Galileische Nächte

BLOG: Himmelslichter

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Himmelslichter

Den meisten astroaffinen Zeitgenossen ist bestimmt schon dieser Stern am südlichen Abendhimmel aufgefallen, der zur Zeit so hell strahlt. Viele wissen auch, dass das gar kein Stern, sondern der Planet Jupiter ist. Jupiter steht nun im Fokus eines weiteren Cornerstone-Projekts des internationalen Astronomiejahres: den Galileischen Nächten.

Vom 22. bis zum 24. Oktober soll es so etwas wie eine Wiederholung der 100 Stunden Astronomie vom Frühjahr geben. Astronomen – Amateure wie Professionelle – werden wieder einen Blick ans Firmament ermöglichen. Gerade die Amateure sind aufgerufen, sich mit ihren Teleskopen an die Öffentlichkeit zu wenden und den Menschen durch einen Blick auf den Riesenplaneten das nachvollziehen lassen, was vor genau 400 Jahren Galileo Galilei als erster Mensch erblickte: Den Tanz der Jupitermonde.

Galileis Entdeckung, dass es offensichtlich Himmelsobjekte gibt, die sich nicht um die Erde, sondern um einen anderen Planeten bewegen, war zwar noch nicht der Todesstoß für das geozentrische Weltbild. Es war aber doch ein ziemlich deutlicher Hinweis, dass die Vorstellung von der Erde als Mittelpunkt allen Seins nicht ganz zutreffend ist. So werden die vier hellsten Jupitermonde – Io, Europa, Ganymed und Kallisto – heute zu Ehren des großen Astronomen als Galileische Monde bezeichnet.

Die Beobachtung der Galileischen Monde um Jupiter ist eine gute Gelegenheit, Himmelsmechanik mit eigenen Augen nachzuvollziehen. Ein bisschen Geduld ist allerdings schon erforderlich, denn die Bewegung der Monde zueinander fällt erst nach einigen Stunden deutlich auf. Es gibt aber bestimmte Konstellationen, an denen die Dynamik des Jupitersystems besonders gut wahrnehmbar ist. So hatte ich bereits Anfang September so eine Galileische Nacht, und zwar bei der öffentlichen Führung in der Sternwarte Aachen. Nicht nur, dass der Himmel dankenswerter Weise wolkenlos war und die Luft ruhig und klar – einer der Monde warf zudem seinen Schatten auf den Jupiter, so dass wir die Bewegung dieses Schattens auf dem Planeten gut verfolgen konnten. Der Schattenwerfer war Io, der innerste der Galileischen Monde, der mit einer Umlaufzeit von etwa zwei Tagen den Jupiter umkreist. Deshalb konnten wir schon nach wenigen Minuten eine deutliche Veränderung der Position des Schattens erkennen. „Zum ersten Mal kann ich sehen, dass sich da oben wirklich etwas bewegt!“ meinte eine Besucherin begeistert. 

Wegen seiner kurzen Umlaufdauer sind Schattenwürfe von Io alle paar Tage zu sehen. Aber auch die anderen Monde zeigen solche Erscheinungen. Das liegt an der günstigen Sichtachse, mit der wir auf das Jupitersystem schauen. Wir blicken nämlich ziemlich genau auf die Äquatorebene des Planeten, in der sich auch mit minimalen Abweichungen die Umlaufbahnen seinen Monde befinden. Daher sehen wir die vier Monde manchmal wie eine Perlenkette aufgereiht um die helle Scheibe des Planeten angeordnet. 

Das Bild nahm am Abend des 27. September mein Kollege Kurt Schäfer mit einer Canon EOS 400D am 20cm-Refraktor der Sternwarte Aachen auf. Von links nach rechts zeigt es die Monde Europa, Kallisto, Io und Ganymed, und gibt sehr gut den visuellen Anblick im Fernrohr wider. 

Auf ihrer Bahn treten die Monde aber auch zwischen uns und den Jupiter und laufen dann vor der Jupiterscheibe hinweg, dies nennt man einen Transit. Nach einem halben Umlauf verschwinden sie dann hinter dem Planeten, es kommt zu einer Bedeckung. Außerdem leuchten Jupiter und seine Monde ja nur das Sonnenlicht zurück – deshalb werfen sie (wie Erde und Mond auch) ihren Schatten ins Weltall. Sowohl die Monde können in den Schatten des Jupiter eintreten und dabei kurzzeitig unsichtbar werden (man spricht von einer Verfinsterung), als auch ihren eigenen Schatten auf die Jupiterscheibe werfen (so kommt es dann zum eben erwähnten Schattenwurf). Letzteres sieht besonders reizvoll aus, denn die Schatten sehen auf dem Jupiter aus wie kleine, ausgestanzte, pechschwarze Löcher.

Astronomen sprechen bei den genannten Ereignissen Transit, Bedeckung, Verfinsterung und Schattenwurf allgemein von den so genannten Jupitermondereignissen. Auch in den Tagen vom 22. bis zum 24. Oktober kommt es wieder zu derartigen Himmelsschauspielen. Ich habe hier mal eine Zusammenstellung der interessantesten Ereignisse für diesen Zeitraum (plus den Abend des 21. 10.) zusammengetragen. Die Zeiten sind in Sommerzeit, MESZ, angegeben. 

 
Die Bilder dieser kleinen Animation nahm 19. August 2009 Hans Kirch von den Monschauer Sternfreunden auf. An diesem Abend ereignete sich ein seltener, doppelter Durchgang und Schattenwurf von Europa und Ganymed. Zu erkennen sind (auf der Jupiterscheibe, von rechts nach links): Ganymed, sein großer, dunkler Schatten, und Europa. Rechts von Jupiter sieht man Io, der kurz darauf von Jupiter bedeckt wurde. Außerdem sieht man oberhalb des Ganymedschattens den Großen Roten Fleck. Zwischen der ersten und der letzten Aufnahme vergingen etwa 30 Minuten.
Am 21. 10. tritt der innerste Mond Io zwischen 21:10 und 23:28 vor die Jupiterscheibe, es kommt also zu einem Transit. Der Mond dürfte aber nur bei sehr gutem Seeing und in größeren Teleskopen vor dem Jupiter sichtbar sein. Besser zu erkennen ist dagegen sein Schatten, den er ab 23:28 auf den Planeten wirft, und der als dunkler Fleck sichtbar sein sollte. Der Schattenwurf endet am 22. 10. um 00:45.

In der Nacht vom 22. auf den 23. 10. ist ebenfalls eine Menge los. Io befindet sich nun von uns aus gesehen hinter dem Jupiter. Früh bereits, um 18:20, wird er von Jupiter bedeckt. Er erscheint aber später nicht am gegenüberliegenden Rand des Jupiter, da er sich dann in dessen Schatten befindet: Die Bedeckung geht direkt in eine Verfinsterung über. Erst um 21:54 taucht Io wieder aus dem Schatten auf, und zwar etwa einen Jupiterscheibchendurchmesser östlich des Planeten und 15“ von Europa entfernt, der sich noch näher an Jupiter befindet. Man sieht: Jupiter und seine Monde werfen ihren Schatten „seitlich“ ins All, zumindest von der Erde aus gesehen. Natürlich liegen die Schatten auf der sonnenabgewandten Seite, man erkennt daran, dass die Oppositionsstellung des Jupiter schon einige Zeit zurückliegt.

Um 22:32 tritt schließlich Europa vor den Jupiter, dieser Transit endet erst am 23. 10. um 01:24 – zur gleichen Zeit allerdings verschwindet Jupiter unter dem Horizont. Um 00:22 wird dann auch Kallisto bedeckt, während der Schattenwurf durch Europa um 01:04 beginnt. Am Abend des 23. 10. kann man noch in der Dämmerung den Io-Schatten auf Jupiter erkennen, dieser verlässt die Jupiterscheibe aber schon um 19:14 MESZ. Am 24. 10. ist dann nicht so viel zu beobachten, aber das Ende der Verfinsterung des Europa um 23:01 lohnt einen Blick.

Neben diesen „klassischen“ Jupitermonderscheinungen findet auch eine seltene gegenseitige Bedeckung von zwei Monden statt: Am Freitag, den 23. Oktober von 01:12:00 bis 01:17:10 bedeckt Ganymed Io partiell. Bei schlechtem Seeing wird man statt der beiden nur einen einzigen Mond erkennen können, bei sehr guten Seeingbedingungen einen „länglichen“ Mond. Das ist aber am 23. 10. eher unwahrscheinlich, weil Jupiter bereits sehr tief am Himmel steht. Wie eine gegenseitige Mondbedeckung aussieht, habe ich vor einiger Zeit hier einmal gezeigt.

Auch auf Jupiter gibt es natürlich immer etwas zu sehen. Als Gasplaneten sehen wir immer nur seine äußere Atmosphärenschicht mit den dunklen Wolkenbändern. Das bekannteste Detail in Jupiters Atmosphäre ist der berühmte Große Rote Fleck, ein gigantischer Wirbelsturm, der dort schon mindestens 300 Jahre lang tobt. In den Galileischen Nächten kann man auch ihn beobachten. Zu folgenden Zeiten steht der Fleck genau in Richtung Erde: Am 21. 10. um 23:23, am 22. 10. um 19:15 sowie am 24. 10. um 01:02 und um 20:54. Um diese Zeitpunkte herum ist der Große Rote Fleck dann für rund zwei Stunden gut zu sehen.

Für die Beobachtung der Monde selbst benötigt man nicht mehr als ein gutes Fernglas. Wer die verschiedenartigen Mondereignisse verfolgen oder den Großen Roten Fleck beobachten möchte, braucht schon ein fest montiertes Fernrohr, das eine Vergrößerung von wenigstens 100fach bietet. Wer kein solches hat, der kann sich an die nächste Volkssternwarte oder amateurastronomische Vereinigung in seiner Nähe wenden. Viele davon werden sicherlich zu den Galileischen Nächten ein Programm anbieten. Die Volksternwarte Aachen veranstaltet am Samstag, den 24. 10. ab 21:00 Uhr, eine öffentliche Führung. Kommen kann jeder, eine Anmeldung ist nicht erforderlich. 

Bleibt mir also, allen für die Galileischen Nächte einen klaren Himmel zu wünschen!

Übrigens: Die Zeiten habe ich mit der Seite calsky.de ermittelt. Aufsuchhilfen für Jupiter gibt es z. B. bei Redshift-live.com.

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Mit dem Astronomievirus infiziert wurde ich Mitte der achtziger Jahre, als ich als 8-Jähriger die Illustrationen der Planeten auf den ersten Seiten eines Weltatlas stundenlang betrachtete. Spätestens 1986, als ich den Kometen Halley im Teleskop der Sternwarte Aachen sah (nicht mehr als ein diffuses Fleckchen, aber immerhin) war es um mich geschehen. Es folgte der klassische Weg eines Amateurastronomen: immer größere Teleskope, Experimente in der Astrofotografie (zuerst analog, dann digital) und später Reisen in alle Welt zu Sonnenfinsternissen, Meteorschauern oder Kometen. Visuelle Beobachtung, Fotografie, Videoastronomie oder Teleskopselbstbau – das sind Themen die mich beschäftigten und weiter beschäftigen. Aber auch die Vermittlung von astronomischen Inhalten macht mir großen Spaß. Nach meinem Abitur nahm ich ein Physikstudium auf, das ich mit einer Diplomarbeit über ein Weltraumexperiment zur Messung der kosmischen Strahlung abschloss. Trotz aller Theorie und Technik ist es nach wie vor das Erlebnis einer perfekten Nacht unter dem Sternenhimmel, das für mich die Faszination an der Astronomie ausmacht. Die Abgeschiedenheit in der Natur, die Geräusche und Gerüche, die Kälte, die durch Nichts vergleichbare Schönheit des Kosmos, dessen Teil wir sind – eigentlich braucht man für das alles kein Teleskop und keine Kamera. Eines meiner ersten Bücher war „Die Sterne“ von Heinz Haber. Das erste Kapitel hieß „Lichter am Himmel“ – daher angelehnt ist der Name meines Blogs. Hier möchte ich erzählen, was mich astronomisch umtreibt, eigene Projekte und Reisen vorstellen, über Themen schreiben, die ich wichtig finde. Die „Himmelslichter“ sind aber nicht immer extraterrestrischen Ursprungs, auch in unserer Erdatmosphäre entstehen interessante Phänomene. Mein Blog beschäftigt sich auch mit ihnen – eben mit „allem, was am Himmel passiert“. jan [punkt] hattenbach [ät] gmx [Punkt] de Alle eigenen Texte und Bilder, die in diesem Blog veröffentlicht werden, unterliegen der CreativeCommons-Lizenz CC BY-NC-SA 4.0.

2 Kommentare

  1. Aktivitäten in Garching/München 24.10.09

    Liebe Astro-Freunde

    Während der Galileischen Nächte, am Sa. 24. Oktober 2009, findet auf dem Forschungscampus in Garching bei München der Tag der offenen Tür statt. Zahlreiche Institute beteiligen sich und ziehen mehrere tausend Besucher an. Das komplette Programm am Campus? Hier klicken.

    Unser Exzellenzcluster Universe ist ebenfalls dabei und bietet Live-Beobachtungen mit einer eigens aufgebauten Sternwartenkuppel, ein Vortragsprogramm, ein Science Cafe uvm. an. Mehr Informationen zum Cluster-Programm und PDFs vom Programm.

    Ich hoffe, der Werbeblock in eigener Sache geht okay, Jan? Aber es ist ja für die Astronomie!

    Beste Grüße,
    Andreas

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