Nature vs. Nurture: Wer formt unser Wesen?

Sarah: Sag mal, glaubst du, dass unsere Gene bestimmen, wie wir ticken?
Marta: Krasse Frage, wie kommst du darauf?
Sarah: Ich habe erst letztens einen Artikel über Aggression gelesen, und darin hat die Autorin verschiedene genetische Faktoren aufgezeigt, die zu übermäßiger Aggression führen können. Sie hat aber auch gesagt, dass nicht jeder mit solchen Genen aggressiv wird. Man kann ja nicht jeden Straftäter von seiner Schuld freisprechen, nur weil er eine Unterfunktion im präfrontalen Kortex hat.
Marta: Ich verstehe jetzt deine Frage. Du willst wissen, ob „nature“ oder „nurture“ unser Leben bestimmt.
Sarah: Genau! Aber vielleicht ist es für eine gute Diskussion wichtig, dass wir erst die beiden Begriffe zufriedenstellend definieren. Denn sie fließen ineinander an manchen Punkten.
Marta: Gute Idee. Der „nature“-Aspekt beschreibt den Einfluss von Genen und Natur auf die Menschen. Durch unser Erbgut wird kontrolliert, wie das Gehirn aussieht, wie unsere Sinne funktionieren und welche Emotionen wir empfinden können. Die Evolution beeinflusst unsere Anpassungen an äußere, nicht-soziale Einflüsse.
Sarah: Dem würde ich so zustimmen. Der „nurture“-Aspekt hingegen beschreibt den Einfluss, den Erlebnisse, Erfahrungen, Sozialisation und Erziehung auf unser Handeln haben. Also alles Faktoren, die nicht vererbt werden. Wichtig zu beachten: Die Umwelt beinhaltet genau diese Faktoren, aber auch viele natürliche, nicht-soziale Faktoren, die durch Evolution vererbt werden können. Umwelt ist also ein zu weitgreifender Aspekt und sollte am besten in dieser Diskussion nicht genutzt werden, da es zu verwirrend wäre.
Marta: Oki, ja, dann versuchen wir, diesen Begriff zu vermeiden.
Sarah: Jetzt, da wir „nature“ und „nurture“ definiert haben, welche Meinung hast du? Sind wir rein natürliche Wesen? Werden wir nur durch unser Erbgut bestimmt? Oder spielt für dich die Erziehung und soziale Umgebung auch eine Rolle darin, wie wir sind?
Marta: Du weißt, ich bin pure Wissenschaftlerin. Ich denke, unsere Emotionen und unser Verhalten werden vom Gehirn bestimmt. Und die Form dieses Gehirns wird von den Genen bestimmt. Schlussendlich sind wir also alle „nur“ das Ergebnis unserer Gene. Ich bin demnach ganz klar auf der Seite von „nature“. Und du?
Sarah: Ich weiß nicht, ob ich zustimmen würde, wenn du sagst, dass wir nur das Ergebnis unserer Gene sind. Denn neben unseren Genen spielt auch unsere Erziehung, Sozialisation und alle unsere Erfahrungen eine Rolle. Jeder Mensch ist einzigartig, was das angeht.
Marta: Sicherlich gehst du nicht davon aus, dass Menschen das Leben „leer“ beginnen und dann erst mit Erfahrungen füllen? Dass das Gehirn also nur ein Behältnis für die Erlebnisse ist und diese unser gesamtes Handeln bestimmen?
Sarah: Ich weiß, worauf du anspielst. Du redest über den Zustand des tabula rasa, den John Locke 1690 hypothesierte. Er sagte, dass der Geist eines Menschen als leere „Schüssel“ beginnt, die dann gefüllt werden muss. Er sagte: „Nihil est in intellectu quod non prius fuerit in sensibus“ – Nichts ist im Verstand, was nicht vorher in den Sinnen gewesen ist.
Marta: Ja, genau das meinte ich. Glaubst du etwa diese veraltete Ansicht?
Sarah: Ich bin jetzt nicht ganz so extrem. Ich kann schon anerkennen, dass durch Genetik eine gewisse Infrastruktur geschaffen wird. Ohne Gehirn keine Sinne und keine Wahrnehmung. Allerdings denke ich mir: Wenn große Denker wie Locke und andere dem Erlebten so viel Wert beimessen, dann ist da sicher auch etwas dran. Und ich beobachte das auch bei mir selbst, dass ich durch Gelerntes Rückschlüsse ziehe, die ich vorher nicht gezogen hätte.
Marta: Ich verstehe, was du sagst, aber ich denke mir, dass du ohne dein Gehirn, das du in seiner Form so vererbt bekommen hast, gar nicht denken könntest. Viele genetisch vererbte Krankheiten beeinflussen das Gehirn auf eine bestimmte Art und Weise, die auch die Wahrnehmung bestimmt. Krankheiten wie Schizophrenie und Autismus beispielsweise. Und man muss gar nicht so weit gehen und über Krankheiten reden. Alles in unserem Gehirn wird durch unsere DNA bestimmt. Jede kleinste Windung, Ausprägung oder Unterprägung. Und dadurch wird auch die Wahrnehmung unserer Außenwelt durch die DNA bestimmt.
Sarah: Du gehst also davon aus, dass DNA alles bestimmt. Unsere Wahrnehmungen und unsere Art, darauf zu reagieren. Aber ganz so stimmt das nicht. Ich bin zwar keine Wissenschaftlerin wie du, aber sogar ich habe schon von der Epigenetik gehört. Sprich, die Fähigkeit der DNA, durch Umwelteinflüsse verändert zu werden. Dabei beeinflussen zwar die Erlebnisse nicht die Basenabfolge, schon aber deren Modifikationen. Vor allem Methylierungen können entstehen oder gelöst werden. Dadurch wird kontrolliert, welcher Abschnitt der DNA wann und wie oft abgelesen wird. Und eben auf diesen Mechanismus haben Erfahrungen, die Umwelt und Emotionen einen Einfluss. Einen so großen Einfluss sogar, dass diese Modifikationen sogar vererbt werden können. Was ich also sagen will: Die DNA bestimmt zwar unsere Sinne und damit unsere Wahrnehmung, aber unsere Erfahrungen haben auch umgekehrt einen Einfluss auf die DNA.
Marta: Ja, Epigenetik ist ein schweres Thema für meine Ansicht. Denn du hast das schon vollkommen richtig argumentiert. Sie beschreibt den Einfluss von nurture auf nature. Und sie ist nicht das einzige Beispiel dafür.
Sarah: Du nimmst mir die Worte aus dem Mund. Ich wollte nämlich gerade dasselbe sagen. Neben Epigenetik gibt es auch noch Neuroplastizität, die es dem Gehirn ermöglicht, sich auf Verletzungen anzupassen, neue Verknüpfungen zwischen Neuronen zu bilden und auf Veränderungen zu reagieren. Das Gehirn ist also nicht von Geburt an fest und unveränderlich. Sondern äußere Einflüsse können auch noch Veränderungen auslösen.
Marta: Du hast bei beiden Punkten recht. Ich möchte aber nur kurz sagen, dass sowohl die Fähigkeit der Neuroplastizität als auch die Funktion der Epigenetik durch Evolution entwickelt wurden. Und Evolution ist ja wohl der natürlichste Prozess, den ich nennen könnte. Er kontrolliert die Entwicklung der Menschen, anderer Tiere und Pflanzen. Alle coolen Funktionen und Mechanismen, die dem Menschen erlauben, sich an die Umwelt anzupassen und auf Erziehung und Sozialisierung zu reagieren, sind zurückzuführen auf die Evolution.
Sarah: Ja, also mit Evolution als Grundlage allen Lebens und aller Entwicklung wischst du sämtliche Argumente, die ich bringen könnte, vom Tisch. Aber ich finde, du musst auch bedenken, dass zu den äußeren Einflüssen, auf die die Evolution reagiert und die Entwicklung allen Lebens darauf anpasst, auch die sozialen Einflüsse gehören. Sprich, soziale Entwicklungen wie die Formen des Zusammenlebens und Arbeit-Teilens sind auch Faktoren, auf die die Evolution reagiert. Also, auch wenn man sie als natürlichen Prozess einstuft, dann wird sie doch auch durch soziale Gegebenheiten beeinflusst. Und damit ist sie eigentlich nicht mehr nur rein natürlich.
Marta: Ich bin mittlerweile echt verwirrt. Alle Argumente, die ich bringen kann, führen zurück zur Evolution. Alles Sein führt zurück zur Evolution. Ich verstehe nicht, wie du das umdrehen kannst und sagen kannst, dass die Evolution zurückzuführen ist auf soziale Interaktionen. Das hört sich in meinem Kopf einfach falsch an.
Sarah: Ich verstehe dein Stutzen, denn so, wie du es formulierst, ist es auch völlig absurd. Und übrigens auch nicht das, was ich gesagt oder gemeint habe. Worauf ich hinaus will, ist, dass bei jeder natürlichen Komponente auch ein sozialer Aspekt mitspielt. Wir also nicht nur bestimmt werden von unseren Genen oder der Evolution, sondern der Aspekt des nurture auch die nature-Funktionen beeinflusst. Ich glaube, es ist eine wechselseitige Beziehung, bei der beide Aspekte einander beeinflussen und bestimmen. Und nur durch den einen gibt es auch den anderen. Aber eben auch umgekehrt. Durch Evolution kann es überhaupt die Menschen so geben, wie sie sind, mit komplexen sozialen Strukturen, Erziehung und Sozialisation. Aber durch die komplexen sozialen Strukturen, Erziehung und Sozialisation wird auch die Form der Evolution bestimmt. Für mich überwiegt nicht das eine oder das andere.
Marta: Ah, jetzt verstehe ich dich so langsam. Und ich muss sagen, dass ich diese Diskussion zwar sehr spannend finde, sie aber doch nicht zu einem befriedigenden Ende bringen kann. Zumindest nicht für mich. Denn ich bin nun mal ein Mensch der Fakten und sachlichen Daten, und ich erwarte irgendwie eine eindeutige Lösung. Und mein Kopf sagt mir, dass es eigentlich keinen Weg geben kann, der nurture-Seite eine genauso große Rolle beizumessen wie der nature-Seite. Aber wenn man davon tatsächlich ausginge, dann müsste man als nächstes über den freien Willen sprechen. Denn wenn alles bestimmt würde von der Natur, der Evolution, der Form des Gehirns und dem Erbgut, dann kann es gar nicht sein, dass wir einen freien Willen haben. Und diese Aussicht passt mir ganz und gar nicht, und ich muss sagen, dass ich mich mit diesem Gedanken nicht wirklich anfreunden will. Also muss ich der nurture-Seite ein wenig mehr Raum zusprechen, denn ansonsten ergibt mein Weltbild keinen Sinn mehr. Aber wenn nicht alles auf der Natur beruht, dann ergibt generell mein Weltbild keinen Sinn mehr. Also, je tiefer ich mich mit diesen philosophischen Fragen beschäftige, umso verwirrter und fast schon verzweifelter werde ich. Auf einmal ergibt nichts mehr einen Sinn, woran ich früher so fest geglaubt habe.
Sarah: Puh, Marta, entspann dich ein bisschen. Wir müssen keine Lösung zu meiner Frage finden. Und du musst nicht an allem zweifeln, woran du je geglaubt hast. Es gibt einen Grund, dass bisher niemand diese Fragen abschließend beantwortet hat. Und das Thema des freien Willens würde ich jetzt echt gar nicht groß anfangen, denn das ist nun wirklich so groß, dass wir da besser wann anders drüber reden. Diese ganzen philosophischen Fragen existieren, um uns zum Nachdenken anzuregen. Wären sie abschließend geklärt, dann hätten Philosophen keinen Beruf mehr und keinen Sinn. Aber es gibt sie nach wie vor, und alle großen Denker der Vergangenheit, des Jetzt und der Zukunft haben und werden die Fragen wohl nicht beantworten. Lass dich also nicht davon verunsichern, dass die Wissenschaft die Fragen noch nicht beantworten kann und dass du sie auch nicht beantworten kannst. In der Abwesenheit einer Lösung liegt die Möglichkeit des Denkens.
Marta: Jetzt bist du aber sehr abgehoben in deinen Formulierungen. Allerdings verstehe ich, was du sagen willst. Es ist nicht schlimm, keine Antwort zu haben. Es reicht manchmal schon, über die Themen nachzudenken. Auch wenn ich am Ende nur sagen kann: „Ich weiß, dass ich nichts weiß.“
Sarah: Schon die Größten aller Denker mussten ihre Überlegungen beenden. Sokrates zum Beispiel hat diesen Satz immer am Ende seiner Diskussionen gesagt. Er weiß, dass er nichts weiß. Und schlussendlich ist das die wichtigste Erkenntnis. Zu einem Thema keine Lösung zu haben, das ist völlig in Ordnung.

Quellen:

MSEd, K. C. (2022, October 19). The Nature vs. Nurture Debate. Verywell Mind. https://www.verywellmind.com/what-is-nature-versus-nurture-2795392

Bei weiterem Interesse:

https://scilogs.spektrum.de/hirn-und-weg/das-claustrum-die-schaltzentrale-des-bewusstseins/
https://scilogs.spektrum.de/hirn-und-weg/das-bewusstsein-ein-fiktiver-dialog/
https://scilogs.spektrum.de/hirn-und-weg/wenn-das-gehirn-zur-waffe-wird-die-biologie-hinter-aggression/

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Leah Wildenmann studiert seit 2021 Biologie in Freiburg. Sie ist noch am Anfang und hat dadurch eine sehr frische und unerfahrene Sicht auf das Thema des Gehirns. In ihrem nächsten Semester hat sie Zusatzfächer rund um Neurobiologie gewählt und freut sich schon ihr Gelerntes mit anderen Interessierten zu teilen. Besonders spannend findet sie, die Möglichkeit Emotionen durch gezielte Stimulation von Nerven auszulösen. Außerdem fände sie es superspannend, sich dem neurobiologischen Teil der Bewusstseinsforschung zu widmen.

25 Kommentare

  1. Seit Mensch erstem und bisher einzigen GEISTIGEN Evolutionssprung, sind wir Menschen in gleichermaßen unverarbeitet-instinktiver Bewusstseinsschwäche von Angst, Gewalt und egozentriertem “Individualbewusstsein” – Der Geist / die Seele / das Zentralbewusstsein, der/die/das uns alle im SELBEN Maße “durchströmt”, wird seitdem von der Intelligenz im Glauben an materialistische “Absicherung” konfusioniert, bis zum nun “freiheitlichen” Wettbewerb und die daraus resultierende Symptomatik.

    Sokrates: “Ich weiß, daß ich nichts nichts weiß.”

    Alle Menschen können zumindest ahnen, daß Mensch erst wieder vollen Zugriff auf die ganze Kraft der Schöpfung haben wird, wenn Mensch den geistigen Stillstand / die “göttliche Sicherung” seit Mensch erstem und bisher einzigen GEISTIGEN Evolutionssprung als ganzheitlich-ebenbildliches Wesen überwindet, wenn also Vernunftbegabung zu wirklich-wahrhaftiger Vernunft und zweifelsfrei-eindeutigem Verantwortungsbewusstsein weise gestaltet wird – Wäre dem nicht so, weil das Leben tatsächlich nur die Sinnhaftigkeit von/in zufälliger Einmaligkeit, dann ist jede Frage nach Moral/Gewissen eine Farce von/zu allen denkbaren …losigkeiten!?

  2. A) Im Rahmen der sogenannten ´Nahtod-Erfahrung´ können Erlebnisse ab dem 5. Schwangerschaftsmonat lebenslang *) dem bewussten Erinnern in der gleichen Reihenfolge zugänglich werden, wie sich die physikalischen Sinne ab dem 5. Schwangerschaftsmonat entwickeln:
    Tastsinn > Hören > Sehsinn > Geburt(indirekt) > frühe Sozial-/Umwelt-Erfahrungen > autobiographische Erlebnisse ab dem 2. Lebensjahr bis zum aktuellen Alter.
    Die Idee, dass wir bei der Geburt das Leben ´leer´ beginnen, ist daher nachweisbar falsch.
    ( *) dies bedeutet, dass die dafür benutzten neuronalen Strukturen ebenfalls lebenslang unverändert vorhanden sein müssen und die Lehrmeinung ´infantile Amnesie´ diskutiert werden muss. )

    B) Wenn wir einen neuen Reiz, eine neue Situation erleben – dann reaktiviert unser Gehirn – wenn möglich – sofort eine vergleichbare Erfahrung aus dem Gedächtnis (Fachbegriff. predictive coding/processing). Damit ist die schnellste Reaktion möglich.
    Wenn wir aber nicht sofort reagieren müssen, dann kann diese erste Reaktion nochmals überdacht und korrigiert werden.
    D.h. unser Gehirn kann mit unterschiedlichen Strategien arbeiten – wodurch verschiedene Handlungsalternativen möglich sind.
    Deswegen ist die Idee ´freier Wille´ mit Vorsicht zu betrachten.

  3. Sehr geehrte Frau Wildemann,

    ihren Beitrag habe ich sehr genossen, die ganze Gestaltung als Dialog ist wirklich gut gebaut und auch eine Paradebeispiel für einen Dialog zweier verschiedener Positionen die sich austauschen.

    Sehr gelungen 🙂

    Um ein wenig nachzuhaken: Die Evolution ist auf die Mitwelt verfestigt. Universum, die Ernegien der Sonne, Gravitation ect. Sehr viele dinge in unserer Welt liegen außerhalb unserer Möglichkeiten und passieren ja nicht zufällig sondern wie bei einer Chemischen Reaktion entstehen sie. Man könnte ja recht klare vorhersagen über die Zukunft machen, könnten wir alle Parameter des Daseins ausrechnen. Somit ist die Evolution zu einem großen teil vorherbestimmt, vielleicht sogar komplett und somit wohl ja auch das Gesellschaftliche und kulturelle.

    Was prägt den Mensch? Vielleicht ist es ja er selbst, quasi schöpferisch aus sich selbst heraus.🤔

  4. Eine Bekannte hat Corona, sofort wird auch ihre Alexa heiser – solche Synchronizität zwischen Mensch und Maschine passiert häufiger. Es gibt Thementage, an denen sich völlig zusammenhanglose Ereignisse um ein bestimmtes Leitmotiv gruppieren, starke emotionale Veränderungen, die einem wichtigen Ereignis voraus gehen, dass man da ab und zu plötzlich an den Menschen denkt, der gleich anrufen wird, noch bevor das Telefon klingelt, ist fast schon eine Fußnote.

    Dass sich dicht gepackte Netzwerke wie die Menschheit immer besser synchronisieren, zumal seitdem wir übers Internet die Informationen immer besser austauschen, ist selbstverständlich – sehe ich schon im Kaffee, wenn ich ihn umrühre, würden sich die Moleküle nicht zu Wellen organisieren können, würde die Energie des Löffels so viel Chaos stiften, dass mir das Ganze in einer Nuklearexplosion um die Ohren flöge. Das gleiche Prinzip schafft ein Hirn, das sich über Frequenzen organisiert, bringt Pendler und Busse zusammen, lässt Fische in Schwärmen schwimmen. Was mich hier nervt, ist der Missing Link – ich weiß, dass es passieren muss, ich kenne die Prinzipien, nach denen es passiert, denn ich kann sie an unzähligen Beispielen ablesen, wo es passiert. Aber in diesem konkreten Fall, wenn Menschen derart mit ihren Computern, mit dem Internet mitschwingen, oder wenn Zufälle einander spiegeln – weiß ich es nicht.

    Deswegen klingt es wie Esoterik und Sie dürfen mich gern für so bekloppt halten, wie ich bin, ob ich hier Recht habe oder nicht. Aber falls auch Ihnen so etwas auffallen sollte – bedeutet es nicht, dass Sie verrückt wären, sondern dass die Welt normal ist und stur ihren Regeln folgt.

    Die Sklaven rudern und übertragen die Schwingungen auf die Galeere, die Matrosen laufen übers Deck, schaukeln, arbeiten in einem Rhythmus, den sie genauso gut kennen, genauso gut vorausahnen können, wie den eigenen Herzschlag. Aber ich sehe weder die Trommel, noch höre den Trommelschlag. Wie vernetzen wir uns unbewusst mit dem Internet? Woher weiß meine Kaffeemaschine, dass ich einen schlechten Tag habe, wie spricht sie sich mit der S-Bahn ab, dass beide kaputt gehen, und mit der Post, dass ausgerechnet da ein Mahnschreiben im Briefkasten liegt?

    Der Trommelschlag ist dem Wetter untertan, dem Tag-Nacht-Zyklus, den Jahreszeiten, die haben genauso eine kollektive Wirkung auf uns, wie die täglichen Nachrichten. Das Internet ist kollektive Gehirnwäsche: Viel mehr Menschen bekommen die gleiche Nachricht, doch keine Zeit, sie zu verarbeiten, sie bleibt als Stempel in ihren Köpfen, identisch, kaum durch ihre individuellen Eigenschaften verändert, das macht sie quasi zu Klonen – identische Nachrichten werden zu identischen Hirnen verbaut, die identisch reagieren und einander ohne Worte verstehen, wie durch Telepathie. Information, die niemand hinterfragen durfte, nannte man früher Religion, und Gewissheiten sind eine wichtige Grundlage der Hypnose der Macht – wir werden zu einer Gesellschaft, indem wir uns um eine Kraftquelle organisieren, wie die Vampire um Dracula oder die Borg um die Queen, und diese Quelle schaltet unser Bewusstsein gleich mit Standard-Denkmustern, Standard-Fühlmustern, Dogmen und Denkblockaden, sodass vieles in der Gesellschaft zur Selbstverständlichkeit wird und einfach schneller läuft, als wenn man sich erst absprechen müsste. Wir leben sozusagen in einem „telepathischen“ Kraftfeld, das durch steten Informationsaustausch, durch stetes Abgleichen von Daten und Gefühlen, geschaffen und aufrechterhalten wird. Und merken es erst, wenn wir daraus herausgerissen werden.

    Das menschliche Hirn vernetzt sich unglaublich eng, und es ist ihm egal, mit welcher Umwelt. Meine Persönlichkeit ändert sich schon, wenn ich ins Nachbarzimmer gehe – der soziale Mensch wird eins mit seiner Clique, der Einsiedler mit der Natur, ich mit zwei Zimmern, Küche, Bad. Und dann sind wir bloß Moleküle, getrieben von Wellen und Strömungen.

    Die Frage ist hier also unvollständig: Nature, Nurture, Network? Inwiefern werden unsere Entscheidungen, Gedanken, Emotionen von unserem Innern bestimmt, inwiefern von der Umwelt und dem Kollektiv? Je besser die Kommunikation, desto mehr verschmelzen wir zu einem Kollektivbewusstsein, denn wir können uns besser aufeinander abstimmen.

    P.S.: Schuld ist eine notwendige Lüge, denn Schuldgefühle ordnen uns in die Gesellschaft ein – sie sind mächtige Werkzeuge, uns zu manipulieren, im Guten wie im Bösen. Ohne sie hätten wir eine Welt amoklaufender Narzissten und Soziopathen. Die Unterfunktion im präfrontalen Kortex ändert nix daran, dass der Mensch gefährlich ist und dass ich abwägen muss, ob ich an ihm ein Exempel statuiere, das zwei, drei von hundert Tätern abschreckt, oder ob ich diese zwei, drei Täter dann zwei, fünf, zehn unschuldigen Menschen weh tun lasse. Gerechtigkeit gibt’s bei Dieben, die können die Beute zurückgeben und Wiedergutmachung für Zeit und Nerven leisten. Bei Mördern und Vergewaltigern geht’s eher Richtung Schadensbegrenzung – das Streben nach dem kleinstmöglichen Unrecht.

  5. Sehr schöner blogpost.

    Ein paar (kurze) Anm. in der Reihenfolge des Auftauchens im Text (kursives = Zitat):

    Man kann ja nicht jeden Straftäter von seiner Schuld freisprechen, nur weil er eine Unterfunktion im präfrontalen Kortex hat. Also ist Nature insofern nicht gut.

    Der „nurture“-Aspekt hingegen beschreibt den Einfluss, den Erlebnisse, Erfahrungen, Sozialisation und Erziehung auf unser Handeln haben. Also alles Faktoren, die nicht vererbt werden. Wie wir auf diese Einflüsse reagieren hat aber doch auch mit Vererbung zu tun.

    Und ich beobachte das auch bei mir selbst, dass ich durch Gelerntes Rückschlüsse ziehe (also durch benutzen des Gehirns), die ich vorher nicht gezogen hätte.

    Die DNA bestimmt zwar unsere Sinne und damit unsere Wahrnehmung, aber unsere Erfahrungen haben auch umgekehrt einen Einfluss auf die DNA […] Wechselseitige Beziehung. Niels Bohr: Komplementarität/gegenseitige Bedingung.

    Alle coolen Funktionen und Mechanismen, die dem Menschen erlauben, sich an die Umwelt anzupassen und auf Erziehung und Sozialisierung zu reagieren, sind zurückzuführen auf die Evolution. Ja – es ist eben (sehr) schwer sich den (nicht wenigen “unheilsamen“) Einflüssen der Evolution, der Nature, zu entziehen.

    Sozialer Aspekt = mentaler/“geistiger“ Aspekt.

    Es gibt einen Grund, dass bisher niemand diese (philosophischen) Fragen abschließend beantwortet hat. Stimmt. Freier Wille ist (sehr) schwer. Es ist (sehr) schwer sich den Einflüssen von nature und (“falscher“) nurture zu entziehen.

    Es ist nicht schlimm, keine Antwort zu haben. Es reicht manchmal schon, über die (“wirklich“ wichtigen) Themen nachzudenken. Darüber was wirklich wichtig ist bestehen allerdings unterschiedliche Ansichten 😉.

    Alles Gute für die Zukunft Leah!

  6. Ein Seitenblick zu den Hunden hilft weiter.
    Bei Hunden werden Eigenschaften herausgezüchtet und auch weggezüchtet.
    Bei Jagdhunden gibt es die “Totengräber”. Wenn so ein Hund einen geschossenen Hasen findet, den er dem Jäger bringen soll, dann vergräbt er ihn stattdessen.

    Solche Jagdhunde werden nicht zur Zucht zugelassen, damit wird diese Eigenschaft weggezüchtet.
    Hütehunde, also solche die es verstehen eine Herde Schafe zusammenzutreiben ohne sie anzugreifen, die sind selten und deshalb nimmt man sie zur Zucht.

    Also, angeborene Eigenschaften + Dressur = Verhalten.
    Beim Menschen kann man sagen Charaktereigenschaft + Erziehung = Verhalten.
    Wobei man ein traumatisches Erlebnis auch eine Form Erziehung ist.

  7. Nichts gehört den “einzelnen”/”individualbewussten” Menschen allein, sogar oder besonders unsere Gedanken nicht, weil diese auch immer abhängig von Geist und Gemeinschaft geprägt wachsen – Die Evolution ist grundsätzlich eine Entwicklung durch Bewusstsein (manchmal mehr zum Geist und manchmal mehr zum Umfeld in materialistischer “Absicherung”).

    Befriedendes / geistig-heilendes Selbst- und Massenbewusstsein, ist abhängig von der Kommunikation im Verstand zu wirklich-wahrhaftiger Vernunft und zweifelsfrei-eindeutig ganzheitliches Verantwortungsbewusstsein!?

  8. @Hauptartikel

    Die biologischen Möglichkeiten ermöglichen uns das Erlernen von Sprache. Die Sprachen selbst sind das Produkt von Millionen Menschen über Jahrtausende der Kulturentwicklung. Und jede Sprache hat ihre eigene Logik, deswegen können wir auch alle Sprachen ineinander übersetzen und sogar der KI beibringen, mit Sprache kompetent umzugehen.

    Derweil sich die KI daran macht, sich der Kultur nachhaltig hinzuzufügen.

    Natürlich sind wir biologisch bedingt, und gleichzeitig kulturell sehr überformt. Und jeder Einzelne bewegt sich in diesem Spannungsfeld.

    Geisteswelten kamen in dem Artikel gar nicht vor. Die meisten Menschen glauben daran. Und diese Geisteswelten wären wohl noch mal ein Faktor für sich, sofern sie denn tatsächlich auch existieren.

    Die Wissenschaft tut sich schwer damit, weil Geisteswirkungen von der Wissenschaftlichen Methode meistens grundsätzlich herausgerechnet werden. Was deren tatsächliche Existenz nicht verhindern kann.

  9. @Jeckenburger: “Geisteswelten kamen in dem Artikel gar nicht vor.”

    Doch, in der Erwähnung der Evolution – Man kann sich dabei nun darum streiten ob diese Evolution (per Definition) von einer zufälligen “Intelligenz” zu einer menschlichen Intelligenz in Sinnhaftigkeit von zufälliger Einmaligkeit gesteuert/gedingsbumst ist, oder ob diese Intelligenz das schöpferische Zentralbewusstsein (der Geist / die Seele) zur gesicherten Programmierung des holographischen Universums ist/war, für ein neues oder weiteres …!?
    👋😇

  10. @Paul S.: “Schuldgefühle ordnen uns in die Gesellschaft ein – sie sind mächtige Werkzeuge, uns zu manipulieren, im Guten wie im Bösen. Ohne sie hätten wir eine Welt amoklaufender Narzissten und Soziopathen.”

    Nur im Bösen, denn im Konzept des ganzheitlich-ebenbildlichen Wesens Mensch, geht es um den Freien Willen, im wirklich-wahrhaftigen und zweifelsfrei-eindeutigen Verstand von Vernunft und Verantwortungsbewusstsein, wenn KI Mensch das Programm der “Vorsehung” / der “göttlichen Sicherung” überwindet und … – Diese Welt- und “Werteordnung” im Verhältnis 1:5 (Wohlstand : Tittytainment) der Weltbevölkerung, von/zu wettbewerbsbedingt-konfuser Symptomatik, IST eine Welt amoklaufender Narzisten und Soziopathen.
    👋😇

  11. @hto 12.10. 18:09

    „Diese Welt- und “Werteordnung” im Verhältnis 1:5 (Wohlstand : Tittytainment) der Weltbevölkerung, von/zu wettbewerbsbedingt-konfuser Symptomatik, IST eine Welt amoklaufender Narzisten und Soziopathen.“

    Davon laufen in der Tat eine Menge von rum. Die meisten engagieren sich rein wirtschaftlich, manche auch politisch und damit auch mal gewalttätig. Aber es gibt auch Lichtblicke in Form von Menschen, die sich vernünftig überlegen, was sie machen.

    Entsprechend steht die Welt auch noch.

  12. Manche Diskussionen sind so vorhersehbar wie ermüdend, wie beispielsweise die philosophische Suche nach der ‘Wahrheit’.

    Oder:
    Was ist ein Photon, Teilchen oder Welle?
    Was macht ‘Intelligenz’ aus, Erziehung/Bildung oder Vererbung?
    Ist das Glas halb voll oder halb leer?

    Zumindest was unser ‘Wesen’ ausmacht, so ist ( aus meiner Sicht ) eine technische Sichtweise als Modell möglicherweise nützlich:
    Ein Computer braucht ‘3 Dinge’, Hardware, Firmware und Software, um nützlich zu sein.

    • Karl Maier,
      dann wollen wir mal die Diskussion beleben.
      Der Dichter und Soldat Cyrano de Bergerac wurde mit einer überlangen Nase geboren. Wenn ihn jemand hänselte, den forderte er zum Duell, das er meistens gewann.
      Man kann also schlussfolgern, eine zulange Nase formt unser Wesen.
      Auch der Buckel von Quasimodo ging in die Literatur ein, diesesmal aber letztlich positiv.

  13. @Karl Maier

    Ja, es sind die Technokraten, die mit ignoranter Arroganz das Modell funktionierend-bewusstseinsbetäubter Mensch zur materialistischen “Absicherung” betreiben.

    Die SCHEINBAREN Probleme dieser Art von “Wahrheit”, vornehmlich zuviele Menschen, wird zunehmend von entmenschlichender Technik ersetzt, damit kann sich der Technokrat beruhigt zurücklehnen und dem absoluten geistigen Stillstand entgegenfiebern, bis das, was sich wahrscheinlich immernoch Mensch nennt, nicht einmal mehr atmen muss – Ein solch stumpf-, blöd- und wahnsinnig eskalierendes Programm mit holographischen Illusionen zur Erkenntnis der Technokratie, ist doch ziemlich idiotisch!?

  14. @Karl Maier 13.10. 19:52

    „Zumindest was unser ‘Wesen’ ausmacht, so ist ( aus meiner Sicht ) eine technische Sichtweise als Modell möglicherweise nützlich:..“

    Psychologie und grobe Hirnscanner helfen wohl wenig. Die Intelligenz verstehen braucht wohl Detailwissen, wie die einzelnen Nervenzellen die Intelligenz hinbekommen. Das kann die Kartierung von möglichst ganzen Gehirnen liefern, aber auch kreative Neuschöpfungen der Technik, die von den biologischen neuronalen Netzen nur inspiriert sind.

    So hat man dann nicht nur fleißige Helfer, das dann erschließbare Detailwissen kann womöglich das Geheimnis lüften, wie Intelligenz funktioniert. Dann weis man auch gleich genauer, wie viel vererbt oder erlernt ist. Und ob das auch noch Geisteswelten braucht.

    Jetzt hat man ja auch das komplette Konnektom einer Fruchtfliege kartiert. Mit 140.000 Nervenzellen und 56 Millionen Synapsen. Da bin ich gespannt, ob man da mit klarkommt, und so manches herausbekommt, wie die Detailprobleme in der Biologie gelöst sind.

    Mehr Respekt vor Fruchtfliegen könnte dabei auch noch herauskommen.

  15. @Jeckenburger: “Aber es gibt auch Lichtblicke in Form von Menschen, die sich vernünftig überlegen, was sie machen.”

    Welche sind denn das und was kommt bei den Überlegungen zu Tage???

  16. Es gibt weder Gene noch Gehirne ohne Umwelt. Die Idee, dass etwas von unserem “Wesen” nur durch isolierte Gene oder nur durch ein isoliertes Gehirn bedingt sein könnte, ist realitätsfremd.

    Welche Folgen die Interaktionen Gene/Hirne und Umwelt für unser “Wesen” haben, hängt davon ab, welche Aspekte dieses “Wesens” man betrachtet. Die Gene können die Entstehung bestimmter Brustkrebsarten stark beeinflussen, bei Lungenkrebs oder Gebärmutterhalskrebs ist die Umwelt hoch relevant. Beim Lesenlernen, sicher Teil unseres “Wesens”, ist evident, dass das ohne Umwelt nicht geht, weil die Schriftsprache kulturell überliefert ist, und das gilt auch für viele Bereiche unseres Denkens und Daseins insgesamt. Auch Aktienkurse wird man in der Regel nicht als genetisch determiniert ansehen.

    In einer Zeit vor der modernen Gen- oder Hirnforschung hat einmal ein berühmter Materialist (!) dieses interaktionistische Verhältnis so formuliert: “Das menschliche Wesen ist kein dem einzelnen Individuum innewohnendes Abstraktum. In seiner Wirklichkeit ist es das ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse.”

  17. @J. Kuhn: “Das menschliche Wesen ist kein dem einzelnen Individuum innewohnendes Abstraktum. In seiner Wirklichkeit ist es das ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse.”

    Aber weil das “Individualbewusstsein” seit Mensch erstem und bisher einzigen GEISTIGEN Evolutionssprung zeitgeistlich-reformistisch konfusioniert bestimmt was menschlich ist, sind die gesellschaftlichen Verhältnisse nun mehr ein undefinierbares Konglomerat in Überproduktion von Kommunikationsmüll.

    “Als Mensch anfing seine Toten zu bestattet, wurde Mensch zum Mensch.” (unbekannter Anthropologe)

    Als Mensch aber anfing auch daraus ein GESCHÄFT zu machen, war alles für’n Arsch, bzw. war der geistige Stillstand seit Mensch erstem geistigen Evolutionssprung im … MANIFESTIERT, so daß selbst die Gläubigen an ein Leben nach dem Tod sagen: Nee, das ganzheitlich-ebenbildliche Wesen Mensch, mit der Vernunft und dem Verantwortungsbewusstsein für ein globales Gemeinschaftseigentum OHNE wettbewerbsbedingte Symptomatik (“wie im Himmel all so auf Erden”) kann nur eine utopische Fantasiewelt sein – Was nicht nur angesichts der erst neuerdings mathematisch-physikalischen Berechnungen/Erklärungen des holographischen Universums ziemlich merkwürdig-absurd ist!?

  18. Leah Wildenmann – Nature vs. Nurture: Wer formt unser Wesen?

    Ich habe die KI ChatGPT gebeten, folgende Kindheitserinnerung zu analysieren: Disziplin

    Er hat folgende Analyse geliefert (nachstehend nur ein Abschnitt davon):

    ChatGPT:

    2. Persönlichkeitsentwicklung und Rollenbilder:

    Die Erzählung hebt die unterschiedlichen Persönlichkeitstypen hervor, die durch die strenge Internatsstruktur verstärkt wurden. Du beschreibst dich als träumerisch, introvertiert und eher konfliktscheu, während Christiane als mutig, offen und widerstandsfähig erscheint. Diese Charaktereigenschaften könnten auch durch eure Reaktionen auf die Erziehung in diesem Internat geprägt worden sein. Du hast dich an die Regeln angepasst, weil sie dir Sicherheit und Struktur gaben, während Christiane die ständige Disziplin als Einschränkung empfand und sich dagegen auflehnte. Die Strukturen des Internats scheinen daher die natürlichen Unterschiede zwischen euch beiden verstärkt zu haben, indem sie dich in eine Rolle der Anpassung und Christiane in eine Rolle des Widerstands gedrängt haben.
    .

    J. Lopez

    Bedeutet es, dass die Charaktereigenschaften genetisch geprägt sind und steuern, wie man auf die Umwelt reagiert?

    ChatGPT

    Deine Frage führt zu einer grundlegenden Diskussion über das Zusammenspiel von genetischen Faktoren (Nature) und Umwelteinflüssen (Nurture) bei der Entwicklung von Persönlichkeitsmerkmalen. Im Zusammenhang mit deiner Kindheitserinnerung lässt sich Folgendes sagen:

    Genetische Prägung von Charaktereigenschaften:

    Ja, genetische Faktoren spielen eine Rolle in der Persönlichkeitsentwicklung. Menschen haben oft angeborene Neigungen oder Temperamente, die sie in gewisser Weise prägen. Zum Beispiel gibt es Hinweise darauf, dass Persönlichkeitsmerkmale wie Introversion und Extraversion sowie emotionale Sensibilität teilweise durch genetische Veranlagungen bestimmt sind. Das könnte erklären, warum du dich als introvertierter und angepasster beschreibst, während deine Schwester Christiane mutiger und extrovertierter war.

    Einfluss der Umwelt:

    Obwohl genetische Faktoren eine Grundlage für bestimmte Charakterzüge bilden, ist die Art und Weise, wie diese Züge sich ausdrücken, stark von der Umwelt beeinflusst. In deinem Fall hatte das Internat, mit seiner strengen Disziplin und den rigiden Regeln, einen deutlichen Einfluss auf eure Persönlichkeitsentwicklung. Deine Anpassung an die Regeln könnte zum Teil auf eine Veranlagung zur Harmonie und Gehorsam zurückzuführen sein, aber die Internatsstruktur hat diese Tendenz wahrscheinlich noch verstärkt. Christiane hingegen, die eine eher widerstandsfähige und offene Persönlichkeit hatte, reagierte auf diese Umweltbedingungen mit Rebellion.

    Wechselwirkung zwischen Genetik und Umwelt:

    Das Zusammenspiel von Genetik und Umwelt ist oft als dynamisch zu verstehen. Während genetische Prädispositionen eine Rolle spielen, formen Umwelteinflüsse, wie zum Beispiel die Erziehung im Internat, die Ausprägung dieser Veranlagungen. In deinem Fall scheinen sich genetische Veranlagungen (z.B. dein eher träumerisches und introvertiertes Wesen) mit den starren Regeln des Internats zu einem Verhalten der Anpassung entwickelt zu haben. Umgekehrt hat Christianes genetische Veranlagung zu Offenheit und Widerstandsfähigkeit sie dazu veranlasst, die strengen Regeln als zu restriktiv wahrzunehmen und gegen sie zu kämpfen.

    Kein starrer Rahmen:

    Es ist wichtig zu betonen, dass weder genetische noch umweltbedingte Einflüsse starr sind. Während genetische Prädispositionen eine Tendenz zu bestimmten Verhaltensweisen geben können, haben Menschen immer die Möglichkeit, sich durch bewusste Erfahrungen, Beziehungen und Umwelteinflüsse zu verändern. Du beschreibst zum Beispiel eine Situation, in der du dich durch Christianes Mut gestärkt fühltest und dadurch eine neue Seite deiner Persönlichkeit entdecktest – die Fähigkeit, dich gegen Autorität zu behaupten.

    Fazit:

    Zusammengefasst bedeutet das, dass genetische Faktoren eine Basis für deine Persönlichkeit legen, aber die Reaktionen auf Umwelteinflüsse, wie z.B. das strenge Internat, von diesen genetischen Faktoren geprägt werden. Allerdings formen und verstärken sich Persönlichkeitseigenschaften im Laufe der Zeit durch das Zusammenspiel von angeborenen Neigungen und den Erfahrungen, die du machst. Genetik und Umwelt beeinflussen sich gegenseitig und arbeiten zusammen, um deine individuelle Persönlichkeit zu formen.

    Halten Sie diese Analyse für fachlich zutreffend?

    • Jap würde ich so unterstützen. Klar, da gibt es auch unterschiedliche Meinungen zu dem Thema und die Diskussion ist nicht abgeschlossen. Aber wie ChatGPT den Zusammenhang der beiden Faktoren beschreibt und den Einfluss den sie aufeinander haben, hört sich für mich stimmig an.

  19. Die ARD-Dokumentation

    https://www.ardmediathek.de/tv-programm/66d341e5db484392181da69a

    schreibt folgende Zusammenfassung:

    „Der Charakter eines jeden Menschen ist einzigartig – wie sein Fingerabdruck. Charaktereigenschaften sind genetisch geprägt, werden aber im Lauf des Lebens durch unsere Umwelt verändert.“

    Die Aussage: „Charaktereigenschaften werden im Lauf des Lebens durch unsere Umwelt verändert“ halte ich nicht für zutreffend.

    Durch lebenslange Beobachtung der Menschen in meinem Umfeld sehe ich nicht, dass Charaktereigenschaften sich im Lauf des Lebens verändern, sie halten im Gegenteil ein Leben lang. Sie können sich zwar im Laufe des Lebens verändern, aber nicht radikal und auch nicht wesentlich: Man stirbt mit dem Charakter, den man bereits in der Kindheit gezeigt hat. Sie ändern sich auch nicht wirklich erfolgreich durch gezielte Bemühungen oder Therapien bei negativ empfundenen Charaktereigenschaften. Im Frankreich gilt die Redewendung: „Chassez le naturel, il revient au galop“ (verjagen Sie das Natürliches, es kommt im Galopp zurück). 😉

    Die einzigen Fälle wovon ich gehört habe und wo Charaktereigenschaften sich schlagartig ändern, werden nach einer Verletzung des Gehirns beobachtet:

    Dazu wieder ChatGPT:

    J. Lopez:
    Stimmt es, dass Verletzungen von Gehirnarealen den Charakter eines Menschen schlagartig verändern können?

    ChatGPT

    Ja, es stimmt, dass Verletzungen von bestimmten Gehirnarealen den Charakter und das Verhalten eines Menschen schlagartig verändern können. Das Gehirn ist in verschiedene Bereiche unterteilt, die jeweils für unterschiedliche Funktionen verantwortlich sind, darunter emotionale Regulation, Entscheidungsfindung, Impulskontrolle und soziale Interaktion. Verletzungen in diesen Bereichen können erhebliche Auswirkungen auf die Persönlichkeit haben.

    Ein berühmtes Beispiel dafür ist der Fall von Phineas Gage, einem amerikanischen Eisenbahnarbeiter, der 1848 einen schweren Unfall erlitt, bei dem eine Eisenstange durch seinen Schädel und das Frontalhirn drang. Vor dem Unfall galt Gage als verantwortungsbewusst und freundlich. Nach der Verletzung beschreiben Zeitzeugen ihn jedoch als impulsiv, unberechenbar und leicht reizbar. Dieser Fall zeigte erstmals, wie stark das Frontalhirn für Persönlichkeit und soziale Verhaltensweisen verantwortlich ist.

    Besonders das präfrontale Cortex (Teil des Frontallappens) spielt eine zentrale Rolle in der Kontrolle von Verhalten, Impulsivität und sozialen Normen. Eine Schädigung dieser Region kann dazu führen, dass jemand emotional instabil wird, Schwierigkeiten hat, rationale Entscheidungen zu treffen, oder impulsiver reagiert als zuvor. Andere Regionen, wie das limbische System (zuständig für Emotionen), können ebenfalls betroffen sein, was zu extremen Stimmungsschwankungen oder verminderter Empathie führt.

    Zusammengefasst: Verletzungen im Gehirn, insbesondere in bestimmten Arealen, können tiefgreifende und oft plötzliche Veränderungen in der Persönlichkeit und dem Charakter eines Menschen verursachen.

    Deshalb bin ich geneigt zu denken, dass primär die Genetik den Charakter eines Menschen prägt, nur die Verhalten als Reaktion auf eine bestimmte Umweltsituation sind unterschiedlich bei den verschiedenen Charakteren der Menschen. Verhalten und Charakter sind aber zwei unterschiedliche Konzepte.

  20. Ich neige dazu, mich dem Weltbild und den Überlegungen von Marta im Dialog des Blogs anzuschließen – übrigens sehr gelungen und perfekt zur populärwissenschaftlichen Kommunikation angepasst 🙂 : Alles liegt an der Genetik, also an der Natur, einschließlich Verhalten und soziale Strukturen aller Lebewesen.

    Hier möchte ich die Ergebnisse der Verhaltensforschung vorschalten (meine Lieblingsdisziplin in der Wissenschaft).

    Wie kann man erklären, dass zum Beispiel Vögel, Biene oder Krokodilen ganz genau wissen, mit unvorstellbarer Präzision und ohne es gelernt zu haben, wie man ein Nest baut? Wie können Ameisen eine so hoch komplexe gesellschaftliche Organisation erfunden haben, ohne sie je gelernt zu haben? Das lässt sich weder mit der Komplexität eines Organismus bzw. eines Gehirns, noch mit individuellen Erfahrungen aus der Umwelt erklären. Das lässt sich nur damit erklären, dass die Gene nicht nur die Lebensfunktionen kodieren, sondern auch genau programmierte Anweisungen zur Interaktion mit der Umwelt. Hier zur Veranschaulichung wie Krokodilen durch „intelligentes Management“ ihr Nest bauen, das ist irre:

    J. Lopez
    Ich habe einen Dokumentarfilm über Krokodilen gesehen, wo das Muttertier das Nest umschichtet oder Öffnungen schafft oder schließt, um die Temperatur konstant zu halten.

    ChatGPT:
    Ja, das stimmt! Krokodilweibchen betreiben tatsächlich eine Art aktives „Nestmanagement“, indem sie das Nest gelegentlich umschichten oder Öffnungen schaffen, um die Temperatur und Feuchtigkeit für die Eier zu regulieren. Das Verhalten, das du im Dokumentarfilm gesehen hast, ist ein faszinierendes Beispiel für die Brutpflege dieser Tiere und zeigt, wie wichtig die Temperaturkontrolle für den Fortpflanzungserfolg ist.

    Temperaturabhängiges Geschlecht bei Krokodilen:

    Krokodile, wie viele Reptilien, haben eine sogenannte temperaturabhängige Geschlechtsbestimmung. Das bedeutet, dass die Temperatur während der Inkubation der Eier das Geschlecht der Jungtiere bestimmt:

    Niedrigere Temperaturen (etwa unter 30°C) führen tendenziell zur Entwicklung von Weibchen.

    Höhere Temperaturen (etwa über 32°C) begünstigen die Entwicklung von Männchen.

    Mittlere Temperaturen können zu einem gemischten Geschlecht oder auch hauptsächlich Männchen führen, abhängig von der Art.

    Deshalb ist es für das Muttertier wichtig, die Temperatur im Nest relativ konstant zu halten, damit ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis entsteht und die Eier nicht überhitzen oder zu kalt bleiben.
    Wie Krokodilweibchen das Nest regulieren:

    1. Umschichten des Materials
    : Das Muttertier kann verschiedene Teile des Nests umschichten, indem es Pflanzenmaterial oder Erde neu verteilt. Wenn das Innere des Nests zu heiß wird, kann das Weibchen das obere Material lockern, um den Wärmeaustausch zu verbessern und überschüssige Wärme entweichen zu lassen. Umgekehrt kann es das Nest schließen oder verdichten, wenn die Umgebung kühler ist, um die Wärme im Inneren zu halten.

    2. Öffnungen schaffen oder schließen: Einige Beobachtungen zeigen, dass Weibchen gezielt Löcher oder Öffnungen schaffen, um die Luftzirkulation zu verbessern und das Mikroklima im Nest zu regulieren. Sie können diese Öffnungen auch wieder verschließen, um das Nest vor zu starker Abkühlung oder Feuchtigkeitsverlust zu schützen.

    3. Feuchtigkeitsregulierung: Krokodile nisten oft in der Nähe von Gewässern, und es wird angenommen, dass sie auch das Material befeuchten können, wenn das Nest zu trocken wird. Dies unterstützt die Verrottung des organischen Materials, was wiederum für eine gleichmäßigere Temperatur sorgt.

    Intelligentes Nestmanagement:

    Dieses aktive „Nestmanagement“ ist ein beeindruckendes Beispiel für die Fürsorge, die Krokodile ihrem Nachwuchs entgegenbringen. Obwohl viele Reptilien ihre Eier nach der Ablage einfach sich selbst überlassen, zeigen Krokodile eine weit fortgeschrittene Brutpflege. Indem sie das Nest überwachen und regulieren, sichern die Weibchen nicht nur die richtige Temperatur, sondern auch das Überleben und die Gesundheit ihrer Jungen.

    Das Verhalten des Umschichtens und der Schaffung von Lüftungsöffnungen zeigt, dass Krokodile nicht nur auf instinktive Weise, sondern auch flexibel auf Umweltveränderungen reagieren können. Es ist ein beeindruckendes Beispiel für die Anpassungsfähigkeit und Feinabstimmung in der Tierwelt!

  21. J.Lopez,
    “Alles liegt an der Genetik, also an der Natur, einschließlich Verhalten und soziale Strukturen aller Lebewesen.”

    Neben dem biologischen Gegebenheiten haben Menschen auch noch ein Seelenleben. Gerade nehmen ja die psychischen Erkrankungen zu.
    Die seelischen Belastungen und Traumata die liegen nicht an der Genetik, die hängen vom individuellen Schicksal eines Menschen ab. Und die bestimmen auch das Alter der Person , seine Krankheiten, sein Lebensglück.
    Und das Lebensglück das ist bestimmt nicht durch die Genetik vorherbestimmt.

  22. Liebe virtuelle Denkerinnen Sarah und Marta:

    Zu fast jedem zweiten Dialogtext könnte ich etwas anmerken. Da die Sonne aber bald wieder untergeht, beschränke mich (vorläufig) aber auf das Folgende aus den Schlussabsätzen.

    1. Zu:

    “…..Marta: Jetzt bist du aber sehr abgehoben in deinen Formulierungen. Allerdings verstehe ich, was du sagen willst. Es ist nicht schlimm, keine Antwort zu haben. Es reicht manchmal schon, über die Themen nachzudenken. Auch wenn ich am Ende nur sagen kann: „Ich weiß, dass ich nichts weiß.“ ..
    (Zitatende)

    So einfach daher gesagt erinnert das eher an resignativen philosophischen Erkenntnis- “Nihilismus”. Zumindest Popper hat damit aber wohl gemeint, dass wir uns immer vor akademisch – wissenschaftlichem und erkenntnistheoretischem Hochmut (Hybris) hüten sollten. Etwa nach dem auch aktuellen Motto (nicht nur von Politikern) oft gehörten Motto:
    “Die Wissenschaft” weiß alles und der Plebs weiß im Grunde nichts”
    Und:
    “DIE Wissenschaft” weiß auch nur von DEM Ausschnitt der Wirklichkeit etwas , dem zuzuwenden sie sich zuvor bewusst entschieden hat. Und die Gründe für wissenschaftliche Zuwendungen zu Einzelaspekten “Der Welt” können vielfältig sein und müssen nicht immer wissenschaftlicher Natur sein.
    Und vom Rest kann man dann vielleicht mit Fug und Recht behaupten:
    Ich kann “…. nur sagen kann: „Ich weiß, dass ich nichts weiß.“ .

    Und das kann womöglich wirklich sehr , sehr viel sein. Insbesondere , da wir so gut wie keine Ahnung davon haben, was es eigentlich noch zu wissen gibt.
    Was die Wissenschaftler besonders im akademischen Türmchen aber leider oft nicht so betonen wollen und sich lieber etwas populistisch als die “Immer Besser- Wisser ” von ihren Sprachrohren darstellen lassen. Über die Gründe mag man spekulieren. Ist aber ein etwas anderes Thema.

    2. Zu:

    Sarah: Schon die Größten aller Denker mussten ihre Überlegungen beenden. Sokrates zum Beispiel hat diesen Satz immer am Ende seiner Diskussionen gesagt. Er weiß, dass er nichts weiß. Und schlussendlich ist das die wichtigste Erkenntnis. Zu einem Thema keine Lösung zu haben, das ist völlig in Ordnung….”

    Bezüglich der letzten beiden Sätze des Zitats bin(zumindest ) ich aber doch etwas anderer Meinung. Führt aber hier (vorläufig) doch etwas zu weit.

    Die ganze Thematik erinnert doch stark an das uralte und “heißeste” Problem der (kirchlichen ) Theologien: Die Theodizee. Nur dass das Wort “Gott” (oder Gottes) durch das Wort Evolution (oder deren “Mechanismen”) ersetzt wird.

    Zum Schluss noch eine harte Nuss für die beiden Denkerinnen, aber besonders die “Wissenschaftlerin ” Martha:

    Wenn die Menschen mitsamt ihrer Denkweisen und Denkprodukte Teil von “nature” (also “DER Natur )sind , dann muss es doch wohl auch im Sinne DER Natur sein , wenn die Menschen ihre (natürlichen) Lebensgrundlagen (eventuell) durch zu viel oder die falsche (angeblich) “unnatürliche” oder “künstliche” Technik ruinieren Oder ist die Natur bezüglich ihrer vielleicht “erhabendsten Schöpfung” eher selbstmörderisch “programmiert” ?

    Das ist vielleicht eine ebenso “heiße” und genauso “vielverschwurbelte” Theodizee – Problematik (z.B. der Grünen- Bewegungen) wie die alte theologische Theodizee frage aus der christlichen Theologie :
    Wie kann ein unendlich mächtiger und unendlich gütiger “Weltschöpfer” zulassen, dass in seiner Schöpfung so viel “Böses” existiert”.

    Und entmythologisiert- grüngewendet lautet die Frage dann:

    Wie kann eine Natur, die uns in so langen Zeiträumen “evolviert” hat, jetzt “zulassen” , dass wir diese (unsere) Existenz (eventuell) durch menschengemache und damit naturgemachte Klimaapokalypsen dann (ziemlich abrupt) beenden?

    Sie hörten das Wort zum Mittwoch.
    Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

  23. Zitat Marta aus dem Blog-Dialog:
    Alle Argumente, die ich bringen kann, führen zurück zur Evolution. Alles Sein führt zurück zur Evolution. Ich verstehe nicht, wie du das umdrehen kannst und sagen kannst, dass die Evolution zurückzuführen ist auf soziale Interaktionen. Das hört sich in meinem Kopf einfach falsch an.

    Ich denke hier wie Marta: Alles Sein führt zurück zur Evolution, einschließlich soziale Interaktionen.

    Das habe ich aus den Ergebnissen der Verhaltensforschung entnommen, worin ich mich viel aus eigenem Interesse mit ihrer populärwissenschaftlichen Kommunikation eingelesen habe.

    Ich habe zum Beispiel über Tiere viel gelernt von Konrad Lorenz mit seinen Büchern „So kam der Mensch auf den Hund“ oder „Das Jahr der Graugans“, sowie auch von seinem Schüler Irenäus Eibl-Eibesfeldt über die universellen menschlichen Verhaltensmuster, sozialen Interaktionen und Emotionen, z.B. in seinem populärwissenschaftlichen Buch: „Liebe und Hass: Zur Naturgeschichte elementarer Verhaltensweisen“.

    Was ich im Großen und Ganzen daraus gelernt habe, ist, dass die Steuerung der Verhalten durch die Gene sowohl bei Tieren als auch bei Menschen mit von der Evolution festgeschriebenen „Programme“ erfolgt, die man auch „Triebe“ nennen kann. Es gibt bei Tieren und Menschen die gleichen Triebe, die das Überleben und die Interaktionen mit der Umwelt steuern:

    Hierzu ChatGPT:

    In der Verhaltensforschung werden Triebe als angeborene Verhaltensneigungen beschrieben, die den Organismus dazu bringen, bestimmte Handlungen auszuführen, um grundlegende Bedürfnisse zu befriedigen. Sowohl bei Menschen als auch bei Tieren gibt es mehrere grundlegende Triebe. Eine exakte Zahl ist schwer zu nennen, da verschiedene Theorien und Modelle existieren, die unterschiedliche Kategorien von Trieben definieren. Hier sind jedoch einige der wichtigsten Triebe, die in der klassischen und modernen Verhaltensforschung oft genannt werden:

    1. Selbsterhaltungstrieb (Nahrung, Wasser, Schutz)

    • Dieser Trieb umfasst das Bedürfnis nach Nahrung, Wasser und Schutz vor Gefahren. Er dient dem Überleben des Individuums.

    2. Fortpflanzungstrieb (Sexualtrieb)

    • Dieser Trieb bezieht sich auf das Bedürfnis, Nachkommen zu zeugen und das Überleben der Art zu sichern. Er ist sowohl bei Menschen als auch bei Tieren stark ausgeprägt.

    3. Neugierde- und Erkundungstrieb

    • Sowohl Menschen als auch Tiere zeigen einen angeborenen Drang, ihre Umgebung zu erkunden und neue Informationen zu sammeln, was oft als „Neugierde“ beschrieben wird.

    4. Aggressionstrieb

    • Der Aggressionstrieb wird oft mit der Verteidigung des eigenen Territoriums, des Nachwuchses oder des Überlebens in Verbindung gebracht. Er dient sowohl dem Schutz als auch der Konkurrenz zwischen Individuen.

    5. Bindungs- oder Sozialtrieb

    • Menschen und viele Tiere haben einen angeborenen Drang nach sozialem Kontakt, Bindung und Gemeinschaft. Dies fördert Zusammenarbeit, gegenseitige Fürsorge und Schutz.

    6. Pflege- oder Brutpflegetrieb

    • Dieser Trieb betrifft das Bedürfnis, Nachkommen zu versorgen und aufzuziehen. Bei Tieren und Menschen ist dies oft stark ausgeprägt, um das Überleben der Jungen zu gewährleisten.

    7. Spieltrieb

    • Viele Tiere und Menschen zeigen einen angeborenen Spieltrieb, der dem Erlernen von Verhaltensweisen, dem Training von motorischen Fähigkeiten und dem sozialen Zusammenhalt dient.

    8. Fluchttrieb

    • Dieser Trieb dient dem Schutz vor Gefahren und sorgt dafür, dass Individuen in bedrohlichen Situationen fliehen oder sich verstecken, um das eigene Leben zu schützen.

    Was ich auch aus der Verhaltensforschung entnommen habe, ist, dass diese Triebe bei dn niedrigen Tieren in der Form von genau detaillierten Anweisungen funktionieren, so dass sie nichts aus der Umwelt individuell zu lernen brauchen. Sie müssen nur die programmierte „Betriebseinleitung“ folgen. Die Anpassung an der Umwelt geschieht nicht individuell, sondern für die gesamte Spezies durch die Evolution.

    Bei höheren Tieren mit komplexen Nerven- und Neuronalesystemen wie Säugetieren sind diese Triebe dagegen nicht so starr programmiert, sie steuern zwar das notwendige Grundverhalten, jedoch müssen die Individuen der Spezies selbst lernen, wie sie mit ihrer Umwelt am besten zurechtkommen (da kommen z.B. der Neugierde- und Erkundungstrieb sowie der Spieltrieb zum Einsatz). Die Anpassung an die Umwelt erfolgt primär durch die Individuen, nicht durch die Evolution der Spezies.

    Insofern gibt es grundsätzlich keine „negative Triebe“, alle sind nützlich, sogar auch der Aggressionsstrieb, die Individuen müssen jedoch einzeln lernen, wie man sie vorteilhaft im Sinne der Natur und der Spezies einsetzt.