SciViews-Rezension: Reise durch das Universum

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Und noch eine Video-Rezension für dasVideoportal SciViews: “The Known Universe” vom American Museum of Natural History. Die Rezension zum Video “Riding Light” – “So langsam ist die Lichtgeschwindigkeit” (mitsamt der Kritik daran in den Kommentaren) findet sich hier.

Hier gehts zum Video und zu den SciViews!KUAMNH1“Stellen Sie sich die Sonne als Orange auf dem Alexanderplatz vor, die Milchstraße ist dann …” – jeder, der sich mit dem Kosmos beschäftigt, kennt solche Vergleiche. Und weiß, dass es trotzdem nicht leicht ist, sich ein Bild von der Größe des Universums zu machen. Zu gigantisch sind die Entfernungen, zu groß die Skalensprünge, irgendwann beginnen alle Vergleiche zu hinken.

“The Known Universe” will da weiterhelfen. Das Video des American Museum of Natural History (AMNH) in New York visualisiert, was sich mit Worten und Zahlen kaum nachvollziehbar beschreiben lässt. Ob man die gigantischen Entfernungen des Kosmos an Ende besser erfasst als zuvor, sei dahingestellt – das Sechseinhalb-Minuten-Video ist jedenfalls schön anzuschauen und liefert eine gute Darstellung des derzeit bekannten Kosmos. Für die Datenbasis sorgte der Digital Universe Atlas, in dem das AMNH und das dazugehörige Hayden-Planetarium astronomische Daten zu einer kosmischen Kartographie zusammenführen.

Im Film fliegt der Betrachter von der Erde, genauer: Tibet, ausgehend durch das All, passiert Mond, Planetenbahnen, die sonnennächsten Sterne und reist über die Milchstraße und ihre Nachbargalaxien bis hin zu den Grenzen des derzeit bekannten Kosmos – und wieder zurück. Auf einen Kommentar wird verzichtet, schließlich muss der Film auch in einer Museumsumgebung funktionieren; stattdessen liefern Einblendungen Information über das Gesehene. Die Idee mit dem Flug durchs Universum ist lehrreich, wenn auch nicht neu: Auf eine ganz ähnliche Reise hatten bereits 1977 Charles und Ray Eames ihre Zuschauer mitgenommen, nämlich in ihrem Kurzfilm-Klassiker “Zehn Hoch” (zur SciViews-Rezension).

Es lohnt, die Filme zu vergleichen. Während “Zehn Hoch” die Zehnerpotenzen eines Meters als Maßstab für die Reise durch den Kosmos nutzen, verwendet Regisseur Carter Emmart in “The Known Universe” die Lichtlaufzeit als Entfernungsleiter. Und dass die grafischen Möglichkeiten im Jahr 2009, dem Jahr der Veröffentlichung von “The Known Universe”, ganz andere sind als 1977, versteht sich von selbst. Der neuere Film verwendet die Planetariumssoftware Uniview, die auch bei Full-Dome-Projektionen eingesetzt wird; die dargestellten Himmelobjekte erscheinen damit fotorealistisch. Interessant auch zu sehen, um wieviel weiter sich die Astronomen in den letzten 30 Jahren ins Universum hinausgewagt haben: Wo der Reisende bei “Zehn Hoch” umkehrt, nämlich bei 1024 Meter, führt uns “The Known Universe” noch bis an den kosmischen Horizont.

Ob man sich die gigantische Größe des Kosmos nun besser vorstellen kann? Nur, wenn man als Zuschauer bedenkt, dass der virtuelle Beobachter sich im Verlauf des Films immer schneller von der Erde entfernt: Im Film bewältigt er zehn-, hundert-, tausendfache Distanzen nur deshalb in der jeweils selben Zeit, weil er zehn-, hundert-, tausendfach schneller wird. Das hat “Zehn Hoch” mit seiner Zehnerpotenzmethode besser deutlich gemacht. Es bleibt eben schwierig, sich über Distanzen und Zeiten klar zu werden, die im täglichen Leben so gar keine Rolle spielen.

Wem die Reise übrigens zu schnell geht, kann einen Teil davon am Rechner zu Hause noch einmal in aller Ruhe nachvollziehen. Das freie Programm Celestia erlaubt es, sich in ebenso fotorealistischer Darstellung wie im Film frei von einem Planeten des Sonnensystems zum nächsten zu bewegen und sogar die Milchstraße zu verlassen.

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Mit dem Astronomievirus infiziert wurde ich Mitte der achtziger Jahre, als ich als 8-Jähriger die Illustrationen der Planeten auf den ersten Seiten eines Weltatlas stundenlang betrachtete. Spätestens 1986, als ich den Kometen Halley im Teleskop der Sternwarte Aachen sah (nicht mehr als ein diffuses Fleckchen, aber immerhin) war es um mich geschehen. Es folgte der klassische Weg eines Amateurastronomen: immer größere Teleskope, Experimente in der Astrofotografie (zuerst analog, dann digital) und später Reisen in alle Welt zu Sonnenfinsternissen, Meteorschauern oder Kometen. Visuelle Beobachtung, Fotografie, Videoastronomie oder Teleskopselbstbau – das sind Themen die mich beschäftigten und weiter beschäftigen. Aber auch die Vermittlung von astronomischen Inhalten macht mir großen Spaß. Nach meinem Abitur nahm ich ein Physikstudium auf, das ich mit einer Diplomarbeit über ein Weltraumexperiment zur Messung der kosmischen Strahlung abschloss. Trotz aller Theorie und Technik ist es nach wie vor das Erlebnis einer perfekten Nacht unter dem Sternenhimmel, das für mich die Faszination an der Astronomie ausmacht. Die Abgeschiedenheit in der Natur, die Geräusche und Gerüche, die Kälte, die durch Nichts vergleichbare Schönheit des Kosmos, dessen Teil wir sind – eigentlich braucht man für das alles kein Teleskop und keine Kamera. Eines meiner ersten Bücher war „Die Sterne“ von Heinz Haber. Das erste Kapitel hieß „Lichter am Himmel“ – daher angelehnt ist der Name meines Blogs. Hier möchte ich erzählen, was mich astronomisch umtreibt, eigene Projekte und Reisen vorstellen, über Themen schreiben, die ich wichtig finde. Die „Himmelslichter“ sind aber nicht immer extraterrestrischen Ursprungs, auch in unserer Erdatmosphäre entstehen interessante Phänomene. Mein Blog beschäftigt sich auch mit ihnen – eben mit „allem, was am Himmel passiert“. jan [punkt] hattenbach [ät] gmx [Punkt] de Alle eigenen Texte und Bilder, die in diesem Blog veröffentlicht werden, unterliegen der CreativeCommons-Lizenz CC BY-NC-SA 4.0.

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