessen Wand mit vertikalen Streifen bemalt war.
Als Versuchstiere benutzte man Kätzchen in den frühen Monaten ihrer Gehirnentwicklung.
Ein Kätzchen saß unbeweglich in einer Gondel und das andere Kätzchen war am anderen Ende der drehbaren Achse angehängt und bewegte die Karussellachse.
Mit dieser Versuchsanordnung bekamen beide Kätzchen exakt die gleiche optische Wahrnehmung zu sehen.
Es zeigte sich: nur das Kätzchen, welches sich selbst bewegte – lernte richtig zu sehen. Das Kätzchen welches transportiert wurde konnte zwar hell, dunkel, Farben unterscheiden – aber Tiefenschärfe und Objekterkennung waren kaum entwickelt. D.h. das höhere visuelle System war kaum entwickelt.
Dieses Experiment zeigte, dass offenbar die Rückkopplung der eigenen Körperwahrnehmung, kombiniert mit den parallel dabei erlebten visuellen Eindrücken, eine wichtige Grundlage zur Entwicklung einer höheren Sehfähigkeit ist.
Oder um es mit anderen Worten zu sagen: neuronale Karten allein reichen nicht aus, um die Arbeitsweise des Gehirns zu verstehen.
[Quelle: R.Hein, A.Held: Movement-produced stimulation in the development of visually guided behavior
Buch-Quelle: The Brain – Die Geschichte von Dir ]
@KRichard: “… neuronale Karten allein reichen nicht aus, um die Arbeitsweise des Gehirns zu verstehen.”
Hört hört, schaut schaut, dies von dem der alle scheinbar stumpfsinnigen (Nahtod)Erfahrungen von frühstkindlichen Verschaltungen erklärt.
👋😇
Ich habe es hier ja schonmal geschrieben: In meiner Kindheit hatten Wissenschaftler prophezeit, dass sich das Gehirn (unsere Schnittstelle/Interface) so vergrößern wird, dass Mensch eine deutliche höhere Stirn bekommt – Ich hatte das damals schon für möglich gehalten, aber heute wundert es mich aus bestimmten das Bewusstsein behindernden Gründen nicht, dass es heute noch nicht einmal mehr angesprochen wird.
👋😇
Interessant wird’s auch, wenn Sie Entfernung über die Energie definieren, die es kostet, eine Strecke zu überwinden. Es kostet ja weniger Kraft, einen Telefonhörer abzunehmen und mit der Liebe seines Lebens in Argentinien zu telefonieren, als zu dem Nachbarn gleich hinter der Wand zu gehen, dessen Namen man kaum kennt. Durch diese Kommunikation verschränken Sie zwei analog konstruierte Hirne – auf beiden Karten sind Sie und Ihre Liebe ja stets direkt nebeneinander verzeichnet. Die Telefonleitung wird zum Wurmloch, das eine Nähe zwischen Neuralnetzwerken schafft, die den anderen Netzwerken des Leibes verwehrt bleibt, doch die Informationen, die durch dieses Wurmloch laufen, beeinflussen die Handlungen der Leiber und die physische Realität um beide Stargates herum: Sie sehen zwei Netzwerke, zwei Paralleluniversen, die miteinander verwoben sind, wie verschiedenfarbige Fäden in einem Teppich. Nornen lassen grüßen.
In der Quantenphysik wird ein solches Wurmloch übrigens durch Tachyonen erzeugt, die physikalisch unmöglich sind, abgesehen davon, dass es sie offensichtlich gibt. Sie sehen also, dass die Wissenschaft durchaus eine in sich stimmige Parallel-Karte eines nicht existierenden Fantasy-Universums im Navi haben und damit recht gut durch die Realität navigieren kann, solange es der Realität beliebt, genauso auf sie zu pfeifen wie umgekehrt. Falls es einer Seite nicht mehr beliebt, kollidieren die Welten, die Karten werden zerfetzt und der Stärkere passt den Schwächeren der seinen an. Was in der Praxis so aussieht, dass Menschen in Hysterie und Weltuntergangspanik geraten, während die Realität nicht mal merkt, dass was passiert ist.
Durch Kommunikation tun wir nichts anderes als zwei Bakterien, die RNA-Stränge austauschen: Wir synchronisieren unsere Karten. Sprache ist ein Dorf im Kopf, ein Wort ist ein Fingerzeig – weil man den Finger ja nicht sieht, muss man dazu sagen worauf er zeigt, aber zu dem Wort muss es in beiden Hirnen eine korrespondierende Karte geben, damit sie sich verständigen können. In unseren Köpfen müssen wir alle in etwa im selben Dorf leben, um uns zu synchronisieren – wenn man kein System aus Regeln und Gewissheiten hat, kein kollektives Denken, kein Schwarmbewusstsein, das den Borg-Hive kontrolliert, wäre Nähe unerträglich, weil wir alle ständig ineinander rennen würden, und sehr viel Zeit und Kraft bräuchten, um das entstehende Chaos zu klären – da wäre es viel einfacher, alles was man nicht kennt, einfach umzubringen. Was auch den Zusammenhang zwischen Lernunfähigkeit, Aggressivität und Intoleranz erklärt.
Wir leben in zwei Welten, einer virtuellen und einer realen, und die Matrix muss nur so weit mit der physischen Welt übereinstimmen, wie es nötig ist, dass die Borg-Drohne ihren Roboterimitator-Job macht und der Hive funktioniert. Die gespiegelten Karten in unseren Hirnen müssen miteinander und mit der Realität übereinstimmen, damit wir nicht in Wände rennen und unsere Brötchen gemeinsam verdienen können. Doch es gibt einen Bereich, der nur den Menschen vorenthalten ist, die materielle Realität bleibt außen vor. Dort kann jeder Blödsinn abgehen, solange nicht die Realität durch Schmerz und Tod Veto dagegen einlegt. Und natürlich gibt es eine Vielzahl privater Netzwerke, die von Öffentlichkeit bis Individuum reichen, in denen Sie auch tun und lassen können, was Sie wollen, solange nichts Stärkeres es per Veto torpediert.
Und es fällt uns sehr schwer, zwischen all den Paralleluniversen, durch die wir gleichzeitig laufen, zu unterscheiden. Wir haben eine Make-my-limp-dick-great-again-Nostalgiewelle der alten Säcke, die Politik und Prostata nicht auseinanderhalten können, und allen Ernstes die BRD für schlimmer als DDR halten, weil sie da noch jung und knackig waren, und heute kurz vorm Abnippeln stehen. So als Beispiel.
Die Saftpresse Hirn muss halt eine gewaltige Menge Vereinfachungsarbeit leisten, um die vielen miteinander verwobenen Welten unter eine Schädeldecke zu bringen. Es ist ein Patchwork aus gespiegelten Karten und Kartenfragmenten, die es Ihnen ermöglichen, sich in verschiedene Universen einzuloggen, flexibel zwischen ihnen hin- und herzuschalten, in mehreren gleichzeitig zu funktionieren, aber das hat seinen Preis – in den meisten davon agieren wir rein passiv, wie Körperzellen, wie Teilchen, wie Wassermoleküle in Wellen in diversen Kraftfeldern. Und so kommt uns unser eigenes Tun meist recht bekloppt und sinnlos vor – weil wir die Netzwerke nicht wahrnehmen, in denen wir dann eine Rolle übernehmen. Wurden Ihre Neuronen darüber informiert, dass sie Teil eines Gehirns, einer Gesellschaft, eines planetaren Ökosystems sind, oder stehen die einfach jeden Morgen auf, gehen zur Arbeit und machen nur ihren Job, ohne die Stromflüsse im großen Ganzen zu begreifen, deren Teil sie sind? In einem Fraktal-Universum können Sie nämlich (mit aller gebotenen Vorsicht) von einer Größenebene auf andere schließen: Wie oben, so unten, ob Sie zwei Galaxien addieren oder zwei Elektronen, Sie kriegen immer die 4 raus.
Für Ihr Telefonat mit Argentinien ist es übrigens ziemlich egal, wie viel Energie es insgesamt kostet – zum Nachbarn rüber zu gehen, verbraucht nicht mal die Kalorien eines Brötchens, das Telefonat könnte theoretisch einmal um den Mond geleitet werden und pro Minute mehr Strom fressen, als Berlin in einem Jahr. Es zählt nur der Energieaufwand für Sie beide persönlich. Das wird irgendwann auch für Neurologen wichtig.