Kollidiert Komet C/2013 A1 (Siding Spring) mit Mars?

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Der am 3. Januar 2013 entdeckte Komet C/2013 A1 (Siding Spring) wird am 19. Oktober 2014 den Planeten Mars passieren. Es besteht sogar die Möglichkeit, dass der vielleicht rund 50 Kilometer große Komet mit dem Planeten kollidiert – das wäre ein geradezu spektakuläres Ereignis, das den Absturz von D/1993 F2 (Shoemaker-Levy 9) auf dem Jupiter in den Schatten stellen würde.

***Nachtrag 16.4.: Die Chancen auf einen Einschlag sind nochmals deutlich gesunken und werden nun auf 1:120000 beziffert.

***Nachtrag 28.2.: Michael Khan hat zwischenzeitlich einen sehr informativen Blogbeitrag zur Bahngeometrie des Kometen und zur Möglichkeit eines Impakts auf dem Mars zusammengestellt. Die Wahrscheinlichkeit für einen Einschlag wurde laut Daniel Fischer auf 1:7000 beziffert, allerdings gab es inzwischen ein Update der Bahndaten, das die Möglichkeit eines Impakts weiterhin nicht ausschließt. Die Wahrscheinlichkeit müsste demzufolge noch gestiegen sein. Dennoch: Aller Voraussicht nach wird C/2013 A1 am Mars knapp vorbeirauschen. Bis wir das genau wissen, könnte es noch etwas dauern. Warten wir ab.

Die Sichtbarkeit des Mars ist Mitte Oktober 2014 leider nicht sehr gut: Der Planet steht zwischen den Sternbildern Skorpion und Schütze und damit weit im Süden. Er ist nach Sonnenuntergang kurz am Abendhimmel zu sehen (Stellarium-Simulation für den 14.10.2014 gegen 19:00 MEZ)

*****

Shoemaker-Levy war im Sommer 1994 in die Atmosphäre des Jupiter abgetaucht, zuvor war der Komet in mehrere Einzelteile zerbrochen. Die “Einschläge” konnten damals mit erdgebundenen Teleskopen und von der Raumsonde Galileo verfolgt werden, die Spuren der Impakte waren noch Wochen später sichtbar, ehe sie von den atmosphärischen Winden des Planeten verwischt wurden.

NASA/JPL

Mars ist im Gegensatz zu Jupiter ein erdähnlicher Planet mit einer festen Oberfläche: ein Einschlag eines großen Kometen könnte einen 500 km großen und 2 km tiefen Krater hinterlassen. Zumal C/2013 A1 mit einer ziemlich hohen Geschwindigkeit von 56 km/s auf den Planeten treffen würde, den außerdem nur eine sehr dünne Atmosphäre schützt.

Das jedenfalls schreibt u.a. der russische Astronom Leonid Elenin. (Wie hell der Blitz des Impakts von der Erde gesehen aussähe, kann ich mir nur ausmalen. Er sollte jedenfalls sehr leicht zu sehen sein, sofern sich der Impakt auf der erdzugewandten Seite des Mars abspielt). Elenin sagt aber auch, das dieses Szenario recht unwahrscheinlich ist. Momentan sieht es eher so aus, als würde C/2013 A1 den Roten Planeten in einem Abstand von rund 110.000 Kilometern verfehlen. Nur ist die Bahn des Schweifsterns bislang recht ungenau bekannt, da seine Position erst seit 74 Tagen verfolgt werden konnte(*). Innerhalb der Fehlermargen liegen daher auch ein noch größerer Minimalabstand, oder eben auch eine Kollision. 

Zum Vergleich: der Asteroid 2012 DA14 verfehlte uns am 15. Februar um nur 28.000 Kilometer (erinnert sich noch wer?) und kam der Erde damit deutlich näher, als Komet C/2013 A1 dem Mars wohl höchstwahrscheinlich kommen wird. Sobald die Bahnberechnungen genauer werden, werden wir erfahren, ob es am 19. 10. 2014 zum großen Knall kommt.

Wesentlich spannender finde ich die Frage, ob wir die Passage des Kometen bei Mars von der Erde aus sehen können. Vom Mars aus (und damit für die Marsrover) könnte C/2013 A1 mit seinem vermutlich sehr hellen Schweif ein ziemliches Spektakel abgeben, spektakelhafter noch als das des Kometen C/2012 S1 (ISON) im kommenden November und Dezember (hätte, wäre, wenn: auch wie ISON sich entwickelt steht längst nicht fest).

Ian Musgrave hat mal nachgesehen, wie sich Mars und Komet am Erdenhimmel machen werden, demnach stehen die beiden Himmelskörper für uns weniger als zwei Bogenminuten voneinander entfernt. Könnte ein reizvoller Anblick im Amateurteleskop werden, sofern C/2013 A1 hell genug wird.

(*) Der Komet wurde nach seiner Entdeckung am 3.1. auf früher entstandenen “Pre-Discovery-Bildern” gesichtet, daher die 74 Tage bis zum 25. Februar.

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Mit dem Astronomievirus infiziert wurde ich Mitte der achtziger Jahre, als ich als 8-Jähriger die Illustrationen der Planeten auf den ersten Seiten eines Weltatlas stundenlang betrachtete. Spätestens 1986, als ich den Kometen Halley im Teleskop der Sternwarte Aachen sah (nicht mehr als ein diffuses Fleckchen, aber immerhin) war es um mich geschehen. Es folgte der klassische Weg eines Amateurastronomen: immer größere Teleskope, Experimente in der Astrofotografie (zuerst analog, dann digital) und später Reisen in alle Welt zu Sonnenfinsternissen, Meteorschauern oder Kometen. Visuelle Beobachtung, Fotografie, Videoastronomie oder Teleskopselbstbau – das sind Themen die mich beschäftigten und weiter beschäftigen. Aber auch die Vermittlung von astronomischen Inhalten macht mir großen Spaß. Nach meinem Abitur nahm ich ein Physikstudium auf, das ich mit einer Diplomarbeit über ein Weltraumexperiment zur Messung der kosmischen Strahlung abschloss. Trotz aller Theorie und Technik ist es nach wie vor das Erlebnis einer perfekten Nacht unter dem Sternenhimmel, das für mich die Faszination an der Astronomie ausmacht. Die Abgeschiedenheit in der Natur, die Geräusche und Gerüche, die Kälte, die durch Nichts vergleichbare Schönheit des Kosmos, dessen Teil wir sind – eigentlich braucht man für das alles kein Teleskop und keine Kamera. Eines meiner ersten Bücher war „Die Sterne“ von Heinz Haber. Das erste Kapitel hieß „Lichter am Himmel“ – daher angelehnt ist der Name meines Blogs. Hier möchte ich erzählen, was mich astronomisch umtreibt, eigene Projekte und Reisen vorstellen, über Themen schreiben, die ich wichtig finde. Die „Himmelslichter“ sind aber nicht immer extraterrestrischen Ursprungs, auch in unserer Erdatmosphäre entstehen interessante Phänomene. Mein Blog beschäftigt sich auch mit ihnen – eben mit „allem, was am Himmel passiert“. jan [punkt] hattenbach [ät] gmx [Punkt] de Alle eigenen Texte und Bilder, die in diesem Blog veröffentlicht werden, unterliegen der CreativeCommons-Lizenz CC BY-NC-SA 4.0.

11 Kommentare

  1. Cool!

    OK, also wieder ein parabolischer Komet. Bei 50 Kilometern Durchmesser dürfte es ziemlich vernachlässigbar sein, wie dicht die Atmosphäre ist.

    Eigentlich ist ein Beobachtungsbogen von 74 Tagen gar nicht so schlecht. Bei einerm Asteroiden würde damit schon eine ziemlich hohe Bahnbestimmungsgenauigkeit gegeben sein. Kometen sind aber anders, geared die parabolischen, die monatelang kaum eine scheinbare Bewegung aufzeigen.

    Wenn es auf dem Mars so richtig rummst, wohldokumentiert und mit Ansage, dann wird man ja wohl auch auf der Erde hoffentlich endlich mal aufwachen.

  2. Hallo! Laut der verlinkten JPL-Orbitseite findet das Perihel ggf nach dem Vorbeiflug statt. Der moegliche Impakt findet also auf der sonnen- und erdabgewandetn Seite statt. Mal wieder typisch.

  3. Flugbahn, Beobachtung

    @The Karl Bednarik

    Wie stark ein Vorbeiflug eine Flugbahn verändert, wie groß also der Swingby-Effekt ist, hängt stark von der hyperbolischen Ankunftsgeschwindigkeit ab. Wenn diese sehr hoch ist, und das ist hier der Fall, dann ist das Orbit sehr “steif”, eine starke Ablenkung also ausgeschlossen.

    @Rainer Kresken

    Interessant wäre es im Fall eines Impakts, die langfristigen Folgen zu sehen, also die Verdunkelung, das Ausmaß der Ejektadecke, die Größe des Kraters. Wir sind in einer sehr guten Position, da wir bis 2014 ja hoffentlich vier mit Kameras und Instrumenten ausgerüstete Raumsonden im Marsorbit haben werden, Mars Express, MRO, Odyssey und Maven. Die umfassende Dokumentierung des Impakts und seiner unmittelbaren wie auch längerfristigen Folgen dürfte also möglich sein. Das wäre das erste Mal in der Raumfahrtgeschichte, dass man an einem solchen Ereignis wirklich “nah dran” ist.

    Das wird richtig gut. Egal, ob es einen Treffer oder einen nahen Vorbeiflug gibt.

    Yee-hah! Kewl!

  4. Kometen über Kometen

    Das eine menge Kometen jährlich durch unser Sonnensystem rauschen weiß man ja. Was aber derzeit abgeht ist schon der Wahnsinn. Panstarrs, Lemon, Ison und nun auch noch Siding Spring mit Kurs auf den Mars. Ohne Worte, das lässt bei uns Astronomie Verrückten doch Kindheitsträume wahr werden und auf weitere solcher Kometen hoffen 🙂

  5. @Marcel

    Einen schönen Meteor hast du da als Abbildung, aber keinen Kometen 🙂

    2012 DA14 war auch kein Komet, sondern ein Asteroid (so viel klugsch*** muss sein…)

    Ansonsten viel Erfolg beim Panstarrs-gucken!

  6. Update 5.3.

    Ein Update (5.3.): Die Impaktwahrscheinlichkeit ist klein, aber noch kann ein Einschlag weiterhin nicht ausgeschlossen werden.

    “At present, Mars lies within the range of possible paths for the comet and the possibility of an impact cannot be excluded,” said an update today from JPL. “However, since the impact probability is currently less than one in 600, future observations are expected to provide data that will completely rule out a Mars impact.”

    http://www.universetoday.com/100526/update-on-the-comet-that-might-hit-mars/

  7. Vorwarnzeit

    Was wäre eigentlich, wenn dieser Komet nicht den Mars, sondern die Erde besuchen würde? In dieser kurzen Zeit zwischen Entdeckung und evtl. Einschlag hätten wir ohne Abwehrmöglichkeiten wohl schlechte Karten?!

  8. @Volker Hoff

    Die Typischer Vorwarddauer bei solchen Kometen beträgt zwei Jahre. In so kurzer Zeit kann man nichts machen, selbst wenn eine Abwehrsonde Startbereit im Clean-Room steht. Erstens muss es ein Startfenster geben. Dann muss man zum Kometen fliegen und ihm eine Ladung Megatonnen verpassen. Dann muss sich die dadurch erwirkte kleine Umlenkung auswirken.

    Das ist nicht realistisch.

    Die erste Maßnahme sollte deswegen der Verlängerung der Vorwarnzeit gelten, von zwei auf vielleicht 10 Jahre oder mehr.

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