Kunst und Hirn: Warum Kunst uns guttut

Frau betrachtet Gemälde, Ansicht von hinten

Die Kunstfreunde unter euch werden es vielleicht mitbekommen haben: Einige Kunstwerke im berühmten Museum „Mauritshuis“ in Amsterdam, dort wo auch das „Mädchen mit dem Perlenohrring“ hängt, wurden neurowissenschaftlich untersucht. Mit EEG und Eyetracking betrachteten Forschende des dafür beauftragten Unternehmens „Neurensics“, wie die Gehirne der Teilnehmenden auf die originalen Werke und wie auf Reproduktionen jener reagierten – mit dem Ergebnis, dass die Originale eine wesentlich stärkere emotionale Reaktion hervorriefen. [8]

Nun ist wichtig hinzuzufügen, dass die Studie des Unternehmens, das sonst vor allem auf neurowissenschaftliche Marktforschung spezialisiert ist, auf jeden Fall ihre Limitationen hat. Es ist fraglich, inwiefern die emotionale Reaktion auf die Originale tatsächlich auf deren Qualität allein zurückzuführen ist, wenn die Reproduktionen deutlich als solche zu erkennen sind und in einem ganz anderen Kontext präsentiert werden. Die Teilnehmenden wussten also, dass sie gerade vor dem echten, berühmten Gemälde von Johannes Vermeer stehen, das einen so in seinen Bann zieht.

Nichtsdestotrotz gibt uns die Untersuchung einen wunderbaren Anreiz, uns mehr damit auseinanderzusetzen, warum uns Kunst so bewegt und wie sie uns vielleicht sogar guttut. Kunst und Museen sind womöglich doch noch mehr als bloßer Zeitvertreib und Kostenpunkt öffentlicher Mittel. Zu eben dieser Thematik gibt es bereits einige unabhängige Forschung etwa im Bereich der Neuroästhetik – also der neurowissenschaftlichen Betrachtung der Wahrnehmung von Kunst – in welche dieser Beitrag einen kleinen Einblick geben möchte. Warum bewegen uns manche Bilder mehr als andere? Wie spielen Farbe und Form in Gemälden mit unserem Sehen zusammen? Was haben wir letztlich davon, uns Kunst anzusehen?

Neurowissenschaft im Museum

Es gibt verschiedene Methoden, die die Neuroästhetik nutzen kann, um die Wahrnehmung von Kunstwerken zu untersuchen, so zum Beispiel EEG (Elektroenzephalographie) und Eye-Tracking. Bei einem EEG wird die elektrische Aktivität des Hirns per Elektroden auf der Kopfhaut während der Betrachtung gemessen. Das Eye-Tracking erfasst die Augenbewegungen und vor allem die Fixierungspunkte im Bild, also die Stellen, an denen das Auge sich entlang gehangelt hat. Diese Punkte können unter anderem ein Indikator dafür sein, wie sehr ein Bild wertgeschätzt wird. In Bildern, die uns besonders packen, finden sich besonders viele Fixierungspunkte in den ersten 5 bis 10 Sekunden der Betrachtung. Ob wir ein Werk mögen oder nicht entscheiden wir ziemlich schnell, schon in den ersten 20 Sekunden.[1] Auch hier zählt also der erste Eindruck.

Magie von Form und Farbe

Eine Studie von Maglione et al. (2017) versuchte diese Wahrnehmung aufzuschlüsseln und zeigte den Teilnehmenden sowohl Gemälde von Titian als auch verschiedene zeitgenössische Malereien. Zusätzlich waren Versionen dieser Gemälde zu betrachten, in denen entweder nur die Farben erhalten blieben und die Formen des Bildes nicht mehr zu erkennen waren oder das Bild in Graustufen umgewandelt worden war. Nur die originale Version war in der Lage, bedeutend stärkere Emotionen hervorzurufen als die bearbeiteten Versionen. Und das bereits in den ersten 10 Sekunden. Diese Wahrnehmung ebenso wie die Einschätzung, ob man das Bild nun möge, blieb für die Originale auch über eine längere Betrachtungsdauer stabil. [7]

Interessanterweise war zu beobachten, dass die hervorgerufenen Emotionen durch die bearbeiteten im Laufe der ersten 30 Sekunden zunahmen. Ebenso bedurfte deren Betrachtung einer höheren Aufmerksamkeitsleistung als es bei den Originalen der Fall war. Dies könnte damit zusammenhängen, dass unser Gehirn Spaß daran hat, komplexe Bilder genauer zu entschlüsseln, weshalb das Gefallen an der ästhetischen Erfahrung mit der Dauer der Betrachtung steigt. Dies kommt allerdings noch nicht an die Wirkung der originalen Bildes heran, wo der erste Eindruck schon über die emotionale Reaktion entschieden zu haben scheint. Das einzigartige Zusammenspiel von Farbe und Form scheint mehr zu sein als bloß das Produkt seiner einzelnen Bestandteile, das schließlich in der Lage sein kann, derartige Emotionen zu vermitteln und Stimmungen hervorzurufen.

Spannend ist auch, dass bei Kunstwerken, die von Betrachtenden als „schön“ empfunden werden, gewisse Hirnbereiche stärker aktiviert sind. Während in jedem Fall Areale zur allgemeinen Wahrnehmung und Aufmerksamkeitslenkung involviert sind, zeigen jene Bilder auch eine erhöhte Aktivierung in Bereichen, die auf das eigene Selbst bezogen sind. Dort werden unter anderem persönliche Erfahrungen, Gedanken oder Gefühle bewertet. Das schließt auch Informationen ein, die nicht von äußeren Reizen ausgelöst werden, sondern aus unseren eigenen Gedanken und inneren Prozessen stammen. [7]

Welche Werke berühren uns am meisten?

Spezifische Eigenschaften des Kunstwerks selbst können nur in bedingtem Maße vorhersagen, wie sehr eine Person ein Werk schätzen wird. Vor allen Dingen ist das ästhetische Erleben ein individueller Prozess, der in höchstem Maße von den eigenen Erfahrungen, der Selbstwahrnehmung, sozialer Identität, der Weltanschauung abhängt – kurz welchen Selbstbezug wir in dem Kunstwerk vorfinden können. Derartige sozialpsychologische Schemata werden in unserem Hirn abgerufen, wenn Erinnerungen abgespeichert werden oder wir andere Personen bewerten. Da Kunstwerke eine kommunikative Projektionsfläche der Stimme des Künstler oder der Künstlerin darstellen (oder für wen oder was diese sprechen möchten), liegt es nahe, dass der Selbstbezug auch hier eine Rolle spielen könnte. [13]

Kunst, mit der wir uns identifizieren können

Kürzlich demonstrierten Ed Vessel und Kollegen, welch große Rolle der Selbstbezug in Kunstwerken für die Bewertung derselben einnehmen kann. Hierfür generierten sie mithilfe eines Deep Learning Modells, also „künstlicher Intelligenz“, Gemälde mit persönlichem Bezug für die einzelnen Teilnehmenden, basierend auf biographischen Erzählungen und Einschätzungen der Personen. Betrachtet wurden in der Studie dann die persönlichen Werke, tatsächliche Kunstwerke sowie generierte Werke ohne persönlichen Bezug als Kontrolle. [13]

Die Teilnehmenden befanden die Bilder, die für sie persönlich erstellt wurden, als bedeutend ansprechender als die für andere Teilnehmende generierten Werke. Die Wirkung der persönlichen Relevanz für die ästhetische Bewertung der Gemälde reichte sogar so weit, dass die entsprechenden KI-Bilder als ähnlich ansprechend bewertet wurden wie die echten Gemälde. Vessel und Kollegen vermuten den Selbstbezug hier als eigeständigen Faktor, der unabhängig von künstlerischer Fertigkeit und anderen spezifischen Bildeigenschaften zur Bewertung von Kunst herangezogen wird. Es zeigt sich also, dass Schönheit auch in der Kunst nicht in erster Linie objektiv ist, sondern individuelle Blickwinkel einen großen Anteil daran haben.

Informationen mit Selbstbezug werden anders verarbeitet

Ein möglicher Grund, weshalb der Selbstbezug in den künstlerischen Arbeiten einen solchen Einfluss auf deren ästhetische Wirkung zeigte, könnte der „Self-Reference-Effekt“ sein. Informationen, die wir mit uns selbst in Verbindung bringen, können wir uns im Vergleich mit anderen Verarbeitungswegen besser merken. Selbstbezogene Informationen verarbeiten wir zudem auf tieferer Ebene, da das Selbstkonzept eine zentrale Rolle in der inneren Organisation von Wissen einzunehmen scheint. [6, 9]

Was passiert im Hirn, wenn uns ein Kunstwerk bewegt?

Verschiedene Studien deuten darauf hin, dass bestimmte Kunstwerke unser „Default Mode Network“, kurz DMN, aktivieren. Das DMN ist ein Netzwerk verschiedener Hirnregionen, das in mentale Prozesse rund um unser Selbst involviert ist – Selbstreflexion, Selbstkonzept, Tagträumen, in Erinnerungen schwelgen. Es ist im übertragenen Sinne der Ort, an den wir uns in Gedanken zurückziehen. In anderen Fällen wird es jedoch eher weniger von äußeren Reizen angesprochen und während kognitiver Aufgaben sogar aktiv unterdrückt. [2]

Hirnregionen des Default-Mode-Network. Quelle

Künstlerische Arbeiten, die eine starke emotionale Reaktion hervorrufen, scheinen das DMN hingegen zu aktivieren. Bestimmte Kunstwerke berühren Aspekte in uns, mit denen wir uns identifizieren können. Viele Menschen betrachten ihren Kunstgeschmack – ob es sich um klassische Malerei oder die neuesten Superhelden-Blockbuster handelt – als Teil ihrer Identität. Das Gehirn reagiert in solchen Momenten ähnlich wie auf selbstbezogene Inhalte, was eine intensive ästhetische Erfahrung ermöglicht, die bis hin zu dem Gefühl reichen kann, „vom Kunstwerk verstanden zu werden“. [12] Dies trifft vorrangig auf Werke zu, die die jeweiligen Betrachterinnen als ansprechend empfinden. Neuere Untersuchungen deuten außerdem darauf hin, dass das DMN den inneren Zustand der Betrachter während der ästhetischen Erfahrung verfolgt. Höher geschätzte Bilder zeigten eine stärkere Aktivität des DMN gleich zu Beginn. Bei längerer Betrachtung nimmt die DMN-Aktivität wieder ab.

Überraschenderweise nahm bei Bildern, die die Betrachter weniger mochten, die Aktivierung des DMN zu einem späteren Zeitpunkt wieder zu. Dies könnte allerdings bedeuten, dass die Personen sich innerlich schon anderen Gedanken widmeten und das Bild nicht mehr aktiv betrachten. Bei besonders ansprechenden oder bewegenden Bilder zeigte sich dieser Effekt nicht – womöglich wird hier zu einer formaleren Betrachtung des Bildes übergegangen. Die genauen Vorgänge bleiben verbleiben jedoch weiterhin als offene Fragen in der Forschung. [2, 12]

Warum mehr mit Kunst und ästhetischen Erfahrungen beschäftigen?

Kunst macht nicht nur Spaß und ist schön anzusehen. Manchmal sogar im Gegenteil, manchmal regt sie uns auch zum Nachdenken und Diskutieren an. Und auch mit unserem Gehirn kann sie noch weitaus mehr anstellen, als uns emotional zu berühren. Verschiedene Studien zeigen, dass bereits das kurze Betrachten von Kunstwerken negative Stimmungen, Angst und Gefühle der Einsamkeit merklich reduzieren sowie das allgemeine Wohlbefinden steigern können. Dieser Effekt zeigt sich sogar schon bei Online-Interventionen. Die Probandinnen und Probanden hatten sich die Kunstwerke also digital angesehen [10, 11].

Forschungsergebnisse dieser Art zeigen, dass Interventionen durch Kunst, wenn es etwa um das Wohlbefinden geht, schon mit recht geringem Aufwand einen signifikanten Unterschied machen können. Doch damit nicht genug. Selbst bei verschiedenen neurodegenerativen Erkrankungen, also solchen, die mit kognitivem Verfall einhergehen, wie Demenz und Alzheimer, konnte ein positiver Einfluss durch ästhetische Erfahrungen mit Kunst beobachtet werden, etwa bei eine Gruppe von Patientinnen und Patienten mit Demenz, die mehrmals unter Betreuung gemeinsam eine Kunstgalerie besuchten. Betroffene zeigten einen verbesserten Gedächtniszugriff in Verbindung mit den Kunsterfahrungen, ebenso verbesserte Kommunikationsfähigkeiten während der „Museumsintervention“. Die anregende Erfahrung des Besuchs eines Museums schien den Betroffenen gut zu tun, ebenso mit Sicherheit auch die damit verbundene soziale Aktivität in einer Gruppe. [3]

Quelle

Kunst fördert Gesundheit und Wohlbefinden

Einige Forscherinnen und Forscher fordern auf Grundlage der Forschungsergebnisse aus der Neuroästhetik eine stärkere Einbindung von Kunst und Kultur in die Gesundheitsförderung. Kunst und kulturelle Strategien können nicht nur das Wohlbefinden steigern, sondern auch einen entscheidenden Beitrag zur Unterstützung der psychischen Gesundheit etwa von Jugendlichen leisten. Gerade nach der Pandemie ist die Problematik der mentalen Gesundheit von Jugendlichen aktueller denn je. Kreative Interventionen seien eine kostengünstige, skalierbare Möglichkeit, um globale Gesundheitsprobleme anzugehen und dabei gleichzeitig die kulturellen Ressourcen und Praxen der jeweiligen Gemeinschaften zu nutzen, wo Handlungsbedarf herrscht. [5]

Ein neurowissenschaftliches Plädoyer für die Kunst

Die Erkenntnisse der Neurowissenschaft sprechen deutlich für die unverzichtbare Bedeutung von Kunst und Kultur für unsere Gesellschaft. Der Kontakt mit Kunst löst nicht nur emotionale Reaktionen in uns aus, sondern stärkt nachweislich das psychische Wohlbefinden, lindert Stress und entfaltet eine präventive wie therapeutische Wirkung bei neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer. Die staatliche Förderung ästhetischer Erfahrungen für alle ist somit kein Luxus, den wir uns leisten, sondern ein fundamentaler Beitrag zur Förderung von Gesundheit und Lebensqualität in unserer Gesellschaft. Darüber hinaus schafft Kunst Räume für gesellschaftlichen Dialog, die Gemeinschaft und Zusammenhalt stiften können. Die Kunst kann hierbei die verschiedensten Formen annehmen und ist im weitesten Sinne zu verstehen. Ihre Förderung ist somit weit mehr als das Wertschätzen kultureller Erzeugnissen – sie ist eine Investition in Innovation, gesellschaftliches Wohlbefinden und sozialen Zusammenhalt.

Quellen

[1] Babiloni, F., Rossi, D., Cherubino, P., Trettel, A., Picconi, D., Maglione, A. G., Vecchiato, G., De Vico Fallani, F., Chavez, M. & Babiloni, F. (2015). The first impression is what matters: a neuroaesthetic study of the cerebral perception and appreciation of paintings by Titian. 37th Annual International Conference Of The IEEE Engineering in Medicine And Biology Society (EMBC), 30, 7990–7993. https://doi.org/10.1109/embc.2015.7320246

[2] Belfi, A. M., Vessel, E. A., Brielmann, A., Isik, A. I., Chatterjee, A., Leder, H., Pelli, D. G. & Starr, G. G. (2018). Dynamics of aesthetic experience are reflected in the default-mode networkNeuroImage, 188, 584–597. https://doi.org/10.1016/j.neuroimage.2018.12.017

[3] Eekelaar, C., Camic, P. M. & Springham, N. (2012). Art galleries, episodic memory and verbal fluency in dementia: An exploratory study. Psychology Of Aesthetics Creativity And The Arts, 6(3), 262–272. https://doi.org/10.1037/a0027499

[4] Fancourt, Daisy & Finn, Saoirse. (‎2019)‎. What is the evidence on the role of the arts in improving health and well-being? A scoping review. World Health Organization. Regional Office for Europe. https://iris.who.int/handle/10665/329834.

[5] Golden, T. L., Ordway, R. W., Magsamen, S., Mohanty, A., Chen, Y. & Ng, T. W. C. (2024). Supporting youth mental health with arts-based strategies: a global perspective. BMC Medicine, 22(1). https://doi.org/10.1186/s12916-023-03226-6

[6] Klein S. B., Loftus J. (1988). “The nature of self-referent encoding: The contributions of elaborative and organizational processes”: Correction to Klein and Loftus. Journal of Personality and Social Psychology, 55(6), 881–881.

[7] Maglione, A. G., Brizi, A., Vecchiato, G., Rossi, D., Trettel, A., Modica, E. & Babiloni, F. (2017). A Neuroelectrical Brain Imaging Study on the Perception of Figurative Paintings against Only their Color or Shape Contents. Frontiers in Human Neuroscience, 11. https://doi.org/10.3389/fnhum.2017.00378

[8] Neurensics – Mauritshuis – Meisje met de Parel. (o. D.). https://www.neurensics.com/mauritshuis-meisje-met-de-parel

[9] Rogers T., Kuiper N., Kirker W. (1977). Self-reference and the encoding of personal information. Journal of Personality and Social Psychology, 35(9), 677–688.

[10] Trupp, M. D., Bignardi, G., Chana, K., Specker, E. & Pelowski, M. (2022). Can a Brief Interaction With Online, Digital Art Improve Wellbeing? A Comparative Study of the Impact of Online Art and Culture Presentations on Mood, State-Anxiety, Subjective Wellbeing, and Loneliness. Frontiers in Psychology, 13. https://doi.org/10.3389/fpsyg.2022.782033

[11] Trupp, M. D., Bignardi, G., Specker, E., Vessel, E. A. & Pelowski, M. (2023). Who benefits from online art viewing, and how: The role of pleasure, meaningfulness, and trait aesthetic responsiveness in computer-based art interventions for well-being. Computers in Human Behavior, 145, 107764. https://doi.org/10.1016/j.chb.2023.107764

[12] Vessel, E. A., Starr, G. G., and Rubin, N. (2013). Art reaches within: Aesthetic experience, the self and the default mode network. Front. Neurosci. 7:258. doi: 10.3389/fnins.2013.00258 [13] Vessel, E. A., Pasqualette, L., Uran, C., Koldehoff, S., Bignardi, G., & Vinck, M. (2023). Self-Relevance Predicts the Aesthetic Appeal of Real and Synthetic Artworks Generated via Neural Style Transfer. Psychological Science34(9), 1007-1023. https://doi.org/10.1177/09567976231188107

Quelle Beitragsbild: https://de.freepik.com/fotos-kostenlos/hintere-ansichtfrau-die-malerei-bewundert_34215944.htm#fromView=search&page=1&position=31&uuid=aa5946cf-9a5a-4872-b330-3595b82f2293

Antonia Ceric

Veröffentlicht von

Ich heiße Antonia Ceric und studiere im Master Neurowissenschaften an der Uni Frankfurt. Während ich in meinem Psychologie-Bachelor die neuronalen und psychologischen Grundlagen der Wahrnehmung und unseres Gehirns kennenlernen durfte, konnte ich mich parallel im Kunststudium an der HfG Offenbach dem Bereich auch aus einer philosophischen Perspektive nähern. Durch meinen interdisziplinären Hintergrund interessieren mich besonders Grenzbereiche, wo die Neurowissenschaft auf andere – etwa geisteswissenschaftliche und kreative – Felder trifft oder das Verständnis unseres Hirns plötzlich im Alltäglichen überrascht.

3 Kommentare

  1. ” dass die Originale eine wesentlich stärkere emotionale Reaktion hervorriefen.”

    Das kann man nur bestätigen. Kunst ruft eine Reaktion hervor, aber nicht nur positiv.
    Wir hatten hier im Raum Stuttgart eine Ausstellung von Piet Mondrian. Das ist der Maler, der die farbigen Quadrate gemalt hat.
    Bei der Betrachtung der Bilder bekam ich Beklemmungen, Beklemmungen des Herzens. Ich musste die Ausstellung verlassen und war noch mindestens eine Stunde wie benommen.
    Seitdem habe ich Respekt vor der Kunst, sie ist nicht nur “Gemaltes”, die Gemälde von Piet Mondrian sollten mit einem Warnhinweis vesehen werden, wie bei den Zigaretten.

  2. Zur Kenntnisnahme und Selbstanalyse
    Einstige Expressionisten, wie exemplarisch Egon Schiele, Otto Dix, Max Beckmann, George Grosz, Ernst Ludwig Kirchner, waren, insbesondere für heutige Verhältnisse, wortwörtlich arme Künstler und vom ersten Weltkrieg “gezeichnet”. Die heute zum Teil hohen bis exorbitanten Preise für ihre Bilder stehen im krassen Gegensatz zu ihrem kargen Leben. Die implizite «Romantisierung» ihres Künstlerdaseins im Rahmen der nachträglichen Kapitalisierung ihrer Kunstwerke ist eine marktstrategische Eigenheit. Kapitalismus “schmeckt” halt besser, wenn man dem Produkt eine menschliche Komponente des romantischen Glücks anhängt.

    Auch Abstrakte Expressionisten, wie Mark Rothko oder Jackson Pollock, waren alles andere als “glückliche” Menschen. Begriffe des heutigen Kunstmarktes wie Allegorie oder Diskurs sind wie mathematische Symbole, blutleere Gebilde. Eine geldgeile Elite, die sich in der Regel weder mit den Befindlichkeiten der Künstler, noch mit sonst einem Detail des “Künstlerleids” beschäftigt regiert und selektiert. Künstler sind spezielle Soldaten des Kapitals. Die Illusion von Freiheit und Romantik des Künstlers soll über die Beliebigkeit von Kunst hinwegtäuschen.

    Der «Markt» bringt immer wieder “punktuell” Künstler wie Damien Hirst oder Jeff Koons “ganz” nach oben. Die so generierten extrem wenigen Multimillionäre der Kunst sind bei genauer Betrachtung notwendige Zufallskandidaten, die den Mythos des erfolgreichen Künstlers aufrecht erhalten. Wer bei solchen Künstlerstars nach einer systemkritischen Meinung oder auch nur einer unbequemen Meinung sucht, wird nichts finden. Jeff Koons ist ein treffliches Beispiel für eine gut dokumentierte Assimilation des “einstigen” Störers. Insgesamt gilt schon lange: »Nur der tote Künstler ist ein guter Künstler.«

    Eine Anekdote

    Vor Jahren habe ich selbständigen Bauarbeitern, die u.a. Restaurierungen von denkmalgeschützten Immobilien, durchführ(t)en, Bildmotive des abstrakten Expressionisten Mark Rothko (1903 – 1970) gezeigt, ohne jedoch einen Kunstbezug voranzustellen. Ich fragte, für was sie diese Motive hielten? Was es wohl damit auf sich hat? Siehe exemplarisch: Nr.13, Weiß, Rot auf Gelb) Ihre spontane Antwort war, es handelt sich wohl um Farbmuster, die erstellt wurden, um – gemäß der Denkmalschutzvorgaben – den richtigen Farb-Anstrich für das Gebäude zu bestimmen.

    An diesem Beispiel wird deutlich, das alles was mit nicht figurativer, abstrakter, moderner Mal-Kunst zu tun hat, sich in einem großen Spektrum von banaler Bedeutung(slosigkeit) mit – mehr oder weniger – wahrnehmbaren Alleinstellungsmerkmalen bis hin zu postuliert großartiger Schaffenskunst befindet. Es wurde wiederholt berichtet, dass Betrachter von Mark Rothkos Bildern vor Ergriffenheit weinten.

    Der Schauspieler Hugh Grant hat das mal so in einem Interview formuliert:

    “BASIS OF ALL MODERN ART IS BULLSHIT.”

    Die punktuelle (nachträgliche) Kapitalisierung der sehr minimalistisch farbig gestrichenen Leinwände von Mark Rothko ist ein großartiges “Meisterwerk” kapitalistischer Dekadenz, geradezu ein Akt der Magie. “Immaterielles” wird zu etwas extrem Wertvollen stilisiert. Beispiel: Rothkos Bild Nr.10 wurde im Mai 2015 für 81,9 Millionen Dollar versteigert.

  3. “Warum Kunst uns guttut”
    Einfacher formuliert, die Gestaltung der Innenstädte sollten menschengerecht sein.
    Die Gestaltung der Räume in Pflegeeinrichtungen sollte kunstvoll gestaltet werden.
    Diese Einsichten sind noch nicht bis zu den Städteplanern vorgedrungen.
    Beim Bau neuer Altenheime sollte man die Räume und Gänge farbig gestalten, nicht so kühl wie in einer Zahnarztpraxis.

    Dirk Freyling

    Das teuerste Gemälde ist wahrscheinlich jetzt das Bild von Caravaggio, die Enthauptung des Johannes mit den Maßen 2m x 3m im Original. Es sollte für 140 Millionen Euro in Spanien 2021 versteigert werden. Die spanische Regierung hat die Aktion gestoppt.
    Eie Ehrfurcht vor solchen Meisterwerken rührt nicht vom Preis her, der ist gerechtfertigt, denn solche Miesterwerke sind tatsächlich einzigartig und noch nicht überboten. Vor etwa 20 Jahren stand ich vor dem Original , das in einer Kirche auf Malta hing, und………man ist sprachlos, wenn man davor steht.

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