Können Kometen rülpsen?
BLOG: Himmelslichter
Welches ist das größte Objekt unseres Sonnensystems? Bis vor ein paar Wochen hätte diese Frage noch verständnisloses Kopfschütteln ausgelöst. Die Sonne, was denn sonst? Doch ein zuvor unscheinbarer Komet hat unserem Zentralgestirn diesen Rang abgelaufen. Seit dem 9. November 2007 ist der Komet Holmes (17P) der größte Himmelskörper unseres Sonnensystems, zumindest für kurze Zeit.
Es ist schon ein wahrhaft „kometenhafter“ Aufstieg. Am 23. Oktober wuchs die Helligkeit des Kometen innerhalb weniger Stunden von der 17. auf die 3. Größenklasse an, ein bisher noch nie beobachteter Vorgang. War er zuvor nur mit großen Teleskopen zu sehen, erschien er nun als heller Stern im Sternbild des Perseus. Die Koma des Kometen wuchs auf einen Durchmesser von mehr als einer Million Kilometer, das ist ist mehr als der Durchmesser der Mondbahn. Und am 9. November schließlich übertraf der Komet sogar die Größe unserer Sonne – mit mehr als 1,4 Millionen Kilometern!
Komet 17P/Holmes am 17.11.2007. Foto: Georg Görgen, Hans Kirch. Monschauer Sternfreunde
Wie es zu einem derartigen Ausbruch kommen konnte ist rätselhaft. Denn der Komet befand sich am 23. Oktober längst wieder auf seinem Rückweg von der Sonne, seine Helligkeit nahm zuvor wie erwartet langsam ab. Doch schon bei seiner Entdeckung, am 6. November 1892, erlebte der Komet einen ähnlichen, wenn auch nicht so heftigen Ausbruch wie 2007.
Eine Kollision mit einem zweiten Objekt, etwa einem kleinen Asteroiden ist als Ursache zwar nicht auszuschließen, aber es ist sehr unwahrscheinlich, dass dies gleich zwei Mal innerhalb eines Jahrhunderts passiert. Durch die hohe Inklination der Kometenbahn von 19° verfehlt Holmes zudem den dichtesten Teil des Asteroridengürtels. Beide Ausbrüche, sowohl 1892 als auch 2007 geschahen nach dem Periheldurchgang des Kometen, nach etwa 143 beziehungsweise 173 Tagen. Der Durchgang durch die Ekliptikebene findet jedoch 4-5 Monate vor dem Perihel statt, dabei befindet sich der Komet in einer Entfernung von rund 2 Astronomischen Einheiten, also etwa am inneren Rand des Asteroidengürtels. Zum jeweiligen Zeitpunkt des Ausbruchs stand Holmes also in beiden Fällen weit entfernt von der Ebene der Ekliptik, wo eine Kollision mit einem Asteroiden am wahrscheinlichsten wäre.
Eine endogene Ursache scheint daher wahrscheinlicher zu sein. So könnte gefrorenes Eis im Innern des Kometenkernes bei der Perihelpassage sublimiert sein. Der Gasdruck könnte dann, mit einiger Zeitverzögerung, eine Explosion verursacht haben, die große Mengen Material vom Kometenkern fortgeschleudert hat, eine Art „Kometenrülpsen“ – wenn man so will!
Noch eine Weile dürfte der Riesenkomet am Nachthimmel sichtbar sein, bevor sich die Koma langsam in den interplanetaren Raum verflüchtigt. Wer ihn also noch nicht gesehen hat, sollte sich sputen, bevor Holmes langsam verblasst – möglicherweise bis zum nächsten Rülpser!