Schamlose Manager

Gute Geschäfte für Kriminelle

Gerade lese ich ein interessantes Buch: “Scham, Schuld, Verantwortung” von Maria Sibylla Lotter. Es geht beträchtlich über die manchmal etwas akademisch-trockenen Ethik-Diskurse hinaus. Lotter vergleicht auch moderne Moral-Vorstellungen mit denen alter oder außereuropäischer Kulturen.
Dabei ist wesentlich: In anderen Kulturen spielt Scham häufig eine große Rolle. Bei uns wird sie im moralischen Kontext weit weniger ernst genommen als die Schuld. Lotter argumentiert aber, dass sie auch für den modernen Menschen eine größere Rolle spielt, als uns theoretischen Moral-Konzepte widerspiegeln.

Ich bin noch weit davon entfernt, das Konzept des Buchs völlig durchdrungen zu haben. Aber sofort kommt mir der Gedanke: Hat uns nicht nach der Finanzkrise besonders oft die Schamlosigkeit der Bankmanager gestört? Und ähnlich könnte man auch im Umgang mit anderen Skandalen und Pleiten fragen.
Scham ist dabei nicht Schuld. Häufig werden Manager als schuldig bezeichnet, wenn ihre Firmen zusammenbrechen oder Schaden anrichten. Diese Schuld ist in vielen Fällen juristisch nicht belegbar, deswegen sind ja auch nach der Finanzkrise kaum Banker im Gefängnis gelandet. Manchmal ist eine direkte Schuld aber auch schwer nachweisbar. Was aber auch ohne direkte Schuld auch nach modernem Verständnis möglich wäre, das wäre wenigstens eine gewisse Scham über das, was unter der eigenen Verantwortung geschehen ist – wie hoch auch der eigene, zurechenbare Anteil daran war.
Wir empfinden Schamlosigkeit als unmoralisch, das zeigt sich an diesen Beispielen. Und ist ein Beleg für die These des Buchs, dass auch die moderne Welt nicht auf den alten Schambegriff verzichtet hat.

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Ich habe Betriebswirtschaft in München und Philosophie an der Fernuni Hagen studiert, früher bei einer großen Bank gearbeitet, und bin seit über 20 Jahren Journalist beim Handelsblatt mit Spezialisierung auf Finanzthemen, davon fünf Jahre in New York und seit November 2017 in Frankfurt. Im Jahr 2013 habe ich das Buch „Wie fair sind Apple & Co?“ veröffentlicht.

36 Kommentare

  1. Es ist schamlos zu behaupten es gäbe gute Geschäfte, aber das ist sicher wohl nur so, weil der Geschäfts-Sinn zur obersten Moral dieser Welt- und “Werteordnung” in Bewusstseinsbetäubung für “Wer soll das bezahlen?” und “Arbeit macht frei” gehört!?

    Politiker, Manager und so manch andere “Verantwortungstraeger”, schieben so einen zweifelhaften Schutzschild für den nun “freiheitlichen” Wettbewerb vor sich her!?😎

  2. Betrifft Schamlosigkeit…:
    Als 1989 die Grenzen geöffnet wurden -ich sehe das aus Sicht des Ostens- fielen Anfang der neunziger Jahre westliche Geschäftemacher wie die Heuschrecken über die neuen Bundesländer her. Ich selbst musste auch einige tausend Mark abschreiben bzw. habe damals in meinem Menschenbild auch moralisch-ethische Abschreibungen an diesem System gemacht. Geschäftsleute wie Manager vertreten Werte, die allein nur dem Profit, Gewinn oder der persönlichen Bereicherung verpflichtet sind ! Der Kollateralschaden ist immer der einfache Bürger.Als damaliger DDR-Bürger hatte ich ja damals immer versucht noch die menschliche Seite in diesen “Heuschrecken” zu sehen. Menschliches, so die Einschätzung heute, ist aber lediglich Teil der Verkaufsstrategie ,ist eine psychologische Komponente, um an das Geld der Menschen zu kommen, um sie zu manipulieren. SCHAM setzt ein Gefühl von Reue ,schlechtem Gewissen oder Schuld voraus. Werte, die in dieser Gesellschaft stören, wenn man Karriere machen will. Mich hat damals -Anfang der neunziger Jahre die Skrupellosigkeit schockiert mit der Geschäftemacher viele Ossis, die selbst kaum etwas hatten, ausgenommen und verscheißert haben. Wenn ich heute im TV manche Selbstdarsteller sehen(Promis, Politiker, Showstars) denke ich, das diese Skrupellosigkeit unbedingte Voraussetzung ist, um in diesem Land Karriere zu machen…Oder man glaubt an die schleimigen Seifenopern im TV bzw. an die netten Weihnachtsmänner …

  3. “Hat uns nicht nach der Finanzkrise besonders oft die Schamlosigkeit der Bankmanager gestört?”

    Wenn man weiß / sich bewusst macht, dass nun seit einiger Zeit Jedermann/frau den Dealer seiner Aktien, Immobilien und … aufsucht, zur “Absicherung” des Lebensstandards aufkosten …, dann ist es doch wohl eher so, dass wir der heuchlerischen Sündenbocksuche schuldig sind und uns mehr noch als die Manager und Politiker schämen müssten, denn diese sind die systemrational gewählten und gebildeten Experten, “Treuhänder” und/oder verpflichteten Fachidioten, für unsere von Vernunftbegabung befreite Bewusstseinsbetäubung!?

  4. Während Schuld teilweise auch mit juristischen Mitteln festgestellt werden kann, auch vorgeworfen werden kann, ohne die Normen des allgemein üblichen Umgangs zu verlassen, ist Scham ein Gefühl, es wird auch korrekt von Schamgefühl gesprochen und geschrieben, das, wie einige finden, gerne zu Hause, privatim bleiben kann.
    Es kann sich zudem auch ohne Schuld geschämt werden, bspw. wenn eigenes Standing nicht ausreichte sinnhaft erscheinende Position zu verteidigen und es dann sozusagen einen auf den Däz gegeben hat, für alle sichtbar.
    Einige sind also der Meinung, dass derartige Emotionalität nicht den öffentlichen Diskurs bereichern muss, auch weil Emotionalisierung immer eine manipulative Wirkung haben kann und so womöglich der Sacharbeit schadet.

    In Ausnahmefällen mag Scham öffentlich kommuniziert angeraten sein, wenn große Schuld vorliegt, die nicht direkt bestimmt werden kann, bspw. hat sich Joachim Fest öffentlich für die Verbrechen der NS-Zeit geschämt, auch Willy Brandt.

    MFG
    Dr. Webbaer

  5. @ Kommentatorenfreund ‘Golzower’ und hierzu :

    Geschäftsleute wie Manager vertreten Werte, die allein nur dem Profit, Gewinn oder der persönlichen Bereicherung verpflichtet sind ! Der Kollateralschaden ist immer der einfache Bürger.Als damaliger DDR-Bürger hatte ich ja damals immer versucht noch die menschliche Seite in diesen “Heuschrecken” zu sehen.

    Die Wirtschaft handelt in aufklärerischen Gesellschaftssystem, auch liberale Demokratien genannt, was es aus Sicht einiger gut trifft, amoralisch (vs. unmoralisch).
    Das heißt, dass sittliche Werte nicht wirtschaftlich vertreten werden, sondern die Profitmaximierung gesucht wird, und wenn sittliche Werte vertreten werden, dann nur scheinbar, auf Zuruf hin und als Objekt des Managements, als Teil der Öffentlichkeitsarbeit eines Unternehmens.

    Eine ‘menschliche Seite’ derart Involvierter gibt es schon, aber privatim, außerhalb des Geschäftsbereichs.
    Dr. W mag es insofern besonders, wenn er gelegentlich zur Kenntnis nehmen kann, dass Vermögende mal hier und mal da gespendet haben und dabei gar wert darauf legten nicht namentlich erkannt zu werden.

    Übrigens wird auch innerhalb wirtschaftlicher Struktur amoralisch (vs. unmoralisch) gehandelt, dass heißt auch Manager kriegen hier oft vi-iel ab.

    Suchen Sie Menschlichkeit, in liberalen Demokratien, gerne außerhalb des wirtschaftlichen Apparats. Der hier gemeinte wirtschaftliche Apparat ist sozusagen nur deshalb gut, weil er Mehrwert und Vermögen schafft, auch allgemein.

    MFG
    Dr. Webbaer

  6. @web 🐻

    Schuld und Justiz – die Gefängnisse sind voll von unserer / gesellschaftlicher Schamlosigkeit, in Konsum- und Profitautismus!!!

  7. Schamlosigkeit, führt zwangsläufig zu …losigkeiten in allen denkbaren Situationen der gesellschaftlichen Unwahrheit – wir befinden uns immernoch im Kreislauf des imperialistischen Faschismus!!!

  8. Kleine Satire:
    Wenn Scham keine Wertekategorie mehr ist, dann muss ich mich hiermit ja bei den Geschäftsleuten, die mich damals über den Tisch gezogen haben, bedanken, dass sie sich an meiner Person so schamlos bereichern durften. Natürlich gilt mein Dank auch dem Staat, der diese Einstellung fördert und über ein Finanzamt an diesem Betrug mitverdienen durfte. So gesehen habe ich durch meine Ausbeutung für den Betrüger und der Gesellschaft einen Mehrwert geschaffen. Ich hoffe hiermit, dass mir weiterhin schamlose Geschäftemacher begegnen, die mir beweisen, dass mein moralisches Denken in dieser Gesellschaft nutzlos und störend ist…

  9. ‘Profitautismus’ ist kein schlechtes Wort, wenn wirtschaftliches Handeln gemeint ist, allerdings gibt es auch in der Wirtschaft Ethik, vielleicht kam dieser Aspekt im weiter oben Kommentierten zu kurz, sie funktioniert allerdings anders als menschlich gewohnt.
    Ethik meint in der Wirtschaft meist das Vertrauen, das bekanntlich das Schmiermittel des Geschäfts ist, Vertrauen wird in gegenseitigen Kooperationsverhältnissen aufgebaut, die Idee ist, dass wenn in einigen Kooperationsverhältnissen Mehrwert für beide Seiten entstanden ist, dies auch später gelingen wird.
    Es gibt insofern auch Geschäftsleute, deren Wort, deren Handschlag genügt, auch wenn (noch) kein schriftlicher Vertrag vorliegt.
    Der Kooperationsbruch ist allerdings immer möglich, vgl. bspw. mit diesem Jokus.

  10. Golzower, Dr. W.
    früher nannte man die Betrüger “Beutelschneider”. Lassen Sie sich nicht entmutigen. Die Scham vor dem Blosgestelltwerden nennt man heute Imageverlust. Und der schlägst sich sofort beim Aktienkurs nieder und kostet die Unternehmen Milliarden. Und damit letztlich dem Steuerzahler Milliarden.

    hto
    Hut ab vor Ihrer Hartnäckigkeit. Wenn man Ihre Strategie betrachtet, dann nennt man das in der Politik: Sie stellen Maximalforderungen. Selbst bei Kinder stellt man keine Maximalforderungen, die versucht man , mit einem Lutscher zu überzeugen. Und wenn Sie ihren Marx gelesen haben, dann wüssten Sie, dass er dem Kapital Respekt erwiesen hat.

  11. @bote19

    1. Das ist nicht mein Marx

    2. Habe ich ihn nicht gelesen

    3. Wer die Bibel gelesen hat weiß, dass Respekt niemals irgendwelchem Kapital / Materialismus zu erweisen ist. Den Lutscher haben die Profitler der Kirche erfunden!

  12. hto
    zumindest hat ja Marx versucht, den imperialistischen Faschismus zu erklären und seine Zukunft vorauszusagen. Was ihm ja gelungen ist. Nur die Reaktion der Menschen auf den Monopolkapitalismus hat er falsch eingeschätzt. Die Menschen lassen sich korrumpieren und sie suchen den richtigen Weg (noch)nicht in der Bibel.
    Was den Lutscher der Kirche betrifft, die Kirchenleute sind auch nur Menschen.

  13. Zu Bote:
    “Die Menschen lassen sich korrumpieren…”
    Da muss ich ja wieder satirisch werden. Bei uns in der Straße gab es auch schon zu DDR-Zeiten einen Eckladen (Konsum), in der eine muffige, Frau bediente. Nach der Wende mutierte diese Frau -Werbeslogan: Hier bedient sie unsere freundliche Fachkraft…., zu einem ewig lächelndem ETWAS. Der Kapitalismus hatte es also geschafft aus diesem Stinkstiefel einen netten Menschen zu machen ? Ich denke, diese Überzeugungsarbeit war allein dem Geld und der Angst vor der Entlassung geschuldet. Menschen werden also von ihrer Umwelt dahingehend geformt, dass sie sich best möglichst verkaufen, also sich eine Fassade (Maske) zulegen. Wenn ich heute genau hinschaue, sehe ich überall solche Menschen, die eine Fassade leben um ja ihr Lebensniveau halten zu können. Die Gesellschaft verlangt ,dass man sich korrumpiert, sich prostituiert, gibt also diese (unechten) Normen des Zusammenlebens vor. In der DDR hätte diese miese Bedienung noch hundert Jahre ihren Job gehabt, da sie unkündbar war, heute sitzt ihr die Angst des sozialen Abstiegs im Nacken und die spielt uns eine Rolle vor. Die Gesellschaft verlangt so ein falsches Rollenspiel, so eine Korrumpierung. Schamlose Manager spielen hier bei die gutbezahlten Hauptrollen in diesem tragik -komischen Theater…

  14. Golzower
    gut beobachtet. Unser Dozent für Psychologie sagte in der 1. Vorlesung: “Jeder Mensch spielt eine Rolle”.
    Anders können wir gar nicht auf Dauer zusammenleben. Es kommt eben nur auf das Ausmaß an. Junge Menschen lassen sich weniger verbiegen und protestieren. Die Alten, die haben schon aufgegeben, was ja hier hto ständig reklamiert.

  15. Nee bote19, nicht aufgegeben, Du hast gerade deutlich gemacht wie deinesgleichen stets SCHAMLOS-leichtfertig-systemrational KAPITULIERT, ohne wirklich einen Widerstand zu leisten, obwohl euch die Wahrheit sehr bewusst ist!?

  16. @ Kommentatorenfreund ‘Golzower’ und hierzu :

    Die Gesellschaft verlangt ,dass man sich korrumpiert, sich prostituiert, gibt also diese (unechten) Normen des Zusammenlebens vor.

    In aufklärerischen Gesellschaftssystemen, auch liberale Demokratien genannt, ist dies eigentlich, dem Wesen der Veranstaltung folgend, nicht der Fall.
    Es ist die individuelle Gier, die Einzelne veranlasst sich im marktwirtschaftlichen und immer noch weitgehend freien Wettbewerb so zu verhalten, wie beschrieben.
    Es ist alternativ schon möglich sich auf dem hier gemeinten Markt so zu verdingen, dass der Lebensunterhalt bestritten werden kann, halbwegs brauchbares Talent vorausgesetzt und minimale Disziplin (gewisse Anwesenheitspflichten können bspw. nicht durch Absentismus ersetzt werden) wahrend, ohne sich zu verbiegen.

    Sofern aber “richtig” Geld verdient werden soll, empfiehlt sich die amoralische (vs. unmoralische) Anpassung an diesen institutionalisierten Betrieb, wenn das Individuum besonderen Erfolg haben möchte.
    Oder es wird unternehmerisch tätig geworden, Unternehmer können, wenn ihre Geschäftsmodelle halbwegs tragfähig sind, in sog. liberalen Demokratien teils bis weitgehend ihre pers. Freiheit bewahren.

    MFG
    Dr. Webbaer

  17. hto
    wer nur für sich allein verantwortlich ist, kann Widerstand leisten indem er “aussteigt” oder die “Lederjacke anzieht” und nach der Revolution schreit.
    Du kannst aber ganz einfach nur Vorbild sein für alle anderen , indem du deine Einsichten immer und immer wieder wiederholst, was Du auch tust.
    Ein Familienvater muss Geld verdienen, ob er will oder nucht, und er muss sich korrumpieren lassen, ob er will oder nicht.

    Dr. W.
    die individuelle Gier ist viel weniger verbreitet, als sie vermuten. Die Leute mit dem niedrigsten Einkommen, die geben prozentual am meisten in den Klingelbeutel der Kirche.
    Die Krankenschwester im Krankenhaus, wollen sie der noch Gier unterstellen, bei dem niedrigen Einkommen ?
    Gerade in aufklärerischen Gesellschaften korrumpieren sich die meisten vor der Eitelkeit. Wer in der Mediengesellschaft nicht “gesehen” wird, ist nicht existent.
    Für die Werbung eines neuen Filmes wird in Hollywood mehr Geld ausgegeben als der Film in der Herstellung gekostet hat. Das ist auch eine Form von Korrumpierung. Nicht der beste Film gewinnt den Oskar, sondern der, der am meisten Aufmerksamkeit für sich verbuchen kann.

  18. bote19: Wer zwingt euch “braven” Bürger, die Entwicklung eures Verantwortungsbewusstseins durch Kreuzchen auf dem Blankoscheck an die “Treuhänder” dieses Systems zu delegieren???
    Vielleicht ist es Dir noch nicht aufgefallen, aber ein Aufwachen findet langsam statt, indem Bürger sich organisieren und Verstaatlichung rufen, weil sie die Mieten für ihre Wohnungen nicht mehr zahlen können!?

  19. hto
    In Deutschland wohnen noch 60 % in Miete. Was sich im augenblick bei den Miterhöhungen abspielt ist die dunkle Seite des Kapitalismus. In dieser Beziehung hast du meine Unterstützung.
    § 14 des GG regelt zwar alles, aber es fehlen die Gesetze zur Anwendung. Da scheint die Gesellschaft als Ganzes geschlafen zu haben. Findest du es nicht sonderbar, dass die Linken weniger als 10 % Stimmen bekommen ?

  20. Nein bote19, ich würde es extrem sonderbar finden, wenn die Linken über das multischizophrene Parlaments- und Wahlsystem die Welt verändern könnten – wirklich-wahrhaftige Kommunikation / Demokratie geht ganz anders. 😎

  21. hto
    dein Glaube an die bessere Welt hat eine Schwachstelle, der Staat. Bei der Bankenkrise hat es sich gezeigt, dass die staatlichen Banken die Krise am schlechtesten “gehandelt” haben. In den Aufsichtsräten der kommunalen Geldinstitute sitzen nämlich die abgehalfterten Politiker von gestern.
    Der Ruf nach dem Staat gebiert den Polizeistaat und den Verwaltungsstaat, wo alles reglementiert ist. Leider ist das so.

  22. @ Kommentatorenfreund ‘bote19’ und hierzu :

    Dr. W.
    die individuelle Gier ist viel weniger verbreitet, als sie vermuten.

    Das war jetzt aber ein “Klopper”, oder?
    Die aktuelle und seit ca. zwei Generationen bestehende Krise vieler aufklärerischen Gesellschaftssysteme, die liberale Demokratie ist gemeint, ist der verbreiteten individuellen Gier anzulasten, wem den sonst?

    MFG
    Dr. Webbaer

  23. Zu Dr. Webbaer:
    Ich denke mit dieser “individuellen Gier” wird der Mensch geboren, sie ist quasi sein genetisches Abfallprodukt. Inwieweit die Menschen diese GIER ausleben können, entscheidet das gesellschaftliche System, indem Menschen leben. So war zum Bsp. in der DDR diese individuelle Gier gesellschaftlich nicht gewünscht, da das kollektive Individium primär dem System dienen sollte, womit dieses Giergefühl auf Sparflamme lief. Andere “liberale Systeme” ,die diese Gier zum Motor ihres Systems machten-siehe Römisches Reich, Weimarer Republik etc. – mutierten zu moralisch dekadenten Staatsformen, die sich letztlich selbst abschafften. Kapitalistische WERTE sind, so meine Ansicht nach, auf dieses Gefühl der Gier gebaut, da der zunehmende Geldgewinn einen Gewinn an vermeintlicher “Lebensqualität” verspricht. Jeder kann seine Gier also bis zum Exzess ausleben.Diese schamlosen Manager sind somit ein Spiegelbild dieser Gesellschaft.

  24. Genetisch, das kann ich nicht abnicken, aber instinktiv, ist unsere daraus stammende Bewusstseinsschwäche in Angst, Gewalt und “Individualbewusstsein” systemrational-kreislaufend für den nun “freiheitlichen” Wettbewerb gepflegt, als ob …!

  25. Dr. W.
    Die kollektive Scham funktioniert auch noch, denken Sie nur mal an die Blogteilnehmer hier. Wer sich als gierig bekennt, Finger hoch !

    hto
    mal so beiläufig gefragt, hast du ein Individualbewußtsein ?

  26. Mensch bote19, Du hast offensichtlich ein “Individualbewusstsein”, mit allen systemrationalen Risiken und Nebenwirkungen 😖

  27. @ Kommentatorenfreund ‘Golzower’ und hierzu kurz :

    Kapitalistische WERTE sind, so meine Ansicht nach, auf dieses Gefühl der Gier gebaut, da der zunehmende Geldgewinn einen Gewinn an vermeintlicher “Lebensqualität” verspricht.

    Aufklärerische Gesellschaftssysteme, auch liberale Demokratien genannt, ‘Kapitalismus’ wäre für sie die abwertende Bezeichnung von Kollektivisten, sind auf dem Gedanken der individuellen Freiheit (die unternehmerisches Handeln einschließt) aufgebaut und diese konnte dann, dank großer Aufklärer, in hoch komplexen Systemen eben gesellschaftlich implementiert werden.

    Dass sich, auch mangels Ethik (auch “Scham” – wobei Dr. W die Emotion gerne zu Hause lässt), die Sache seit ca. zwei Generationen nicht sehr günstig entwickelt, wäre den Individuen anzulasten, die oft nicht einmal sozial genug sind Kinder zu bekommen und sie aufzuziehen.
    Diese Entwicklung darf ein Ende finden.

    MFG
    Dr. Webbaer

  28. Was ist eigentlich SCHAM ? Für mich ein Grundgefühl des Menschen. Evolutionär und genetisch gewachsen, wohl entstanden als Menschen ein Gewissen bekamen, also sich ihrer bewusst wurden und damit ihrer Stärken und Schwächen, als sie also erkannten, dass sie Normen im Zusammenleben der Menschen (Gesetze) achteten oder nicht achteten. Im Zusammenleben der Horden und Sippen vormals gab es ungeschriebene Gesetze die ein jedes Mitglied einhalten musste um zu überleben. SCHAM war das Gefühl für das Bewusstwerden einer Gesetzesverletzung, Da Scham der Schuld folgt, war Scham das Ergebnis eines schlechten Gewissens. Wenn eine Gesellschaft Egomanen erzieht, die sich für den Mittelpunkt der Welt halten, die die Gewissenlosigkeit als individuelle Freiheit verstehen, dann fehlt irgendwann das kollektive Bewusstsein, das Gewissen, die Empathie für den Mitmenschen. Diese Gesellschaft mutiert dann zu einer Ellenbogengesellschaft mit einer schamlosen Verrohung der Gefühle und einem schamlosen Konkurrenzdenken im Kampf um den täglichen Fressnapf….

  29. Scham – Als Mensch anfing seine Toten zu bestatten, wurde Mensch zum Mensch.
    Als Mensch aber anfing auch daraus ein Geschäft zu machen, war alles für’n Arsch!?

  30. hto
    Du hast Recht, die Friedhofsgebühren erklimmen unmoralische Höhen.
    DasGeschäft mit dem Tod blüht. Dass da noch keiner protestiert hat ?

  31. @ Kommentatorenfreund ‘Golzower’ :

    Wenn eine Gesellschaft Egomanen erzieht, die sich für den Mittelpunkt der Welt halten, die die Gewissenlosigkeit als individuelle Freiheit verstehen, dann fehlt irgendwann das kollektive Bewusstsein, das Gewissen, die Empathie für den Mitmenschen.

    Da ist was dran. Allerdings gibt es nicht so-o viele ‘Egomanen’, so dass die eher wenigen sich austoben dürfen ohne dass das Gesamtsystem zu Schaden kommen muss.
    Eine aktuelle und schon länger anhaltende wie gemeinte Krise stellt Dr. Webbaer abär gerne fest.

    Vgl. auch hiermit :

    -> https://de.wikipedia.org/wiki/Apollinisch-dionysisch

  32. Dr.W.
    Nach dem chinesischen Kalender haben wir ja das Jahr des Schweines. Und Schweine kommen mir ziemlich egoman vor. Wir könnten das philosophisch noch toppen, indem wir in Europa das Jahrzehnt des Dionysos ausrufen. Da wären alle Säufer beglückt, alle ziellosen Politiker bestätigt und die Alvorderen der CDU können wieder auf Besserung hoffen mit von zu Guttenberg. Damit bekommt die Politik wieder eine Richtung. Über Scham brauchen wir dann gar nicht mehr zu reden.

  33. Easy-Listening-Experte,
    Katzen sind übermenschlich, die verstehen deine Seele.
    wie gefällt dir das ?
    Und ich düse düse düse düse im Sauseschritt
    Und bring die Liebe mit
    Von meinem Himmelsritt
    Denn die Liebe Liebe Liebe Liebe die macht viel Spaß

    von der Band Deutsch-Österreichisches Feingefühl. Der bote ist zu 1/4 Österreicher.

  34. Zu Bote:
    Was die Friedhofsgebühren anbetrifft, so dürfen sie drei mal raten, was die Ursache sein könnte. Irgendwie müssen die Kosten für Flüchtlinge durch die klammen Kommunen ja erbracht werden. Ich zweifele stark, ob sich der brave Deutsche Bürger deswegen eine Gelbweste anzieht oder Scham entwickelt….

  35. Golzower,
    Die Kostendeckung wird auch durch die überhöhten Preise in den Pflegeheimen erzielt.
    Hier in S. hat ein Betroffener die Kommune verklagt auf Offenlegung der Gebühren und Kosten. Das Verwaltungsgericht hat die Klage nicht zugelassen.
    Also, wir müssen den Blogtitel erweitern auf “Schamlose Städte und Gemeinden”.

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