Epilepsie – Gewitter im Kopf

Am 5. Oktober findet der Tag der Epilepsie statt. Es gibt dort verschiedene Veranstaltungen und Vorträge zu diesem Thema und die Möglichkeit zum Dialog. Die Deutsche Epilepsievereinigung informiert seit 1996 und setzt sich für die Belange von Menschen ein, die an Epilepsie leiden.
Die Vereinigung hat sich zum Ziel gesetzt, Interessen der Betroffenen zu vertreten, Vorurteile abzubauen und den Austausch von Menschen mit Epilepsie und deren Angehörigen zu fördern (1).

Was ist Epilepsie?

Fast jede und jeder hat schon mal von Epilepsie gehört und bringt diese Krankheit mit Zitteranfällen in Verbindung. Der Begriff Epilepsie ist ein Sammelbegriff für eine Gruppe von Funktionsstörungen des Gehirns, bei dem Nervenzellen kurzzeitig unkontrolliert und synchron erregt sind (2,3). Dabei kommen Anfälle wiederkehrend und unprovoziert (4). Etwa 1% der Weltbevölkerung sind von dieser Krankheit betroffen (5) und etwa 2-4% aller Menschen haben einen epileptischen Anfall in ihrem Leben (2).
Dabei kann es zu einem kurzen Kribbeln oder Zucken in den Muskeln kommen. Andere Menschen sind bei einem Anfall für einen kurzen Zeitraum nicht bei Bewusstsein. In schlimmen Fällen erleiden die Betroffenen einen unkontrollierten Krampfanfall (3).
Die International League Against Epilepsy (ILEA) unterteilt epileptische Anfälle und Epilepsie in drei verschiedene Kategorien: generalisierte und fokale Anfälle und epileptische Spasmen.
Fokale Anfälle treten in einem bestimmten Bereich im Gehirn auf und können sich von dort aus auf das gesamte Gehirn ausbreiten. Ein generalisierter Anfall tritt in mehreren Arealen im Gehirn auf. Dabei kann der Anfall im Cortex, also in der Hirnrinde, oder in den darunter liegenden, den subcortikalen Strukturen, beginnen (4).
Neben den offensichtlichen Symptomen, die diese Krankheit mitbringt, leiden einige der Betroffenen unter Begleiterscheinungen. Das können unter anderem Verhaltensstörungen oder psychische Störungen, wie Depressionen, Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung oder Schwierigkeiten beim Lernen sein. Das ist nicht nur belastend für die Betroffenen, sondern auch für deren Familien und Angehörige (4).

Diagnose

Die ILAE gibt einen Leitfaden für Ärztinnen und Ärzte an die Hand, der ihnen hilft Epilepsie zu diagnostizieren.
Zu den Voraussetzungen für die Diagnose, zählen die Art der Anfälle und in welchem zeitlichen Abstand sie vorkommen.
In seltenen Fällen, wie beispielsweise starkem Fieber, Vergiftungen, Durchblutungsstörungen und weiteren Erkrankungen kann es zu Gelegenheitsanfällen kommen. Nach der Krankheit bleiben diese aus (3,6).

Neben der Dokumentation von Anfällen, benutzen Ärztinnen und Ärzte ein EEG. Es zeichnet die elektrische Aktivität des Gehirns auf. Bei nicht normaler Aktivität zeigen sich starke Schwankungen oder Spikes relativ zur normalen Aktivität.
Die Computer Tomographie und die Magnet Resonanz Tomographie können bei der Diagnose helfen. Diese bildgebenden Verfahren zeigen strukturelle Veränderungen (z.B. Hirntumoren, Hirnschäden nach Schlaganfall oder angeboren), in bestimmten Gehirnregionen, die Grund für Epilepsie sein können.
Genetische Tests können ebenfalls aufschlussreich sein, wenn der Verdacht auf ein genetisches Syndrom besteht (4).

Bei Beschwerden sollten die Symptome immer von medizinischem Fachpersonal begutachtet werden. Dieser Auszug, wie Epilepsie diagnostiziert werden kann, ist nicht zur Selbstdiagnose gedacht!

Gründe für Epilepsie

Die Mechanismen, warum Epilepsie auftritt, sind komplex. Verschiedene Gründe können Auslöser für diese Krankheit sein, wie etwa ein Ungleichgewicht zwischen Erregung und Inhibition von neuronaler Transmission, also der Informationsweitergabe zwischen den Nervenzellen. Entzündungen im Gehirn oder Schäden in bestimmten Gehirnregionen können ebenfalls zu verschiedenen Formen der Epilepsie führen.
Gründe für solche Funktionsstörungen können Umwelteinflüsse oder genetischer Natur sein (7).
Genetische Defekte können die Konnektivität der Synapsen beeinträchtigen oder Rezeptorfunktionen und Ionenkanäle der Neuronen verändern (4).
Genetische oder Entwicklungsstörungen kommen häufiger bei Kindern mit Epilepsie vor, wohingegen bei Erwachsenen Tumore, Traumata oder Schlaganfälle die die neuronale Transmission beeinträchtigen und Epilepsie auslösen können (4,7).

Behandlung

Mit Medikamenten kann man heute Menschen mit Epilepsie gut behandeln. Die eingesetzten Medikamente wirken auf die elektrische Aktivität im Gehirn, indem gezielt Ionenkanäle und Rezeptoren in den Neuronen blockiert oder verstärkt werden.
Meistens wird mit einer niedrigen Dosis begonnen, um Nebenwirkungen (z.B. Müdigkeit), gering zu halten. Ziel dieser Behandlung ist es, die die Anfälle so gut wie möglich zu kontrollieren.
Außerdem kann es helfen den Lifestyle anzupassen. Die Schlafqualität zu verbessern, Medikamente richtig einzunehmen und Stress zu reduzieren, kann dazu beitragen, die Zahl der Anfälle zu reduzieren (4).

Bei einigen Patientinnen und Patienten sind Medikamente nicht ausreichend. In solchen Fällen kann eine Operation weiterhelfen. Bei fokalen Anfällen kann man den fokalen epileptischen Fokus (Ursprung des fokalen Anfalls im Gehirn) entfernen. Bei jeder OP müssen Risiken durch die OP und potentiell wegfallender Leidensdruck gegeneinander aufgewogen werden.

Die Vagus-Nerv-Stimulation, VNS kann ebenfalls helfen epileptischen Anfällen entgegenzuwirken. Dabei wird den Betroffenen ein Schrittmacher unter die Haut implantiert und der Vagusnerv elektrisch moduliert. Dieses Verfahren ist bisher experimentell und nicht Teil der klinischen Praxis (3).

Wo gibt es Hilfe?

Wer von Epilepsie betroffen ist oder Angehörige hat, kann eine Selbsthilfegruppe besuchen, um sich auszusprechen zu können. Eine Plattform der Epilepsievereinigung bietet Unterstützung bei der Suche nach Selbsthilfegruppen.

Was mache ich, wenn jemand einen Anfall hat?

Generell gilt: Ruhig bleiben! Bei kleineren Anfällen sind Betroffene kurz abwesend oder haben Muskelzuckungen. Es besteht in der Regel keine Gefahr. Dennoch sollte man den Menschen dann Sicherheit geben und ihnen beistehen, da sie verunsichert oder ängstlich sein können.
Außerdem sollte man die Menschen aus Gefahrensituationen halten oder führen, wenn ein Anfall das Bewusstsein einschränkt.
Bei größeren Anfällen, also wenn der Mensch am ganzen Körper krampft, hinfällt oder das Bewusstsein verliert, sollte man darauf achten, die Person vor Verletzungen, besonders am Kopf zu schützen, indem man Jacke oder ein Kissen unterlegt. Auf keinen Fall sollte man die Person versuchen festzuhalten oder etwas zwischen die Zähne zu schieben.
Schals oder Tücher um den Hals sollten gelockert werden und die Atemwege frei bleiben.
Dauert der Anfall länger als fünf Minten oder treten hintereinander auf, ist es ein Notfall und der Notarzt muss gerufen werden unter der 112.
Es empfiehlt sich bis zum Ende des Anfalls bei der Person zu bleiben um ggf. weitere Hilfe anbieten zu können (8,9).

Referenzen

1.           Deutsche Epilepsievereinigung – Gemeinsam leben mit Epilepsie [Internet]. [cited 2022 Oct 8]. Available from: https://www.epilepsie-vereinigung.de/
2.           Epilepsie – DocCheck Flexikon [Internet]. [cited 2022 Oct 5]. Available from: https://flexikon.doccheck.com/de/Epilepsie
3.           Epilepsie: Definition, Formen, Auslöser, Therapie – NetDoktor.de [Internet]. [cited 2022 Oct 5]. Available from: https://www.netdoktor.de/krankheiten/epilepsie/
4.           Stafstrom CE, Carmant L. Seizures and Epilepsy: An Overview for Neuroscientists. Cold Spring Harb Perspect Med [Internet]. 2015 [cited 2022 Oct 5];5(6):1–19. Available from: /pmc/articles/PMC4448698/
5.           Bernhardt BC, Hong S, Bernasconi A, Bernasconi N. Imaging structural and functional brain networks in temporal lobe epilepsy. Front Hum Neurosci. 2013 Oct 1;0(OCT):624.
6.           Sirven JI. Epilepsy: A Spectrum Disorder. Cold Spring Harb Perspect Med [Internet]. 2015 [cited 2022 Oct 5];5(9):a022848. Available from: /pmc/articles/PMC4561391/
7.           do Canto AM, Donatti A, Geraldis JC, Godoi AB, da Rosa DC, Lopes-Cendes I. Neuroproteomics in Epilepsy: What Do We Know so Far? Front Mol Neurosci. 2021 Jan 7;13:254.
8.           Erste Hilfe bei Epilepsie: Was tun bei einem plötzlichen Krampfanfall? | Epilepsie [Internet]. [cited 2022 Oct 8]. Available from: https://www.epilepsie-gut-behandeln.de/leben-mit-epilepsie/erste-hilfe/
9.           Was tun, wenn jemand einen epileptischen Anfall hat? [Internet]. [cited 2022 Oct 8]. Available from: https://www.gesundheitsinformation.de/was-tun-wenn-jemand-einen-epileptischen-anfall-hat.html

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Mein Name ist Ina Mayländer und studiere zurzeit Neurowissenschaften im Masterprogramm an der Universität zu Köln. Während meines Bachelorstudiums der Biowissenschaften in Heidelberg, habe ich meine Begeisterung für das Gehirn finden dürfen. Ich möchte das Geschehen in der Wissenschaft um das hoch komplexe Organ verständlich an interessierte Leser weitergeben.

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