Gewinn als Voraussetzung für Ethik

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Wie Wirtschaft und Ethik zusammenpassen
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Eine beliebte Streitfrage lautet ja, ob Unternehmen tatsächlich ihre Gewinne maximieren müssen. Und wenn ja, wie viel Ethik dann "kosten" darf. So werden Gewinn und Ethik als Gegensatz aufgebaut. Ich glaube, oft genug ist es ganz anders.

Zunächst einmal zum Thema "Gewinnmaximierung": In der ökonomischen Modellwelt sind Unternehmen darauf aus. In der Praxis sieht es anders aus: In der Regel streben Unternehmen eine bestimmte Gewinngröße an, die sie als "ausreichend" oder "angemessen" angesehen wird. Häufig leitet sich dieses Ziel einfach aus dem Vorjahr ab – man möchte um einen bestimmten Prozentsatz weiterwachsen. Natürlich hat kein Manager etwas dagegen, wenn es noch mehr Gewinn wird. Aber klar ist, dass bei drohendem Unterschreiten der Zielmarke alles daran gesetzt wird, doch noch hinzukommen. Umgekehrt: Läuft es besser als geplant, ist schon etwas mehr Entspannung angesagt.

Gehen wir jetzt im zweiten Schritt davon aus, dass Ethik tatsächlich häufig Kosten verursacht. Das ist gar nicht immer der Fall (wäre ein eigenes Thema), aber hier bleiben wir mal bei diesen Fällen. Dann ist aber klar: Wie viel Spielraum für Ethik bleibt (zusätzlich zum Minimum, das ohnehin aus gesellschaftlichen oder juristischen Gründen gefordert ist), hängt dann sehr von der Gewinnsituation ab. Die gute Nachricht ist: Weil in der Praxis Gewinne nicht wirklich maximiert werden, gibt es eben immer wieder auch Spielraum zum Beispiel dafür, Mitarbeiter besser zu behandeln oder Lieferanten auskömmlicher zu bezahlen.

Und damit komme ich dann zu meiner Überschrift: Gut funktionierende, ertragreiche Unternehme tun sich leichter, Gewinnziele zu erreichen. Wer eine bessere Marge erwirtschaftet als die Konkrrenz, kann manche Dinge entspannter angehen. Daher bin ich tatsächlich der Meinung, dass Gewinn und Ethik sich nicht ausschließen – selbst in den Fällen, wo Ethik Geld kostet. Man kann es auch so formulieren: Reichtum fördert Großzügigkeit.  

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Ich habe Betriebswirtschaft in München und Philosophie an der Fernuni Hagen studiert, früher bei einer großen Bank gearbeitet, und bin seit über 20 Jahren Journalist beim Handelsblatt mit Spezialisierung auf Finanzthemen, davon fünf Jahre in New York und seit November 2017 in Frankfurt. Im Jahr 2013 habe ich das Buch „Wie fair sind Apple & Co?“ veröffentlicht.

1 Kommentar

  1. Illusorische Annahmen

    “In der Regel streben Unternehmen eine bestimmte Gewinngröße an, die sie als “ausreichend” oder “angemessen” angesehen wird. Häufig leitet sich dieses Ziel einfach aus dem Vorjahr ab – man möchte um einen bestimmten Prozentsatz weiterwachsen.”

    Und um wie viel sollen die Unternehmen dann im Laufe der Jahre weiterwachsen und auf wessen Kosten?

    “Gut funktionierende, ertragreiche Unternehme tun sich leichter, Gewinnziele zu erreichen. Wer eine bessere Marge erwirtschaftet als die Konkrrenz, kann manche Dinge entspannter angehen. Daher bin ich tatsächlich der Meinung, dass Gewinn und Ethik sich nicht ausschließen – selbst in den Fällen, wo Ethik Geld kostet. Man kann es auch so formulieren: Reichtum fördert Großzügigkeit.”

    Mich würde hier schon mal interessieren, wo sich die Unternehmen Ethik etwas kosten lassen, da wäre doch ein Beispiel angebracht. Und wo bitte fördert Reichtum Großzügigkeit? Warum engagieren sich z.B. die reichen Griechen nicht besser für ihr Volk, sondern bringen ihr Geld außer Landes um sich in London Luxusimmobilien zu kaufen?

    http://www.stern.de/…xus-immobilien-1747824.html

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