I have a dream

Sie rennen so schnell Sie können einen dunklen Gang entlang. Sie können kaum die Hände vor den Augen sehen, haben Angst zu stolpern und Ihre Lunge brennt, aber Sie tun alles, um Ihr Tempo zu halten. Der Gang wird enger, Sie spüren die rauen Steinwände schon an Ihren Schultern. Doch der Verfolger ist dicht hinter Ihnen. Auf einmal ist der Weg von einer massiven Mauer versperrt, Sie sitzen in der Falle. Sie drehen sich langsam um, bereit, sich der Kreatur zu stellen, die Sie durch die Kerker gejagt hat – doch statt eines monströsen Ungeheuers blicken Sie auf eine graue Wand. Sie sind eingesperrt. Und die Wände kommen immer näher. Sie fangen an zu schreien, versuchen sich mit aller Kraft aus Ihrem düsteren Gefängnis zu befreien, doch Ihre Bemühungen sind zwecklos. Die Wände werden Sie zerquetschen.


Auf einmal geben die schweren Steine nach und zerbröckeln unter Ihren Händen. Sie brechen große Stücke von den Wänden ab, in der Hoffnung, sich einen Weg aus dem dunklen Loch graben zu können. Aber auch der Boden unter Ihren Füßen wird langsam rissig und instabil. Panisch versuchen Sie, sich irgendwo festzuhalten, um Ihrem unausweichlichen Schicksal zu entkommen- doch Sie verlieren den Halt und fallen.


Spätestens jetzt wachen Sie auf. Sie sitzen schweißgebadet in Ihrem Bett. Sie brauchen einige Sekunden, um sich zu orientieren und das beklemmende Gefühl loszuwerden. Dann greifen Sie zu ihrem Nachttisch, trinken einen Schluck Wasser und legen sich wieder hin um weiterzuschlafen. Es war nur ein Albtraum.

Wann träumen wir?

Beinahe alle Säugetiere erleben diesen rätselhaften Zustand tief in der Nacht, bei dem wir mit intensiven Emotionen und unlogischen Vorgängen konfrontiert werden und uns oftmals später nicht einmal daran erinnern können. Er ereignet sich häufig in der REM (rapid eye movement)-Phase. REM- Phasen treten etwa alle 90 Minuten auf und dauern jeweils 10-20 Minuten an. Während des REM-Schlafs findet eine Vielzahl an neuronalen Aktivitäten statt, wie die Konsolidierung von Erinnerungen und die „Reinigung“ des Gehirns. Er scheint außerdem eine essenzielle Rolle im Lernprozess und der Informationsverarbeitung zu spielen. Doch wieso behelligt uns unser Gehirn nachts mit skurrilen Szenarien, surrealen Szenen und sonderbaren Situationen, wenn es doch eigentlich lernen sollte?


Die Theorien sind vielfältig und reichen von unbrauchbarer neuronaler Gymnastik über das aktive Vergessen unwichtiger Informationen bis hin zur Verarbeitung erlebter Konflikte und traumatischer Erfahrungen. Eine Hypothese, die mich besonders fasziniert, ist die „Theory of Protoconciousness“ von Psychiatern der Harvard University.

Träumen oder Wachen

Um diese zu verstehen, muss man zunächst einmal zwischen dem Wachbewusstsein und dem Traumbewusstsein differenzieren.


Im Wachzustand können wir in den Spiegel gucken und erkennen, dass wir uns selbst betrachten – nicht nur irgendeinen Menschen. Wir verstehen den Unterschied zwischen Wünschen und Bedürfnissen, können unsere Motorik koordinieren und nutzen aktiv unser sekundäres Bewusstsein. Hierbei handelt es sich um einen komplexen Zustand, der abstraktes analytisches Denken beinhaltet. Im Gegensatz dazu umfasst das primäre Bewusstsein nur die Wahrnehmung äußerer Reize und die Empfindung von Emotionen.
Beim Träumen ist das sekundäre Bewusstsein eher inaktiv. Wir nehmen unsere Umwelt wahr und empfinden Emotionen, können diese aber oft nicht richtig einordnen, geschweige denn logisch analysieren.

Das Prototypbewusstsein

Die Theorie der amerikanischen Forscher besteht nun darin, dass das Gehirn einen Traumbewusstsein-Prototypen kreiert, um das sekundäre Bewusstsein im Wachzustand zu entwickeln. Dieser Prototyp ist wie eine weiße Leinwand, auf die alle möglichen Umwelteinflüsse, wie Verfolgungen, Kämpfe oder unangenehme Begegnungen einwirken. Anhand der Reaktionen des Prototyps auf verschiedenste Situationen lernt das Gehirn, Vorhersagen zu treffen und unser sekundäres Bewusstsein zu perfektionieren. Etwas einfacher formuliert konfrontiert uns unser Gehirn also nachts mit verschiedensten Problemen, um tagsüber besser auf diese reagieren zu können.


Während das Ganze auf den ersten Blick nicht so zielführend wirkt – wer wird schon im echten Leben mit Monstern konfrontiert – scheint der REM-Schlaf für unser Wachbewusstsein essenziell zu sein. Versuchspersonen zeigen beim REM-Schlafentzug Lern-, Konzentrations- und Gedächtnisschwierigkeiten sowie gesteigertes triebhaftes Verhalten mit aggressiven Impulsen, Tiere können daran sogar sterben.

Bilanz

Ich finde die Vorstellung wirklich schön, dass unser Gehirn die vielen Stunden des Schlafes damit nutzt, uns optimal auf verschiedenste Szenarien vorzubereiten. Mitunter habe ich mich darüber geärgert, jeden Tag 8 Stunden lang bewusstlos in meinem Bett rumliegen zu müssen (stellen Sie sich vor, was man mit 8 Stunden mehr am Tag alles erreichen könnte!), doch nach meiner Recherche sehe ich das nicht mehr so negativ.


Und vielleicht können auch Sie jetzt nachsichtiger mit Ihrem Gehirn sein, wenn es sie mal wieder mitten in der Nacht schweißgebadet aufschrecken lässt. Denn vielleicht haben Sie es nur diesen Traum-Simulationen zu verdanken, dass Sie der analytische und intelligente Mensch sind, den Sie jeden Tag im Spiegel sehen.

Literatur

• J. Allan Hobson (2009). REM sleep and dreaming: towards a theory of Protoconciousness. [Online im Internet]. URL: https://www.nature.com/articles/nrn2716 [Stand: 19.03.2022]
• Simon Boag (2017). On Dreams and Motivation: Comparison of Freud’s and Hobson’s Views. [Online im Internet]. URL: https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fpsyg.2016.02001/full [Stand:19.03.2022]
• Spektrum Magazin (2016). Warum träumen wir? [Online im Internet]. URL: https://www.spektrum.de/magazin/warum-traeumen-wir/1412739 [Stand: 20.03.2022]
• Hannah Nichols (2018). What does it mean when we dream? [Online im Internet]. URL: https://www.medicalnewstoday.com/articles/284378#_noHeaderPrefixedContent [Stand: 20.03.2022]
• Dr. Osman Shabir (2021). Why do we dream? [Online im Internet]. URL: https://www.news-medical.net/health/Why-Do-We-Dream.aspx [Stand: 20.03.2022]

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Veröffentlicht von

Mein Name ist Louisa Sohmen und ich bin Medizinstudentin in Hamburg. Da ich erst am Anfang meines Studiums stehe, konnte ich noch keine eigenen Erfahrungen in der wissenschaftlichen Forschung sammeln, allerdings kann ich mir gut vorstellen, später in einem solchen Bereich tätig zu werden. Die Komplexität des menschlichen Gehirns faszinierte mich schon immer, weswegen ich mich sehr freue, mich hier regelmäßig mit spannenden Fakten auseinandersetzen zu können.

12 Kommentare

  1. 1) Wir träumen mehrmals pro Nacht – aber nur der Gedächtnisinhalt der kurz vor dem Aufwachen aktiviert war, kann als Traum erinnert werden.
    D.h. welchen Traum wir erinnern, ist vom Zufall abhängig: ob wir danach aufwachen oder nicht.

    2) Wenn unser Gehirn Reize verarbeitet, dann kommen nur diejenigen in die bewusste Wahrnehmung – wo eine bestimmte neuronale Aktivitätsschwelle überschritten wurde (z.B. EEG Alpha-Wellen > 8 Hz)

    3) Über den Cortex bewegen sich immer wieder Aktivierungswellen – wie eine LaOla-Welle – welche Neuronen stimulieren. Wenn sich z.B. im Gedächtnis neuronale Bereiche befinden, die bereits ein leicht erhöhtes Aktivierungsniveau haben (z.B. von Erlebnissen des aktuellen Tages) – dann können diese Bereiche dadurch so stark stimuliert werden, dass dann eine bestimmte Aktivitätsschwelle überschritten wird: dies bedeutet dann, dass die Ereignisse dieses Tages vom Gehirn nochmals verarbeitet werden.
    Durch diese wandernden Aktivierungswellen können aber auch skurrile, surreale Erlebnisse entstehen – wenn vom Gehirn zufällig ein paar neuronale Bereiche gleichzeitig aktiviert werden – die keinen sinnvollen Zusammenhang haben.

    4) die Idee von einem Extra-Prototypbewusstsein ist fragwürdig – weil das Gehirn viel einfacher arbeitet

  2. Nachtrag:
    Alle unsere Erfahrungen werden in der zeitlichen Gegenwartsform gemacht, im Gedächtnis gespeichert und auch so wieder reaktiviert/erinnert.
    D.h. das Erinnern im Rahmen vom träumen ist ein Wieder-Erleben – dies ist ein Grund, warum Träume so real/intensiv sind.

  3. Klingt hier vely schlau, auch nachvollziehbar, Dr. W zitiert wie folgt :

    Prototyp[] auf verschiedenste Situationen
    […]
    Etwas einfacher formuliert konfrontiert uns unser Gehirn also nachts mit verschiedensten Problemen, um tagsüber besser auf diese reagieren zu können. [Atikeltext]

    Dr. W kennt ja auch das Über-Etwas-Schlafen, es lohnt sich bei Problemen sozusagen ein wenig zurück zu lehnen und das Hirn ein wenig arbeiten zu lassen, nicht nur in seinem Wachzustand.

    Es ist insofern möglich, dass am anderen, am neuen Tage etwas entscheidend anders aussieht, als zuvor.

    Vely nice, mit freundlichen Grüßen, weiterhin viel Erfolg
    Dr. Webbaer (der auch den Komparativ / Superlativ zu ‘verschieden’ bisher nicht kannte)

  4. … Man möchte ja eigtl. meinen, dass traumloser Schlaf an sich das Beste (Erholsamste) ist. Allerdings kann man dazu anmerken, dass schöne Träume doch nicht zu verachten sind. Die uns aber wiederum – offenbar – nicht auf die Realität vorbereiten …

  5. Sie verwechseln da etwas. “I have a dream” bezieht sich wohl auf Martin Luther King der damit sein Ideal einer amerikanischen Gesellschaft beschreiben wollte. Dieser “Traum” kommt bei ihm aus dem Verstand, aus einer Wunschvorstellung, aus seinem Tagesbewusstsein. Unsere nächtlichen Träume scheinen zwar auch einen Bezug zum Tagesbewusstsein zu haben, sind aber meiner Ansicht nach die lose Folge von dem was wir als Gedanken empfinden. Im Tagesbewusstsein werden sie zugeschüttet da unzählige Außenreize uns ablenken. Wir haben vielleicht tausende Gedanken pro Tag incl. der Gefühle, was Meditation zeigt. Im Traum wo die Außenreize ausgeschaltet sind, wendet sich unser Focus den Innenreizen(Gedanken) zu die vom Geist weiterhin “produziert” werden und uns als Träume begegnen. Die Prozesse die also am Tage mehr oder weniger unterbewusst ablaufen weil wir sie nicht verstehen , verstehen wollen, laufen im Schlaf unbewusst ab aber da unser Verstand (Tagesbewusstsein) endlich mal ausgeschaltet ist, “sehen” wir quasi in etwas in unser Unterbewusstsein, was archaisch struktruiert ist…

  6. Da die gesamte Gesellschaft umso mehr wie ein Gehirn zu funktionieren scheint, je besser sie sich vernetzt, kann man vorsichtig von einem aufs andere schließen.

    Ich habe mir mal Gedanken gemacht, wieso die Zombie-Apokalypse als Metapher für so viele völlig verschiedene Dinge herangezogen und interpretiert werden kann. Die Lösung scheint, dass sie eine Art physikalische Formel in Bilderschrift ist, die die Grundmuster und Mechanismen der steigenden Entropie – auch als Tod oder Verfall bekannt – beschreibt, ähnlich wie der Babelturm. Thermodynamik steckt halt in allem mit drin, auch in Weltgeschichte, Psychologie und Soziologie. Und als ich dann immer mehr solche Muster in der Realität sah, legte ich mir das Hobby Weltuntergangsprophet zu und erläuterte dies eben mit der Zombie-Metapher.

    Im Wesentlichen haben wir einen Wirtschaftskollaps. Weil unsere Wirtschaft unseren Bedarf nicht mehr decken kann – sei es, weil die Mägen zu groß wurden, sei es, weil die großen Mägen den kleinen das Futter wegfressen – greifen wir gewissermaßen auf Kannibalismus zurück: Auf Raubwirtschaft, um dem Nachbarn die Ernte zu stehlen, die wir durch friedlichen Ackerbau nicht mehr gewinnen können. Weil die Kooperation nichts mehr nützt, brechen die Strukturen und Netzwerke zusammen, die die Welt reich und mächtig gemacht haben, das setzt natürlich der restlichen Wirtschaft erst recht bitter zu, die Notwendigkeit für Raub steigt, wir schalten in den Kriegsmodus – die Wahrnehmung, die für gewöhnlich mit Radikalen, Extremisten und Faschisten in Verbindung gebracht wird, wir gut, sie böse, wir müssen uns wehren. Im gewissen Sinne zerfällt die Menschheit in viele Zombie-Horden, von denen jede sich selbst für die letzten Überlebenden hält und alle anderen für seelenlose Monster, denn die Fähigkeit zur Kooperation und Kommunikation ist genauso überflüssig, wie die zur Empathie, dafür fördert Narzissmus den Wagemut. Wir zerfallen in Gruppen kollektiver Psychopathen, die sich gegenseitig um die letzten Ressourcen abschlachten. Alles ganz einfach, wenn man so darüber nachdenkt.

    Heute fahren die Zombies mit einem Z durch die Gegend. Schätze mal, der Zombie-Hype war so was wie ein kollektiver Traum: Weltuntergänge sind Alltag, unser Unterbewusstsein erkannte die Muster und schuf oder fand die passende Symbolik. Diese Symbolik schwang halt nicht nur in meinem Denken mit. Auch das Hakenkreuz war längst in der „Popkultur“ angekommen, bevor die Nazis es nützten, und auch es hatte, wie der Buchstabe Z, zunächst eine ganz harmlose Bedeutung.

    Vom Standpunkt einer Formel, ist die Realität selbst ein Traum, der sich seine Symbole sucht. Wenn wir Hunger kriegen, schnappen wir uns die Speere und scharen uns um den Anführer: Äffchen knurrt der Magen, Äffchen geht jagen. Daher das Phänomen, das ich spaßeshalber als Rise of The Zombie Kings bezeichne: Plötzlich sprießen lauter autoritäre, populistische Führer überall auf der Welt aus dem Boden, die bislang, im unsichtbaren Standby-Modus, in irgendwelchen Kneipen in der Ecke gehockt und wirres Zeug unter der Nase gemurmelt haben, bis sich eine Gefolgschaft fand, die sie aus ihren Gräbern ans Tageslicht beschwor. Dass diese Möchtegern-Warlords früher oder später in den Krieg ziehen würden, dass der Zeitgeist sie genau zu diesem Zweck gerufen hatte, war klar – doch es war nie klar, wer den Job bekommt.

    Zeitgeist heißt, die kollabierende Wirtschaft bombardierte die Menschen mit unzähligen Schlüsselreizen, die all die schönen, offiziellen Wirtschaftszahlen immer mehr als Lügen enttarnten, die Unruhe und das Misstrauen Einzelner wurden in unzähligen Gesprächen bestätigt und verbreitet, bis ganze Strömungen draus wurden, die sich überall dort ausbreiten, wo die Menschen ähnlichen Schlüsselreizen ausgesetzt sind. Weil die ganze Welt betroffen ist, weil sich jeder Staat und jede Region einen eigenen Weg zum Faschismus bahnt, kann man davon ausgehen, dass die Weltwirtschaft kriselt. Aus dieser Unruhe wurde dann gewissermaßen ein Stellenausschreiben, eine Casting-Show: Die Welt sucht den Super-Führer. Dieses Casting wurde hier von Trump gewonnen, da von Kaczynski, dort von Bolsonario, Xi, Erdogan, Putin. Trump war nicht gut genug, hatte die Mentalität, doch nicht die Kompetenz und musste zur Nachbesserung zurück in die Werkstatt. Putin war qualifizierter.

    Für die Formel sind sie nur Symbole. Sie füllen Variablen in einer Gleichung, einer Funktion, von der sie verarbeitet werden: ZombieKing(Name). Die Welt machte Förmchen auf, was auch immer in ihre Nähe kam, drüber rutschte und hineinpasste, blieb drin hängen – Rezeptoren und Botenstoffe, so als Denkanstoß. Für die Formel gibt’s keinen Unterschied zwischen fiktivem Zombie und realem Putin, beides sind Marionetten, Avatare, die etwas symbolisieren, was ein unsichtbarer Algorithmus hinter dem Holodeck Realität tut, Wahrheiten verkünden, die die Welt bewegen und sich nur im Bewegten manifestieren können.

    Ähnliches sieht man an Verschwörungsmythen: Wirre Symbolik, Elemente aus „Akte X“, „V – die Außerirdischen“, seelenlose Echsenmenschen als intelligentere Zombie-Version, Kindesmissbrauchs-Traumata erzeugt durch prüde Erziehung, all das wird wild durcheinander gemischt und an Dinge angeheftet, die in der Realität tatsächlich existieren, dann zu sinnlosen Ursache-Wirkung-Ketten zusammen getackert, die aber alle das entmenschlichende Zombie-Grundmuster widerspiegeln – wir gut, sie böse, wir müssen uns verteidigen. Der Mythos wird auf unzählige Weisen variiert, personalisiert, neu erzählt, und all diese Varianten bereichern und verfestigen das Original, lassen es immer glaubhafter, wahrer erscheinen. Voilà, ein Traum.

    Hollywood und Comic-Fans kennen die Mechanismen auch, und auch Evolutionsforscher und Genetiker könnten hellhörig werden. Information ist Information und kämpft frei nach Darwin ums Überleben, ob der Datenträger DNA ist und wir sie Gen nennen, oder ob er ein Buch oder Hirn ist und wir es Mem nennen, ist irrelevant.

    Wo die Realität auf die Fantasie prallt, gewinnt der mit dem größeren Holzhammer. Die Traumsymbole werden durch reale überschrieben, doch wirken immer noch mit. Es gibt keine Echsenmenschen, aber der Traum hat Ali von der Dönerbude mit ihnen in Verbindung gebracht, also wird Ali angezündet. Es gibt keine finsteren Tempel, in denen Kinderopfer dargebracht werden, aber Synagogen, Moscheen, das Kapitol, stehen symbolisch für sie und werden behandelt, als wäre die Wirklichkeit eine Halluzination, der Traum eines Traumes. Hinter dem echten Handeln, die Traumwirklichkeit, hinter der Traumwirklichkeit, die Zombie-Mentalität, hinter dem Zombie, die Formeln und Algorithmen der Thermodynamik.

    Die Welt erzeugt unsere Albträume, damit wir diese Albträume wahr machen. Wenn man sich anschaut, wie klein und unbedeutend wir sind, wie lächerlich uns unser Größenwahn macht, wenn wir uns als die Herrscher über Mächte aufspielen, die Planeten und Galaxien umherwirbeln, wie dumm und kurzsichtig und naiv das ist, was wir Vernunft nennen, kriegt man Lovecraftsche Zustände und fängt an, Zeugs zu quasseln, wie ich gerade eben. Der Meister der Albträume hatte halt klare Sicht auf sein eigenes Gehirn, und weil Hirn und Welt von der gleichen Physik gebaut wurden, dürften dort auch sehr ähnliche Spielregeln herrschen. Und was ihn weltberühmt machte, war der hohe Wiedererkennungswert.

    Im Traum stellen wir also die Algorithmen zusammen, die uns durch den Tag leiten werden, und dazu nützen wir die Symbole, die gerade irgendwie reinpassen. Natürlich ist jedes meiner „ist“ nur eine Kurzform für „könnte sein“. Mein Hirn guckt a bissl zu tief in sich hinein, um ihm zu trauen.

  7. Träume spielen in allen Kulturen eine Rolle, in Theaterstücken in der Weltliteratur.
    Und sie führen uns bis an den Rand menschlichen Verständnisses. In den Handbüchern der Traumdeutung kann man selbst fündig werden . Mehr verrate ich hier noch nicht.
    Und………jetzt wird es auch noch unheimlich…..wenn ich Ihnen verrate, dass ich selbst zwei Träume hatte, so wie das Zweite Gesicht, deren Handlung genau so eingetreten ist. In einem Fall könnte man auch Zufall annehmen, in zwei Fällen, da wird es schon ungemütlich.
    Also, es wartet Sie nicht nur blanke Wissenschaft, ……….

  8. @Hauptartikel

    „Ich finde die Vorstellung wirklich schön, dass unser Gehirn die vielen Stunden des Schlafes damit nutzt, uns optimal auf verschiedenste Szenarien vorzubereiten.“

    Gerade der beschriebene Alptraum scheint wohl auf die Endlichkeit des eigenen Lebens hinzuweisen. Erschreckend wie er ist, ist er aber auch erhellend. Man kann sich nicht immer schützen, und irgendwann ist es auf jeden Fall vorbei, der Tod ist absolut verlässlich. Derartige Hinweise, die sich in Träumen ausdrücken, sind wohl sehr wichtig für uns, hier bereiten sich grundlegende Instinkte ihren Weg in unsere eher abstrakt existierende Psyche.

    In diesem Fall weg von der gewohnten Illusion, dass das eigene Dasein gut unter Kontrolle ist und scheinbar ewig so weiter laufen kann. Die Dinge können sich schnell ändern. Wer im Krieg erst ausgebombt wird, auf der Flucht noch beschossen und dann im Zufluchtsland auch noch nicht mal willkommen ist, dem können solche Träume helfen, dann im Schadensfall die Fassung zu bewahren, und eben die wenigen Überlebensmöglichkeiten zu nutzen, die sich dennoch bieten.

    Wieso wir aber 8 Stunden am Tag Schlaf brauchen, das ist finde ich beachtlich. Unser Tagesgeschäft sieht eigentlich gar nicht danach aus, dass wir uns so viele Stunden gönnen müssen, in denen sich unser Gehirn selbstständig immer wieder in die richtige Form bringt.

  9. “I have a dream” von Martin Luther ist eher eine Anklage, die von wenig Hoffnung und vielmehr von Illusion und Resignation zeugt.

    Und tatsächlich ist die Situation der Afro-Amerikaner trotz einiger Gesetze auch heute noch nicht befriedigend.

  10. Tobias Jeckenburger,
    “dem können solche Träume helfen, dann im Schadensfall die Fassung zu bewahren,”

    Traum ist ja nicht nur dynamisch zu denken als Erleben im Schlaf”.
    Traum ist auch eine statische Größe, die erst unser Ich ausmacht.
    Dieser Hintergrund erlaubt es uns die Hoffnung aufrecht zu erhalten.
    Meistens nennt man dieses Wissen Erfahrung. Und wenn diese Erfahrung sehr stark ist, dann sind auch unsere Träume sehr stark. Und wenn sie unser Leben im positiven Sinne lenken, dann sind Träume ein “Geschenk aus dem Reich der Seele”.

  11. Auch Tiere träumen. Auch bei ihnen gibt es einen REM-Schlaf, also einen oft als paradox beschriebenen Schlafzustand, in dem der Muskeltonus sehr tief ist, gleichzeitig aber schnelle Aufgenbewegungen zu beobachten sind und während dem Träume stattfinden. Ohne REM-Schlaf kommt es zu Lern- und Erinnerungsproblemen, indem ohne REM-Schlaf neues weniger erinnert und gelernt wird. Vor allem das prozedurale Gedächtnis, welches etwa dafür sorgt, dass wir uns erinnern wie man Fahrrad fährt, kann sich ohne REM-Schlaf nicht richtig ausbilden.

    Es gibt schon sehr viel Wissen und Forschung über die Funktion von Schlaf und Träumen. Auf der Ebene des Hirns, seiner Zentren und Nervenzellen, versteht man aber immer noch zu wenig wie das alles abläuft und zusammenhängt.

  12. martin Holzherr,
    Traum ist auf jeden Fall wertvoll weil wir im Traum die Lösung von Konflikten erfahren können. Im Traum kann man auch Aufgaben lösen. Ich bin einmal um 3 Uhr nachts aufgewacht und hatte die Lösung für eine schwierige Logikaufgabe.

    Und wer es bunt mag, man kann auch bunt träumen.

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