Magnetschlag auf den Hinterkopf

BLOG: Graue Substanz

Migräne aus der technischen Forschungsperspektive von Gehirnstimulatoren zu mobilen Gesundheitsdiensten.
Graue Substanz

Eine Studie über transkranielle Magnetstimulation (TMS) als Anwendung bei Migräne  wurde nun auch in Nature Reviews Neurology als “Research Highlight” hervorgehoben. Ein Anlass noch einmal genauer hin zu schauen.

Der Grundgedanke hinter diesem Therapieansatz ist das Konzept der Neuromodulation. Darüber habe ich in dem Beitrag Das Wo und Wann der Neuromodulation ausführlich geschrieben. TMS als  Anwendung bei Migräne wurde dort als Beispiel erwähnt.


Magnetschlag auf den Hinterkopf soll Migräne vermindern [1].

Kurz zusammengefasst: Neuromodulation umfasst Methoden mit der unmittelbar die Nervenaktivität beeinflusst wird. Zum einem meint man damit im Gehirn vorkommende chemische Substanzen, die die Aktivität der Nervenzellen beeinflussen (Neurotransmitter), zum anderen aber auch Technologien wie transkranielle Magnetstimulation (TMS) oder gar invasiven Methoden, wie Implantate im Gehirn (z.B. “Hirnschrittmacher”). Auch mit technischen Hilfsmittel kann die Aktivität der Nervenzellen unmittelbar beeinflusst werden(*).

Vier Buchstaben gegen Migräne: sTMS

In der Studie von Lipton und Kollegen [1,2] geht es nun um sTMS. Das kleine “s” steht für “single-pluse”. Die Aktivität der Nervenzellen soll also mit einem (Magnet-)Schlag gerichtet werden. Für mich stellt sich die Frage wieso gerade “single-pluse” und nicht zwei oder drei Pulse? Mit irgendetwas muss natürlich angefangen werden.

In der Zukunft wird es um zwei Fragen gehen. Welche Frequenzfolge einer Neuromodulation unterdrückt pathologische Hirnaktivität optimal? Welcher Weg, mit der Frequenzfolgen übermittelt werden können, ist der effektivste? Diese Fragen können nicht unabhängig von einander beantwortet werden.

Auch wenn jeder der vier Buchstaben “sTMS” also in Frage gestellt werden muss, bleibt der Grundgedanke hinter diesem Therapieansatz bestehen und sollte weiter verfolgt werden.

Literatur

[1] Lipton et al., Lancet Neurol, 9 2010

[2] Ray, Nat. Reviews Neurol 6, 2010

Fußnote

(*) Dieses Thema ist auf Wikipedia nicht aktuell. Dieser zweite, technologische Aspekt der Neuromodulation findet sich dort noch nicht. Daher verweise ich hier auf die Definition der International Neuromodulation Society.

 


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Markus Dahlem forscht seit über 20 Jahren über Migräne, hat Gastpositionen an der HU Berlin und am Massachusetts General Hospital. Außerdem ist er Geschäftsführer und Mitgründer des Berliner eHealth-Startup Newsenselab, das die Migräne- und Kopfschmerz-App M-sense entwickelt.

4 Kommentare

  1. Viele offene Fragen

    Dieser Ansatz ist sehr interessant für “austherapierte” Migräniker oder diejenigen, die unter den Nebenwirkungen der medikamentösen Prophylaxe zu sehr leiden.

    Was mir aber zu denken gibt, ist die Tatsache, dass die Migräne ja ihren Ursprung in der fehlenden Filterfunktion des Gehirns hat. Die ständige Überreizung der Nerven löst ja dann die fatale Kaskade aus. Da frage ich mich dann schon, wie ein noch zusätzlicher Reiz das Ganze verbessern soll? Ablenkung? Regulierung? Alles noch sehr spekulativ. Die THS bei Cluster kann man bis jetzt auch nicht unbedingt als Erfolg bezeichnen. War ja ein ähnliches Prinzip.

    Es bleibt spannend!

  2. Hilft das?

    Also mich würde wirklich sehr interessieren, ob diese Methode Wirkung zeigt.

    Ich kenne selbst Menschen mit extremer Migräne, wo wirklich dann nichts mehr geht und sie anfangen zu halluzinieren. Echt schlimm. Da bin ich froh, dass ich nur gelegentlich leichten Kopfdruck habe.

    Aber für solche Menschen wäre es sicher ein Segen, wenn es endlich eine wirksame Therapie geben würde.

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