Angeborene Schmerzunempfindlichkeit: Himmel oder Hölle?

Wann war das letzte Mal, dass Du Dir so richtig den „Musikantenknochen“ gestoßen hast? Dieser fiese Schmerz kann im Alltag fast nur noch davon getoppt werden, dass man beim Laufen irgendwo mit dem kleinen Zeh hängen bleibt… In diesen Momenten verflucht man sich und die Welt, und was würde man nicht alles dafür geben, keine Schmerzen (mehr) zu fühlen – wäre so eine Welt ohne Schmerzen nicht wundervoll?

Klare Antwort: Nein!

Möglich: Trotz Schmerzen, zum Beispiel einer Fraktur im Springelenk wird weitergelaufen

Denn tatsächlich ist unsere Schmerzwahrnehmung nicht nur ein lebenserhaltender Sinn, welcher uns vor vielen Gefahren im Alltag schützt; die Schmerzwahrnehmung ist zudem ganz normaler Bestandteil verschiedenster Aufgaben in unserem Leben, von denen wir es definitiv nicht denken würden!

Es gibt Menschen, die aufgrund verschiedener Mutationen von Geburt an keinen Schmerz spüren können. Relativ logisch erscheint beispielsweise noch, dass die Betroffenen überdurchschnittlich häufig an Verbrennungen leiden, da sie nicht spüren, dass die Herdplatte zu heiß ist. Auch kann man sich gut vorstellen, dass diese Personen, insbesondere wenn sie jung sind und anfangen ihre Zähne zu bekommen, sich Lippen und Zunge aufbeißen, weil es ihnen sehr schwerfällt, ohne Schmerzreize zu lernen, wann und wie man zubeißen sollte. Doch hättest Du auch gedacht, dass die Kinder ihre Augen extrem leicht schädigen, da sie nicht wissen, wie doll sie reiben dürfen?

Die Schmerzunempfindlichkeit wird medizinisch in zwei Kategorien eingeteilt. In der ersten Kategorie führen Mutationen dazu, dass Schmerzfasern (das sind Nervenzellen, welche Schmerzreize von der Körperperipherie zum zentralen Nervensystem leiten) gar nicht erst gebildet werden oder aufgrund von fehlenden Wachstumsfaktoren sehr früh in der Entwicklung absterben. Doch die Unfähigkeit, Schmerz wahrzunehmen, ist nicht das einzige Symptom. Die Betroffenen sind enorm anfällig für Infektionen mit dem Bakterium Staphylococcus aureus, welches Hautkrankheiten oder Entzündungen der Herzklappen hervorrufen kann, und bei bestimmten Mutationstypen kommt hinzu, dass die Personen (leichte) kognitive Einschränkungen haben oder nicht in der Lage sind zu schwitzen. Da die Personen in letzterer Gruppe dadurch unfähig sind, ihren Wärmehaushalt zu kontrollieren, tragen viele an heißen Sommertagen spezielle Kühlwesten, welche vor einer Überhitzung schützen sollen.

In der zweiten Kategorie sind die Schmerzfasern zwar vorhanden – es ist diesen aber nicht möglich, die Schmerzreize vom Körper zum zentralen Nervensystem zu übermitteln. Denn die Mutationen in dieser Kategorie betreffen Ionenkanäle, welche in Schmerzfasern für die Reizweiterleitung verantwortlich sind. Die Betroffenen sind zwar nicht anfälliger gegenüber S. aureus-Infektionen und leiden auch nicht an kognitiven Einschränkungen, aber dafür können die PatientInnen an einer Unfähigkeit zu riechen oder an einer extrem verringerten Bewegung des Darms leiden. Da Darmbewegungen enorm wichtig für unsere normale Verdauung sind, kann dies in extremen Fällen dazu führen, dass die betroffenen Kinder im ersten Lebensjahr intravenös ernährt werden müssen.

Da keine Rezeptoren für Schmerz (hier Überdehnung) in der Blasenwand tritt z.T. fehlt das Gefühl auf Toilette zu müssen

Doch neben diesen medizinischen Beispielen sind auch weit alltäglichere Dinge durch das Ausbleiben der Schmerzempfindungen deutlich komplexer. Die Wahrnehmung einer (Über-) Dehnung der Blase ist bei vielen Patienten und Patientinnen ebenfalls nicht vorhanden. Die Betroffenen merken daher nicht, wann sie auf Toilette müssen und erinnern sie sich nicht regelmäßig daran, zum Beispiel durch einen Wecker, dann kann es sein, dass sie es einfach vergessen.

Denn ob man möchte oder nicht: Schmerz ist auch ein wichtiger Lernreiz. Fehlt dieser, so werden Handlungen, welche unserem Körper schaden, immer weiter wiederholt. Durch den Schmerz beim Stoßen des Musikantenknochens oder beim Hängenbleiben mit einem Zeh an einer Tür merken wir, dass es einfach besser ist, wenn wir um Gegenstände herumlaufen. Springen wir von einer hohen Mauer und landen unsanft oder fallen wir von einem Baum, überlegen wir das nächste Mal zweimal, ob wir da noch einmal hochklettern. Auch zwingt uns der Schmerz, zu ruhen und unsere Gelenke zu schonen, falls wir uns doch mal ernsthaft verletzt haben sollten. All diese Mechanismen greifen bei Menschen ohne Schmerzwahrnehmung nicht! Die Betroffenen spüren keine Knochenbrüche oder ausgekugelten Schultern. Sie laufen einfach weiter, obwohl sie sich den Knöchel verstaucht haben, und so führen all diese Dinge leider zu einer hohen Krankheits- und Sterberate der betroffenen Personen.

Doch es gibt auch Hoffnung!

Dadurch, dass viele Schmerzunempfindlichkeit auslösende Mutationen mittlerweile bekannt sind, werden erste Therapiemöglichkeiten ausgelotet. Zum Beispiel werden in klinischen Studien aktuell erste Stoffe ausgetestet, welche eine mutationsbedingte Überaktivität eines Ionenkanals reduzieren soll, sodass eine normale Reizweiterleitung von Schmerzinformationen wieder hergestellt werden kann.

Auch halfen die Mutationen, das Schmerzsystem besser zu verstehen und man probiert sogar die Mutationen, die die Schmerzunempfindlichkeit ausgelöst haben, in (gesunden) Probanden medikamentös nachzuahmen, um so eine zeitlich begrenzte schmerzstillende Wirkung zu erreichen. Tatsächlich gab es erste, sehr interessante Ergebnisse. Allerdings trat – wie bei der richtigen Mutation – ein temporärer Verlust des Geruchssinns auf als Nebenwirkung auf. Es bleibt also noch abzuwarten, was weitere Entwicklungen bringen.

Daher ist es vielleicht an der Reihe, unsere Einstellung Schmerz gegenüber grundlegend neu zu überdenken und dankbar zu sein, dass wir ihn fühlen können. Er erinnert uns nicht nur an unsere körperlichen Grenzen, sondern lehrt uns auch, schädigende Situationen zu vermeiden. Und obendrein lässt uns eine positive Einstellung zum Schmerz diesen gleich als viel weniger unangenehm empfinden!

Quellen
• Axelrod, Felicia B., and Horacio Kaufmann. “Hereditary Sensory and Autonomic Neuropathies.” Neuromuscular Disorders of Infancy, Childhood, and Adolescence, Elsevier, 2015, pp. 340–52., doi:10.1016/B978-0-12-417044-5.00018-4.
• Drissi, Ichrak, et al. “Understanding the Genetic Basis of Congenital Insensitivity to Pain.” British Medical Bulletin, vol. 133, no. 1, May 2020, pp. 65–78., doi:10.1093/bmb/ldaa003.
• Leipold, Enrico, et al. “A de Novo Gain-of-Function Mutation in SCN11A Causes Loss of Pain Perception.” Nature Genetics, vol. 45, no. 11, Nov. 2013, pp. 1399–404., doi:10.1038/ng.2767.

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Veröffentlicht von

Friedrich Schwarz studiert Humanmedizin und Angewandte Informatik mit Schwerpunkt Neuroinformatik. Aktuell fasziniert ihn die Theorie, dass Humor und Kreativität als Positivfaktoren in der sexuellen Selektion dazu beigetragen haben könnten, dass die menschliche Gehirngröße evolutionär zunahm. Mit dem Schreiben hier probiert er, seine Begeisterung über das Gehirn mit der Welt zu teilen – ob sie möchte oder nicht.

12 Kommentare

  1. Eigentlich verrückt wie weit die Diversität gehen kann. Die Annahme viele Menschen empfänden ähnlich wie man selbst, ist zwar gut begründet und hat es sogar zum Spruch geschafft: Was du nicht willst, dass man dir tu’, das füg auch keinem andern zu.“, doch offensichtlich gibt es auch Menschen, die für uns selbstverständliche Dinge völlig anders oder auch gar nicht empfinden. Zwar wissen wir alle, dass es Dinge wie Panikattacken oder eben fehlendes Schmerzempfinden geben kann, doch es ist mindestens für mich ein totes Wissen ohne direkte Nachvollziehbarkeit, denn bei mir selber kann ich es mir nicht vorstellen.

    Unter Diversität versteht man allerdings im Gegensatz zu meinem Gebrauch hier, meist etwas sehr gut nachvollziehbares, nämlich etwa, dass es verschiedene Geschlechter, Herkünfte, Fähigkeiten, Interessen, religiöse Überzeugungen und kulturelle Bindungen gibt.
    Diversität ist heute offiziell positiv besetzt, was dann das Synonym „Vielfalt“ erklärt.

    Personen mit fehlendem Schmerzempfinden sind nicht damit gemeint und auch Personen mit Panikattacken fallen nicht unter den Diversitätsbegriff. Da würde man eher von Krankheiten oder gar Abnormitäten sprechen. Und von einer Krankheit spricht man immer dann, wenn man eine Befreiung davon, eine Heilung erwartet oder erhofft.

    Doch vielleicht gibt es in Wirklichkeit doch häufiger als man denkt und als man sich selbst zugestehen will, Erfahrungen und Empfindungen, die singulär und unteilbar sind. Fehlendes Schmerzempfinden wäre dann nur ein Beispiel für einen ganzen Zoo von Besonderheiten und sehr viele erleben vielleicht in irgend einer Form Eigenheiten, die von fast allen Anderen nicht nachvollzogen werden können.

    • Erst Mitte der Nullerjahre wurde die Schmerzunfähigkeit der “zweiten Kategorie” (mit intakten Schmerzfasern) gezeigt. Davor gab es Fälle, dass den Betroffenen nicht geglaubt wurde, dass sie keine Schmerzen empfinden können, da in den Biopsien die entsprechenden Nerven vorhanden waren.
      Manchmal fehlt auf ganzer Linie ein entsprechendes Vorstellungsvermögen.

  2. Daher ist es vielleicht an der Reihe, unsere Einstellung Schmerz gegenüber grundlegend neu zu überdenken und dankbar zu sein, dass wir ihn fühlen können.

    Müsste so sein, zudem kann Schmerz auch ausgehalten werden, nicht schön zwar, aber möglich.
    Von Wirkstoffen, die Schmerz abschalten, nehme ich insofern Abstand, von “Ibuprofen” abgesehen.
    Schmerz kann ignoriert werden, eine “positive Einstellung” haben einige dennoch nicht geschafft.

  3. Schmerzunempfindlichkeit ist eine Extremform einer veränderten Wahrnehmung, einer veränderten Sensorik. Das ist insoweit wichtig, als unsere Sinne unser Erleben, unser Verhalten und unsere Leistung bei der Wahrnehmung und Verarbeitung der Umwelt stark beeinflussen bis gar bestimmen. Hinweis: Robertus de Fluctibus’ 1619 publizierte Vision der geistigen Dreifachwelt [bestehend aus Mundus sensibilis, Mundus imaginabilis und Mundus Intellectualis] sind Zeuge einer frühen Anerkennung der Rolle der Sinne im geistigen Prozess.

    Hörverlust oder auch nur Schwerhörigkeit wie sie im Alter häufig auftritt, ja bis zu einem gewissen Grade sogar zum Altern gehört, führt zu Sprachverständnisproblemen zuerst einmal in Party-Situationen, später auch im Alltag. Wortverständnisprobleme sind dabei bei Männern häufiger und früher zu beobachten als bei Frauen. Kommunikative Schwierigkeiten wiederum begünstigen zunehmende Isolation und kognitiven Abbau. Neuerdings gilt der altersbedingte Hörverlust als der am besten (durch Hörhilfen) modifizierbare Risikofaktor für Demenz.

    Neben Einschränkungen in der Sinnesleistung gibt es auch Menschen mit weit überdurchschnittlichem Visus oder einem ungewöhnlich guten Geruchssinn. So erkannte etwa eine Frau Parkinsonpatienten an ihrem Geruch und stellte in Einzelfällen die Diagnose Parkinson bevor erste Symptome auftraten.

    Der Geruchssinn scheint bei Säugetieren sowieso eine Sonderrolle einzunehmen, wird doch vermutet das Grosshirn habe seinen Ursprung im Riechhirn. Übrigbleibsel dieser Entwicklungsgeschichte könnten auch noch beim Menschen vorhanden sein. Das würde etwa erklären warum Gerüche bei einigen Menschen Erinnerungen reaktivieren wie das auch in Marcel Prousts À la recherche du temps perdu beschrieben ist. Dass der Geruch einer Madeleine Erinnerungen reaktiviert passt auch dazu, dass Es Nervenpfade gibt, die direkt von unserer Nase zur Gedächtnisschaltzentrale unseres Gehirns, dem Hippocampus, führen.

    Als Kuriosum möchte ich noch den Vierfarbensinn, Tetrachromasie genannt, einiger weniger Frauen aufführen. Es sind Frauen, weil die zugehörigen Gene auf dem X-Chromosom liegen, was sowohl die häufige Farbenblindheit bei Männern als auch die gelegentliche Fähigkeit einiger Frauen 4 anstatt nur drei primäre Farben erkennen zu können, erklärt. Diese für 4 Farben sensible Frauen können weit mehr Orangetöne auseinanderhalten als Normal“Gesichtige“.

  4. off topic @Holzherr

    Wenn der Geruch von Madeleine bestimmte Erinnerungen reaktiviert – wie von Marcel Proust beschrieben – dann ist dies keine Sonderrolle des Geruchssinnes, sondern man kann hier bewusst erleben wie einfach das Gehirn arbeitet:

    Immer wenn wir einen neuen Reiz wahrnehmen (z.B. Madeleine-Gebäck), dann wird sofort eine zu diesem Reiz passende Erfahrung aus dem Gedächtnis reaktiviert. Dieses reaktivierte Erlebnis wird kurzzeitig zu unserer bewussten Wahrnehmung.

    Diese Arbeitsweise des Gehirn ist unsere wichtigste Überlebensstrategie, weil wir damit auf einen neuen Reiz sofort reagieren können. Schnelligkeit ist dabei wichtiger als Genauigkeit/Richtigkeit.

  5. Himmel oder Hölle ?
    Das Gegenteil von den Menschen die sie beschreiben sind ja die sensiblen/hypersensiblen Menschen die zu viel spüren bzw. die von den Reizen der Innen-und Außenwelt ” erdrückt” werden. Für diese Menschen kann das Leben auch eine Hölle werden wenn jeder Reiz das Nervensystem bzw. die Sinneswahrnehmungen hochschaukelt. Der Schmerz als “Lernreiz” ist bei diesen Personen von einer extremen Sensibilität geprägt, was heißt dass sie schneller lernen und auch emphatischer sind, was an den Neurotransmittern Dopamin bzw. Noradrenalin liegt. Fehlen diese Neurotransmitter so könnte meiner Ansicht nach auch der Lernreiz (die Wahrnehmung) unterdrückt bzw. sehr phlegmatisch und stupide sein.

  6. Sind Qualia real?
    Andere Frage: Gibt es ein neuronales Korrekat zu sinnlichen Empfindungen, zu dem, was die Philosophen Qualia nennen?
    Ausgeschlossen ist das nicht und es gibt ein meiner Ansicht nach möglicherweise verwandtes Phänomen in der neueren Physik: die Quasiteilchen. Quasiteilchen sind keine elementaren Teilchen wie Elektronen oder Protonen, sondern es sind „Scheinteilchen“, die ihre Existenz einem Gruppenverhalten realer Komponenten/Teilchen verdanken. Ein Beispiel dafür sind Phononen, den Quasiteilchen, die (auf Quantenniveau) Schallwellen/Druckwellen übertragen und die nichts anderes als gleichzeitig durch einen einwirkenden Druck ausgelenkte Atome sind. Doch diese in einem Medium wandernden Zonen erhöhten Druckes verhalten sich quasi wie Teilchen: sie besitzen eine Energie und einen Impuls und verhalten sich auch sonst wie Teilchen.

    Könnten Empfindungen/Qualia neuronale Korrelate besitzen die sie vergleichbar zu den Quasipartikeln der Physik machen?

    Interessanterweise gibt es in der Philosophie der Wissenschaft bereits eine Diskussion zur „Realität“ von Quasiteichen oder wie man in der englischsprachigen Wikipedia dazu liest:

    Die Probleme, die sich aus der kollektiven Natur von Quasiteilchen ergeben, wurden auch innerhalb der Wissenschaftsphilosophie diskutiert, insbesondere in Bezug auf die Identitätsbedingungen von Quasiteilchen und ob sie nach den Maßstäben z. B. des Entitätsrealismus als “real” angesehen werden sollten.

  7. @Holzherr
    Die Idee, dass es so etwas wie ´Qualia´ geben könne/solle – zeigt, dass man einfachste Grundlagen der neuronalen Aktivität nicht verstanden hat.

    Wenn neuronale Aktivitäten eine bestimmte Intensitäts-Schwelle überschreiten (z.B. EEG Alpha-Wellen > 8 Hz), entsteht eine bewusste Wahrnehmung. Eine Extra-Qualia braucht es dazu nicht.

  8. Martin Holzherr 21.05.2021, 08:01 Uhr

    Zitat: „Sind Qualia real?
    Andere Frage: Gibt es ein neuronales Korrekat zu sinnlichen Empfindungen, zu dem, was die Philosophen Qualia nennen?“

    Ich würde eher vermuten, dass es Korrelate geben muss. Es könnte höchstens sein, dass es entweder noch an physikalischen Grundlagen fehlt, oder dass Korrelate bei den vorhandenen Möglichkeiten eben noch nicht gefunden, oder noch gar nicht systematisch gesucht wurden.

    Fest stehen dürfte, dass ein gewisser Zusammenhang zwischen Qualia und dem Auftreten von Ladungsträgern im neuronalen System besteht. Wird der „Ladungsträgertransport“ an relevanten Stellen unterbunden, enden Empfindungen oder Qualia.

    Früher hat z.B. der Hausarzt bei bald sterbenden Patienten bestimmte Nervenstränge mit einem kleinen Schnitt durchtrennt um den Schmerz eines Patienten mindestens zu mildern. Medikamente docken an bestimmten Stellen im neuronalen Netz an und unterbinden die Verschiebung von Ladungsträgern.

    Sensitive Elemente im Auge (Stäbchen, Zapfen….) emittieren Ladungsträger, wie vermutlich auch in den meisten technischen sensorischen Systemen. Forscher auf diesem Gebiet an der Grenze zwischen Chemie und Quantenphysik, sollten eigentlich Korrelate zwischen „Empfindungen“ und bestimmten „physikalischen Phänomenen“ finden.

    Zitat: „Die Probleme, die sich aus der kollektiven Natur von Quasiteilchen ergeben, wurden auch innerhalb der Wissenschaftsphilosophie diskutiert, insbesondere in Bezug auf die Identitätsbedingungen von Quasiteilchen und ob sie nach den Maßstäben z. B. des Entitätsrealismus als “real” angesehen werden sollten.“

    Die Frage der „Realität“ von „Quasiteilchen“ z.B. „Löcher“ hängt von den Begriffsdeklarationen ab.

    Die Physiker scheinen heutzutage nicht mehr ganz glücklich mit dem Begriff (des rein passiven) „Teilchen“. Teilchen haben z.B. Kraft-, Feldwirkungen, weisen oft auch ein dynamisches Verhalten, dass sich sozusagen „resonant aufschaukeln“ kann auf. Gleichungen die derartiges abbilden, weisen Polstellen auf, wobei z.B. Kraftwirkungen theoretisch „gegen Unendlich“ gehen können. Eigentlich entsprechen die „Teilchen“ eher Prozessoren, oder Prozessorchen….

    Vermutlich wären Begriffe aus der Informatik zweckmäßig, zumal Teilchen eigentlich Prozessorcharakter haben können, aber auch nur eine „Prozessorfunktion“ (wie „Quasiteilchen“ z.B. „Löcher“) haben könnten. (In der Informatik kann ein „Prozessor“ nur Software sein, die z.B. auf einem andern Prozessor „emuliert“ werden kann).

    Gemäß der materialistischen Sicht, wären Teilchen etwas „handfestes“ und wenn es derartiges nicht gibt (eben nur ein „Loch“), dann können Quasiteilchen nicht real sein.

    Aus Sicht der Informatik jedoch, können Quasiteilchen völlig problemlos eine „Prozessorfunktion“ haben und die ist real.

  9. Krichard 22.05.2021, 04:55 Uhr

    Wenn man davon ausgeht, dass „bewusste Wahrnehmung“ dann entsteht, wenn sehr viele, ich würde es „Mikro Wahrnehmungsmuster“ nennen, zu einer Wahrnehmung „emergieren“, so wie Bildpunkte zu einem Bild „emergieren”, so müssen sehr schnell relativ „große“ Informationsmengen verarbeitet (Information abbildende Signale durch die neuronalen Gatterstrukturen „verschoben“) werden. Dies erfordert auch eine relativ hohe „Takt Frequenz“ die die Information abbildenden Signale in die „Bewusstseinsanzeigestrukturen verschiebt“, damit die „Information abbildenden Signale“ in einen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang gebracht werden können, wie bei einem Bild oder Video.

    Das Geschehen in den logisch verknüpfenden neuronalen Gatterstrukturen hat W. McCulloch erklärt, die synaptische Wissensabbildung E. Kandel, die Zeitstruktur wurde im „Dunstkreis“ vom Prof. Singer erklärt. McCulloch und Singer haben vermutlich auf längst in der Elektronik/Informatik bekannte Konzepte zurückgegriffen und sie für die Neurologie aufbereitet.

    Das „Qualia Phänomen“, wie es zu Empfindungen wie Farbe, Lust, Schmerz…. kommt, wäre noch zu erklären. Weil das vermutlich nicht wirklich vollständig zu verstehen ist, wie auch die Schwerkraft nicht wirklich verstanden wird, sollte man zumindest möglichst eindeutige Korrelate mit chemisch/quantenphysikalischen Sachverhalten finden um das Problem „mathematisieren“ zu können. So wie man Flugzeuge und Raketen berechnen und bauen kann um die Schwerkraft zu überwinden, obwohl man sie nicht wirklich versteht…

  10. @Elektroniker
    Ein alter Mann erzählte mir, dass er zum Ende des 2. Weltkriegs mit einem Pferdefuhrwerk auf einer Landstrasse unterwegs war, als er von einem amerikanischen Jagdflugzeug angegriffen wurde. Durch die Linie der hochspritzenden Erde sah er, dass der Beschuss direkt auf ihn zukam. Dabei erlebte er seinen ganzen Lebenslauf im Schnelldurchlauf vom aktuellen Alter bis zum Kindergarten-Alter. Als er sah wie sein Pferd getroffen wurde, war das Ganze vorbei.

    Wenn man annimmt, dass so ein Flugzeug mit 300 km/h unterwegs war und der Beschuss 100 m vor der Landstrasse begann – dann dauerte der ganze Vorgang nur eine knappe Sekunde.
    D.h. in dieser Sekunde konnte er die Umgebung beobachten, den Angriff bewerten und bekam Zugang zu seinen Erinnerungen.

    Dieses konkrete Beispiel zeigt, wie schnell unser Gehirn arbeitet.

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