25% akademische Juniorpositionen

BLOG: Graue Substanz

Migräne aus der technischen Forschungsperspektive von Gehirnstimulatoren zu mobilen Gesundheitsdiensten.
Graue Substanz

Seit den 1970er Jahren ist es in der deutschen Hochschullandschaft nicht gelungen, mehr Diversifikation und Transparenz in die wissenschaftlichen Karrierewege zu bringen. (Multi-Autoren *)

1. Mai SciLogsKein Gesetz und noch nicht einmal die klamme finanzielle Lage hindert die Universitäten heute daran, Fachgebiete weiter aufzuteilen und einen Teil der Beschäftigten im Mittelbau zu Dozenten im Oberbau aufzuwerten – mit Rechten zur selbstständigen Lehre und Forschung, die Pflichten einer solchen Position nimmt dieser Teil ohnehin längst wahr. In vielen Landeshochschulgesetzen ist die Möglichkeit verankert, Hochschuldozenten als Mitglieder der Gruppe der Hochschullehrer zu beschäftigen bzw. wissenschaftliche Mitarbeiter nach ihrer Qualifikationsphase zu übernehmen. Von dieser Möglichkeit wird aber kaum Gebrauch gemacht, oft aus der unberechtigten Angst, Forschung und Lehre sei dann nicht mehr in einer Hand. Auch die Anzahl der Juniorprofessuren bleibt bisher weit hinter den Erwartungen zurück. So entsteht ein Flaschenhals in dem einspurigen Karriereweg.

Eine  besondere Problematik stellen Beschäftigte im Mittelbau dar, die bisher nicht zu Dozenten im Oberbau aufsteigen können, da sie aus Drittmitteln finanziert werden und so diese Stellen von den Hochschulen nicht verstetigt werden  können. Der Flaschenhals in dem Karriereweg wird sich aber nicht allein signifikant weiten lassen, ohne auch den Teil der Stellen, der bisher aus Bundesmitteln finanziert werden, einzubeziehen.

In Kraft trat und effektiv wirksam ist allerdings heute ein Gesetz, bekannt als “12-Jahres-Regelung”  (§ 57 b des Hochschulrahmengesetzes), welches die wissenschaftliche Tätigkeit nach der Qualifikationsphase erheblich einschränkt. und auf Drittmittel finanzierte Projektarbeit einschränkt, was selbstständige Forschung oft genug praktisch ausschließt, da in aller Regel in dieser späten Phase der Karriere die Anträge beim Drittmittelgeber nicht mehr selbst gestellt werden können ohne Festanstellung. 

Das ist eine paradoxe Situation und es ist das fundamentale Strukturproblem des wissenschaftlichen “Nachwuchses” in Deutschland. Die wenigsten jungen Wissenschaftler – die  in dieser Phase eigentlich längst kein Nachwuchs mehr sind, sondern eine wesentliche Säule unserer Forschung und Lehre in Deutschland bilden – haben nach den 12 Jahren keinen Zugang zu den klassischen Förderlinien, wenn sie nicht mehr aus Haushaltsmitteln finanziert werden. Die Folge sind Projektleiter als Strohmänner, Lehraufträge, Werksverträge, Gastdozenturen, Einstellung mit 49% Haushaltsmitteln, und Einstellung über Stiftungen oder Wissenschaftskolleg; alles kennzeichnend für zwar innovative letztlich aber sinnwidrige Umwege in der vorhandenen Größenordnung. Es ist auch kennzeichnend für ein unredliches Karrieresystem.

Ein Professor hat sicher ein Recht auf angemessene Bezahlung, wie neulich in Karlsruhe moniert wurde. Ein Recht auf “seine” wissenschaftlichen Mitarbeiter hat ein Professor jedoch ebenso wenig wie das seiner exklusiven Stellung im Oberbau. Das Lehrstuhlprinzip ist de jure längst überholt, überlebt aber in Form von teils riesigen Forschungsgebieten. Diese werden in Forschung und Lehre von jeweils einem Professor alleine verantwortlich vertreten und gleichen immer noch dem veralteten Strukturmerkmal der traditionellen deutschen Universität mit klassischem Lehrstuhlprinzip. Dadurch wird die Anzahl der Mitglieder im Oberbau künstlich begrenzt gehalten. Selbstverständlich können und sollten in vielen Fällen in Berufungsverhandlungen dauerhafte wissenschaftliche Mitarbeiter einem Professor zugesichert werden, die dieser dann aber auch unbefristet besetzen darf. Dies wird heute strikt unterbunden, da die Angst besteht, dass irgendwann sein Nachfolger diese “Erblast” nicht tragen will. Das ist faktisch das Lehrstuhlprinzip, denn mit Fortgang oder Emeritierung müssen alle wissenschaftlichen Mitarbeiter in kurzer Zeit entsorgbar sein.

Da jetzt ohnehin W3, W2 und W1 Gehälter neu ausgerichtet werden müssen, sollte die Gelegenheit ergriffen werden, weitere Änderungen umzusetzen.

  • W1 sollte verpflichtend mit Tenure-Track (Entfristung nach positiver Begutachtung) ausgeschrieben werden. 
  • Bei Berufungen auf eine Professur können Juniorprofessoren und Juniorprofessorinnen der eigenen Hochschule nur dann berücksichtigt werden, wenn sie nach ihrer Promotion die Hochschule gewechselt hatten oder mindestens zwei Jahre außerhalb der berufenden Hochschule wissenschaftlich tätig waren.
  • Aufstieg von W1 nach W2 oder direkt nach W3 und von W2 nach W3 darf keinem Hausberufungsverbot unterliegen und muss nach transparenten Kriterien erfolgen. 
  • Hochschuldozenten und Hochschuldozentinnen nehmen ihre schwerpunktmäßig aber nicht ausschließlich in der Lehre obliegenden Aufgaben selbstständig wahr und sind Mitglieder des Oberbaus einer Fakultät.
  • Lehraufträge sind stets im Rahmen von Tarifverträgen zu vergüten und dürfen nur für einen kurzfristigen Bedarf vergeben werden, die Regel sollten Hochschuldozenten sein.

Zentrales Merkmal einer Stelle im Oberbau der Fakultät (“Junior Staff” innerhalb der Gruppe der Hochschullehrer) ist die gebotene Perspektive einer festen oder zumindest planbaren (Track-Verfahren) Zukunft. Der Anteil an solchen Hochschuldozenten/innen und Juniorprofessuren/innen sollte so gestaltet werden, dass annähernd 25% der hauptberuflichen Wissenschaftler an Hochschulen dieser Gruppe angehören, wie dies in anderen Ländern  üblich ist. 

Bis heute werden leider immer neue Umwege gesucht und gefunden, um fehlende Diversifikation im Oberbau zu kompensieren und Karrieremöglichkeiten zu verhindern. Einziger Weg ist der durch den Flaschenhals, was inhärent intransparent wird und ein perfides Vorgehen ist: Starker Eigenantrieb, Leistungsbereitschaft und Engagement werden verantwortungslos ausgenutzt; nur deswegen können Hochschulen sich die fehlende Diversifikation im Oberbau überhaupt leisten.

Dies muss nun zusammen mit den sowieso nötigen Änderungen in den Gehaltsstrukturen der W-Besoldung in Angriff genommen werden.

 

Fußnote

*Dieser Text entstand unter Mithilfe vieler (>12), mir teilweise unbekannter Autoren mit dem Etherpad, einem webbasierten, kollaborativen real-time Texteditor. Es steht unter CC. An dem Text kann weiter gearbeitet werden (leider lädt der Text an manchen Tagen nicht). Er dient als Diskussionsgrundlage und Argumentationshilfe. Viele der Ideen wurden parallel von verschiedenen Seiten unabhängig aufgegriffen (s. Lesetipps unten). Allerdings ist diese Welle nicht neu. Seit den 1970er Jahren ist es in der deutschen Hochschullandschaft nicht gelungen, mehr Diversifikation und Transparenz in die wissenschaftlichen Karrierewege zu bringen. Jetzt ist es an der Zeit. Bitte teilen!

7. Jahrestagung der Gesellschaft für Hochschulforschung (GfHf) zum Thema “Wissenschaft als Beruf – heute. Perspektiven des akademischen Nachwuchses in der Wissensgesellschaft”

Aktuelle Lesetipps

 

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Aktuelle Informationen über die akademische Juniorposition in Deutschland in der facebook-Gruppe 25% akademische Juniorpositionen (seit Feb. 2011) und auf google+ 25% akademische Juniorposition. Eine statische Website mit den zusammengefassten Forderungen ist hier.

 

 

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Markus Dahlem forscht seit über 20 Jahren über Migräne, hat Gastpositionen an der HU Berlin und am Massachusetts General Hospital. Außerdem ist er Geschäftsführer und Mitgründer des Berliner eHealth-Startup Newsenselab, das die Migräne- und Kopfschmerz-App M-sense entwickelt.

16 Kommentare

  1. woran mal erinnert werden sollte

    In den 70er Jahren (als die Unis noch Geld hatten) sind die meisten dieser Forderungen ja durchaus Realität gewesen, vor allem die Hausberufungen. Unter den Folgen haben die Universitäten dann Jahrzehnte gelitten. Und übrgens auch in der DDR waren die meisten dieser Forderungen umgesetzt. Die Folgen sind bekannt.

  2. Hausberufung

    Das Wort Hausberufung trifft letztlich das Problem nicht. Das Problem ist Korruption bei Stellenbesetzung. Das sollte man dann auch so benennen. Dieses Problem mag früher schlimmer gewesen sein, dazu würde ich aber erst einmal Studien sehen wollen.

    Die Forderung auch mal im Ausland wissenschaftliche Erfahrung gemacht zu haben oder zumindest an einer anderen Universität ist eigentlich selbstverständlich. Ich hätte es in den Text allerdings gar nicht eingebracht. Denn ich kann mir durchaus einige Fälle vorstellen, wo davon aus gutem Grund abgewichen wird.

    Solange Berufungen und andere Stellenbesetzungen transparent sind, sollten Hausberufungen einfach möglich sein.

  3. Transparenz

    Es gibt in der Wissenschaft keine transparenten Kriterien. Was anspruchsvolle Wissenschaft ist und was nicht, das wissen letztlich nur die Leute, die selbst im Thema drin stecken. (Über scheinbar objektive Meßzahlen wissenschaftlichen Erfolgs, Stichwort Impact Factor, ist schon viel geschrieben worden, das muß ich hier nicht wiederholen.) Und weil das so ist, daß Beurteilungen immer subjektiv sind, deshalb versucht man eben zumindest allzu starke Interessenkonflikte zu vermeiden und das erreicht man vor allem durch ein Verbot von Hausberufungen.

  4. Hausberufung

    Bin ich noch nicht überzeugt.

    Wie ist das eigentlich in andern Ländern? Soweit ich aus den UK gehört habe, müssen eigene Kandidaten sogar bevorzugt werden, wenn eine passende Stelle frei wird. Bei uns kann dagegen nicht mal jemand von W2 auf W3 (früher C3 zu C4) wechseln, ohne vorher wegberufen zu werden und dann im Rahmen von Bleibeverhandlungen dies auszuhandeln.

    Ich wünschte mir da schon mehr Flexibilität und wenn es transparent ist, kann von mir aus auch eine subjektive Entscheidung vorkommen (bei halbwegs gleichwertigen Bewerbern).

    Es mag von meiner Argumentationslinie etwas verwundern. Jedoch will ich deutlich sagen: es ist etwas völlig anderes, ob wir pauschal Korruption unterstellen, was man mit dem Hausberufungsverbot macht, oder ob wir Korruption in einigen — zu vielen — Fällen im Nachhinein testieren.

    Zumal dieser vorauseilende Gehorsam Korruption gar nicht verhindert sondern nur zu Umwegen zwingt.

    Mir hat man auch mal vorgeworfen, dass meine Bewerbung eine “Hausberufung” sei. Auf einer BAT Ia-Stelle wohlgemerkt. Das war ein von hinten durchs Auge ins Knie geschossenes Argument. Niemand verstand es zu richtig. Hörte sich aber irgendwie gut an. Ja, böse Hausbewerbung. Dieser hinterhältige Vorwurf, dass weder diese Bewerbung noch die Kommission nicht sauber sei, war das eigentlich unverschämte.

    Versuchen sie das mal einem Kollegen im Ausland zu erklären. So wie eigentlich alle meine Kollegen nicht verstehen, was hier sonst noch so gespielt wird.

  5. andere länder

    Wie ist das in anderen Ländern? Nun ja, in vielen anderen Ländern sind Hausberufungen gang und gäbe. Außer eben in denjenigen Ländern wie USA und Frankreich, die (u.a. deswegen) in der Wissenschaft führend sind.

    Wer schon mal in einem der ‘Mehrheits’-Länder war, der wird wissen, was ich meine. Ich habe zum Beispiel ein Jahr an einer spanischen Universität studiert. Die Professoren dort waren alle vorher schon Studenten, Doktoranden, Assistenten an der selben Universität gewesen. Der Effekt war eine sehr starke Fokussierung (auch schon der universitären Lehre) auf ein eng umrissenes Gebiet. Nicht nur in der Forschung wurden Entwicklungen außerhalb des eigenen Gebietes nicht mehr wahrgenommen, selbst die Vorlesungsinhalte unterschieden sich deutlich von anderen Universitäten. Nach 5 Jahren Studium wären die Studenten, selbst wenn sie es gewollt hätten, kaum noch zu einem Wechsel an eine andere Universität in der Lage gewesen.

  6. Hausberufungsverbot verstößt gegen GG.

    Ich sehe das völlig anders. Vielleicht reden wir nur aneinander vorbei. So wie ich die Auslegung des Hausberufungsverbotes kenne, wird sie weder in den USA noch in Frankreich praktiziert. Selbst in Deutschland verstößt sie gegen das Grundgesetz. Dazu unten mehr.

    Zunächst einige Beispiele:

    Wenn Wissenschaftler A an mehreren Unis studiert hat, um es mal ins extrem zu treiben, Vordiplom, Diplom und Promotion hat A an drei verschiedenen Unis U1, U2 und U3 gemacht. Und auch noch im Ausland an Uni4 studiert. Danach hat A noch ein paar Jahre Postdoc im Ausland hinter sich. A kommt dann als Posdoc an eine neue deutsche Uni U5. An dieser Uni U5 kann er nie aufsteigen. Diesen Schwachsinn nennt man Hausberufungsverbot.

    Selbst wenn ein Wissenschaftler, nennen wir ihn B, Juniorprofessor oder W2-Professor ist und eine passende W2 bzw. W3 Stelle wird an der eigenen Universität frei, weil z.B. ein Kollege wegberufen wurde, kann B nicht aufsteigen. Auch diesen Schwachsinn nennt man Hausberufungsverbot.

    Wobei erschwerend dazu kommt, dass A in fast allen Ländern als Wissenschaftler nach 2 (maximal 4) Jahren Posdoc-Erfahrung gar nicht mehr als PosDoc gelten würden, sondern auf einer akademischen Juniorposition landet, wenn man A wirklich haben will. Auf solch einer Position, das ist ja der Titel meines Beitrages, hat A schon eine gesicherte Perspektive mit umfassenden Karrieremöglichkeiten des Aufstiegs.

    Man darf also dass Hausberufungsverbot nicht verkürzt als Instrument sehen, um Leute ohne jegliche auswärtige Erfahrung nicht an der Heimatuniversität zu berufen. Dazu braucht es nur eins: transparente Berufungsverfahren. Sollte also ein Wissenschaftler, nennen wir ihn C, immer an einer Uni gewesen sein, von Vordiplom bis zur Habilitation, dann darf C gegen Wissenschaftler A keine Chance haben, wenn beide sich in ihren sonstigen Leistungen kaum unterscheiden.

    Nun spinnen wir das Beispiel mal weiter. A gelangt also noch 2+2 Jahren Postdoc an Uni U5. Er hat an vier anderen Universitäten studiert und an zwei als Posdoc geforscht. Dort, an Uni U5, hat Wissenschaftler C dagegen seine ganze Ausbildungsphase hinter sich gebracht. Nach der Habilitation ist der endlich noch für zwei Jahre bei dem Kollegen von seinem Doktor- und Habilvater untergekommen und hat etwas “neue” Erfahrung als Postdoc gesammelt. Wer bekommt dann die frei werdende Stelle an Uni5? Klar, Kandidat C, denn für den trifft ja nicht mehr (nach 24 Monaten) das Hausberufungsverbot zu. Selbst wenn A deutlich besser wäre in all seinen sonstigen Leistungen und plus viel mehr Erfahrung, er war leider zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort. Kommt durchaus öfter so oder so ähnlich vor.

    Ich bin überzeugt, wir brauchen schlicht transparente Berufungsverfahren. Das Hausberufungsverbot ist kein geeignetes Instrument. Zumal es dann, wenn es halt sein muss, auch mal umgangen werden kann. Es ist ja kein Gesetzt. Es verstößt sogar gegen das Gesetz. Und zwar gegen unser Grundgesetz, wie oben bereits erwähnt. Dort im Artikel 33, Abs 2 heißt es:

    (2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

    Die Verhinderung einer Hausberufung ist also nichts weiter als ein Merkmal der fehlenden Qualifizierung. Dafür gibt es aber schlicht bessere Kriterien, nämlich solche, die eine umfassende Bewertungen der fachlichen Leistung vornehmen. Dabei kann und sollte man fehlende auswärtige Erfahrung stark gewichten. Aber ein plumpes Instrument in Form einer starren Regelung bringt gar nichts.

  7. In Frankreich wird das so umgesetzt, daß jemand grundsätzlich nicht als Maitre de Conference (Assistenzprofessor) an der Uni angestellt werden kann, an der er promoviert hat. Später bei der richtigen Professur ist es dann im Prinzip wieder möglich, kommt aber natürlich in der Praxis nur selten vor. Wie die Regelungen in der USA genau sind, weiß ich nicht im Detail. Offensichtlich ist es auch dort aber üblich zu wechseln.

    Und wie gesagt, was bitte soll ein transparentes Berufungsverfahren sein? Bei Berufungsverfahren spielen immer die persönlichen (fachlichen) Vorlieben der Kommissionsmitglieder eine Rolle. Das kann man nicht vermeiden und deshalb will man zumindest den schlimmsten Auswüchsen entgegenwirken, also z.B. grundsätzlich verhindern, daß Professoren einen ihrer Schüler als Nachfolger installieren. (Insofern ist auch das Beispiel aus dem viertletzten Absatz unzutreffend. Es ist zwar nicht ausdrücklich verboten, aber doch sehr unüblich, daß jemand Nachfolger seines Doktorvaters werden kann nur weil er mal 2 Jahre als Postdoc irgendwo anders war.)

  8. Transprenz ist möglich.

    Dafür ist man in Frankreich aber Maitre de Conference schon in sehr jungen Jahren (oder halt für immer raus aus diesem System, was auch nicht gut sein muss).

    In den USA ist ja gerade der tenur track die Hausberufung nach einer Evaluaution, die der Habilitation in etwa gleichwertig ist. Das beantwortet dann auch Deine Frage zu einem Teil, nämlich wie man fachliche Leitung beurteilt.

    Selbst wenn es nicht so ausführlich wie bei Habilitation und tenuer-track-Verfahren ist. In Deutschland ist die Berufung oft eine Farce, selbst mit Hausberufungsverbot.

    Bei meiner Bewerbung auf eine W2 an einer Elite-Uni in Süddeutschland, wurden an einem Tag insgesamt 10 Kandidaten eingeladen. Kurzer Vortrag, Interview, etwas in den Räumlichkeiten rumwandern, das war es.

    In Kanada an einer der besten Unis dagegen: Einladung für 3 Tage. An zwei Tagen davon Gespräche mit 11 Fakultätsmitgliedern. Zusätzlich einstündiger Vortrag mit vielen Diskussionen. Dann einstündige Befragung mit der sechköpfigen Auswahlkommision. Ein Mittagessen und ein Abendessen. Am dritten Tag ein Aninstitut besucht und zur Medizin gefahren, wo eine Zusammenarbeit erwünscht war. Dann noch Gespräche, wie man meine Frau unterstützen kann und ob der Sohn denn auf ein Französische Schule gehen mag. Sie wollten schlicht sicher sein, ob man auch wirklich kommt und bleibt!

    So laufen transparente Berufungsverfahren, den neben der Auswahlkommision gucken viele mit darauf, letztlich kann selbst der Dekan dann stark in die Entscheidung eingegriffen.

  9. Nachtrag

    Ein weiteres Beispiel, was ebenso nicht unrealistisch ist:

    Bei kleinen Kommissionen, wie in Deutschland, mit nur vier Professoren, die alle mehr oder weniger eng mit dem Fachgebiet verbunden sind, kann es z.B. auch mal zu einem Tausch kommen: wir nehmen diesen Kandidaten von Uni X, die Uni X nimmt unseren Kandidaten, man macht ja gerade einen Transregio-SFB zusammen. Das mag sogar sinnvoll sein, sollte aber transparent gemacht werden!

    Nicht das Hausberufungsverbot verhindert hier Mauschelleien, sondern sie werden verhindert, wenn mehr als nur die Auswahlkommision auf den Vorgang genau guckt. Und zwar weitere Wissenschaftler vor Ort, nicht das Landesministerium, dass die geheime Dreierliste bekommt und nicht fachliche Leitung prüft, wie ob es eine Hausberufung war.

  10. Ich versteh’ ja nicht, was Sie uns mit diesen ganzen Geschichten sagen wollen. Wenn man Sie zu einem Bewerbungsvortrag nach Kanada eingeladen hat, dann gab es dort doch offensichtlich keine Hausberufung. Daß man einen Gast aus Deutschland nicht nur für einen Vortrag einfliegen läßt, sondern dann 3 Tage dabehält, ist normal (und heißt nicht unbedingt, daß das bei den einheimischen Bewerbern genauso gehandhabt wird).
    Und sicherlich spielen Publikationen und Gutachten eine größere Rolle als der eigentliche Bewerbungsvortrag, so what?

    [Habe noch vergessen, unten kurz auch auf die Frage einzugehen, ob andere Bewerber auch solange unter die Lupe genommen wurden. Soweit ich weiß, waren in dieser Endrunde nur drei Bewerber übrig. Alle führten 11 Einzelgespräche, + Gespräch mit Auswahlkommision, + Vortrag + Abend und Mittasgessen. Ob es an einem oder zwei Tagen war, kann ich nicht sagen. Dass es bei mir sogar drei Tage waren, war der Tatsache geschuldet, dass ich aus Europa kam, das stimmt schon.]

  11. Frage beantwortet.

    Ich habe Ihre Frage beantwortet, “was bitte soll ein transparentes Berufungsverfahren sein.”

    Transparent sind solche Auswahlgespräche, die viele Mitglieder der Fakultät und den Dekan umfassen und nicht nur die Auswahlkommission sich intern trifft und kaum sorgfältig sich externe Bewerber anguckt. Oft geschieht das ja auch an deutschen Hochschulen. Ich will nicht den Eindruck vermitteln, dass es immer korrupt zugeht.

    Nur das Hausberufungsverbot ist völlig überholt. Ein Armutszeugnis den Professoren heute pauschal zu unterstellen, sie könnten gar nicht objektiv urteilen. Sie können und wollen meist. Je mehr beteiligt sind, desto besser.

    Transparent wird es dann auch, wenn nach diesem sorgfältigen auswählen nochmal ein tenure-track-Verfahren, also eine Begutachtung nach 3 Jahren erfolgt. All diese Verfahren können öffentlich gemacht werden.

  12. Es geht ja weniger um Korruption, sondern darum, dass nicht einfach dieselben Forschungsrichtungen ad infinitum weitergeführt werden, selbst wenn sie vielleicht eigentlich keine große Rolle mehr spielen. Deshalb möchte man nicht, dass bei Emeritierung eines Professors einer seiner Schüler zu seinem Nachfolger gemacht wird und deshalb wird das (subjektive) Urteil der auswartigen Gutachter in der Regel mehr Wert sein als der (transparente) Eindruck vom Vorstellungsvortrag.
    Wie gesagt, wenn Sie sich die Länder anschauen, in denen Hausberufungen die Regel sind, dann haben Fachbereicche dort oft eine sehr einseitige Ausrichtung auf irgendein spezielles Forschungsgebiet, das nicht unbedingt noch anderswo viele Leute interessiert.

  13. Interessante Annahme

    “Wie gesagt, wenn Sie sich die Länder anschauen, in denen Hausberufungen die Regel sind, dann haben Fachbereiche dort oft eine sehr einseitige Ausrichtung auf irgendein spezielles Forschungsgebiet, das nicht unbedingt noch anderswo viele Leute interessiert.”

    Das ist sicher richtig und so manches mag ohne Belang oder gar unsinnig erscheinen. Aber vieles interessiert viele Leute solange nicht, bis ein hartnäckiger Spezialist, wider allen Konsens’, etwas Bahnbrechendes entdeckt. So unnütz vieles in der Wissenschaft Ressourcen konsumiert, so wenig läßt sich durch restriktive Verfahren in der Personalbesetzung erfolgreiche Forschung planen. Wenn ein excludierendes Kriterium “Einer aus dem Haus” ist, stellt sich objektiv die (sehr interessante) Frage, inwiefern sich das als so wesentlich erwiesen hat, ob es eine Studie hierzu gibt, die das zu belegen vermag. Vielleicht könnten Sie in diesem Sinne den von mir zitierten Absatz anhand von einem oder zwei Beispielen etwas erläutern.

  14. Studien dazu kenne ich nicht, aber in vielen Ländern ist es einfach der Normalfall, daß Leute vom Grundstudium bis zur Verrentung an derselben Uni bleiben. (Aus eigener Erfahrung kenne ich Spanien.)

    Auch in Deutschland war es ja in den 70er Jahren zeitweise gängige Praxis, daß die Profs ihre eigenen Mitarbeiter auf Professuren befördern. (“Überleiten” hieß das damals und lief natürlich völlig transparent unter Einbeziehung der Gremien.)
    Ich nehme an, jeder dessen Studium mehr als 10 Jahre zurückliegt, erinnert sich noch – oft konnte man schon am Engagement in den Vorlesungen erraten, welche der älteren Profs ‘hausgemacht’ waren und welche nicht.

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