Neue Großobservatorien: Wer hat, dem wird gegeben
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Das weltroßte Teleskopnetzwerk für energiereiche Gammastrahlung wird höchstwahrscheinlich in Chile und Spanien gebaut. Am 16. Juli gab das Resource Board des Cherenkov Telescope Array (CTA) bekannt, dass von den letzten vier Standortkandidaten für das insgesamt rund 120 Teleskope umfassende Array zwei unter Astronomen wohlbekannte übrigbleiben: Die chilenische Atacamawüste, rund 10 Kilometer südöstlich des Paranal-Observatoriums der ESO, und das Observatorium Roque de los Muchachos auf der Kanareninsel La Palma.

Beide Orte bieten ideale Eigenschaften für die Konstruktion des neuartigen Observatoriums, das die logische Erweiterung derzeit bestehender Luftschauer-Cherenkovteleskope für die Beobachtung energiereicher Gammastrahlung wie H.E.S.S., VERITAS oder MAGIC ist. Rund 100 Teleskope sollen im kommenden Jahrzehnt auf der südlichen, etwa 20 auf der nördlichen Station in Betrieb gehen. Auf diese Weise kann der gesamte Himmel von Nord bis Süd im Gammalicht erfasst werden.
Das Nachsehen haben die beiden verbleibenden Konkurrenten: Namibia und Mexiko. Sie verbleiben immerhin als “Backup-Optionen” im Rennen, falls es mit Chile und La Palma doch nicht klappt. In trockenen Tüchern ist noch nichts, nun werden zunächst die finalen Verhandlungen mit den Betreibern der beiden ausgewählten Standorte aufgenommen. Im Falle der südlichen Station ist das die ESO, im Falle der nördlichen das Instituto de Astrofísica de Canarias.

Von einer “schwierigen Entscheidung” spricht CTA-Sprecher Werner Hofmann. “Wir hoffen dass unsere Unterstützer und Wissenschaftler aus Namibia und Mexiko weiterhin wissenschaftlich und technologisch zum CTA beitragen, im gemeinsamen Interesse, das bestmögliche Instrument für die gesamte Community zu bauen.” Klingt da Sorge heraus, dass man in Namibia und Mexiko nicht eben erfreut sein könnte ob dieser Entscheidung?
Aus Sicht des internationalen CTA Konsortiums, zu dem auch Deutschland, Österreich und die Schweiz gehören, ist die Entscheidung für Chile/La Palma gut nachzuvollziehen: Bestehende Infrastruktur kann genutzt werden, beide Orte sind astronomisch lange erschlossen und beobachtungstechnisch gut verstanden, besitzen Regelungen zur Eindämmung der Lichtverschmutzung, was auch für Cherenkovteleskope von Bedeutung sein dürfte. Beide liegen zudem in politisch relativ stabilen Regionen, die Erfahrung mit den Bedürfnissen der Astronomengemeinde haben.

Ob die Entscheidung auch aus Sicht internationaler Entwicklungsarbeit gut ist, darf man durchaus differenziert sehen. Sie führt in jedem Falle zu einer Konzentration astronomischer Forschungseinrichtungen. In Chile hat die Versammlung international bedeutsamer Observatorien seit den 1960er Jahren zu einer spürbaren Belebung des inländischen Wissenschaftsbetriebs geführt, in diesem Jahr wird das erste einhundertprozentig chilenische Forschungsobservatorium im Norden des Landes errichtet. Mexiko und Namibia, die beide auch nicht die schlechtesten Voraussetzungen bieten, hätten sicher auch gerne von einer bedeutenden Installation wie dem CTA im eigenen Land profitiert.
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Die Atacamawüste ist also ein Gebiet (eine Domäne) wo die Grand Crus der Astronomie herangewachsen sind und wo weitere gute “Gewächse” zu erwarten sind.
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