Ein Weißer Zwerg im Teleskop: Sirius B visuell

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Einen Weißen Zwerg im eigenen Teleskop zu sehen ist schwer. Denn die Dinger sind eben klein – meist nicht größer als die Erde. Das gilt auch für das nächstgelegene Exemplar. Das ist gerade einmal 8,6 Lichtjahre entfernt, also gerade einmal doppelt so weit weg wie der nächste Stern überhaupt. Mit einer scheinbaren Helligkeit von 8,5mag wäre der Zwergstern ohne Probleme in kleinen Teleskopen zu sehen, stünde er nicht an einem sehr ungünstigen Ort: Es handelt sich um Sirius B, dem kleinen Begleiter von Sirius, dem hellsten Stern des Nachthimmels. Doch die Gelegenheit, Sirius B mit eigenen Augen zu erspähen, ist so gut wie lange nicht mehr.

Sirius A (mitte) und Sirius B (links darunter) mit dem Hubbleteleskop gesehen. Dass man den Weißen Zwerg Sirius B überhaupt mit einem ganz normalen Amateurfernrohr sehen kann, mag unglaublich erscheinen - aber es geht (Bild: NASA, ESA, H. Bond (STScI), and M. Barstow (University of Leicester)
Sirius A (mitte) und Sirius B (links darunter) 2005 mit dem Hubbleteleskop gesehen. Dass man den Weißen Zwerg Sirius B überhaupt mit einem ganz normalen Amateurfernrohr sehen kann, mag unglaublich erscheinen – aber es geht (Bild: NASA, ESA, H. Bond (STScI), M. Barstow, University of Leicester)

Sirius B steht Sirius (A) so nahe, dass er meist in dessen Glanz untergeht. Nun ändert sich allerdings der Winkelabstand der beiden ungleichen Partner stetig infolge ihrer gegenseitigen Umrundung: Zur Zeit stehen Sirius A und B 10,7 Bogensekunden am Himmel voneinander entfernt, das ist nur wenig näher als zu ihrer maximal möglichen Separation von 11,3 Bogensekunden, die im Jahr 2022 erreicht wird. Die Chancen auf eine erfolgreiche Sichtung von Sirius B sind damit so gut wie zuletzt in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts.

Wikimedia Commons
Der scheinbare Orbit von Sirius B um Sirius A. Quelle: Wikimedia Commons

Am 20. Januar versuchte ich mich zum ersten Mal an diesem System. Und siehe da: es gelang mir einfacher als gedacht, Sirius B als schwaches Sternchen gleich neben dem hellen “Hundsstern” zu sehen. Er stand, wie er sollte, knapp nordöstlich. Allerdings habe ich ein bisschen gemogelt: Beobachtet habe ich auf 30° südlicher Breite ganz in der Nähe des La-Silla-Observatoriums in der chilenischen Atacamawüste. Nicht nur war die Luft dort außergewöhnlich transparent und ruhig, Sirius stand zum Zeitpunkt der Beobachtung auch fast senkrecht über mir am Himmel, was die Mission erheblich vereinfachte. Und das verwendete Teleskop, ein 12″-Dobson, ist auch nicht von schlechten Eltern.

Eine Skizze, auf die Schnelle am Teleskop gemacht: Sirius B stand am vorausgesagten Ort (Positionswinkel 282°) und 10,7" von Sirius A entfernt, knapp neben einem hellen Teleskopspike.
Eine Skizze, auf die Schnelle am Teleskop gemacht: Sirius B stand am vorausgesagten Ort (Positionswinkel 282°) und 10,7″ von Sirius A entfernt, knapp neben einem hellen Teleskopspike.
DSLR-Aufnahme von Sirius A - und B (etwa auf der 10-Uhr-Position). Das Bild ist gegenüber meine Skizze verdreht, aber die sechs in der Skizze markierten Feldsterne sind leicht zu identifizieren (mit freundlicher Genehmigung: James MacWilliam, starchasers.ca)
DSLR-Aufnahme von Sirius A – und B (etwa auf der 10-Uhr-Position) aus dem Jahr 2011. Das Bild ist gegenüber meiner Skizze verdreht, aber die sechs in der Skizze markierten Feldsterne sind leicht zu identifizieren (mit freundlicher Genehmigung: James MacWilliam, starchasers.ca)

Interessant ist auch diese Animation, die einen Zoom aus den Sirius enthält und mit dem obigen Hubblebild endet. Wieder orientiert man sich am besten an den sechs Feldsternen, die ich in meine Skizze eingezeichnet habe. Dass Sirius B auf dem Hubblebild an einer anderen Position ist, liegt daran, dass dieses Bild schon 2005 aufgenommen wurde. Inzwischen hat sich Sirius B auf seinem (scheinbaren) Orbit weiter nach Nordosten und von Sirius A weg bewegt:

In Mitteleuropa erhebt sich der Sirius zwar nur etwa 20-30° über den Horizont, dennoch dürfte es einigermaßen versierten Beobachtern gelingen, seinen kleinen Begleiter zu erblicken.

Anblick des Nachthimmels im Februar/März in der ersten Nachhälfte. Sirius (und Rigel) sind ideal zu beobachten. Bild erstellt mit Stellarium
Anblick des Nachthimmels im Februar/März in der ersten Nachhälfte. Sirius (und Rigel, s. u.) sind ideal zu beobachten. Bild erstellt mit Stellarium

Hier nun ein paar Tipps, mit denen die Sichtung glücken sollte:

Seeing ist alles

Eine erfolgreiche Sichtung von Sirius B dürfte nur bei sehr gutem bis ausgezeichnetem Seeing gelingen, d. h., wenn die Atmosphäre über dem Beobachtungsort besonders ruhig ist. Nur dann lässt sich der schwache Zwerg im Glanz von Sirius A erkennen. Flackert und blinkt Sirius schon für das bloße Auge wie wild am Himmel, stehen die Chancen schlecht. Daher auch unbedingt warten, bis der Stern seinen höchsten Stand über dem Horizont erreicht.

Später am Morgen, als Sirius schon tiefer stand und sein Licht merklich flackerte, versuchte ich testweise nochmal, den Begleiter zu sehen – es gelang mir nicht mehr!

Dämmerung hilft

In der Dämmerung ist der Himmel noch nicht völlig dunkel und der Glanz des Sirius A stört etwas weniger, ein Effekt, der mir auch geholfen hat. Außerdem kommt es oft vor, dass die Luft (Seeing, s. o.) gerade während der Dämmerung besonders ruhig ist.

Test mit Rigel B

Auch der nahe stehende Stern Rigel im Orion hat einen schwachen Begleiter, der diesem ähnlich nahe steht wie Sirius B dem Sirius – aber “nur” 1000 Mal schwächer ist als sein Begleiter (und nicht 10000 Mal, wie Sirius B). Rigel B ist damit das ideale Testobjekt: Sieht man ihn ohne Probleme, kann man sich an Sirius B wagen.

Rigel B sprang mir am 20.1. geradezu ins Auge, unglaublich, wie aufdringlich der war!

Hohe Vergrößerung, präzise Justage

Eine hohe Vergrößerung hilft. Ich konnte Sirius B bei etwa 230x gut sehen. Wichtig für gute Bilder ist eine gute optische Justage des Teleskops, insbesondere bei Newtonteleskopen.

Achtung vor den Spikes!

Spiegelteleskope mit Fangspiegelspinne zeigen kreuzförmige “Beugungsspikes” bei hellen Sternen. Was bei Astrofotos aus ästhetischen Gründen sogar gewünscht sein kann, stört bei der visuellen Beobachtung – und besonders bei der von Sirius B! Steht der nämlich einem solchen Spike zu nahe, wird er völlig überstrahlt. Kann man das Teleskoprohr (und damit die Spikes) nicht entlang seiner Achse verdrehen, bleibt (bei azimutal montierten Teleskopen) nur abzuwarten, bis sich die Position der Spikes relativ zum Positionswinkel von Sirius B aufgrund der Erddrehung verändert hat. Sieht man also trotz eigentlich guten Bedingungen nichts, nach ein, zwei Stunden nochmal gucken!

Tja – und wenn alles klappt, sieht man ein kleines, mickriges Sternchen (mehr). Aber dieses Sternchen komprimiert immerhin 98% der Masse der Sonne auf weniger als die Größe der Erde – ein wirklich extremes Objekt. Man sieht es ihm zwar nicht an, aber zu wissen, was man da im Okular hat macht alle Mühen wieder wett!

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Mit dem Astronomievirus infiziert wurde ich Mitte der achtziger Jahre, als ich als 8-Jähriger die Illustrationen der Planeten auf den ersten Seiten eines Weltatlas stundenlang betrachtete. Spätestens 1986, als ich den Kometen Halley im Teleskop der Sternwarte Aachen sah (nicht mehr als ein diffuses Fleckchen, aber immerhin) war es um mich geschehen. Es folgte der klassische Weg eines Amateurastronomen: immer größere Teleskope, Experimente in der Astrofotografie (zuerst analog, dann digital) und später Reisen in alle Welt zu Sonnenfinsternissen, Meteorschauern oder Kometen. Visuelle Beobachtung, Fotografie, Videoastronomie oder Teleskopselbstbau – das sind Themen die mich beschäftigten und weiter beschäftigen. Aber auch die Vermittlung von astronomischen Inhalten macht mir großen Spaß. Nach meinem Abitur nahm ich ein Physikstudium auf, das ich mit einer Diplomarbeit über ein Weltraumexperiment zur Messung der kosmischen Strahlung abschloss. Trotz aller Theorie und Technik ist es nach wie vor das Erlebnis einer perfekten Nacht unter dem Sternenhimmel, das für mich die Faszination an der Astronomie ausmacht. Die Abgeschiedenheit in der Natur, die Geräusche und Gerüche, die Kälte, die durch Nichts vergleichbare Schönheit des Kosmos, dessen Teil wir sind – eigentlich braucht man für das alles kein Teleskop und keine Kamera. Eines meiner ersten Bücher war „Die Sterne“ von Heinz Haber. Das erste Kapitel hieß „Lichter am Himmel“ – daher angelehnt ist der Name meines Blogs. Hier möchte ich erzählen, was mich astronomisch umtreibt, eigene Projekte und Reisen vorstellen, über Themen schreiben, die ich wichtig finde. Die „Himmelslichter“ sind aber nicht immer extraterrestrischen Ursprungs, auch in unserer Erdatmosphäre entstehen interessante Phänomene. Mein Blog beschäftigt sich auch mit ihnen – eben mit „allem, was am Himmel passiert“. jan [punkt] hattenbach [ät] gmx [Punkt] de Alle eigenen Texte und Bilder, die in diesem Blog veröffentlicht werden, unterliegen der CreativeCommons-Lizenz CC BY-NC-SA 4.0.

10 Kommentare

  1. Interessant, dass heute ein Amateur Sirius B ohne weiteres finden kann, während der Entdecker Friedrich Wilhelm Bessel zuerst (1844) nur aufgrund von Bahnabweichungen des Mutterstern auf die Existenz eines Begleiters schloss. Erst 1862 wurde Sirius B dann von Graham Clark gesichtet. Nun vielleicht hatte Bessel einfach einen ungünstigen Zeitpunkt für die Direktbeobachtung erwischt. Hier das was in der Wikipedia darüber zu lesen ist:

    Bei der Analyse der Eigenbewegungen der kosmischen Schnellläufer Sirius (Sternbild „Großer Hund“) und Prokyon (Sternbild „Kleiner Hund“) entdeckte Bessel jeweils eine langperiodische Abweichung von der geradlinigen Bewegung. Zur Erklärung dieses zunächst unerklärlichen Effekts postulierte er 1844 für beide Sterne die gravitative Einwirkung eines bislang unerkannten Begleitsterns. Die bis dahin seit Christian Mayer (1779) bekannten Doppelsternsysteme bestanden durchweg aus zwei sichtbaren Komponenten. Bessels Nachfolger Christian August Friedrich Peters berechnete 1851 den genauen Wert der Abweichung für Sirius und 1862 konnte Alvan Graham Clark den Sirius B genannten Begleitstern finden.

    • Wenn ich von dem Orbitdiagramm oben ausgehe, dann dürfte Sirius B in den 1840er Jahren in der Tat besonders nah an A gestanden haben, 2 Jahrzehnte später dann entsprechend weiter weg!

  2. Hallo Jan,

    nachdem dein Bloggolege Michael hier in den Scielogs mich schon vor kurzem auf einen interessanten Beifang bei einem meiner Kometenbilder gebracht hat, so habe ich kürzlich auch (eher zufällig) Sirius B “aus versehen” abgelichtet. Das hätte ich ohne deinen Beitrag allerdings wohl nicht bemerkt 🙂
    Das Bild entstand eigentlich für meine Tochter, die Sirius aus einer Geschichte kennt, und ich habe einfach nur vor dem Einpacken einmal drauf gehalten. Gerade habe ich mir das Bild dann einmal genauer angesehen und siehe da, da ist Sirius B links oberhalb von Sirius (A). Zur Bestätigung habe ich mein Bild mit dem Bild von James McWilliam welches du oben zeigst verglichen und Sirius B steht fast genau an der gleichen Stelle.
    http://www.fotowald.de/displayimage-6056.html

    Danke für die schöne Entdeckung auf meinem eigenen Bild.

    Schöne Grüße aus dem verschneiten Aachen,
    André

    • Hallo André,

      herzlichen Glückwunsch zu diesem weiteren “Beifang”! Ich sags ja immer, Kosmologs lesen hilft 😉

      Aus weilchem Jahr stammt dein Bild? Das von James McWilliam ist ja auch schon 4 Jahre alt, ein aktuelleres habe ich nicht gefunden.

      CS,

      Jan

      • Das Bild stammt von diesem Jahr. Ich hatte am 5.1.2015 Lovejoy Q2 aufgenommen und habe dieses Bild dann kurz vor dem Abbau in den Morgenstunden des 6.1. aufgenommen.

        André

  3. Hallo Jan,
    tut mir leid, aber Sirius B ist auf keinem der Fotos direkt sichtbar- weder 2011 noch 2015. Der markierte Stern ist knapp zwei Bogenminuten von Sirius entfernt. Sirius B selbst liegt noch im Scheibchen von Sirius A. Nach deinem Artikel hier glaubte ich selber auf einem meiner Bilder B erwischt zu haben. Eine Suche bei Simbad und einmessen der Bilder in CdC verneinte das allerdings. 🙁

    Viele Grüße
    Falk

    Hier noch ein Link:
    http://simbad.u-strasbg.fr/simbad/sim-coo?Coord=06+45+09.0+-16+43+06&CooFrame=ICRS&CooEqui=2000.0&CooEpoch=J2000&Radius=2.0&Radius.unit=arcmin&submit=get+the+list+of+objects

    • Im Link bitte den Wert Radius= von 2.0 auf 15.0 ändern, die Seite aktualisieren und dann im Aladin-Lite unten “2Mass” anklicken. Das erleichtert den Vergleich mit Skizze und Bildern auf dieser Seite.

      Viele Grüße
      Falk

    • Hallo Falk,

      auf die Gefahr hin, dass ich jetzt völlig falsch liege:

      Mit den 2MASS-Bildern kann ich nicht viel anfangen, da der interessante Teil nahe Sirius überbelichtet ist. Der von mir gesehene und von James fotografierte nahe Stern nordöstlich von Sirius geht im Glanz des Sirius völlig unter. Die beiden auf der Skizze und auf James’ Foto zu erkennenden Sterndreiecke SW des Sirius sind auf bei 2MASS erkennbar, wobei die unterschiedlichen Helligkeiten sich wahrscheinlich mit den unterschiedlichen Bandpass bei 2MASS erklären lassen.

      VG, Jan

      • So, ein gutes Jahr später konnte ich meine Beobachtung in den letzten Nächten wiederholen. Insbesondere in der vergangenen Nacht (9./10.2.) war das Seeing exzellent, so dass es überhaupt keine Schwierigkeit war, Sirius B zu erkennen. ERgebnis: Sowohl Positionswinkel als auch Abstand stimmen, es ist Sirius B und nicht der weiter entfernte Stern. Der Vergleich mit Jupiter z.B. lässt keinen Zweifel. Der Stern nahe bei Sirius ist etwa 10″ entfernt, nicht 2′.

  4. Habe nicht gedacht, dass man den so gut sieht. Hab ihn gestern mit meinem 20 Zöller zum ersten mal gesehen.
    Nach Info Suche bin ich auf dieser Webseite gelandet.
    Super schön erklärt! Danke für diesen Beitrag.
    Grüsst Stefan Dreier

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