Gleichstromstimulation ist keine Elektroschockpistole: (Miss)Verständnis von Neuroenhancement durch Technik verstehen

Eine neue wissenschaftliche Publikation gibt erste Einblicke in das öffentliche Verständnis bzw. Missverständnis von Enhancement durch neurotechnologische Verfahren. Ich habe die Arbeit begutachtet und will hier kurz darauf hinweisen.

Die zentrale Schlussfolgerung dieser explorativen Untersuchung ist, dass die öffentliche Wahrnehmung bezüglich der transkraniellen Gleichstromstimulation sich in den letzten Jahren verschoben hat. Es geht ein Trend weg von Missverständnissen hin zu einem „warnenden Realismus“.

Analysiert und verglichen wurden Kommentare in online Publikationen (Zeitschriften und Zeitungen) zwischen zwei Zeiträumen, einmal von August 2007 bis Mai 2013 und einmal von Mai 2013 bis August 2014, mit jeweils 13 bzw. 14 Artikeln, die zehn oder mehr Kommentare hatten. Somit gingen 248 bzw. 465 Kommentare in die Analyse ein.

Als Missverständnisse wurde z.B. Vergleiche der transkraniellen Gleichstromstimulation mit der Elektrokrampftherapie oder mit Elektroschockpistole angesehen. Während die Technologie reift, korrigiert sich auch ihr Bild in der Öffentlichkeit. So könnte man es zusammenfassen. Die Autoren weisen aber – in meinen Augen zurecht – auf den nötigen politischen Regulierungsrahmen hin, den der mediale Diskurs durchaus hilfreich unterstützen kann. (Es lohnt sich also, online Beiträge zu kommentieren!)

 

Hier ist der Referenz der Publikation:

Cabrera, L. Y., & Reiner, P. B. (2015). Understanding public (mis) understanding of tDCS for enhancement. Frontiers in Integrative Neuroscience, 9, 10. (Link)
 
unterstandingmisunderstanding

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Markus Dahlem forscht seit über 20 Jahren über Migräne, hat Gastpositionen an der HU Berlin und am Massachusetts General Hospital. Außerdem ist er Geschäftsführer und Mitgründer des Berliner eHealth-Startup Newsenselab, das die Migräne- und Kopfschmerz-App M-sense entwickelt.

4 Kommentare

  1. Die transkranielle Hirnstimulation weckt Phantasien wie der Artikel The Electric Mood-Control Acid Test zeigt, wo man einleitend liest:

    A startup called Thync will sell electrodes that you put on your head to improve your mood. The results may vary to a surprising degree.

    Der Autor des Artikels vergleicht die Methode ebenfalls mit der Elektrokonvulsion, wenn er dies auch nur macht um den Entwicklungspfad aufzuzeigen:

    The idea of using electricity to affect the brain is hardly new. Researchers of varying character have been shocking people’s heads for hundreds of years. One scientist jokes that the high point of the hype cycle for electrical treatments was 1818, when Frankenstein was published. While technologies like electroshock therapy have inflicted severe damage on patients, doctors are favoring newer electricity-based therapies. These include a safer version of electroshock therapy called electroconvulsive therapy, deep brain stimulation, and transcranial magnetic stimulation (which induces electric current in parts of the brain using an external magnetic coil). They’re used to treat a variety of disorders, including Parkinson’s and depression.

  2. Interessanter Artikel!

    Gut auch das die Veröffentlich “Open Access” ist, und auf der entsprechenden Seite der Zeitschrift “Frontiers in Integrative Neuroscience” ein vorläufiges PDF zur Verfügung steht (leider noch ohne die “harten Fakten”, sprich Zahlen der Untersuchung – da gibt es bei den Figures nur einen Platzhalter)

  3. Pingback:Neuer Wirkstoff, elektrische Stimulation & OPs gegen Migräne › Graue Substanz › SciLogs - Wissenschaftsblogs

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