Kometenbilder mit Fitswork (Teil 2)

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Die Eigenbewegung von Kometen macht ihre Fotografie aufwändiger als normale Deep-Sky-Fotografie. Das kann soweit gehen, dass der Komet schon bei einer Belichtungszeit von einer Minute länglich erscheint, insbesondere, wenn er sich in Erdnähe befindet und deshalb eine große Eigenbewegung aufweist. Man kann natürlich versuchen, das Teleskop auf den Kometenkern statt auf die Sterne nachzuführen. Das ist aber, sofern man keine computergestütze Montierung sein Eigen nennt, ein ziemlich aufwändiges Verfahren. Man muss lange und konzentriert am Okular sitzen und das Teleskop von Hand bewegen – ein Aufwand, der mir ehrlich gesagt zu anstrengend ist.
Glücklicherweise sind gerade erdnahe Kometen auch meist sehr hell, so dass kurze Belichtungszeiten für moderne DSLR völlig ausreichend sind. Wir können also auch eine Serie kurz belichteter Aufnahmen machen, bei der die Belichtungszeit der einzelnen aufnahmen gerade so lang ist, dass der Komet gerade noch keine Bewegungsunschärfe zeigt. Um ein ansprechendes, rauscharmes Bild zu erhalten, verwenden wir die im ersten Teil vorgestellte und in der Deep-Sky-Fotografie altbekannte die Methode des „Stackens“, bei der viele Bilder des gleichen Himmelsausschnitts rechnerisch übereinander gelegt werden.

Bei einer Serie von 30 Bildern mit jeweils 60 Sekunden Belichtungszeit auf, dauert die Prozedur rund eine halbe Stunde. In dieser Zeit haben sich auch Kometen in Abständen von mehreren Astronomischen Einheiten merklich weiterbewegt, wir müssen diese Eigenbewegung also rechnerisch ausgleichen. Das geht glücklicherweise mit Fitswork recht einfach [1].

Ausgangspunkt ist unser im ersten Teil erzeugtes Summenbild. Das wurde ohne weitere Korrektur auf die Sterne gestackt, so dass die Kometenkoma zu einer länglichen Spur verzogen ist. Als ersten öffne ich dieses Bild in Fitswork und stelle die Vergrößerung auf 100 oder auch 200%. Dann suche ich mit dem Cursor die Komapositionen des ersten und des letzten Bilds der Serie [2].

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Die jeweiligen Pixelwerte werden links unten angezeigt. Notiert werden die x- und y-Werte x1,2 und y1,2. Nun berechne ich die Pixelverschiebung der Kometenkoma vom ersten zum letzten Bild der Serie:

Δx = x1 – x2 und Δy = y1-y2.

Im Beispiel:

Δx = 2123 – 2057 = 66
Δy = 1172 – 1226 = -54

Sofern die Bilder im gleichen Zeitabstand aufgenommen wurden (automatische Serie), geben diese Zahlen die Verschiebung des Kometen zu den Sternen in Pixel pro Bild an. Nun kommt es aber oft vor, dass die Bilder der Serie nicht alle im gleichen Zeitabstand vorliegen: Einzelne Bilder können gelöscht worden sein, Wolken sind durchgezogen, die Serie wurde zu Kontrollzwecken unterbrochen, oder ähnliches. Daher berechnet man die Pixelverschiebung besser nicht pro Bild, sondern pro Minute.

Dazu lese ich die Aufnahmedaten aus den EXIF-Daten des ersten und letzten Bilds aus (Symbol Fits-Header ein-/ausblenden):

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Die EXIF-Daten enthalten unter vielem anderen Nützlichen auch die Uhrzeit der Aufnahme. Aus den Uhrzeiten t1,2 ergibt sich eine Zeitdifferenz vom ersten zum letzten Bild der Serie, berechnet als Betrag:

Δt = |t1 – t2|

Im Beispiel: t1 = 03:50 und t2 = 04:22, Δt = 32 Minuten

Daraus ergibt sich die Pixelverschiebung pro Minute:

Δxt = Δx/Δt bzw. Δvt = Δv/Δt

Im Beispiel:

Δxt = 2,0625 px/min und Δyt = -1,6875 px/min

Die Pixelverschiebungen Δx und Δy sollen genau in der Weise Anfangswert – Endwert berechnet werden, inklusive Vorzeichen. Damit ist sichergestellt, dass Fitswork die einzelnen Bilder auch in die richtige Richtung verschiebt.

Nun wiederholen wir die Stackprozedur aus Teil 1. Schritte 1 bis 4 sind identisch, bei Schritt 5 wird nun zusätzlich die Verschiebung eingefügt. Für die Werte im Beispiel habe:

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Wichtig ist, dass das Häkchen „nach Timestamp“ gesetzt ist. Fitswork liest nun den Timestamp der Bilder aus und berechnet für jedes Bild die korrekte Verschiebung. In diesem Fall werden die Bilder pro Minute um 2,0624 Pixel nach rechts und 1,6875 nach oben verschoben (der Komet bewegt sich nach links unten).

Das Ergebnis der Mühen sieht so aus:

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Ein „scharfer“ Komet und strichförmige Sterne. Die weitere Bearbeitung will ich hier nicht erklären, sie besteht im Wesentlichen aus einer weiteren Rauschverminderung, einer Farbkorrektur und einer Helligkeits- und Kontrastanpassung. Sie kann auch mit anderen Programmen wie Photoshop oder Gimp erfolgen. Dazu wird das fertige Bild am besten als 16-bit Tiff (Photoshop CS4 und höher) oder 8-bit Tiff (Gimp) abgespeichert.

Aber natürlich sehen die strichförmigen Sterne nicht unbedingt „schön“ aus – wie man sowohl Komet als auch Sterne „scharf“ abgebildet bekommt, ist Inhalt des dritten Teils dieses kleinen Tutorials.

Fußnoten:

[1] Mit anderen Programmen mag es sogar noch einfacher gehen. So besitzt zum Beispiel das Programm Deep Sky Stacker eine Kometenfunktion, die obige Schritte automatisch ausführt, ohne Kopfrechenarbeit. Allerdings habe ich die Erfahrung gemacht, dass die automatische Erkennung der Kometenkoma bei schwächeren Kometen oft nicht funktioniert. Außerdem weiß ich gerne, was ich tue und bei Fitswork hat man mehr Kontrolle über die einzelnen Bearbeitungsschritte. Und ich mag Fitswork, ich gebe es zu!

[2] Die visuelle Erkennung der Kometenkoma ist nicht ganz einfach, insbesondere wenn der Schweif (wie im Beispiel) parallel zur Bewegungsrichtung verläuft. Der Cursor-Positionierungsfehler ist aber, so meine Erfahrung mit dem üblicherweise grauseligen Seeing in unseren Breiten kleiner als die unvermeidliche seeingbedingte „Aufblähung“ der Koma.

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Mit dem Astronomievirus infiziert wurde ich Mitte der achtziger Jahre, als ich als 8-Jähriger die Illustrationen der Planeten auf den ersten Seiten eines Weltatlas stundenlang betrachtete. Spätestens 1986, als ich den Kometen Halley im Teleskop der Sternwarte Aachen sah (nicht mehr als ein diffuses Fleckchen, aber immerhin) war es um mich geschehen. Es folgte der klassische Weg eines Amateurastronomen: immer größere Teleskope, Experimente in der Astrofotografie (zuerst analog, dann digital) und später Reisen in alle Welt zu Sonnenfinsternissen, Meteorschauern oder Kometen. Visuelle Beobachtung, Fotografie, Videoastronomie oder Teleskopselbstbau – das sind Themen die mich beschäftigten und weiter beschäftigen. Aber auch die Vermittlung von astronomischen Inhalten macht mir großen Spaß. Nach meinem Abitur nahm ich ein Physikstudium auf, das ich mit einer Diplomarbeit über ein Weltraumexperiment zur Messung der kosmischen Strahlung abschloss. Trotz aller Theorie und Technik ist es nach wie vor das Erlebnis einer perfekten Nacht unter dem Sternenhimmel, das für mich die Faszination an der Astronomie ausmacht. Die Abgeschiedenheit in der Natur, die Geräusche und Gerüche, die Kälte, die durch Nichts vergleichbare Schönheit des Kosmos, dessen Teil wir sind – eigentlich braucht man für das alles kein Teleskop und keine Kamera. Eines meiner ersten Bücher war „Die Sterne“ von Heinz Haber. Das erste Kapitel hieß „Lichter am Himmel“ – daher angelehnt ist der Name meines Blogs. Hier möchte ich erzählen, was mich astronomisch umtreibt, eigene Projekte und Reisen vorstellen, über Themen schreiben, die ich wichtig finde. Die „Himmelslichter“ sind aber nicht immer extraterrestrischen Ursprungs, auch in unserer Erdatmosphäre entstehen interessante Phänomene. Mein Blog beschäftigt sich auch mit ihnen – eben mit „allem, was am Himmel passiert“. jan [punkt] hattenbach [ät] gmx [Punkt] de Alle eigenen Texte und Bilder, die in diesem Blog veröffentlicht werden, unterliegen der CreativeCommons-Lizenz CC BY-NC-SA 4.0.

5 Kommentare

  1. Pingback:Kometenbilder mit Fitswork (Teil 1) › Himmelslichter › SciLogs - Wissenschaftsblogs

  2. Die Blogserie über “Kometenfotografie” ist wirklich eine gute Sache. Ich hoffe nur der Himmel über Bayern klart so weit auf, dass man ISON fotografieren kann.

    Dann würde ich noch gerne auf eine Veranstaltungswoche hinweisen, die unser Nachbarland Österreich vom 15. bis 24. 11. 2013 für alle Weltraum-Interessierten anbietet:
    http://www.science-center-net.at/index.php?id=633

  3. Hallo Jan,

    sehr schöne Beschreibung der Bearbeitung. Zwei Fehler haben sich oben eingeschlichen:
    Du verwendest die Zeit des ersten und letzten (nicht zweiten) Bildes der Serie für die Verschiebung. Als zweites, das immer noch sehr verbreitete Photoshop CS3 kann auch schon mit 16bit Tiffs umgehen.

    Einige Fragen habe ich bezüglich der Ausrichtung beim Stacking. Ich benutze immer nur zwei Sterne, ist es ein großer Unterschied zur Multiple Sterne Option?
    Fitswork speichert die Verschiebung in der Vliste zur späteren Verwendung. Kann man / macht es Sinn auf diese Liste zurückzugreifen wenn ich auf den Kometen stacke? Es würde zumindest Zeit und Rechenpower sparen.

    André

  4. Hallo André, dank für den Hinweis, ist korrigiert!

    Im Grunde reichen zwei Sterne, der Unterschied ist (normalerweise) gering. Ich verwende einfach mehr Sterne, denn sicher ist sicher. Das mit der Vliste werde ich mal ausprobieren, wobei die Bearbeitung an meinen Rechner ohnehin eine Sache von 2-3 Minuten ist. Danke für die Tips!

    Für den 3. Teil der Serie arbeite ich mich gerade neu in den DSS ein. Kann sein, dass die Serie in Kürze mit “Kometenbilder mit dem DSS” fortgesetzt wird!

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