Täter mit weißem Kragen

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Wie Wirtschaft und Ethik zusammenpassen
Gute Geschäfte

Ethik ist gut, eine funktionierende Justiz ist besser: Damit Unternehmer sauber arbeiten, muss unsauberes Arbeiten bestraft werden. Das aber ist nicht immer so einfach durchzususetzen.

Das zeigt auch ein Interview des Kölner Stadt-Anzeigers mit Christoph Frank, dem Vorsitzenden des Deutschen Richterbunds, das am 3. Januar erschienen ist. Da klagt der Interviewte, dass allein in Nordrhein-Westfalen 500 Richter und 200 Staatsanwälte fehlen. Wie sollen da die – häufig recht komplizierten – Wirtschaftsverfahren durchgezogen werden? Häufig kommt es zu “Deals”, bei denen die Angeklagten einen guten Schnitt machen. Und diese “Deals” gibt es, weil das Gericht so die endlosen Beweisaufnahmen, mit denen es überfordert ist, abkürzen möchte.

Ich habe selbst früher als Journalist häufiger über Kapitalanlagebetrug geschrieben – ein Delikt, das in Deutschland besonders beliebt ist. Da hatte man häufig auch das Gefühl, dass Gerichte mit der Materie überfordert sind. Ein besonderes Problem dabei: Dass es sich tatsächlich um Betrug handelt, ist aus juristischer Sicht häufig erst erwiesen, wenn das Geld der Kapitalanleger tatsächlich weg ist. Oft ist aber schon im Vorfeld abzusehen, dass es sich um Betrug handelt, weil die Anlagegesellschaft keine nachvollziehbare Rechenschaft darüber ablegen kann, was sie mit dem Geld macht. Aber wie lässt sich in dieser Phase der Betrug stoppen, bevor alles zu spät ist? Damit tun sich Gerichte erfahrungsgemäß schwer.

Mir hat ein Praktiker auch einmal von einem sehr umfangreichen Fall von Geldwäsche erzählt. Dabei wurde in monatelanger Arbeit rekonstruiert, auf welchem Weg das Geld – zum Teil über weit im Osten liegende Länder – verschoben wurde. Als es zur Sache ging, tauchte aber ein Problem auf: Weder der Staatsanwalt noch der Richter war in der Lage, das System wirklich zu durchschauen. Die Folge: Es kam zu einem Deal, die Angeklagten gaben ein bisschen zu und wurde ein bisschen bestraft, das Gericht hatte sein Urteil, aber im Grunde war die Strafe der Schwere des Verbrechens gar nicht angemessen.

Es gibt aber auch positive Aspekte. Durch die Skandale, die in den letzten Jahren bekannt wurden, zum Beispiel die Korruption bei Siemens, ist in den Unternehmen die Aufmerksamkeit für Schweinereien erheblich gestiegen. Man weiß heute, dass unsauberes Arbeiten teuer werden kann – vor allem dann, wenn sich US-Behörden einschalten, die häufig sehr rigoros vorgehen. Trotzdem, sagt Christoph Frank in dem Interview, gibt es aber immer noch Fälle, in denen Unternehmen einem Beschäftigten, der Dreck am Stecken hat, zwar kündigen, ihn aber nicht anzeigen – weil sie nicht selbst ins Gerede kommen wollen. So lange sich diese Einstellung nicht durchgreifend ändert, wird die Justiz es weiterhin schwer haben, für ordentliche Verhältnisse zu sorgen.

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Ich habe Betriebswirtschaft in München und Philosophie an der Fernuni Hagen studiert, früher bei einer großen Bank gearbeitet, und bin seit über 20 Jahren Journalist beim Handelsblatt mit Spezialisierung auf Finanzthemen, davon fünf Jahre in New York und seit November 2017 in Frankfurt. Im Jahr 2013 habe ich das Buch „Wie fair sind Apple & Co?“ veröffentlicht.

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