Migräne gebloggt #1

BLOG: Graue Substanz

Migräne aus der technischen Forschungsperspektive von Gehirnstimulatoren zu mobilen Gesundheitsdiensten.
Graue Substanz

Was schreiben eigentlich andere Blogger über Migräne? Diesmal: über ein kleines rosa Männchen und seinen rosanen Ochsen, den rostigen Bohrer aus dem Treppenschrank und der Beziehung von Migräne zu Schlaganfall.

Die meisten Blogs über Migräne sind in Englisch verfasst. Diese werde ich von Zeit zu Zeit hier aufgreifen und Lesetipps geben. Suche ich nach "migraine blog" bei Google, finde ich gut 33 000 Treffer. Es ist also eine sehr aktive Szene da draußen. Und – siehe da – mein Name ist gleich hinter dem ersten Link zu finden. 

Gleich der erste Beitrag, den Google findet, führt zum "Opinion – Migraine Blog" der New York Times. Für mich war das das Blog, das mich zum bloggen brachte, bei dem ich am liebsten gleich mitmachen wollte. Aber nur Autoren die eigene Erfahrungsberichte beitragen konnten, sollten damals dort schreiben. Das Blog ist mittlerweile geschlossen. Dort schrieben damals zum Beispiel Oliver Sacks und Siri Hustvedt, von der ich heute einen Beitrag auswähle. Auch mein Kollege, Dr. Klaus Podoll, mit dem ich die Migraine Aura Foundation führe, wurde eingeladen und so gelangte zumindest mein Name auf die Startseite. Ein Anfang.

Mein Lesetipp aus diesem Blog: Lifting, Lights, and Little People von Siri Hustvedt, stellvertretend für alle älteren Beiträge. Denn meist werde ich aktuelle aufgreifen.

Auszug:

I was lying in bed reading a book by Italo Svevo, and for some reason, looked down, and there they were: a small pink man and his pink ox, perhaps six or seven inches high. They were perfectly made creatures and, except for their color, they looked very real. They didn’t speak to me, but they walked around, and I watched them with fascination and a kind of amiable tenderness. They stayed for some minutes and then disappeared. I have often wished they would return, but they never have.
[Ich lag im Bett, las ein Buch von Italo Svevo und aus irgendeinem Grund blickte ich nach unten und da waren sie: eine kleines rosa Männchen und sein rosa Ochse, etwa 15 Zentimeter hoch. Sie waren perfekt gemachte Kreaturen und abgesehen von ihrer Farbe, sahen sie sehr real aus. Sie sprachen nicht zu mir, aber sie gingen herum und ich beobachtete sie mit Faszination und einer gewissen liebenswürdigen Zärtlichkeit. Sie blieben für einige Minuten und verschwanden dann. Ich habe mir oft gewünscht, sie würden zurückkehren, aber sie taten es nie. (Übersetzung M.A.D.)]

Ein kleines rosa Männchen und sein rosa Ochse. Ja, wir reden immer noch über Migräne. Aber das ist auch für mich, der ich wohl weit über tausend Symptomberichte im Internet las, mit das Abgefahrenste. Wer mehr von Siri Hustvedt liest, versteht aber auch die Komplikationen, die hier eine Rolle spielen. Ich will aber nicht mehr veraten.  Der Nächtse, bitte.

 

The postdrome: migraine’s silent sister von Scicurious, einer sehr bekannten Bloggerin (Neurotiic Physiology, Scientopia), die diesen Beitrag allerdings nicht in ihren Blog sondern für den Guardian vor genau einem Monat, am 18. Mai 2011 schrieb.

Als Auszug gleich die Einleitung:

Last week I had a migraine. To some that won’t mean much, but fellow sufferers will know that it means hours, or even days, of nausea, light sensitivity, sound sensitivity, and crushing, pulsing pain. The kind of pain that makes you think (in the moments when you can think at all) that self-trepanation with the rusty drill from the understairs cupboard might be a viable option.
[Letzte Woche hatte ich eine Migräne. Einigen sagt das nicht viel, Leidensgenossen aber werden wissen dass es Stunden oder sogar Tage der Übelkeit, Lichtempfindlichkeit, Geräuschempfindlichkeit bedeutet und Erbrechen, pulsierende Schmerzen. Die Art Schmerzen bei denen Sie denken (in den Momenten, in denen Sie überhaupt noch denken können), dass Selbst-Trepanation mit einem rostigen Bohrer aus dem Treppenschrank ein Ausweg sein könnte. (Übersetzung M.A.D.; Trepanation ist die operative Öffnung des Schädels)]

Dieser Beitrag geht insbesondere auf den "mental hangover" nach der Kopfschmerzattacke ein, was sich vielleicht mit "psychischen Kater" übersetzen liese und die postdrome Phase meint, die noch ein bis zwei Tage nachwirkt. Der Nächste, bitte.

 

Im Blog Allison in Migraine Land fand ich am 3. Juni den Beitrag: Stroke & Migraine- What do we need to know?

Zitat:

According to the New England Journal of Medicine, "Twenty-seven percent of all strokes suffered by persons under the age of 45 are caused by Migraine. Stroke is the third leading cause of death in this country." The National Migraine Association states that "more people died from Migrainous stroke last year than were murdered by handguns." That report was in 2006, but still, I don’t know about you, but to me that’s pretty eye opening.
[Nach Angaben der Zeitschrift New England Journal of Medicine sind "27 Prozent aller Schlaganfälle von Personen unter 45 Jahren durch Migräne verursacht. Schlaganfall ist die dritthäufigste Todesursache in diesem Land." Die National Migrane Association sagt, dass "mehr Menschen im letzten Jahr durch migränösen Infarkt starben als durch Handfeuerwaffen ermordet wurden." Dieser Bericht ist aus dem Jahr 2006, aber egal, ich weiß nicht wie es euch geht, mir hat das ziemlich die Augen geöffnet. (Übersetzung M.A.D.)]

Ich kenne diese Studie nicht und habe nachgefragt. Allison will sich nochmal bei mir melden. Ich hänge dieses dann ggf. in den Kommentaren an. Ich empfehle insbesondere das Video, dass in diesem Beitrag verlinkt wurde und in dem das Risiko klar und ohne Panik zu machen erklärt wird.

 

 

Link

Kurze URl zu diesem Beitrag

http://goo.gl/wcXwp

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Markus Dahlem forscht seit über 20 Jahren über Migräne, hat Gastpositionen an der HU Berlin und am Massachusetts General Hospital. Außerdem ist er Geschäftsführer und Mitgründer des Berliner eHealth-Startup Newsenselab, das die Migräne- und Kopfschmerz-App M-sense entwickelt.

20 Kommentare

  1. Migräne: Krankheit vs. Gehirnphänomen

    Eigentlich dulde ich ja gar kein Lob in meinem Blogkommentaren.

    Aber gerne nehme ich das zum Anlass nachzuhaken. Das Konzept des “Opinion – Migraine Blog” der New York Times ist durchweg gut:

    “The contributors to this blog, all sufferers, reflect on how this affliction has affected their lives, and on their efforts to manage and cope with the pain.”

    (Übrigens, selbst wenn es nicht auf Betroffene eingeschränkt wäre, heißt es ja noch lange nicht, dass sie mich Anfang 2008 dann eingeladen hätten mitzuschreiben.)

    Was aber mein Blog von diesem und den meisten, wahrscheinlich allen Migräne-Blogs unterscheidet, ist dass ich eben gerade nicht aus Sicht des Betroffenen über die Krankheit Migräne schreibe. Bei mir steht die Forschung oft im Vordergrund und ich schreibe – so sehe ich es zumindest selbst – über das Gehirnphänomen Migräne.

    Genau deswegen aber will ich ergänzend zumindest auf die guten Migräne-Blogs hinweisen.

  2. zutreffend

    “…dass Selbst-Trepanation mit einem rostigen Bohrer aus dem Treppenschrank ein Ausweg sein könnte”

    Gerade habe ich darüber lauthals auflachen müssen. Wunderbar formuliert und absolut zutreffend!

    Aber rosa Ochse und Männlein? Ist das glaubwürdig?

  3. CBS, rosa Männchen/Ochse

    Wenn Frau Hustvedt im Bett las, dann war sie vermtlich schon etwas müde.
    Bei geistig gesunden Menschen, die müde sind und wenig Außereizen ausgesetzt sind – kann das ´Charles Bonnet Syndrom´ auftreten: dabei können u.a. Pflanzen, Tiere, Menschen, leuchtende ´Engel´ und durchsichtige Menschen beobachtet werden. Zeitdauer von wenigen Sekunden bis > 1 Stunde. Diese Sinnestäuschungen werden in der Regel als nicht real erkannt.

    Die rosa Figuren müssen daher nicht zwingend mit Migräne zu tun haben.

  4. Waffenruhe

    Zu Charles Bonnet Syndrom kommt es meiner Kenntnis nur nach einer vorherigen Schädigung des Sehsystems, welches schon für längere Zeit zur Blindheit führte.

    Unübertrefflich spannend und unterhaltend dazu der TED talk von Oliver Sacks: What hallucination reveals about our minds.

    Husvedt hat eine etwas komplizierte Krankheitsgeschichte, die in ihrem Buch “Die zitternde Frau: Eine Geschichte meiner Nerven” aufgearbeitet wird.

    Lohnenswert und vielleicht als Empfehlung noch besser geeignet als die rosa Männchen ist wohl ihr Eröffnung-Blogbeitrag Arms at Rest.

  5. Halluzinationen

    Gehört die Migräne Aura eigentlich auch zu den Halluzinationen?

    Was mir auffällt ist, die Menschen über die Oliver Sacks erzählt, erschaffen ihre Halluzinationen aus bekannten, in der Realität vorhandenen Dingen. Wir hingegen sehen etwas dass es in der wirklichen Welt nicht gibt, das außer uns noch niemand gesehen hat.

  6. Migräne

    Hat jemand bei der Migräne jemals gedacht an eine Verspannung des M. occipitofrontalis bzw. einen Reizzustand von dessen Sehnen. Er verbindet sich dorsal mit dem M. trapezius (Atmung) und ventral mit dem M. orbicularis oculi bzw. den Muskeln hinter dem jeweiligen Auge.
    Migräne leitet sich ab vom Griechischen (He-)mi-Krania und ist streng einseitig. Die Muskeln hinter dem Auge beeinflussen den Stoffwechsel im Auge und sind für visuelle Phänomene bzw. durch die Starre der Pupille für die Lichtempfindlichkeit verantwortlich. Die Übelkeit kommt durch die Einschränkung der Atmung zustand (s.o.)

    [Antwort im folgenden Kommentar Teil zwei.]

  7. Pseudohalluzination & Halbseitig

    @Alex: Die Aura ist eine Pseudohalluzination, das “Pseudo” ist der Tatsache geschuldet, dass der Betroffene im Moment der Aura weiß, dass es eine Halluzination ist und diese nicht für real hält.

    Des weiteren unterscheidet man einfache und komplexe Halluzinationen, die entweder geometrische Formen und Muster sind bzw. eben Szenen (Personen oder eben der rosa Ochse). Letztere sind eigentlich völlig untypisch für Migräne.

    @Tigris Seyfarth: Vielen Dank für Ihren Kommentar. Ich muss aber zunächst widersprechen. Migräne ist keinesfalls “streng halbseitig”. Das ist so in der maßgebenden Klassifikation festgesetzt.

    Der Migränekopfschmerz weist mindestens zwei (also nicht notwendigerweise alle diese) der folgenden Charakteristika auf:

    1. einseitige Lokalisation
    2. pulsierender Charakter
    3. mittlere oder starke Schmerzintensität
    4. Verstärkung durch körperliche Routineaktivitäten

    Und dies zeigt sich auch, wenn ich meinen Kollegen glauben darf, in der klinischen Praxis.

    Prof. Göbel schreibt in seinem Buch, das Migräne ebenso von “migration” kommen könnte, also der Name ursprünglich auf das Fortschreiten der Aurasymptome abzielt.

    Ich kann Ihren Mechanismus leider nicht beurteilen, aber grundsätzlich könnte (und ich finde es plausibel, dass es so ist) es natürlich mehrere Krankheitsursachen geben. Die Mehrheit der Datenlage weist aber auf eine neuronale Ursache hin (hier gibt es zwei Erklärungsansätze: Hirnstamm-Fehlfunktion und CSD). Zudem gibt es einige Gründe doch an eine primäre vaskuläre Ursache zu denken.

    Eventuell müsste man Ihren Vorschlag also als sekundäre Kopfschmerzerkrankung ansehen in dem die Verspannung und deren Ursachen die eigentlich Erkrankung ist.

    Würden Sie das auch so sehen?

  8. Migräne

    Hier sind grundsätzliche Probleme zu klären:
    1. Kann es “neuronale” Ursachen für Veränderungen, also Symptome oder Krankheiten, im Körper geben? Nerven übertragen lediglich sensorische Variablen auf muskuläre Strukturen, die (einzig und allein) durch ihre zelluläre Differenzierung den Veränderungen zugrunde liegen.
    2.(Skelett-)Muskeln sind wiederum verbunden mit sensorischen Strukturen (Sehnen-/Muskelspindeln) über die die Veränderungen im Körper wahrnehmbar sind. Symptome, also auch die Migräne, stellen fixierte muskulär-sensorische Zustände im Körper dar, die nur über die Konstellation “antagonistischer Muskeln” entstehen können.
    3. Alle Symptome müssen also real – egal wie sie naturwissenschaftlich zugeordnet werden können – als muskuläre Zustände verstanden werden und, das ist dann die wesentliche Konsequenz, sind unter diesem Verständnis vom einzelnen Betroffenen auch beeinflussbar.
    4. Dies verweist auf die Fragestellung, ob und wie der Mensch seine Eigenschaften auf den eigenen Körper anwenden kann. Dies betrifft nicht nur den Umgang mit den Symptomen im Sinne von Lernen, sondern im selben Maße auch die Grundfrage des “freien Willens” (d.h. die unterschiedliche Beeinflussung des eigenen Körpers, die dann – vermittelt über die Muskulatur – auf die Umgebung wirkt.
    5. Das erweitert die Diskussion über die Migräne natürlich erheblich

  9. mechanische Vorstellung vom Körper

    Sie scheinen mir eine etwas, wie soll ich sagen, mechanische Vorstellung vom Körper zu haben, was mich irritiert. Vielleicht irre ich. Darf ich zunächst fragen, wie Sie die Symptomatik bei Alzheimer muskulär beschrieben würden? Nun ist Migräne eine andere Krankheit, klar, aber mein Punkt ist, Nerven übertragen nicht nur “lediglich sensorische Variablen auf muskuläre Strukturen” sondern sie sind Grundlage aller Wahrnehmung und wenn diese gestört ist, kann es Symptome geben wie Wahrnehmungsstörungen (Aura) und wenn Nerven außer Rand und Band geraten, können schädliche Substanzen freigesetzt werden die wiederum Schmerzen (Sinnesreize) erzeugen.

    Damit will ich Ihren Punkte gar nicht widersprechen, sondern eher den 5. aufgreifen und die Diskussion nicht einengen.

    Ihnen scheint es, berichtigen Sie mich bitte, wenn ich falsch liege, vor allem um Punkt 4 zu gehen. Diese Rückkopplungschleife, die Sie da aufzeigen, gefällt mir als Sicht: Sensorik->Muskel->Umwelt->Sensorik.

    Aber innerhalb des “Sensorik->Muskel”-Komplexes, den wir “ich” nennen, findet noch Wahrnehmung statt. Die mag für alle uns alles irrelevant sein, außer für den der sie hat.

  10. Mechanische Vorstellung vom Körper

    Ihre Charakterisierung als “mechanisch” verweist zunächst auf das Grundproblem, ob und wie wir die Vorgänge des Körpers als materiellem verstehen. Hierfür hat die Naturwissenschaft viele wichtige Erkenntnisse hervorgebracht. Hier die für meine Interpretation wichtigsten:
    1. Zelluläre Voraussetzung für jeden lebenden Organismus
    2. Die Zellen als Ort des Stoffwechsels
    3. Die unterschiedliche Wertigkeit der Stoffe der Umgebung für den Stoffwechsel der Zellen: fest: C und N, flüssig: H2O, gasförmig: O2
    3. Differenzierung der Zellen mit unterschiedlichen Funktionen zueinander
    4. Wechselwirkung der verschieden differenzierten Zellen, um den Stoffwechsel der Zellen und damit der Organismen je nach ihrer Differenzierung aufrecht zu erhalten.
    Mechanistisch wäre, Wirkungsketten dieser Bedingungen herzustellen. Es geht darum, die Wechselwirkungen von zellulärer Differenzierung und Stoffwechsel zu erklären. Diese ist bei den verschiedenen Organismen unterschiedlich. Also muss bei allen Versuchen, die Vorgänge am menschlichen Organismus zu klären, dessen spezifische Differenzierung und damit seine Art und Weise seinen Stoffwechsel aufrechtzuerhalten einbezogen werden (hierin liegt wohl das größte Defizit gegenwärtiger Humanwissenschaft, da bisher keine Erklärung dieser spezifischen Differenzierung vorliegt).
    Ihr Hinweis auf den M. Alzheimer macht dies vielleicht am besten klar: Der Stoffwechsel der Nervenzellen (NZ) im Gehirn ist abhängig von der Variation der Stoffe, die zu den NZ gelangen und wie sie in die NZ gelangen. Hierfür ist klar, dass die Stoffe zunächst in den Rumpf gelangen müssen, um verteilt zu werden: hierin spielt der O2 die wesentliche Rolle (Tod beim Menschen nach 4 Min., wenn Aufnahme und Verteilung durch die zugrundeliegenden muskulären Strukturen nicht gewährleistet sind). Beide sind beim Menschen jedoch durch die Bewegungen beim Sprechen beeinflusst: Inspiration (O2) antagonistisch zur Exspiration (Sprechen), also Variation des O2 durch die Sprechfunktion. Verengung des Halses beim Sprechen mit Variation der Druckbedingungen für die Blutversorgung des Gehirns und damit des Stoffwechsels der Nervenzellen (hierbei wichtig: O2 kann – druckvariabel – durch die NZ-Membranen diffundieren). Wenn somit der Stoffwechsel der NZ durch die Sprechfunktion (O2 und Druck) beeinflusst wird, bedingt dies eine veränderte Beziehung zwischen sensorischen und motorischen zellulären Strukturen über das ZNS.
    Soweit hier nur angedeutet zum Stoffwechsel des menschlichen ZNS.
    Ein weiterer wichtiger Punkt für das Verständnis der Nerven: obwohl heute gängiges Verständnis, haben die NZ keine Wahrnehmungseigenschaften, obwohl man solche natürlich jederzeit begrifflich mit dem Gehirn in Verbindung bringen kann. Wahrnehmung bedingt Zellen, deren Stoffwechsel durch die physischen Veränderungen der Umgebung (über äußere Sinnesorgane) bzw. innerhalb des Organismus (Muskeln mit sensorischen Zellen am assoziierten Bindegewebe: Sehnen- bzw. Muskelspindeln) beeinflusst wird und dann auf Nerven übertragen wird. Ein Beleg hierfür sind Operationen am nicht narkotisierten Gehirn, die man hier nicht wahrnehmen kann.
    All dies wäre auf der Grundlage der Funktion unterschiedlich differenzierter Zellen als deren Wechselwirkung miteinander zu diskutieren, was hier nicht näher gemacht werden kann.
    Nur noch eine kurze Bemerkung zum “ich”: auch hier wieder das Problem des menschlichen Sprechens: als Wort bezeichnet es für jeden Menschen den jeweiligen sensorisch vermittelten Zustand des Organismus: subjektive “Wahrnehmung” des je objektiven Zustandes, mittels der menschlichen Sprechfunktion als “ich” bezeichnet oder eben sprachlich differenziert als die verschiedenen einzelnen Zustände: Gefühle, Aura, Liebe, Hass und was es da noch alles gibt.
    Summa summarum: das Defizit liegt nicht so sehr im vorhandenen Wissen, sondern in dessen heutigen Interpretation. Ein weites Feld!

  11. Zwischenfrage

    @Tigris Seyfarth, ich würde gerne etwas dazwischen fragen.

    Haben Sie Migräne? Meine Erfahrungen sind gänzlich andere als Ihre. Weder sind meine Pupillen starr, noch sind die Anfälle streng einseitig. Während eines Anfalls sind Seitenwechsel eher die Regel als die Ausnahme. Meine Atmung ist keineswegs eingeschränkt, ich atme nur dann flach wenn mir grottenschlecht ist – ist klar warum…

    Welche Möglichkeiten gäbe es etwas gegen die Verspannung des M. occipitofrontalis zu unternehmen? Was tun Sie wenn Sie Migräne haben?

  12. Zur Zwischenfrage von Alex

    Welchen Namen wir den Kopfschmerzen geben, ist ziemlich egal. Wesentlich ist, dass die einzige sensorische Struktur, d.h wie bei allen sensorischen Strukturen für die von außen auf den Organismus einwirkenden Bedingungen die über spezifische sensorische Zellen aufgenommene Übertragung auf Nerven ist, im Körper die Sehnen an antagonistischen Muskeln sind.
    Über die Beeinflussung des M. occipitofrontalis (Stirnmuskel zusammenziehen bzw. über die Ringmuskeln um die Augen) kann man eine Modifikation des Kopfschmerzes erzielen. Dies kann man übrigens leicht prüfen, indem man die Hand auf die Kopfhöhe legt, die Haut dort etwas zusammenschiebt und dann die Stirne runzelt.
    Wenn man dies im Fall von Kopfschmerzen macht und die Kontraktion gezielt auf den Schmerz ausrichtet, kann man den Zusammenhang zwischen Schmerz und Muskulatur (bzw. den damit verbundenen Sehnen) leicht feststellen. Dann sollte man die systematisch tun, bis durch die aktive Anspannung sich der Reiz vermindert.
    Bezüglich der Atmung ist zu erwähnen, dass bei Mangel von Sauerstoff man in Höhe der “Drosselgrube” (“Gurgel”) eine Kleine Unterbrechung beim Schlucken wahrnehmen kann, die, wenn stärker und spontan spürbar, als “Kloß im Hals”, als Kitzeln vor dem Hustenreflex, als Würgen vor dem Erbrechen bekannt ist. Ein bei vielen Körperzuständen wahrnehmbares Symptom.

  13. Namen vs Klassifikation

    Welchen “Namen” wir den Kopfschmerzen geben, mag egal sein, aber ob wir bereit sind, Kopfschmerzen nach der Ursache zu klassifizieren und dabei wissenschaftlich vorgehen, ist nicht egal.

    Ich kann im Detail erst im Laufe der Woche antworten.

  14. Tigris Seyfarth

    Vielen Dank für Ihre interessante Antwort. Mir gefällt das Sie mir völlig neue Gedankengänge vertreten – aber bei mir funktioniert es leider nicht – ich habe es gestern probiert. Schade – ich wäre froh gewesen, wenn es geholfen hätte.

  15. Nozizeptor

    @Tigris Seyfarth

    Ihr Kommentar vom 20.7. 23:10 verstehe ich nur unzureichend, das führt aber wohl auch zu weit. Sie schreiben das ja selbst.

    Was meinen Sie mit “Wesentlich ist, dass die einzige sensorische Struktur, d.h wie bei allen sensorischen Strukturen für die von außen auf den Organismus einwirkenden Bedingungen die über spezifische sensorische Zellen aufgenommene Übertragung auf Nerven ist, im Körper die Sehnen an antagonistischen Muskeln sind.

    Die Betonung ist hier auf “im Körper”, oder? (Sonst wäre es mir gänzlich unverständlich.) Was ist den mit den Nozizeptoren im Bereich der Hirnhäute (oder, wenn dies nicht weit genug im Körper ist, den in unseren Eingeweiden)?

  16. Botulinumtoxin und verkörpertes Fühlen

    Ihr Argumentation im letzten Kommentar auf die Frage von Alex erinnert mich an das Interview heute in der SZ Glückliche Paare kriegen die gleichen Falten über einen Nebeneffekt von Botox®.

    Ich halte eine Modulation des Kopfschmerzes durch veränderte Mimik also keineswegs für abwegig.

    Apropos Botox® — das ist ja immer mehr im Gespräch bei Migräne. In den USA und auch in Großbritannien ist Botox® zugelassen bei Chronifizierung der Migräne und Kopfschmerzen durch Medikamentenübergebrauch (vgl. [1]). Da sind wir also gleich bei dem Thema des aktuellen Beitrages Eine US-amerikanische Präsidentin mit Migräne? — ob es ebenso wenig abwegig ist, dass Bachmann den ganz großen Coup landet und Allergan als ihren Sponsor für die Vorwahlen gewinnen kann, darüber mögen Verschwörungstheoretiker urteilen. Darüber kräusel ich mir nicht die Stirn.

    Literatur


    [1] Paolo Martelletti Dispute settlement understanding on the use of BOTOX® in chronic migraine
    J Headache Pain. 12: 1–2 (2011).

  17. Was wirklich hilft……….
    Ich habe fast 10 Jahre lang unter schlimmen Kopfschmerzen gelitten.

    REST WURDE GELÖSCHT. Bitte keine Links und Werbung zu überteuerten Zaubermittelchen posten. Danke.

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