Das Claustrum – Die Schaltzentrale des Bewusstseins?

Wir leben in einem goldenen Zeitalter der Forschung. Noch nie gab es so viele Menschen auf der Welt, die ihr Leben dem Sammeln neuer empirischer Daten und der Interpretation neuer Erkenntnisse widmen. Das bedeutet auch, dass eine gigantische Zahl an neuen Artikeln veröffentlicht wird. Momentan erscheinen allein im biologisch/medizinischen Bereich ungefähr eine Million neue Papers pro Jahr, was ungefähr zwei neuen Papers pro Minute entspricht [1].

Bei dieser schieren Unmenge an Informationen ist es nicht verwunderlich, dass die allermeisten neuen Studien unmittelbar nach ihrer Erscheinung im Meer der Literatur verschwinden. Scrollt man durch die neuesten Studien in Datenbanken wie PubMed, so sieht man Metriken für den Einfluss, den eine Studie in ihrem Feld zu verzeichnen hat. Die direkteste Messung dieses Einflusses ist die Menge an Zitationen, die ein Artikel bekommen hat. Man sieht also, wie viele andere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sich auf die Informationen in einer Studie beziehen. In den allermeisten Fällen bleiben diese Zahlen gering, einstellig, wenn es gut läuft auch mal zweistellig.

Manchmal sieht man aber Studien, die mehrere Tausend Zitationen verzeichnen können. In den Neurowissenschaften sind dies meist bahnbrechende neue Erkenntnisse in Feldern, die von vielen Menschen erforscht werden, oder Berichte über die Entwicklung neuer Forschungsmethoden, die noch nie dagewesene Einblicke in die Funktion des Hirns ermöglichen.

Unser heutiges Thema konnte sich über lange Zeit keiner solcher Aufmerksamkeit erfreuen. Allerdings änderte sich das im Jahre 2005, als Francis Crick und Christof Koch die wegweisende Frage stellten: Was ist die Funktion des Claustrums [2]? Das Paper wurde bis heute über 800 Mal zitiert, was für ein rein theoretisches Paper ohne eigene Ergebnisse sehr beachtlich ist. Die Gründe für diese Aufmerksamkeit sind zweierlei:

Einmal wäre da der prominente Status von Francis Crick, einem Nobelpreisträger, der maßgeblich an der Entdeckung der Struktur von DNA beteiligt war. Davon einmal abgesehen, scheinen ihre Frage und die Empfehlungen für weiterführende Experimente ziemlich genau den Zahn der Zeit getroffen zu haben.

Warum sollte uns das Claustrum interessieren?

Crick und Koch stellen das Claustrum, eine bis dato kaum erforschte Hirnstruktur, die direkt unter der Hirnrinde liegt, in das Zentrum einer der größten Fragestellungen in der Bewusstseinsforschung. Diese Fragestellung ist das sogenannte „Bindungsproblem“.

Das Bindungsproblem bezieht sich auf ein ungeklärtes Mysterium aus der Psychologie. Es geht dabei darum, wie es sein kann, dass wir die einzelnen Aspekte einer Szene zu einer kohärenten Darstellung unserer Umgebung zusammenfügen. Sehen wir etwa einen ICE an uns vorbeifahren, während wir auf einem Fahrrad geduldig an der Schranke warten, so hören wir die Schienengeräusche, spüren den Fahrtwind und sehen den Zug vor unseren Augen. All diese Sinneseindrücke werden zunächst in völlig verschiedenen Teilen unseres Gehirns ankommen. Dennoch haben wir innerhalb von Bruchteilen einer Sekunde ein internes Bild, welches all diese Eindrücke korrekterweise auf denselben Ursprung (den Zug) zurückführt.

Nicht nur das: Unser internes Weltbild ist darüber hinaus noch kohärent. Keineswegs haben wir den Eindruck, dass wir aktiv einzelne Bruchstücke der Szene zusammenfügen müssen. Im Gegenteil werden unsere Sinneseindrücke sofort zu einem Gesamtbild „gebunden“. Diesen Umstand nennen Bewusstseinsforschende auch die „phänomenale Einheit“ [3, 4].

Der Vollständigkeit halber muss ich hier anmerken, dass es wie fast immer, wenn es um Bewusstsein geht, mehr als einen Ansatz gibt, um das Problem zu definieren, und manche Forschende damit etwas im Detail anderes bezeichnen als andere. Für das Verständnis des Claustrums ist der hier beschriebene Aspekt aber der zentrale!

Anatomie des Claustrums

Warum waren Crick und Koch nun der Ansicht, dass diese spezifische Hirnstruktur so wichtig für das Bindungsproblem sein könnte? Um diese Frage zu beantworten, braucht es eine kleine Runde Neuroanatomie. Für alle, die das nicht so spannend finden, gibt es am Ende des Abschnitts eine Zusammenfassung.

Die meisten Leserinnen und Leser werden schon einmal vom Kortex gehört haben. Den Kortex nennt man umgangssprachlich auch die Hirnrinde. Eine Struktur mit mehreren dünnen Schichten an Nervenzellen, in der die komplexesten Verrechnungen in unseren Hirnen vorgenommen werden. Ein Teil der Hirnrinde, der paradoxerweise nicht an der Hirnaußenfläche liegt, ist die Insula. Dieser Teil der Hirnrinde liegt gefaltet unter dem Frontal- und dem Temporallappen und ist deshalb bedeckt. Er ist eine „Insel“ von kortikalem Gewebe im Inneren des Gehirns.

Bewegen wir uns von dort noch ein paar Millimeter weiter in Richtung des Hirninneren, dann sind wir endlich angekommen, denn dort finden wir das Claustrum. Eine dünne Schicht von Nervenzellen direkt unter dem insulären Kortex. Die Form des Claustrums erinnert, wie Crick und Koch schon anmerkten, von der Seite betrachtet an die der USA. Zudem ist das Claustrum von weißer Substanz umschlossen. Weiße Substanz besteht aus fettbeschichteten Bahnen von Nervenfasern, die verschiedene Areale miteinander verbinden. Für die Nerds; Wir sprechen hier von der Capsula externa und der Capsula extrema. Dieser Umstand gibt uns schon einen Hinweis auf die Besonderheiten des Claustrums, denn es ist:

Eine neuronale Schaltzentrale

Diese Ansammlungen von Nervenbahnen sind nämlich nicht zufällig zu beiden Seiten des Claustrums angelagert, sondern verbinden das Claustrum mit so gut wie allen Teilen der Hirnrinde. Das Claustrum ist unfassbar gut vernetzt. So gut wie jede kortikale Region sendet Signale an das Claustrum und bekommt auch Signale aus dem Claustrum zurück. Keine andere Hirnregion hat so viele neuronale Verbindungen im gleichen Volumen an Gewebe [5].

Damit ist das Claustrum natürlich optimal gelegen, um Informationen aus verschiedenen Kortex-Regionen zu bündeln und weiterzugeben. Das Fahrtrauschen aus dem Hörareal des Kortex, das Bild des ICEs aus dem visuellen Kortex und der Wind aus dem sensorischen Kortex kommen alle hier an und könnten plausiblerweise auch hier zu einer phänomenalen Einheit kombiniert werden [2]. Ich schreibe an dieser Stelle „plausiblerweise“, weil die Funktionsweise des Claustrums bis heute nicht besonders gut verstanden ist.

TLDR: Crick und Koch vermuten, dass das Claustrum die Antwort auf das Bindungsproblem darstellen könnte, weil es mit dem Rest des Gehirns optimal vernetzt ist! Diese Idee kam verdammt gut an. So gut, dass sich seit 2005 einige Forschungsgruppen die Aufgabe gesetzt haben, die Theorie auf die Probe zu stellen. Eine exzellente Aufführung der bisher gesammelten Forschungsergebnisse findet sich in der Review von Yin Siang Liaw und George J. Augustine [6]:

Das Claustrum in der Bewusstlosigkeit

Um zu beurteilen, inwieweit das Claustrum tatsächlich für das Erstellen unserer bewussten Wahrnehmung wichtig ist, schauen sich Liaw und Augustine zunächst Studien an, welche die Aktivität des Claustrums in unbewussten Zuständen erforschten.

So wurde beispielweise gezeigt, dass die Aktivität im Claustrum unter Anästhesie abnimmt. Vor allem werden die Verbindungen des Claustrums zum Präfrontalkortex geschwächt. Zudem führen sie Ergebnisse an, die zeigen, dass eine Hemmung des Claustrums mithilfe von elektrischer Stimulation zu einer Vertiefung des anästhetischen Zustandes führt [7].

Gleichzeitig vermuten Liaw und Augustine, dass das Claustrum eine wichtige Rolle in der Hirnaktivität des Tiefschlafs spielt. In diesem Zustand verlaufen langsame Wellen von Aktionspotentialen über unsere Hirnrinde. Man spricht deshalb auch von Slow-Wave-Sleep. Eine japanische Forschungsgruppe konnte diese Art von Wellen durch eine Stimulation des Claustrums herstellen. Hierbei zeigte sich, dass das Claustrum sogenannte Interneuronen in der Hirnrinde aktiviert. Diese Art von Nervenzellen setzt einen Neurotransmitter namens GABA frei, welcher nachgeschaltete Nervenzellen hemmt. Aktiviert das Claustrum also diese hemmenden Interneurone in der Hirnrinde, so hören die Zellen, die Synapsen mit den Interneuronen bilden, für einen Moment auf zu feuern. So könnten rhythmische Signale aus dem Claustrum die Schlafwellen in der Hirnrinde erklären [8].

Es ist aber wichtig anzumerken, dass das Claustrum mit diesen Funktionen nicht alleine ist. Auch der Thalamus und einige Teile der Hirnrinde selbst können bei Stimulation tiefschlafähnliche Wellen produzieren. Liaw und Augustine nehmen deshalb an, dass das Claustrum Teil eines Netzwerkes ist, welches für die Hirnaktivität im Tiefschlaf verantwortlich ist.

Das Claustrum und Aufmerksamkeit

So ähnlich sieht es auch mit den Funktionen des Claustrums aus, wenn wir wach und bei vollem Bewusstsein sind. Auch hier gibt es physiologische Untersuchungen, die auf eine Involvierung des Claustrums in wichtigen Funktionen eines bewussten Geistes, wie etwa der gerichteten Aufmerksamkeit, hinweisen.

So führt etwa die Aktivierung des Claustrums dazu, dass Mäuse anfälliger für Ablenkungen werden. Außerdem wird so die Reaktion in der Hirnrinde auf externe Stimuli gesenkt [9]. Auch hier sind aber noch andere, eng mit dem Claustrum verbundene Hirnregionen wie etwa der anteriore cinguläre Kortex involviert.

Das Claustrum und die phänomenale Einheit

Diese Ergebnisse sprechen zwar durchaus für eine zentrale Rolle des Claustrums in einigen wichtigen Hirnfunktionen, kommen aber doch nicht direkt auf die Vermutungen von Crick und Koch zu sprechen. Ist das Claustrum nun der Ort, an dem unsere Sinne vereint werden, oder nicht? Welche Daten konnten Liaw und Augustin zu der ursprünglichen Hypothese auftreiben? Bestätigen diese Daten die Hypothese?

Die Antwort ist: eher nicht. Zwar konnte wiederholt gezeigt werden, dass Nervenzellen im Claustrum auf verschiedene Sinneseindrücke, etwa auf einen Ton und eine Berührung, reagieren, diese Zellen waren aber stets separat. Sprich, eine Zelle, die auf eine Berührung reagiert, reagiert auch nur darauf und nicht zusätzlich auf einen Ton und umgekehrt. Das Claustrum ist also zweifelsohne an der Verarbeitung mehrerer Sinne beteiligt. Beweise dafür, dass diese in den Zellen des Claustrums integriert werden, gibt es aber nicht.

Liaw und Augustine merken hierzu allerdings an, dass es eine alternative Hypothese zur Sinnesintegration des Claustrums gibt. Diese Theorie stammt von John Smythies [10] und besagt, dass verschiedene parallele Sinneseindrücke ihre zugehörigen Hirnregionen parallel aktivieren. Somit werden auch die Signale aus diesen Regionen an das Claustrum synchronisiert. Dies wiederum könnte zu synchroner Aktivität im Claustrum führen, welche dann dazu beiträgt, die verschiedenen Hirnregionen im gleichen Rhythmus feuern zu lassen, was wir dann als sensorische Integration, also ein kohärentes Weltbild wahrnehmen. Das Claustrum wäre hiernach also weniger eine Schaltzentrale als eher ein neuronales Metronom. Ein Taktgeber für die Hirnrinde.

Was bewirken Schäden im Claustrum?

Eine wichtige Methode der historischen Neurowissenschaften sind die Läsionsstudien. Hierbei studieren Forschende Menschen mit Hirnschäden in ganz spezifischen Hirnregionen mit den Mitteln der Neuropsychologie. Dabei werden Fragebögen, Interviews und Leistungstests eingesetzt, um festzustellen, wie der Verlust einer Hirnregion sich auf die psychischen Funktionen auswirkt. Dies kann uns natürlich viele Aufschlüsse über die Funktion einer Hirnregion beim Menschen gewähren, die nicht so leicht aus Tierstudien abzulesen wären. Etwa die Areale, die für das Sprechen und das Verstehen von Sprache notwendig sind, wurden auf diese Weise entdeckt.

Wie sieht es in dieser Hinsicht mit dem Claustrum aus? Was bewirkt der Verlust unseres internen Metronoms? Ergebnisse zu dieser Frage sammelten kürzlich Forschende an der University of Oxford [11].

Auch hier zeigt sich ein äußerst chaotisches Bild. Schäden am menschlichen Claustrum zogen nämlich eine ganze Reihe verschiedener Symptome nach sich. Manche Betroffene von Claustrumläsionen verloren die Fähigkeit zu sehen oder zu hören, andere entwickelten Gedächtnisprobleme, wiederum andere entwickelten epileptische Symptome. Bei manchen Betroffenen zeigten sich darüber hinaus auch psychiatrische Symptome, wie Halluzinationen, Verwirrtheit, paranoide Wahnvorstellungen, nur sehr vage beschriebene Schlafstörungen oder sogar plötzliche nicht-epileptische Ohnmacht.

Auch die Forschenden hinter der Review zeigen sich von dieser Symptomvielfalt etwas verwirrt und stellen fest, dass: „Die konsistenteste Eigenschaft der Läsionsstudien ihre Inkonsistenz ist.“ [11]. Als Interpretationsansatz für die sehr diversen Funktionen, in denen das Claustrum involviert zu sein scheint, führen die Forschenden vor allem die frühe evolutionäre Entwicklung des Claustrums an. Sie vermuten, dass das Claustrum so früh entstand, weil es an der Entwicklung des Schlafs beteiligt war, wofür eine gut vernetzte Hirnstruktur gebraucht wurde, die den Rest des Hirns synchronisieren konnte. Später kam diese zentrale Funktion des Claustrums dann bei der Entwicklung komplexer Funktionen zum Tragen, die viele verschiedene Hirnregionen benötigen. Bewiesen ist diese Theorie zwar nicht, abwegig ist sie aber auch keineswegs.

Ein Problem, das sowohl die Läsionsstudien als auch die Tierforschung betrifft, ist das Targeting. Weil das Claustrum so dünn ist, ist es schwierig, dasselbe mit Messgeräten genau zu treffen. Auch das Sezieren des Claustrums ist eine äußerst schwierige Aufgabe (an dieser Stelle spreche ich aus schmerzlicher Erfahrung). Es besteht deshalb oft die Sorge, dass Messungen oder Läsionen auch umliegende Hirnregionen mit einbeziehen, was die Messergebnisse natürlich verfälschen könnte. Diese Sorge sollte man bei der Interpretation von Claustrumstudien stets im Hinterkopf behalten.

Fazit

Damit hätten wir die einschlägigsten Ergebnisse und Theorien zum Claustrum aufgezählt. Zwar sind viele Fragen noch offen, aber die hohe Relevanz des Claustrums ist unumstritten. Egal ob Schaltzentrale oder Metronom: Das Claustrum ist an vielen wichtigen Funktionen unseres Geistes direkt beteiligt. Weitere Forschung auf diesem Gebiet kommt ganz ohne Zweifel auf uns zu, denn das Claustrum stellt momentan eines der größten Geheimnisse in unseren Hirnen dar und weckt an vielen Stellen Interessen. Allerdings könnte es gut sein, dass sich die Erforschung dieser Region aufgrund der geringen Größe dieser Region auch in Zukunft schwierig gestaltet.

Literaturverzeichnis

[1]  Landhuis E.: Scientific literature: Information overload. Nature 535, 457–458 (2016).

[2]  Crick F. C., Koch C.: What is the function of the claustrum? Philosophical transactions of the Royal Society of London. Series B, Biological sciences 360, 1271–1279 (2005).

[3]  Revonsuo A.: Binding and the phenomenal unity of consciousness. Consciousness and cognition 8, 173–185 (1999).

[4]  Singer W.: Consciousness and the binding problem. Annals of the New York Academy of Sciences 929, 123–146 (2001).

[5]  Torgerson C. M., Irimia A., Goh S. Y. M., van Horn J. D.: The DTI connectivity of the human claustrum. Human brain mapping 36, 827–838 (2015).

[6]  Liaw Y. S., Augustine G. J.: The claustrum and consciousness: An update. International journal of clinical and health psychology : IJCHP 23, 100405 (2023).

[7]  Pavel B., Menardy F., Rotaru D., Paslaru A. C., Acatrinei C., Zagrean L., Popa D., Zagrean A.-M.: Electrical Stimulation in the Claustrum Area Induces a Deepening of Isoflurane Anesthesia in Rat. Brain sciences 9 (2019).

[8]  Narikiyo K., Mizuguchi R., Ajima A., Shiozaki M., Hamanaka H., Johansen J. P., Mori K., Yoshihara Y.: The claustrum coordinates cortical slow-wave activity. Nature neuroscience 23, 741–753 (2020).

[9]  Atlan G., Terem A., Peretz-Rivlin N., Sehrawat K., Gonzales B. J., Pozner G., Tasaka G.-I., Goll Y., Refaeli R., Zviran O., Lim B. K., Groysman M., Goshen I., Mizrahi A., Nelken I., Citri A.: The Claustrum Supports Resilience to Distraction. Current biology : CB 28, 2752-2762.e7 (2018).

[10] Smythies J., Edelstein L., Ramachandran V.: Hypotheses relating to the function of the claustrum II: does the claustrum use frequency codes? Frontiers in integrative neuroscience 8, 7 (2014).

[11] Atilgan H., Doody M., Oliver D. K., McGrath T. M., Shelton A. M., Echeverria-Altuna I., Tracey I., Vyazovskiy V. V., Manohar S. G., Packer A. M.: Human lesions and animal studies link the claustrum to perception, salience, sleep and pain. Brain : a journal of neurology 145, 1610–1623 (2022).

Bildquellen

Betragsbild und zweite Abbildung: pixabay.com

Erste Abbildung: Wikimedia commons

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Mein Name ist Florian Walter und ich studiere Neurowissenschaften im Master an der Uni Frankfurt. Während meines Bachelors in Psychologie und in meinen klinischen Praktika habe Ich ein großes Interesse an Fragestellungen rund um das Gehirn entwickelt. Am meisten interessieren mich die Bereiche der Psychopharmakologie und der klinischen Neurowissenschaft. Ich hoffe über diesen Blog etwas von meiner Begeisterung mit euch teilen zu können!

3 Kommentare

  1. zum ´Bindungsproblem´ und der ´phänomenalen Einheit´:

    Wenn wir einen neuen Reiz, eine neue Situation wahrnehmen – dann reaktivert unser Gehirn sofort eine identische/vergleichbare Erfahrung aus dem Gedächtnis.
    (Eine ERFAHRUNG besteht in unterschiedlichen Anteilen aus a) Fakten-Wissen, b) Körper-Reaktion, c) Sinnes-Reaktion, d) Immunsystem-Reaktion und e) Emotionen.)
    Dann wird diese Erfahrung mit dem neuen Reiz verglichen und wenn der Vergleich möglich ist – zu einer neuen Erfahrung zusammengefasst. Diese Arbeitsweise ermöglicht eine sofortige Reaktion und ist daher unser wichtigster Überlebensmechanismus.

    Diese Aktivität braucht etwas Zeit – wenn sich aber der neue Reiz in der Zwischenzeit verändert hat, dann ist beim Vergleich ein Fehler erkennbar und das Gehirn muss mit der Reizverarbeitung von neuem beginnen.
    Allerdings konzentriert es sich nun so stark auf diese Aufgabe, dass man nun bewusst erleben kann, wie es arbeitet:
    Ein schönes Beispiel dazu ist der ´Zeitlupeneffekt´(slow motion perception) bei der Beobachtung eines heranfliegenden Balles, welcher öfter von Baseball bzw. Tennisspielern berichtet wird.

  2. @ Florian Walter

    Sie berichten, dass manche Betroffene von Claustrumläsionen die Fähigkeit zu sehen oder zu hören verloren haben.

    Interessant wäre, ob sozusagen „das Bild“ oder „der Ton“ komplett weg war, oder z.B. nur der Bildinhalt nicht mehr interpretiert werden konnte.

    Im 1. Fall könnten tatsächlich wesentliche „Bewusstseins Anzeigestrukturen“ ausfallen, nicht mehr „genutzt“ werden können.

    Andererseits müssen z.B. visuelle Informationen (vom Input) mit Sprachinformationen und weiteren internen Informationen verknüpft werden um einen zusammengehörigen Bewusstseinseindruck generieren zu können. Z.B. man sieht zwar „das Bild“ der Oma vor ihrem Haus mit ihrem Hund der den Briefträger gebissen hat….. kann aber nicht mehr die eigene Oma usw. erkennen?

    • Hallo und gute Frage!
      Tatsächlich wurden in einigen Fällen vollständige Blindheit berichtet, häufiger waren aber Verzerrungen des Sehens, z.B. in der Größenwahrnehmung.
      Belege für eine multisensorische Integration wurden aber nicht gefunden.
      Darüber hinaus gab es aber auch zahlreiche andere oft sehr verschiedene Einschränkungen, was wahrscheinlich damit zu tun hat, dass die Läsionen niemals nur das Claustrum betrafen.

      Liebe Grüße!

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