Diese Woche: Zweimal Migräne und traditionelle chinesische Medizin

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Migräne aus der technischen Forschungsperspektive von Gehirnstimulatoren zu mobilen Gesundheitsdiensten.
Graue Substanz

Gleich zwei mal ist diese Woche Migräne im Zusammenhang mit der traditionellen chinesischen Medizin ein Thema im Netz. Gemeinsam ist beiden Veröffentlichungen, dass sie versuchen, Komplementärmedizin mit naturwissenschaftlicher bzw. evidenzbasierter Medizin zu verbinden. Ansonsten sind sie sehr unterschiedlich.

Anfang der Woche wurde ein Protokoll zur Erstellung einer systematischen Übersichtsarbeit veröffentlicht. Langsam setzt es sich mehr durch, dass noch durchzuführende Studien vorher bekannt gemacht werden müssen. Gut in dem genannten Fall ist auch, dass selbst der Begutachtungsprozess dieser Vorabpublikation offen ist. Kritikpunkte drei verschiedener Gutachter sind somit vorab nachvollziehbar.

Acupuncture for acute migraine attacks in adults: a systematic review protocolBMJ Open, 5, e006968. [Akupunktur bei akuten Migräneattacken bei Erwachsenen: Protokoll einer systematischen Übersichtsarbeit]. Link zum offenen Begutachtungsprozess.

Ende der Woche, also heute vor wenigen Stunden, kam ein Beitrag „Migräne – ein Frauenleiden neu verstehen“. Es wird ein Buch vorgestellt, in dem angeblich „[e]rstmals … ein Arzt das Thema ‚Migräne‘ mithilfe der Traditionellen Chinesischen Medizin und der naturwissenschaftlichen Medizin [beleuchtet].“ Der Beitrag ist von dem Buchautoren selbst verfasst. Ich finde durchaus interessante, lesenswerte Gesichtspunkte, gerade auch solche, die kontrovers sind. Gleichzeitig findet sich halt fast alles in dem Beitrag. Er liest sich für mich ein wenig so, als ob der Autor einmal mit der Schrotgewehr auf ein Medizinlexikon geschossen hat und die Fetzen neu zusammen setzt.

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Markus Dahlem forscht seit über 20 Jahren über Migräne, hat Gastpositionen an der HU Berlin und am Massachusetts General Hospital. Außerdem ist er Geschäftsführer und Mitgründer des Berliner eHealth-Startup Newsenselab, das die Migräne- und Kopfschmerz-App M-sense entwickelt.

2 Kommentare

  1. Zu 1.)
    Bei der Akupunktur muss man recht lang still liegen oder sitzen. Dabei kümmert sich dann auch noch die ganze Zeit jemand um dich. Redet möglicherweise mit dir. Viel länger als es ein Arzt je tun würde. Ob das schon ohne Nadeln für eine Wirkung reicht?

    Zu 2.)
    Bei den ersten Zeilen fand ich es ja noch drollig als betroffener Mann einen so auf die weibliche Kundschaft zugeschriebenen Artikel zu lesen. Insgesammt finde ich solche fragwürdigen Heilsversprechen jedoch fast schon fahrlässig. Mindestens unverschämt. Was er dann beschreibt klingt verdächtig nach einer multimodalen Schmerztherapie. Die gibt es auch an seriösen Stellen – wenn auch leider noch an zu wenigen. Und das man damit eine Migräne in vielen Fällen positiv beeinflussen kann, da stimmt ich dann wieder zu. Mit einer Heilung hat das jedoch wenig zu tun.

  2. Dr.Ulrich Schulz will sich im Weblog Netzwerk Frauengesundheit von Prof. Ingrid Gerhard mit Migräne – ein Frauenleiden besser verstehen zielgruppengenau positionieren. Er spricht Frauen an (Frauennetzwerk), indem er die Migräne kühn und bereits im Titel zum Frauenleiden deklariert. Er bettet seine wichtigste Aussage und Behauptung, die Migräne sei vor allem hormonell bedingt (in der Kurzrezension zu seinem Buch liest man:”Anhand von Praxisbeispielen erklärt er mögliche Ursachen und die Beteiligung innerer Organe sowie die Abhängigkeit der Migräne von dem individuellen Hormonspiegel.) in eine holistische Betrachtungsweise ein, etwas was bei Frauen im Durchschnitt wohl besser ankommt als bei Männern ( die den Körper eher wie ein Auto betrachten). Auch wenn er mit seiner Ansicht, die weiblichen Hormone spielten eine zentrale Rolle bei der Migräne, wohl besser ein Frauenarzt wäre als ein Alternativmediziner, der traditionelle chinesische Medizin praktiziert, so sieht er mindestens aus wie ein Frauenschwarm von einem Frauenarzt, was ihm allein schon viele Kundinnen einheimsen wird. Das eingeblendete Buch mit dem grossen Portrait wird wohl mehr Wirkung haben als der ganze Text, den er hier ausbreitet. Nun, Alternativmediziner sagen ja gern “haupsächlich es hilft” Und eine Therapie bei Dr.Scholz könnte einigen Kundinnen durchaus helfen, wenn auch vielleicht nur bei der Reduktion des Migräneschmerzs wenn die Patientin dann an ihre Erfahrungen bei Dr. Schulz denkt um sich vom Schmerz abzulenken,

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