Wilhelm Krull: Infrastruktur

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Salon der zwei Kulturen
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Barockbibliotheken einerseits, Onlinedatenbanken andererseits. Als Archivare sehen sich Geisteswissenschaftler heute einer sich dramatisch wandelnden Wissens- und Erinnerungskultur gegenüber. Wie sie damit umgehen sollten, skizziert Wilhelm Krull im heutigen vierten Teil seiner Serie zu den neuen Chancen der Geisteswissenschaften. 

Wilhelm Krull

Infrastruktur

Eigentlich erscheint es beinah überflüssig, auf die fundamentale Bedeutung von Bibliotheken, Archiven und Museen für unser kulturelles Gedächtnis hinzuweisen. Dagegen halte ich es jedoch für unerlässlich, den rasanten Wandel, dem diese Institutionen unterliegen, nicht zuletzt das Spannungsfeld zwischen der gerade in Zeiten des Internet immer weiter zunehmenden Schnelllebigkeit und dem für Bibliotheken, Archive und Museen so zentralen Anliegen der Langzeitverfügbarkeit ihrer Bestände in den Blick zu nehmen.

Viele der technischen Möglichkeiten der Internet-Unternehmen und auch der Nutzungen elektronischer Kommunikationsmittel sind erst im Laufe der 1990er Jahre entstanden und haben sich seither rasant ausgebreitet. Wie man der Internet-Seite „Did you know?“ entnehmen kann, verzeichnet alleine eine Kommunikationsplattform wie „My Space“ inzwischen 230.000 neue Besucher pro Tag, auf „You tube“ gab es mittlerweile 250 Millionen Nutzer und bei Google belaufen sich die Internetrecherchen auf 2,7 Milliarden – aber nicht etwa pro Jahr, sondern pro Monat.

Der weltweiten Buchproduktion scheint dies allerdings keinen Abbruch getan zu haben; denn deren Zahl beläuft sich auf mehr als 3.000 neue Bücher pro Tag.
Es gehört zu den Paradoxien dieser Veränderungsdynamik, dass mittels Suchmaschinen und Plattformen immer mehr Materialien, darunter auch kulturhistorisch besonders wertvolle Quellen, geradezu ubiquitär verfügbar werden. Zugleich lösen sich jedoch die technischen Medien in immer kürzer werdenden Abständen ab. Indem die neuen Medien die Gleichzeitigkeit, Interaktivität und Offenheit des Zugangs fördern, eröffnen sie auch der Forschung ganz neue Möglichkeiten. Sorgen machen muss aber die Vernachlässigung der Dauerhaftigkeit der Dokumentationen: Kurzlebigkeit als Folge der schnellen Verfügbarkeit!

 


Dieser Gastbeitrag ist der vierte Teil einer 5-teiligen Kommentarserie von Wilhelm Krull:

Neue Chancen für die Geisteswissenschaften

Teil 1: Innovation
Teil 2: Interdisziplinarität
Teil 3: Internationalität
Teil 4: Infrastruktur
Teil 5: Fazit: Neue Chancen für die Geisteswissenschaften

 

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Veröffentlicht von

Carsten Könneker Zu meiner Person: Ich habe Physik (Diplom 1998) sowie parallel Literaturwissenschaft, Philosophie und Kunstgeschichte (Master of Arts 1997) studiert – und erinnere mich noch lebhaft, wie sich Übungen in Elektrodynamik oder Hauptseminare über Literaturtheorie anfühlen. Das spannendste interdisziplinäre Projekt, das ich initiiert und mit meinen Kollegen von Spektrum der Wissenschaft aus der Taufe gehoben habe, sind die SciLogs, auf deren Seiten Sie gerade unterwegs sind.

1 Kommentar

  1. Vergänglichkeit

    Wir sollten froh sein, dass die digitale Welt nicht dauerhaft ist. Gerade das eröffnet doch die Chance einer qualitativen Selektion: Nur das, was bewusst aus dem digitalen Raum heraustransferiert wird, hat Dauer.

    Vielleicht ist gerade das die Zukunftsaufgabe der Geisteswissenschaften: Als “Gatekeeper” des kulturellen Gedächtnisses der Menschheit.

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