Dornröschens Überzeugung

BLOG: Graue Substanz

Migräne aus der technischen Forschungsperspektive von Gehirnstimulatoren zu mobilen Gesundheitsdiensten.
Graue Substanz

Kann eine faire Münze einmal geworfen werden und Sie sind doch der Überzeugung, dass die Wahrscheinlichkeit für Kopf 1/3 und Zahl 2/3 ist?

Das Semester hat wieder angefangen und ich habe kurzfristig die Vorlesung "Statistischer Physik" übernommen, eine Vertiefung in Theoretischer Physik (VI) im Masterstudiengang Physik an der TU Berlin. Meine Abende sind nun mit der Ausarbeitung dieser Vorlesung belegt.

Damit die Wartezeit auf den nächsten Beitrag nicht zu lange wird,* stelle ich heute eine Frage, die auch die Studenten in der Übung zur Vorlesung beantworten müssen. Ich werde folglich erst nach dem 8. November hier eine eigene Antwort einstellen (falls ich es durchhalte, solange nichts zu sagen).

Hier die Frage:

Dornröschen muss sich folgendem Experiment unterziehen. Am Sonntag wird ihr ein Allgemeinanästhetikum verabreicht, so dass sie ohne jegliches Bewusstsein ist. Schon am Montag soll Dornröschen wieder geweckt und dann interviewt werden. Zuvor aber wird noch eine faire Münze geworfen, um den weiteren Verlauf des Experiments nach dem Interview zu bestimmen. Wenn die Münze Kopf zeigt, ist das Experiment beendet. Wenn die Münze allerdings Zahl zeigt, bekommt sie eine zweite Dosis des Anästhetikums und wird erneut am Dienstag geweckt und ein zweites mal interviewt. In diesem Fall endet das Experiment dann endgültig am Dienstag.

Man beachte, dass die Münze nur einmal geworfen wurde. Außerdem sei angenommen, dass die zweite Dosis des Anästhetikums zu einer kontinuierlichen Amnesie führt beginnend ab der ersten Dosis bis zum erneuten Erwachen am Dienstag, so dass Dornröschen sich nicht an den bisherigen Verlauf des Experiments (Interview am Montag) erinnern kann. Während des Interviews hat sie auch keinen Hinweis auf den Tag der Woche. Allerdings kennt sie vorab alle Details des Experiments und kann sich an diese im Interview genau erinnern.

Das Interview besteht aus einer einzigen Frage: "Was ist Ihre persönliche Überzeugung für die These, dass unsere Münze auf dem Kopf gelandet ist?"

Frage/Aufgabe:

  • (a) Was würden Sie antworten und warum?
  • (b) Schreiben Sie ein Computerprogramm, das dieses Experiment 1000 mal wiederholt und bei dem Dornröschen immer einen Euro bekommt, wenn sie die Frage im Interview (Montag oder Dienstag) mit "Ich glaube die Münze zeigt Kopf/Zahl" beantwortet und damit Recht hat, sie aber nichts bekommt, wenn sie falsch liegt (beachten Sie, dass Sie in (a) auch die Wahrscheinlichkeit abgeben sollen).

 

Fußnote

*Einige Leser warten wahrscheinlich auf die angekündigte Fortsetzung des Beitrages "Satte Spezialisten überreizen das Gehirn". Ich bitte um noch etwas Geduld.

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Markus Dahlem forscht seit über 20 Jahren über Migräne, hat Gastpositionen an der HU Berlin und am Massachusetts General Hospital. Außerdem ist er Geschäftsführer und Mitgründer des Berliner eHealth-Startup Newsenselab, das die Migräne- und Kopfschmerz-App M-sense entwickelt.

46 Kommentare

  1. Interessantes Problem

    Das Problem scheint mir um einiges interessanter zu sein, wenn die Belohnung abhängen würde von der Korrektheit der Antwort, also dem Ergebnis des Münzwurfs.

    In der gestellten Form könnte man Dornröschen auch einfach wählen lassen zwischen Rot und Blau, und bei der Antwort Rot einen Euro auszahlen.

  2. ich bin mir nicht sicher, …

    dass ich die Aufgabenstellung richtig begriffen habe. Vor allem die Frage, ob Dörnchen hab gierig ist oder nicht bleibt offen.

  3. @Joker

    Danke, natürlich soll das Programm so sein, dass Dornröschen recht haben muss. Gut dass die Aufgabe noch nicht an die Studenten vergeben wurde! Ich ändere es auch hier ab.

    Da hat sich das bloggen ja schon gelohnt.

  4. @Harald Weiche

    Dornröschen ist nicht habgierig, möchte aber möglichst eine Hohe Summe der Migräneforschung übergeben und daher ihren Gewinn optimieren.

    Übrigens dürfen all her gerne eine Meinung abgeben und die Studenten mit Tipps versorgen.

  5. offtopic

    Ich war mal auf der Vorlesungsseite. “Scheinkriterien” find ich sehr schön. Man studiert nur zum Schein, hehe.

    /offtopic

  6. @Markus A. Dahlem:
    »Ich finde dieses Problem noch schöner. «

    Das Schöne an diesem Problem scheint mir die Tatsache zu sein, dass bei einer ideal fairen Münze und 1000 Wiederholungen Dornröschen 500 mal montags (Kopf) und 500 dienstags (Zahl) geweckt wird. Eigentlich könnte Dornröschen also nur 500 mal richtig liegen, wenn sie immer Kopf oder immer Zahl sagt. Mehr geht nicht, oder?

  7. Bayessche Statistik

    Dornröschen, das schöne Kind, wird Montags 1000 mal geweckt. Dienstags aber nur so um die 500 mal, nämlich wenn Zahl fällt (selbst eine faire Münze darf in etwa eine Standardabweichung haben, nicht wahr).

    Was ich schön an diesem Beispiel finde ist sein pädagogischer Wert, die Bayessche Statistik zu sezieren.

  8. Befragungshebel

    Ist es nicht schön, das Dornröschen dank Befragungshebel die Chance hat mehr Münzen zu gewinnen, als geworfen wurden?

  9. Ziegen und Dornröschen

    Beim Ziegenproblem handelt es sich darum, dass zu der Ausgangssituation, in der die statistische Erwartung gleich verteilt ist (1/3) pro Tür, VOR der Abgabe der endgültigen Entscheidung eine Zusatzinformation gegeben wurde („Ich verrate Dir eine Tür, hinter der das Auto NICHT ist“).

    In Ihrem Beispiel dagegen handelt es sich um eine VERNICHTUNG von Information nach der ursprünglichen Ausgangswahrscheinlichkeit von 50/50 für Kopf oder Zahl, wodurch sich die vernünftige Erwartung auf 1/3 für Kopf und 2/3 für Zahl verschiebt.

    Sowohl der Zuwachs als auch die nachträgliche Verminderung von Information kann die statistische Erwartung beeinflussen.

  10. Richtig,

    Herr Dahlem, das schöne Kind wird ja immer nach der ersten Phase des Experiments geweckt. Hab’ ich irgendwie überlesen.

    Doch was bedeutet das für Dornröschen?

    Grübel, grübel…

  11. @ mt_rand

    Na ja, die Chance besteht zwar, aber kann auch der Erwartungswert der Auszahlung die Anzahl der Münzwürfe übersteigen? Übersehe ich was, gibt es dazu etwa eine geeignete gemischte Strategie?

  12. @ fegalo

    Wie kommst du auf 1/3 für Kopf? Dornröschen kennt doch das Experiment: “Faire Münze”, also 1/2. Diese Information wird doch auch nicht vernichtet, oder überseh ich auch hier etwas?
    Nur weil drei Situationen entstehen, in denen eine Befragung stattfinden kann, sind doch nicht alle gleich wahrscheinlich.

  13. @ joker

    Meine Überlegung geht so:

    D. wacht auf, weiß aber nicht, ob es Montag oder Dienstag ist. Sie sagt sich: Die Wahrscheinlichkeit, dass es Montag ist, ist doppelt so hoch, wie das es Dienstag ist, da ich nur bei Zahl wieder betäubt worden bin.

    Wenn D. also an 1000 Montagen aufwacht, wird sie an 500 davon wieder betäubt und wacht 500 mal dienstags wieder auf.

    Bei den 1000 Montags-Interviews ist 500mal Kopf richtig, und 500mal Zahl. Bei den 500 Dienstags-Interviews ist 500mal Zahl richtig (Es sind ja Wiederholungen von vergessenen Inteviews.) Macht 500:1000 zwischen Kopf und Zahl.

    Die Vernichtung von Information besteht darin, dass D. nicht mehr weiß, ob sie schon einmal interviewt wurde (Beachte, dass das Vergessen vom Montagsinterview zur Bedingung gehört = Verlust von Information!). Dadurch fehlt ihr ein Anhaltspunkt, um zu entscheiden, ob es Montag oder Dienstag ist, und D. hat keinen Überblick mehr über die Gesamtsituation zur Wahrscheinlichkeit, sondern muss zusätzlich raten, in welcher von 2 Situationen sie sich befindet.

  14. Das Problem bei solchen professoralen Fragestellungen liegt oft außerhalb unserer Erwartungshaltung. Die eigentliche Frage lautet: “Was ist Ihre persönlicher Überzeugung für die These, dass unsere Münze auf dem Kopf gelandet ist?” Meine Antwort a) muss also lauten: “Meine persönliche Überzeugung ist eine Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent, dass die These richtig ist” Damit erfülle ich auch die Bedingung im Hinweis am Schluss, die Wahrscheinlichkeit anzugeben. Das würde auch Dornröschen am Montag und – falls es dazu kommt – am Dienstag antworten.

    Teil b) Wenn ich jetzt ein Computerprogramm schreibe, was es tausendmal wiederholt, ändert sich daran nichts. Im Text wird zudem ausdrücklich betont, dass die Münze nur einmal geworfen wird und dass das Experiment spätestens am Dienstag endgültig endet. Dornröschen antwortet: “Kopf/Zahl” und hat damit in den allermeisten Fällen Recht, da die Münze nur äußerst selten auf dem Rand stehen bleibt (da es eine faire Münze ist, müsste diese Möglichkeit ja bestehen). Dann könnte sie in der Computersimulation ca. 1500 Euro an die Migräneforschung übergeben.

  15. “Kopf/Zahl”

    Dornröschen antwortet entweder “Kopf” oder “Zahl” aber darf nicht “Kopf/Zahl” antworten, bzw. wenn sie dies tut, würde sie eben weder bei Kopf noch Zahl gewinnen.

    Was die “Überzeugung” betrifft, darf man sich Dornröschen auch als verbiesterte Rechthaberin vorstellen, die einfach nicht gerne falsch liegt. Sie antwortet in diesem Sinne aus Überzeugung (und natürlich, damit die Migräneforschung Geld bekommt).

  16. Ein Versuch – und seine Ethik

    Wohl wissend, dass ich bei statistischen im Gegensatz zu analytischen Aufgaben meistens falsch lag, will ich doch einen Versuch wagen:

    Bei der Frage geht es um meine persönliche Überzeugung, dass die Münze Kopf zeigt. Da ich weiß, dass es sich um eine faire Münze handelt, würde ich im Interview auch sagen, dass die Münze mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit auf Kopf gelandet ist.

    Wenn es jedoch nicht nur um meine persönliche Überzeugung ginge, sondern beispielsweise um eine Gewinnmaximierung, dann würde ich hingegen denken: Wenn Kopf fällt, gibt es nur ein Interview, wenn aber Zahl fällt, gibt es derer zwei und ich habe keine Möglichkeit festzustellen, ob es das erste oder zweite Interview ist.

    Daher würde ich zur Gewinnmaximierung immer “Zahl” wählen, denn es gibt nur eine Situation, in der “Kopf” richtig ist, deren aber zwei, in denen “Zahl” richtig ist, auch wenn meine persönliche Überzeugung ist, dass das Ergebnis des Münzwurfs 50:50 Kopf:Zahl beträgt.

    Würde mein Rechner mit der MatLab-Lizenz nicht so lange zum Hochfahren brauchen, dann würde ich das Programm eben schreiben. Meiner Vermutung nach verdient Dornrößchen, wenn sie immer “Kopf” sagt, bei dem Spiel 500 Euro, wenn sie aber immer “Zahl” sagt, 1000 Euro.

    Die zentralere Frage scheint mir aber doch zu sein: Ist das Experiment überhaupt ethisch vertretbar? Schließlich sind die Risiken so einer Anästhesie beachtlich. Was wäre das entscheidende Argument, Herr Prof. Dahlem, um dieses Experiment vor einer Ethikkommission zu vertreten? 😉

    Bitte bis zum 8. November mit einem Aufsatz (1000 Worte) beantworten, haha.

  17. @fegalo

    Man kann sich sicherlich ein anderes Experiment ausdenken, das ohne diese ″Vernichtung″ von Information auskommt.

    Es genügt doch, wenn eine Person weiß, dass sie ein- oder zweimal zum Ergebnis eines Münzwurfs befragt wird, wobei das zweite Mal vom Ergebnis des Wurfes abhängt und zudem bekannt ist, sie aber nicht weiß, ob es sich um die erste oder zweite Befragung handelt.

    Genaugenommen wird durch die mögliche zweite Befragung zusätzliche Information geliefert, oder etwa nicht?

  18. Faire Münze

    Kann ein faire Münze einmal geworfen werden und Sie sind doch der Überzeugung, dass die Wahrscheinlichkeit für Kopf 1/3 und Zahl 2/3 ist?

    Nein, denn das widerspräche der Definition von “faire Münze”.

    Dornröschen wird, zumindest hab ich das so verstanden, am Montag in jedem Fall unabhängig vom Münzwurf geweckt. Die “Dienstagsweckerei” hingegen ist vom Münzwurf abhängig.

    Somit gilt: Die Wahrscheinlichkeit für “Dienstag” ist 1/3, für “Montag” 2/3. Dies impliziert nicht, dass die Wahrscheinlichkeit für Kopf 1/3 und Zahl 2/3 ist (um die eingangs gestellte Frage zu beantworten).

    Abschliessend stellt sich noch die Frage, ob der Euro als faire Münze gelten darf und somit für das Experiment geeignet ist.

  19. Heureka

    Das hat etwas gedauert bei mir. Jede Münze hat zwei Seiten!

    So langsam gewinne ich die Überzeugung, dass es korrekt sein kann zu sagen “Eine faire Münze zeigt in 2/3 der Fälle Zahl”. Cool, hätte ich so nicht erwartet.

    Danke @ fegalo, dass du dir die Mühe gemacht hast deinen Gedankengang noch mal ausführlich aufzuschreiben.

    @ Peter

    Zum Münzwurf kann man eine DM-Münze nehmen, ich müsste noch irgendwo eine haben. Ausgezahlt wird dann aber in Euro.

  20. @ balanus

    Wenn D. weiß ob sie in Situation „Montag“ oder „Dienstag“ steckt, ist die Pointe der Geschichte natürlich dahin.

    Wenn man statt der Betäubung nur eine Fragereihe durchführt, dann müsste der Versuchsleiter z.B. 1000 Würfe ausführen und notieren, und außerdem die Anzahl der „Zahl“-Ergebnisse verdoppeln, mit einem „Dienstag“ versehen und irgendwo willkürlich in der Reihe einflicken. Bei der Befragung wird.

    Hat man nun D. vor dem Spiel erklärt, dass jede Frage nach einem richtigen „Zahl“-Ergebnis 2mal gestellt wird, dann kann sie sich sofort die Wahrscheinlichkeit von 2/3 für Zahl ausrechnen und immer mit „Zahl“ antworten.

    In dem Fall haben wir dann tatsächlich eine „Zusatzinformation“ mit demselben Endergebnis.

    Es ist also rein dem Versuchsdesign geschuldet, ob wir eine Informationsvernichtung, -vorenthaltung oder –erweiterung vorliegen haben, und zwar eine, die nur Teile der möglichen Ergebnisse betreffen darf. Dann kann man die Wahrscheinlichkeiten aus der Gleichverteilungserwartung verschieben.

    Allerdings: OHNE eine solche „Informationspolitik“ läßt sich die Wahrscheinlichkeitserwartung NIE verschieben.

  21. Entweder fair oder unfair

    Ergänzung: Die Frage lautete ja;

    “Was ist Ihre persönlicher Überzeugung für die These, dass unsere Münze auf dem Kopf gelandet ist?”
    (a) Was würden Sie antworten und warum?

    Wahrscheinlichkeit (Kopf) = Wahrscheinlichkeit (Zahl) = 1/2

    Ergibt sich aus der Voraussetzung “faire Münze” und deren Definition.

  22. @ Peter

    Falsch! Sie haben nicht die Frage beantwortet, die gestellt war. Sie beantworten die Frage: „Wie häufig fällt die faire Münze je auf Kopf oder Zahl?“
    Die gestellte Frage aber lautet sinngemäß: „Auf welcher Seite liegt die Münze wahrscheinlich, die geworfen wurde, wenn wir Sie doppelt so häufig danach fragen, falls sie auf Zahl liegt?“

  23. Die gestellte Frage aber lautet sinngemäß: „Auf welcher Seite liegt die Münze wahrscheinlich, die geworfen wurde, wenn wir Sie doppelt so häufig danach fragen, falls sie auf Zahl liegt?“

    Au ja, Sie haben recht! Die Frage ist sinngemäss so, wie Sie es formulieren. Naja, das Textverständnis 🙂 Ganz schön raffiniert ausgedacht!

  24. @Joker:

    »So langsam gewinne ich die Überzeugung, dass es korrekt sein kann zu sagen “Eine faire Münze zeigt in 2/3 der Fälle Zahl”. «

    Das ist nur korrekt, wenn man mit ″Fälle″ die Befragung meint, und nicht die Münzwürfe selbst.

  25. Dornröschen

    Nette Fragestellung, Markus. Der Trick bei der Sache ist, dass die Münze in einem Fall (Kopf) ein Ereignis auslöst, (Wecken Montag), im anderen Fall (Zahl) aber zwei (Wecken Montag und Dienstag). Dadurch wird der irrige Eindruck erweckt, die Münze sei nicht fair, weil bei zwei Dritteln der Ereignisse Zahl vorausgegangen war. Wenn man mal annimmt, es Zahl löse nicht zwei, sondern 1000 Ereignisse aus, dann wird es klarer. Obwohl die Münze immer noch fair ist, hätte vor fast allen Ereignissen der Münzwurf Zahl angezeigt.
    Wenn also Geld im Spiel ist, sollte Dornröschen grundsätzlich “Zahl” antworten, weil sie dann bei zwei Ereignissen richtig liegt, die Gewinnerwartung (nicht die Gewinnwahrscheinlichkeit!) also doppelt so hoch liegt wie bei Kopf.

  26. Wieviel Würfe?

    Es handelt sich genau besehen um zwei Münzwürfe, oder?
    Der *nullte* Wurf muß dabei so verstanden werden, daß er stets eine 1 zeigt, da das Experiment auf jeden Fall mindestens 1mal stattfindet.
    Der “erste und einzige Wurf” ist also statistisch ein Zweiter. Er entscheidet darüber, ob das Experiment wiederholt werden soll.

    Wir haben etwas wie 1 + 0.5 = 3/2.

  27. Dornröschen

    @Thomas Grueter

    Ich habe Ihren Beitrag gerade erst gelesen und stimme dem Wesen nach spontan zu.

  28. Ewig grübelt Dornröschen

    Dornröschen noch ein wenig mehr zu martern, wie es Thomas Grüter vorschlägt, und bei Zahl sie gleich knapp drei Jahre hintereinander zu wecken und wieder zu narkotisieren (einschließlich Amnesie), ist eine gute Sache. Das hilft sicher.

    Jetzt sollten wir uns in ihre Lage versetzen. Sie werden also gerade geweckt und Sie grübeln: Ohje, ich könnte nun schon x+2 Jahre alt sein (x=Ihr Alter), was ist nun wahrscheinlicher, Zahl oder Kopf? Ich habe doch so ungern unrecht! Mmmmh. Wäre ja auch zu dumm, wenn ich dem Mann nun schon zum 728male störrisch “Kopf” an den selbigen seinen knalle und da liegt Zahl. Der kann es bestimmt auch schon nicht mehr hören. Aber vielleicht wurde ich ja auch erst gestern zum ersten mal narkotisiert und heute ist der Montag?

    Wovon sind sie überzeugt (außer das Thomas eine wahrhaft sadistische Ader hat) selbst wenn kein “Geld im Spiel” ist?

  29. Kann ein faire Münze einmal geworfen werden und Sie sind doch der Überzeugung, dass die Wahrscheinlichkeit für Kopf 1/3 und Zahl 2/3 ist?

    Diese Frage veranlasst, etwas über den Begriff “Wahrscheinlichkeit” nachzudenken.

    Tatsächlich wäre das ein Widerspruch in sich, wenn “Fälle” als “Münzwürfe” verstanden würde, was hier aber nicht der Fall ist (ja, reingelegt!).

    Möglicherweise ist es oft zeckmässiger, wenn “Wahrscheinlichkeit” allgemeiner als “Grad der Überzeugung” aufgefasst wird, der von den kontextualen Informationen abhängt, anstatt am frequentistischen Wahrscheinlichkeitsbegriff zu hängen.

    So betrachtet widerspiegelt der “Grad der Überzeugung”, die (Wahrscheinlichkeit), den Informationsstand. Bei vollständiger Information wird die Wahrscheinlichkeit zur Sicherheit, nämlich dann, wenn ich das Ergebnis kenne. Bei vollständigem Fehlen jeder kontextualen Information, also beispielsweise die Frage “A oder B”, wäre die Annahme einer gleichverteilten Wahrscheinlichkeit naheliegend.

    Tatsächlich, der pädagogische Wert des Experiments ist offensichtlich!

  30. Wie Dornröschen ihre Überzeugung gewinnt

    Lieber Markus, betrachten wir unsere Experimente mit Dornröschen mal als reine Gedankenspiele, wie etwa Schrödingers Katze. Schließlich wollen wir ja nicht, dass Märchenfiguren oder Haustiere zu Schaden kommen.
    Du hattest noch nach Dornröschens Überzeugung gefragt. Die Bedingungen sind so gesetzt, dass Dornröschen keine sicheren Hinweise hat, welcher Tag ist und welche Seite die Münze gezeigt hat. Also muss sie ihre Überzeugung aus der Wahrscheinlichkeit gewinnen. Sie sagt sich:

    Es kann Montag sein und die Münze zeigt Kopf,
    es kann Montag sein und die Münze zeigt Zahl
    es kann Dienstag sein und die Münze zeigt Zahl.

    Sie hat keine Hinweise, mit denen sie den Ereignissen eine Wahrscheinlichkeit zuordnen kann, also nimmt sie erst einmal gleiche Wahrscheinlichkeiten an. Demnach wäre aus ihrer Sicht die Wahrscheinlichkeit am größten (nämlich 2/3), dass die Münze Zahl gezeigt hat. Sie sollte also (wenn sie logisch denkt) zu der Überzeugung kommen, die Münze habe Zahl gezeigt.

  31. @ Thomas Grüter

    “Sie hat keine Hinweise, mit denen sie den Ereignissen eine Wahrscheinlichkeit zuordnen kann”

    Falsch, Dornröschen hat Hinweise. Es findet sich im Blog-Beitrag:

    “Allerdings kennt sie vorab alle Details des Experiments und kann sich an diese im Interview genau erinnern.”

    Dornröschen kann keine Statistik machen. Sie kann aber aufgrund der bekannten Experiment-Details ein axiomatisch beschriebenes Modell erstellen, mit exakten Wahrscheinlichkeiten für das Eintreten der einzelnen Ereignisse. Sie kann dann, beruhend auf Wahrscheinlichkeitstheorie, eine Wahrscheinlichkeitsrechnung durchführen.

    Die Studenten sollen also, so vermute ich, in a) unter Beweis stellen, dass sie von Wahrscheinlichkeitstheorie und -rechnung etwas verstehen. In b) sollen sie Statistik machen. Darum geht es ja wohl auch in der Vorlesung. Je nach verwendetem Zufallsgenerator bei der Programmierung, wird es sich allerdings eher um Pseudo-Statistik handeln. Für echte Statistik müsste es zuverlässigere Medikamente geben und mehr Dornröschen (es gibt ja auch mehrere Studenten). Schneller könnte auch alles gehen, wenn die Technologie, die bereits in “Men in Black”, also 1997, erfolgreich eingesetzt wurde, es endlich zur Marktreife bringen würde.

    Als ich sagte, dass jede Münze zwei Seiten hat, wollte ich daran erinnern, dass man jede Münze von zwei Seiten betrachten kann. Eine schiefer Blick wäre es, wenn man vermutet, dass, aufgrund der Wahrscheinlichkeit von 2/3 Zahl und insgesamt 1000 Versuchen, Dornröschen erwarten darf, einen Spendenbetrag von ca. 666 Euro für die Migräneforschung zu ergattern. (@ Balanus: Du hattest mich also richtig verstanden)

  32. @ Peter

    “Möglicherweise ist es oft zweckmässiger, wenn “Wahrscheinlichkeit” allgemeiner als “Grad der Überzeugung” aufgefasst wird, der von den kontextualen Informationen abhängt,…”

    Vielleicht interessiert dich (oder auch die mitlesenden Studenten) was ein gewisser Bruno de Finetti dazu sagt:

    “Für alle, die es noch nicht wissen, muß gesagt werden, dass es meiner Auffassung nach nur subjektive Wahrscheinlichkeiten gibt: Grad des Vertrauens – Englisch: Degree of belief – eines bestimmten Subjektes zu einem bestimmten Zeitpunkt auf Grund einer bestimmten Informationsmenge in Bezug auf das Eintreten eines Ereignisses. Dies steht im Gegensatz zu anderen Auffassungen, die sich auf besondere Arten von Fällen beschränken, in denen „objektiven Wahrscheinlichkeiten“ ein Sinn zugeschrieben wird. (z.B. symmetrische Fälle wie bei Würfeln usw. „statische“ Fälle „wiederholbarer“ Ereignisse)”

    Wahrscheinlichkeitstheorie,
    Bruno de Finetti
    Oldenbourg, Wien 1981

    Der Herr Finetti ist also noch konsequenter als du. Für ihn ist es nicht nur oft zweckmäßiger von subjektiver Wahrscheinlichkeit zu reden, sondern diese ist für ihn sogar die einzig existierende.

  33. @ Joker

    Ist es nicht so, dass gerade hierüber verschiedene Schulen im Streit liegen: Ob es einen Unterschied gibt zwischen subjektiver und objektiver Wahrscheinlichkeit?

    Man kann nämlich beide Positionen mit guten Gründen verteidigen, wie mir scheint. Zum Beispiel spricht für eine objektive Wahrscheinlichkeit, dass man sie überprüfen kann. Sie erlaubt Vorhersagen (Würfel, Radioaktiver Zerfall etc.) von beträchtlicher Präzision.
    Ferner ist sie unabhängig von der Perspektive.

    Sicherlich kann man eine Theorie so formulieren, dass „objektive“ Wahrscheinlichkeit ein Unterfall von subjektiver Wahrscheinlichkeit ist.
    Doch ist damit eine Erkenntnis gewonnen?

    Hat dies ontologische Bedeutung?

    Oder ist es nur ein leerer Streit um Worte?

    Ich weiß es nicht.

  34. @ peter

    „So betrachtet widerspiegelt der “Grad der Überzeugung”, die (Wahrscheinlichkeit), den Informationsstand.“

    Da ist was dran. In der Praxis zeigt sich, dass der Informationsstand oft gar nicht so auf der Hand liegt, und einer genauen Analyse bedarf. Zuweilen kommt auch noch dazu, aus welcher Perspektive man es betrachtet:

    Beispiele:

    Karl erfährt, dass er ein Geschwister hat, von dem er bislang nichts wußte. Er weiß nicht einmal, ob es älter oder jünger ist.

    a) Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um einen Jungen handelt? Antwort: ½, denn er betrachtet die Geburt eines älteren wie auch eines jüngeren Geschwisters als ein von ihm unabhängiges Ereignis bei gleicher Verteilung der Geschlechter.

    b) Aber: Herr Maier hat einen Sohn namens Karl. Wir erfahren, dass er ein Geschwister hat. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um einen weiteren Jungen handelt? Antwort 1/3.

    c) Und dann: Herr Maier hat einen Sohn namens Heinrich. Wir erfahren, dass dieser ein ÄLTERES Geschwister hat. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um einen Jungen handelt? Antwort 1/2

  35. Kopf oder Zahl

    Moment mal, das ist ziemlich fintenreich!

    Das Interview besteht aus einer einzigen Frage: “Was ist Ihre persönliche Überzeugung für die These, dass unsere Münze auf dem Kopf gelandet ist?”

    Wenn diese Frage an mich gestellt wird, den Blogleser, der keine Drogen konsumiert und dem auch keine verabreicht werden, dann lautet meine Antwort:

    “Kopf oder Zahl, einerlei, gleich wahrscheinlich, denn ich weiss, es ist eine faire Münze.”

    Wenn aber Dornröschen gefragt wird?
    Dann lautet die Antwort (von Dornröschen):

    “Ich vermute Zahl, nicht Kopf, denn ich weiss nicht, ob es Montag oder Dienstag ist. Montags ist Kopf und Zahl gleichwahrscheinlich, Dienstags aber ist Kopf unmöglich!”

    Das ist so kontraintuitiv!

    @ Joker
    Danke für den Lesetipp. Klingt sehr interessant.

  36. Am Samstag

    “Kopf oder Zahl, einerlei, gleich wahrscheinlich, denn ich weiss, es ist eine faire Münze.”

    Wenn ich am Montag gefragt werde. Am Dienstag sag ich “Zahl”. Aber heute ist Samstag!? Humm …. 🙂

  37. @Markus A. Dahlem

    Vermutlich wollen Sie mit Hilfe von Dornrösli Ihren Studiosi den Unterschied zwischen a priori und a posteriori Wahrscheinlichkeiten nahebringen?

    Dann wäre das angestrebte Lernziel in dieser Diskussion wohl noch nicht erreicht…

  38. zögerlicher Glückwunsch

    Schade, ich hatte Freitag/Samstag keine Zeit mehr. Jetzt sehe ich, Stephan Schleim hat schon die Lösung vorgeschlagen, die ich mir auch überlegt hatte: Dornröschen sagt jedesmal “Zahl” und stiftet am Ende 1000 Euro an die Migräneliga.

    Hat Spaß gemacht, mal wieder eine Erinnerung an alte Textaufgaben in der Mittelstufe in neuem Gewand. Wobei ich ebenfalls ethische Probleme mit der Aufgabenstellung hatte, auch wenn es nur in Gedanken war.

  39. Spaß mit Dornröschen

    Ein Lernziel ist zumindest schon mal einen Zufallsgenerator (in C) zu programmieren, soviel kann ich ja verraten. Das macht schon mal mehr Spaß, wenn es um Dornröschen geht.

    Ein paar Gedanken zur bayesschen Statistik dazu und die Aufgabe erfüllt ihren Zweck.

  40. Dornröschen und Don Giovanni

    “Das macht schon mal mehr Spaß, wenn es um Dornröschen geht.”

    Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, daß Du wirklich glaubst, es mache mehr Spaß, einen Zufallsgenerator in C zu programmieren, wenn es dabei um Dornröschen ginge? Der bestmögliche Zufallsgenerator soll ja eigentlich, also am besten: sinnbefreit, Zufallszahlen erzeugen, nicht etwa Frauen aus der mathematischen Fakultät beeindrucken. Es sei denn, Du willst ausdrücken, daß Frauen etwas Zufälliges an sich haben.

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