Wiedergefunden nach 139 Jahren: Der Meteorit “Diepenveen”

BLOG: Himmelslichter

ein Blog über alles, was am Himmel passiert
Himmelslichter

Vor mehr als 140 Jahren, am 27. Oktober 1873, gegen drei Uhr nachmittags bemerkten der Arbeiter Albert Bos und seine Frau ein “blendendes Licht” und ein “kräftiges Zischen” im Ort Diepenveen, nahe der Stadt Deventer in der niederländischen Provinz Overijssel. Die beiden waren auf dem Feld bei der Arbeit, als ein seltsamer Stein vom Himmel fiel und sich einen halben Meter tief in den Sandboden grub. Noch warm sei er gewesen, als die beiden ihn aus dem Boden hoben, und ihn zum Dorflehrer nach Diepenveen brachten. Von dort gelangte er weiter in eine Schule nach Deventer, wo er 139 Jahre lang als Exponat der “Kuriositätensammlung” in einer Holzkiste aufbewahrt worden war. Die Kiste verschwand auf dem Dachboden der Schule und war schon bald vergessen.

Marco Langbroek mit dem Diepenveen-Meteorit (Bildrechte: M. Langbroek)
Marco Langbroek mit dem Diepenveen-Meteorit (Bildrechte: M. Langbroek)

Bis zum 11. August 2012. Da entdeckte die Kiste mit dem Stein mehr zufällig auf einer Art Flohmarkt unter den Auslagen eines Sammlers Henk Nieuwenhuis, Amateurastronom und ehemaliger Direktor des Eisinga-Planetariums. Offenbar war den Findern schon 1873 bewusst, mit was sie es da zu tun hatten. Denn der Stein ist auf einer Karte als “Meteorstein” beschriftet, offenbar im Jahr 1883 wurde er durch Vergleich mit einem im Jahr 1864 gefallenen Meteoriten als Kohlenstoffchondrit klassifiert.

Bild: M. Langbroek
Bild: M. Langbroek

Eine wissenschaftliche Untersuchung Steins fand jedoch erst nach seiner überraschenden Wiederentdeckung 2012 u. a. durch den Amateur Astronomen Niek de Kort und Marco Langbroek von der Freien Universität Amsterdam und der Dutch Meteor Society statt. Es handelt sich demnach tatsächlich um einen kohlenstoffhaltigen Chondriten vom Subtyp CM (Mighei-Typ). Völlig intakt ist der Meteorit nicht, das übrig gebliebene Stück wiegt 68 Gramm und besteht aus zwei Teilen, die etwa zur Hälfte bis zwei Drittel mit Schmelzkruste überzogen sind, und die wohl bereits 1873 wieder zusammengeklebt wurden. Andere Stücke sind verloren gegangen. Ob der Stein bei seinem Fall zerbrochen ist oder später auseinandergemeißelt wurde, ist unklar.

Der wie üblich nach seinem Fallort “Diepenveen” getaufte Meteorit ist der fünfte auf niederländischem Boden gefundene (chronologisch von seinem Fall der dritte). Er befindet sich nun im Nationalen Naturhistorischen Museum (Naturalis) in Leiden.

Die ganze Geschichte und mehr Fotos im Blog von Marco Langbroek und auf der Website des Museum (niederländisch).

Avatar-Foto

Mit dem Astronomievirus infiziert wurde ich Mitte der achtziger Jahre, als ich als 8-Jähriger die Illustrationen der Planeten auf den ersten Seiten eines Weltatlas stundenlang betrachtete. Spätestens 1986, als ich den Kometen Halley im Teleskop der Sternwarte Aachen sah (nicht mehr als ein diffuses Fleckchen, aber immerhin) war es um mich geschehen. Es folgte der klassische Weg eines Amateurastronomen: immer größere Teleskope, Experimente in der Astrofotografie (zuerst analog, dann digital) und später Reisen in alle Welt zu Sonnenfinsternissen, Meteorschauern oder Kometen. Visuelle Beobachtung, Fotografie, Videoastronomie oder Teleskopselbstbau – das sind Themen die mich beschäftigten und weiter beschäftigen. Aber auch die Vermittlung von astronomischen Inhalten macht mir großen Spaß. Nach meinem Abitur nahm ich ein Physikstudium auf, das ich mit einer Diplomarbeit über ein Weltraumexperiment zur Messung der kosmischen Strahlung abschloss. Trotz aller Theorie und Technik ist es nach wie vor das Erlebnis einer perfekten Nacht unter dem Sternenhimmel, das für mich die Faszination an der Astronomie ausmacht. Die Abgeschiedenheit in der Natur, die Geräusche und Gerüche, die Kälte, die durch Nichts vergleichbare Schönheit des Kosmos, dessen Teil wir sind – eigentlich braucht man für das alles kein Teleskop und keine Kamera. Eines meiner ersten Bücher war „Die Sterne“ von Heinz Haber. Das erste Kapitel hieß „Lichter am Himmel“ – daher angelehnt ist der Name meines Blogs. Hier möchte ich erzählen, was mich astronomisch umtreibt, eigene Projekte und Reisen vorstellen, über Themen schreiben, die ich wichtig finde. Die „Himmelslichter“ sind aber nicht immer extraterrestrischen Ursprungs, auch in unserer Erdatmosphäre entstehen interessante Phänomene. Mein Blog beschäftigt sich auch mit ihnen – eben mit „allem, was am Himmel passiert“. jan [punkt] hattenbach [ät] gmx [Punkt] de Alle eigenen Texte und Bilder, die in diesem Blog veröffentlicht werden, unterliegen der CreativeCommons-Lizenz CC BY-NC-SA 4.0.

5 Kommentare

  1. Just a note that research on the stone is not only doen by me, but also by Wim van Westrenen (VU University Amsterdam, like me) and Leo Kriegsman (Dutch National Museum of Natural History). Plus a whole bunch of researchers on international research institutions.
    Niek is not an amateur astronomer by the way (he has a degree in astronomy and is currently president of the Royal Dutch Association for Astronomy).
    The stone has spent almost a century gathering dust in the school loft. When the school was closed down in 1969 and inventory sent to the incinerator (!), a former teacher rescued some things including this box with the meteorite. His widow later gave it to a friend who collects stones. It was spotted in that collection by amateur astronomer and former Eise Eisinga planetary director Henk Nieuwenhuis in 2012, and so the ball started to roll… 🙂

  2. Pingback:Allgemeines Live-Blog ab dem 7. Dezember 2013 | Skyweek Zwei Punkt Null

  3. Das Ganze erinnert mich an den Paris Meteoriten (auch ein CM2). Dieser wurde 2001 mitsamt einem Nachlass ersteigert, wo er wohl Jahrzehnte in einer Kiste weggeschlossen war. DerLos Angeles Meteorit (Shergottit) lag auch 20 Jahre in einer Grabbelkiste.

    Das Dumme ist, dass die CM2 ziemlich empfindlich auf unsere feuchte Atmosphäre reagieren, ich denke, in den Jahren ist da einiges oxidiert.

  4. Pingback:Meteoriten gestohlen › Himmelslichter › SciLogs - Wissenschaftsblogs

Schreibe einen Kommentar