Pro Geisteswissenschaften VIII
BLOG: GUTE STUBE

Was lernen Studenten geisteswissenschaftlicher Fächer? Wozu bilden Geisteswissenschaften aus? Sybille Krämer meinte dazu in ihrem Vortrag bei "Pro Geisteswissenschaften":
"Wissenschaft – sofern sie sich als Teil der 'universitas' verstand – ist immer schon eine Synthese aus Neugier und Nutzen. Wissenschaft hat ihre Wurzeln im 'nutzungsfreien' Neugierverhalten, doch zugleich versteht sie sich immer auch als Grundlegung akademischer Berufsbildung. Die Idee der 'universitas' ist nicht ablösbar von dieser Doppelfunktion, Spielraum des theoretischen Neugierverhaltens und zugleich Trainingsraum berufsrelevanter akademischer Kompetenzen zu sein. […] Dabei ist es charakteristisch für unser Zeitalter der Mobilität und der immer schnelleren Entwertung von Wissen, dass 'Qualifikation für akademische Berufe' immer weniger heißt, für ein ganz bestimmtes Berufsfeld auszubilden, sondern 'generalisierende Kompetenzen', also eher methodologisch orientiertes Wissen zu vermitteln. Die erstaunliche Akzeptanz von Philosophieabsolventen etwa in höchst unterschiedlichen Berufsfeldern dokumentiert, dass Fähigkeiten wie analytisches Denken, argumentative Schulung, Urteilskraft, klarer Umgang mit Sprache, die Fähigkeit in verschachtelten Problemlagen Überblick zu verschaffen etc. zu jenen Qualifikationen gehören, die unter den Bedingungen immer schnelleren Veraltens berufsspezifischen Wissens unser unabdingbares intellektuelles Rüstzeug bilden. Das gilt übrigens auch für die geisteswissenschaftliche BA-Ausbildung: 'Berufsorientierung' kann hier nur heißen: diesen generalisierenden Qualifikationen großes Gewicht beizulegen."
(Sybille Krämer, Professorin für Theoretische Philosophie an der FU Berlin)