Warum nicht mal etwas tiefer?

Zeitliche Entwicklung der Anzahl aller erfassten Objekte in Erdbahnen.

Alternativer Titel: “Zur Elektrodynamik bewegter Körper”. Heute gibt es mal etwas zum Überlegen, ausgehend von der bekannten Tatsache: Der erdnahe Weltraum wird immer voller.

Zeitliche Entwicklung der Anzahl aller erfassten Objekte in Erdbahnen.
Zeitliche Entwicklung der Anzahl aller erfassten Objekte in Erdbahnen. Quelle: ESA

Das obige Diagramm zeigt, wie sich die Anzahl aller menschengemachten Objekte im Erdorbit seit Beginn der Weltaumfahrt entwickelt hat. Dabei fällt eins auf: Die eigentlichen Nutzlasten (rot) sind hier eindeutig in der Minderheit. Alles andere ist Müll. Auch die ausgebrannten Raketenstufen sind Müll, obwohl sie hier als “Rocket Body”, nicht als “Debris” gelistet sind. Jede Nutzlast wird schließlich zu Müll. 

Müll im Orbit ist ein Problem

 Ein Objekt im Erdobjekt, auch ein winziges, stellt im Falle einer Kollision eine tödliche Gefahr für aktive Satelliten und Raumschiffe dar. Das liegt an der enormen Bahngeschwindigkeit: bei 200 km Bahnhöhe 7.784 km/s (28000 km/h). Alle Objekte haben gewaltige Geschwindigkeiten – die Relativgeschwindigkeit bei einem Aufprall kann also nochmals deutlich höher liegen. 

Die Geschwindigkeit geht zum Quadrat in die kinetische Energie ein – im Orbit kann eine Schraube mit einer Masse von nur 10 Gramm bei einen Aufprall dieselbe kinetische Energie einbringen wie ein zwei Tonnen schweres Auto, das Sie mit 80 km/h rammt. 

In letzter Zeit wird durchaus etwas getan, um die Vermehrung des Mülls aufzuhalten. Ausgebrannte Raketenstufen wurden nach ihrer Mission kontrolliert zum Absturz gebracht, allerdings nur wenn sie im niedrigen Erdorbit sind und selbst dann nicht immer.  Zumindest werden die Tanks geleert und die Batterien passiviert. Auch bei Satelliten wird verstärkt darauf geachtet, dass ihre Verweildauer 25 Jahre nicht übersteigt. 

Leider reicht das mittlerweile auch nicht mehr aus. Wir haben bereits eine Situation erreicht, in der die Anzahl der Einzelobjekte selbst dann noch weiter zunehmen würde, wenn wir von heute auf morgen die Raumfahrt einstellen würden. Hauptgrund sind die alten Oberstufen und Satelliten aus den ersten Jahrzehnten der Raumfahrt, als man noch auf das Müllproblem pfiff. Die haben hypergole Treibstoffreste im Tank, die spontan explodieren, wenn Tanks oder Rohre undicht werden und zwei Treibstoffkomponenten, Brennstoff und Oxidator, zueinander finden. 

Eine einzige solche Explosion macht aus einer intakten Oberstufe eine Wolke aus Tausenden von Trümmern. Auch Kollisionen zwischen Satelliten haben stattgefunden, sowie absichtliche Zerstörungen von ausgedienten Satelliten als Tests oder militärische Drohgebärde. 

Erdnahe Bahnen

Bleiben wir mal in Höhen von weniger als 2000 km Höhe. Dort ist der Müll keineswegs gleichverteilt, sondern es gibt eine starke Spitze im Bereich um 700-900 km. Dort sind viele Erdbeobachtungssatelliten. Und eine weitere bei 1200-1400 km. Der Bereich ist heute stark genutzt für Megakonstellationen. 

Unterhalb von etwa 350 km nimmt die Zahl der Objekte stark ab, und bei 250-300 km findet man so gut wie gar nichts.  Das hat einen physikalischen Grund.

Dichte der Erdatmosphäre (gemittelt über lokale, tageszyklische und jahreszeitliche Effekte) als Funktion der Höhe über dem Geoid für niedrige, mittlere und hohe Sonnenaktivität
Dichte der Erdatmosphäre (gemittelt über lokale, tageszyklische und jahreszeitliche Effekte) als Funktion der Höhe über dem Geoid für niedrige, mittlere und hohe Sonnenaktivität, Quelle: Michael Khan

Man sagt zwar, dass oberhalb von 100 km der Weltraum beginnt, aber so eine Grenze ist immer vollkommen willkürlich. Die Atmosphäre hört nicht einfach auf wie eine Wasseroberfläche. Wie wird mit zunehmender Höhe einfach immer dünner. Zum Atmen reicht das bei 250 km oder auch schon bei unter 150 km oder noch darunter schon lange nicht mehr. 

In 250 km Höhe hat man nur noch rund ein Zehnmilliardstel der Luftdichte an der Erdoberfläche  – mal etwas mehr, mal etwas weniger, je nach Sonnenaktivität. Nicht viel, könnte man meinen. Aber bei orbitaler Geschwindigkeit ist der Luftwiderstand immer noch erheblich. 

Verweildauer im niedrigen, kreisförmigen Erdorbit als Fiunktion der Bahnhöhe über dem Geoid für niedrige, mittlere und hohe Sonnenaktivität, angenommenes Verhältnis von Masse zu Querschnittsfläche: 100 kg/qm
Verweildauer im niedrigen, kreisförmigen Erdorbit als Funktion der Bahnhöhe über dem Geoid für niedrige, mittlere und hohe Sonnenaktivität, angenommenes Verhältnis von Masse zu Querschnittsfläche: 100 kg/qm, Quelle: Michael Khan

Wie stark ein Körper abgebremst wird, hängt von seiner Form und seiner Masse ab. Ein kompakter Körper wie eine Kanonenkugel hält sich viel länger als eine leichte, ausgedehnte Struktur. Hier sieht man die Verweildauer als Funktion der Bahnhöhe und der Sonnenaktivität, berechnet für ein Verhältnis aus Masse und Querschnittsfläche von 100 kg/m2.  Ein doppelt so kompakter Körper mit 200 kg/m2 hält sich doppelt so lange, ein halb so kompakter nur halb so lange.  

Bei 250 km Bahnhöhe ist schon nach 1-2 Wochen Schicht im Schacht. Die Bahnhöhe nimmt kontinuierlich und zunehmend schneller ab, und wenn der Körper bei etwa 100 km angekommen ist, schafft er keinen Umlauf mehr und es geht zunehmend steil abwärts, wobei Reibungswärme und Abbremsung massiv zunehmen. In 60-80 km zerlegt sich das Objekt und es verbrennt großenteils oder bei einer Masse von weniger als einer Tonne sogar komplett,  es sei denn, es waren besonders hitzebeständige Bauteile eingebaut. 

“Very Low Earth Orbit”

Sehr niedrige Bahnhöhen sind also aus Sicht der Müllvermeidung durchaus attraktiv. Sie sind fast müllfrei – das wird auch immer so bleiben. Ein Satellit in einer sehr niedrigen Bahn wird nie zu einem Problem, auch nicht die Oberstufe der Rakete, die ihn dorthin gebracht hat. Wenn er kaputt ist, ist er schon sehr bald wieder unten – nach Tagen, nicht Jahren, Jahrzehnten oder Jahrhunderten oder noch längerer Zeit, wie es bei hohen Bahnen üblich ist. 

Nachteilig ist natürlich, dass aus der niedrigen Bahn sehr viel weniger von der Erde zu sehen ist als aus der hohen. Man braucht also mehr Satelliten. Andererseits ist die Auflösung der Instrumente für die Erdbeobachtung in niedriger Höhe deutlich besser – man kommt also mit kleinerem Instrumenten aus. Für Kommunikationssatelliten, insbesondere solche für schnelles, globales Internet, ist die geringere Funkstrecke und kürzere Signallaufzeit von Vorteil. 

Man hätte es also mit mehr, dafür aber kleineren und einfacheren Satelliten zu tun. Das liegt voll im Megatrend: weg von teuren, massiven Einzelstücken und hin zu massenproduzierter Miniaturisierung. 

Könnte man also alle Anwendungen in solchen Bahnhöhen realisieren? Bestimmt nicht. Aber viele eben schon. Alles, was die Zunahme langlebigen Mülls im hohen Orbit vermeiden hilft, ist hochwillkommen. 

OK, und wo ist der Haken?

Der Vorteil der schnellen Selbstreinigung der niedrigen Höhenbereiche ist zugleich auch ein Nachteil. Nicht nur Müll wäre schnell wieder unten, sondern auch aktive Satelliten. Der Luftwiderstand macht keinen Unterschied zwischen nützlich und unerwünscht. 

Es wäre also zwingend erforderlich, der Abbremsung und damit der Absenkung der Bahn kontinuierlich entgegenzuwirken. Dazu braucht man einen Antrieb. 

Kraft auf eine Fläche von 1 qm durch den Luftwiderstand auf niedrigen Erdbahnen
Kraft auf eine Fläche von 1 qm durch den Luftwiderstand auf niedrigen Erdbahnen, Quelle: Michael Khan

Die Luftwiderstandskraft hängt von der Bahnhöhe und der aerodynamischen Querschnittsfläche des Objekts ab. Und natürlich von der Sonnenaktivität. Bei hoher Aktivität kann in 250 km Bahnhöhe eine Kraft von gut 10 mN (0.01 N) wirken. Bei 200 km wären es schon mehr als 30 mN.

Diese Kraft wirkt kontinuierlich. Den Raumfahrer interessiert aber das Geschwindigkeitsinkrement (“delta-v”), denn daraus ergibt sich der Treibstoffverbrauch. Übers Jahr gemittelt sollte man nicht die hohe Sonnenaktivität annehmen. Bei mittlerer Aktivität ist die Dichte und damit der Luftwiderstand nur halb so groß. 

Unser täglich’ delta-v gib uns heute …

Sagen wir also 0.005 N auf 1 m2 Querschnittsfläche bei 250 km Höhe. Angenommen, die Masse des Satelliten beträgt 100 kg. Dann ist die Beschleunigung 0.005 N / 100 kg = 0.00005 m/s2. Da diese Beschleunigung kontinuierlich wirkt, haben wir an einem Tag ein delta-v von 0.00005 m/s2 * 86400 s = 4.32 m/s. Das klingt erst einmal nicht dramatisch, aber: 

  • Bei hoher Sonnenaktivität wäre das tägliche delta-v schon doppelt so groß
  • Im nur einem Jahr hätte man schon 1577 m/s, allein um die Höhe zu halten. Um das Maximum des Sonnenzyklus herum nochmals deutlich mehr

Mit konventionellen Antrieben ist das nicht sinnvoll zu machen. Bei einem delta-v-Bedarf über die Mission von Tausenden m/s wäre der Satellit da nur noch ein fliegender Treibstofftank. Man braucht also beispielsweise einen Ionenantrieb, um zumindest den Treibstoffverbrauch im Griff zu behalten. 

Allerdings handelt man sich dann sofort das nächste Problem ein: Ionenantriebe brauchen elektrischen Strom, und nicht zu knapp. Das bedeutet: große Solargeneratoren, und damit ordentlich Systemmasse und auch mehr Luftwiderstand. Also braucht man einen stärkeren Ionenantrieb …

Antrieb ohne Treibstoffverbrauch?

Kann man denn keinen Impuls aufbringen und den Satelliten entgegen der atmosphärischen Abbremsung beschleunigen, ohne dafür Treibstoff mitbringen zu müssen? Das geht schon – zumindest gibt es da zwei Ansätze:

Wenn eine Ladung in einem elektrischen oder magnetischen Feld senkrecht zu der Richtung der Feldlinien bewegt wird, dann wirkt die Lorentzkraft. Deren Richtung ist senkrecht zu den Feldlinien und der Bewegungsrichtung der Ladung. Die Richtung der Feldlinien ist hier schematisch dargestellt:

Schematische Darstellung des Verlaufs der Feldlinien im Erdmagnetfeld, hier vereinfacht modelliert als Stabmagnet, Quelle: Wikipedia
Schematische Darstellung des Verlaufs der Feldlinien im Erdmagnetfeld, hier vereinfacht modelliert als Stabmagnet, Quelle: Wikipedia

Der Satellit müsste mit einem bis zu mehrere Kilometer langen leitenden Kabel ausgestattet sein. Im technischen Sprachgebrauch sagt man “electrodynamic tether”; ein deutsches Wort dafür ist mir nicht bekannt. So ein “tether” wird in der zukünftigen Praxis ein hauchdünnes, elektrisch leitfähiges Band mit einer Breite von wenigen cm und einer Masse von nur wenigen Kilogramm pro km. 

Am einen Ende ist der “tether” abrollbar mit dem Satelliten verbunden. Am anderen Ende sitzt zumeist eine kleine Gegenmasse, die die Anode des Systems darstellt und über die Elektronen in den “tether” aufgenommen werden. Die Elektronen fließen durch den “tether” zum Satellite und werden dort wieder abgegeben. Dazu muss elektrische Leistung aufgebracht werden – der Satellit muss über entsprechend leistungsfähige Solargeneratoren verfügen. 

Schematische Darstellung eines Satelliten mit stromdurchflossenem Tether, durch dem im Magnetfeld der Erde eine Lorentzkraft induziert werden soll (hier zum Anheben der Bahn)
Schematische Darstellung eines Satelliten mit stromdurchflossenem Tether, durch dem im Magnetfeld der Erde eine Lorentzkraft induziert werden soll (hier zum Anheben der Bahn), Quelle: Michael Khan

Wegen seiner großen Ausdehnung wird der “tether” die Dynamik des  Satelliten dominieren – er wird eine radiale Ausrichtung annehmen, entweder mit der Anode in Richtung Erde oder in die entgegengesetzte Richtung. Die Elektronen können deswegen nur in radialer Richtung fließen.

Um den Satelliten zu beschleunigen und der Antriebskraft entgegenzuwirken, müssen die Feldlinien senkrecht zur Bahnebene stehen, wenn die Ausrichtung des Tethers in der radialen Achse festliegt. Das kann allerdings problematisch sein, wie die schematische Darstellung weiter oben zeigt. Bei einer polaren Bahn ist dieser Fall nie gegeben. Idealerweise müsste die Bahnneigung niedrig und die Bahnebene nahe dem magnetischen Äquator (und damit auch der geografischen Äquatorebene liegen). Das ist allerdings bei Erdbeobachtungssatelliten und auch bei einer Megakonstellation für Datendienste kaum der Fall. Also haben wir schon hier eine erhebliche Einschränkung der Nutzbarkeit dieses Antriebs.

Der “tether” ist zwar nur ein schmales Band, dafür aber sehr lang. Es kommt damit eine erhebliche Querschnittsfläche zusammen und damit trägt der “tether” erheblich zum Luftwiderstand bei. Das lässt an der Eignung für sehr niedrige Bahnen zweifeln. So um 350 km Höhe sieht es schon besser aus. Dort ist aber auch der delta-v-Bedarf rund eine Größenordnung geringer als bei 250 km Höhe, sodass der Nutzen des “tether”-Antriebs gegenüber den Ionentriebwerken deutlich abnimmt.

Es gibt da auch noch ein paar weitere technische Probleme, was das saubere Ausrollen des langen tethers angeht sowie die Resistenz des Materials gegen atomaren Sauerstoff (ATOX). Das zumindest wird man aber wohl irgendwie lösen können – es ist ein technisches Problem, aber kein grundsätzliches. 

Nice try, und weiter?

Fassen wir zusammen: Ionentriebwerke für ganz niedrige Bahnen könnten am erforderlichen Delta-v scheitern, es sei denn, kurze Missionsdauern sind akzeptabel. Die “tether”-Technologie könnte ein grundsätzliches Eignungsproblem haben. 

Was gibt’s noch für Möglichkeiten?

Zumindest theoretisch käme die Nutzung der Atmosphäre selbst infrage, sofern es möglich ist, Ionen aus der Exosphäre in einem elektrischen Feld gerichtet zu beschleunigen und so ausreichend hohen Schub zu erzeugen. Dieses Verfahren würde nur in tiefen Bahnen funktionieren, weil man eine ausreichend hohe Teilchendichte braucht. das Stichwort ist ABEP: “Atmosphere Breathing Electric Propulsion”. Ich kann nicht viel zum aktuellen Status der Entwicklung sagen, aber dies ist das einzige mir bekannte Funktionsprinzip, das sich für sehr niedrige Bahnen grundsätzlich eignen könnte. 

Oder hat jemand eine andere Idee? Dann immer her damit!

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Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

23 Kommentare

  1. Die Idee der Atmosphere-breathing electric propulsion bei der Gas-Moleküle und Atome, die es in der Flughöhe des Satelliten noch gibt, ionisiert und dann in einem Ionentriebwerk beschleunigt werden, wird nach ersten Laborversuchen 2017 in Italien nun sowohl von der ESA, als auch von der NASA weiterverfolgt und weiterentwickelt mit dem Ziel langlebige Satelliten in sehr tiefen Umlaufbahnen zu ermöglichen und das sowohl für die Erde als auch für den Mars. Mir scheint dieses Flug- und Antriebsprinzip in dem Restgase in Flughöhe als Brennstoffe dienen, sehr vielversprechend, weil man selbststabilisierende Flugbahnen erhält: Je tiefer der Satellit sinkt, desto mehr Restgase und desto mehr Schub durch Ionisierung und Beschleunigung dieser Restgase. Umgekehrt ist in einer höheren Flugbahn weniger Schub zu gewinnen. Es resultiert eine Flughöhe konstanten atmospärischen Restdrucks. Das scheint mir schon einmal ein Vorteil gegenüber dem anderen hier dargestellten Prinzip, dem electric tether, welches eine lange, stromdurchflossene Antenne benutzt, die sich am Erdmagnetdeld abstösst. Ein weiterer Vorteil der Atmosphere-breathing electric propulsion ist die kompakte Bauform gegenüber electric-tether-Satelliten, denn mit Atmosphere-breathing electric propulsion angetriebene Satelliten werden am besten tropfenförmig, also windschlüpfig gebaut, was unter anderem auch den Vorteil hat, dass sie weniger ausgedehnt sind und damit weniger häufig mit anderen Satelliten kollidieren. Electric tether Satelliten dagegen sind ausgedehnte Objekte mit einer dementsprechend höheren Kollisionswahrscheinlichkeit.

    Die tiefe, erdnahe/planetennahe Flughöhe von Atmosphere-breathing electric propulsion Satelliten hat für Anwendungen wie Erdbeobachtung und Kommunikation den Vorteil der Erdnähe was zu besserer Bildauflösung bei der Erdbeobachtung und zu kürzeren Kommunikationswegen, zu geringerer Latenzzeiten bei Kommunikationssatelliten führt. Dem gegenüber steht die geringere Erdfläche, die pro Satellit erreichbar ist, was bedeutet, dass es sehr viele Satelliten braucht um die gesamte Erdoberfläche abzudecken. Meiner Meinung wäre es deshalb von Vorteil, wenn solche tieffliegenden Atmosphere-breathing electric propulsion Satelliten mehrere Aufgaben aufs Mal übernehmen würden: wenn sie also sowohl der Erdbeobachtung als auch der Kommunikation dienten. Heutzutage bedeutet das nicht unbedingt grössere Satelliten, denn die Miniaturisierung schreitet auch heute noch voran: wozu es gestern einen hausgrossen Satelliten brauchte, dafür genügt heute ein schuhschachtelgrosser Satellit.

    • Man muss sich der Tatsache bewusst sein, dass die Verwendung von “Atmosphere Breathing Electric Propulsion” sich auf die gesamte Auslegung des Satelliten auswirkt. Nicht nur muss der Antrieb funktionieren – der gesamte Satellit muss quasi um den Antrieb herum gebaut werden. Aber trotzdem muss der Satellit auch noch eine wissenschaftliche, militärische oder kommerzielle Funktion erfüllen.

      Von den Möglichkeiten der Miniaturisierung macht man sich oft übertrieben optimistische Vorstellungen. manche Dinge kann man stark miniaturisieren, aber beispielsweise Radarantennen für einen gewisse Frequenz oder Objektive einer gewünschten Auflösung haben von vorneherein gewisse Abmessungen, die von der Physik diktiert werden.

      Zwar ist richtig, dass beispielsweise bei 200 statt 800 km Flughöhe ein Viertel der Brennweite ausreichend sein kann und die Funkfelddämpfung um den Faktor 16 sinkt, sodass die betreffenden Instrumente kompakter werden und auch ihr Stromverbrauch sinkt. Das aber ist etwas anderes als Miniaturisierung. Nicht vergessen werden sollte dabei, dass man dann eben auch sehr viel mehr Satelliten braucht, um dieselben Dienstie anbieten zu können.

  2. Ich habe keine (andere) Idee – schon weil ich nicht “vom Fach” bin. Manchmal allerdings frag´ ich mich, ob dieser (bewundernswerte – nicht pejorativierend gemeint) technische Fortschritt wirklich “zielführend” ist. Jedenfalls erinnerte mich Ihr blog post an diesen Artikel: Link

    • Ich weiß nicht so recht, worauf Sie hinaus wollen. Bei der bemannten Raumfahrt fällt halt alles eine Nummer größer aus. Das hat aber mit dem Thema des Blog-Artikels nichts zu tun.

  3. @Lebensdauer

    1. Kommt man denn nicht damit hin, dass die Satelliten für 10 bis 20 Jahre konzipiert werden, und die Höhe der Umlaufbahn genau so eingestellt ist, dass sie nach dieser Frist genau bei etwa 250 km Höhe ankommen, um sich dann innerhalb eines Jahres selbst zu entsorgen.

    Auch die Teile der Trägerrakete würden sich dieser Frist anpassen, und so wäre das Müllproblem zumindest reduziert.

    Man hätte also Anfangs eine relativ hohe Umlaufhöhe, die sich während des Betriebs immer weiter absenkt, und könnte die Funktion des Satelliten darauf abstimmen. Wenn es etwa um Internet für überall geht, wäre das wohl kein Problem, und Erdbeobachtung wäre eben anfangs mit größerem Blickwinkel, später dann mit höherer Auflösung zu nutzen.

    2. Oder wenn man eine Art Bremsfallschirm einbaut, der am Ende der vorgesehenen Betriebszeit aufgespannt wird, und mit der entsprechenden Bremsfläche das Problem in Monaten lösen kann?

    • @Tobias Jeckenburger (Zitat): Kommt man denn nicht damit hin, dass die Satelliten für 10 bis 20 Jahre konzipiert werden, und die Höhe der Umlaufbahn genau so eingestellt ist, dass sie nach dieser Frist genau bei etwa 250 km Höhe ankommen, um sich dann innerhalb eines Jahres selbst zu entsorgen.
      Natürlich kann man das, aber eben nur für bestimmte Missionen, solche in denen man entweder sehr viele Satelliten einsetzt, damit jeder Punkt der Erde mindestens von einem Satelliten jederzeit abgedeckt ist (bei Telekommunikation wichtig) oder solche, die über lange Zeiträume und viele Bilder ihre Informationen über die Erdoberfläche sammeln.

      Oft wünscht man sich aber einen viel grösseren Überblick über die Erde und damit einen grösseren Abstand. Wenn sie beispielsweise ein Signal von der Westküste der USA zur Ostküste übertragen wollen, wäre in vielen Fällen ein geostationärer Satellit das Ideale. Die Art der Mission bestimmt auch oft die Bahnhöhe.

      Ein grosser Nachteil von tiefen Umlaufbahnen ist die Lichtverschmutzung des Himmels, des Sternenhimmels, denn tieffliegende Satelliten werden in der Dämmerungsphase von der Sonne angestrahlt und erscheinen dann als grosse Lichtflecken am Abend- oder Morgenhimmel. Astronomen sind darüber gar nicht erfreut, denn diese Lichtflecken sind oft heller als die hellsten Sterne und wenn dann der gesamte Himmel davon durchsetzt ist, können sie ihre Aufnahmen gleich wegschmeissen.

      • Gerade sehr tiefe Bahnen reduzieren das Problem der Lichtverschmutzung. Je tiefer die Bahn liegt, desto wahrscheinlicher ist es, dass ein Satellit, der über einen nächtlichen Ort auf der Erde hinwegfliegt, sich auch im Erdschatten befindet.

        Die Bahnen in größeren Höhen sind da viel problematischer.

        Wer das nicht glaubt, möge sich die geometrischen Verhältnisse anhand einer kleinen Handskizze veranschaulichen.

        • Zitat: Gerade sehr tiefe Bahnen reduzieren das Problem der Lichtverschmutzung.
          Stimmt. Nicht aber bei den heute tiefsten Bahnen für Telekomm-Megakonstellationen wie Starlink. Die liegen bei etwa 500 km über Grund, denn gemäss Satellite Orbital Lifetimes hat ein “durchschnittlicher” Satellit auf 400 km Flughöhe nur eine Lebenszeit von 1 Jahr, dann holt ihn der Widerstand der Restatmosphäre wieder vom Himmel. Bei 500 km Flughöhe hält sich der Satellit dann 10 Jahre am Himmel. Bei dieser Höhe ist der Satellit aber 4 Stunden nach und vor Dämmerung noch am Himmel als von der Sonne beleuchteter Fleck zu sehen – allerdings nur wenn er nahe am Horizont ist.
          Insgesamt scheinen Satellitenmegakonstellationen nur einen bestimmten Teil der Astronomie zu beinträchtigen und auch nur im Himmelsbereich bis 30 Grad über dem Horizont. Dies kann man der Studie Impact of satellite constellations on astronomical observations with ESO telescopes in the visible and infrared domains entnehmen. Dort liest man:

          Die Anzahl der beleuchteten Satelliten der grossen Satellitenkonstellationen über dem Horizont eines Observatoriums reicht von ca. 1600 unmittelbar nach Sonnenuntergang, abnehmend auf 1100 am Ende der astronomischen Dämmerung, die meisten davon (∼85%) in der Nähe des Horizonts (unter 30° Elevation)…. Der von Satelliten verursachte Lichtschweif (bei Flares) würde einen kleinen Teil (unter 1 %) der Teleskopaufnahmen ruinieren. …
          Allerdings würden Weitwinkelaufnahmen und lange Belichtungen mit mittlerem Feld in den ersten und letzten Stunden der Nacht auf dem 3%-Niveau beeinträchtigt werden. Darüber hinaus wären ultra-breite Bildaufnahmen an einem sehr großen Teleskop (wo die Sättigung der Satellitenspuren einen ruinösen Effekt auf die Detektoren hat, wie z.B. am Vera C. Rubin Observatory der National Science Foundation, früher bekannt als LSST), signifikant betroffen, wobei 30-40% solcher Aufnahmen während der ersten und letzten Stunden der Nacht beeinträchtigt wären.

  4. Die einfachste Atmosphere Breathing Electric Propulsion wäre der Ionenwind des Biefeld-Brown-Effekts.
    Im MIT hat man sogar ein kleines Modellflugzeug damit angetrieben.
    Der Biefeld-Brown-Effekt funktioniert zwar nicht im Vakuum, aber stark verdünnte Luft stört ihn nicht.
    Natürlich ist die Energieversorgung auch hier ein Problem.
    Man müsste die Flächen der Solarzellen immer parallel zur Flugrichtung ausrichten.
    Am besten verwendet man die Solarzellen als Schwanzflossen, die den Satelliten von selbst ausrichten.

  5. @ Michael Khan – gestern – 21:40

    Wie gesagt: Ich bin nicht vom Fach. Sie haben also wohl recht – insf. ich mich für das relativ unangebrachte posting entschuldige.

    Die Absatzüberschrift ** Müll im Orbit ist ein Problem ** ließ mich den verlinkten Artikel assoziieren. Der Satz aus ihm According to the European Space Agency, around 34,000 objects larger than 3.9 inches (10 cm) are currently in orbit around Earth […] hat ja eine gewisse Verbindung zu Ihrem Diagramm Count evolution by object type.

    (Danke auch für die Korrektur meines Flüchtigkeitsfehlers).

    • Gerade der Fall der Batterie der ISS ist ein Beispiel für verantwortungsvollen Umgang mit Weltraummüll. Müll im Orbit ist zwar generell ein Problem. Aber nicht jeder Müll ist in gleichem Maße problematisch.

  6. Auch im niedrigen Erdorbit (per Definition unter 2000 km Bahnhöhe) macht es noch sehr viel aus, wie hoch die Bahn ist, weil die Umlaufperiode von der Bahnhöhe abhängt.

    Für die Erdbeobachtung ist es wichtig, wie oft der Satellit eine Lokation überfliegt.

    Für das Funktionieren einer Megakonstellation für den Datenverkehr ist es eminent wichtig, dass die Umlaufperiode aller beteiligten Satelliten genau aufeinander abgestimmt sind.

    Das ist einfach so, auch wenn das dem einen oder anderen unwichtig erscjeinen mag.

    Aktuell gilt die (allerdings nicht zwingende) Anforderung einer orbitalen Lebensdauer von maximal 25 Jahren, zusammen mit noch ein paar anderen Anforderungen. Dieser Wert ist eigentlich schon zu hoch – aber es ist gut, wenn zumindest das schon einmal eingehalten werden würde.

    Um eine solche Lebensdauer zu erreichen, sollte man eigentlich keinen Satelliten höher als rund 525 km starten. Der schlimmste Fall ist dabei, wenn ein Satellit gleich von vorneherein kaputt ist und gar nicht in Betrieb genommen werden kann. Dann werden auch seine Solargeneratoren nicht ausgefahren und er hat einen viel kleinere aerodynamischen Querschnitt. Auch solche Objekte sollen die Regelungen zur Müllreduzierung einhalten.

    Was man heute macht, beispielsweise für die Starlink-Konstellation, ist der Start in eine niedrigere Bahn. Die kaputten Satelliten kommen dann innerhalb der Frist wieder herunter. Die anderen werden mit dem Bordantrieb in ihre Zielbahn angehoben und nach Ablauf ihrer Einsatzdauer wieder abgesenkt. Eine Vergrößerung des aerodynamischen Querschnitts dergestalt, dass sie aus 1000 km und höher schon in 25 Jahren wieder unten sind, ist nicht realistisch.

    Wenn man jetzt alle Satelliten auf niedrigeren Bahnen betreiben würde, von denen sie innerhalb von 25 Jahren von selbst abstürzen, dann bräuchte man viel mehr Satelliten, weil tiefer fliegende Satelliten einen kleineren Kreis auf der Erdoberfläche abdecken. Das würde ein ziemliches Gedränge geben. Im Fall einer Kollision könnten durchaus Trümmerteile in höhere Bahnen geschossen werden, in denen ihre Lebensdauer viel länger ist.

    Idealerweise sollte man alle Satelliten, deren Mission aus sehr niedrigen Bahnen erfüllt werden können, auch auf sehr niedrigen Bahnen positionieren. dazu braucht man allerdings einen Antrieb, der in sehr niedrigen Bahnen einsetzbar ist.

    Alle anderen sollten so betreiben werden, dass das Risiko der Müllgenerierung minimiert ist. Ferner sollte man Raumschlepper einsetzen, die kaputte Satelliten reparieren oder in tiefere Bahnen transportieren (Stichworte: “Active Debris Removal” und “In Orbit Servicing”.

    • Ja, da steht praktisch alles wichtige über Satelliten-Megakonstellationen.

      Diese bringen in der Tat ganz neue Möglichkeiten sowohl der Erdbeobachtung (350 km Abstand ist deutlich besser als 1000 km) als auch der Telekommunikation: die zweite Generation der Starlink-Satelliten beispielsweise wird untereinander per Laser kommunizieren, sie wird die 3-fache Kapazität und eine viel höhere Datenrate als die heutigen besitzen und sehr kurze Latenzzeiten bieten, so dass selbst innerhalb den USA Starlink schneller verbinden wird als Glasfaser. Von SpaceX wurden im Juni 2020 um Erlaubnis für 30’000 Satelliten dieser zweiten Generation gebeten mit folgender Gruppierung: 3 Mal 7000 Satelliten in Orbits von 328, 334 und 345 km Höhe, 4000 Satelliten in 499 km Höhe und 2000 in 373 km Höhe.

      SpaceX hat übrigens auf die Proteste aus Astronomiekreisen reagiert indem es zuerst Batches von Dark-Sats in den Orbit schickte, was allerdings wenig half um die Lichtverschmutzung zu reduzieren. Doch die allerneuesten Satelliten haben ein reflektierendes Visier (Visor-Sats), das bei geeigneter Ausrichtung des Satelliten die Sonnenstrahlen ins All zurückreflektiert und womit die Helligkeit der Starlink-Satelliten um eine bis zwei Magnituden zurückging. Mehr dazu findet man im Artikel Astronomy Faces A Mega-Crisis As Satellite Mega-Constellations Loom von Ethan Siegel. Dort liest man auch, dass Starlink nur die erste Megakonstellation von mehreren angekündigten ist und dass keiner der künftigen Betreiber die Forderung der Astronomen beantwortete, keine Satelliten über 600 km Höhe zu betreiben und eine Satellitenhelligkeit kleiner als Magnitude 7 zuzusichern.

      • Auf die Problem für die Astronomie gehe ich nicht ein, da das mit dem Thema des Blogartikels nichts zu tun hat.

        Nur so viel, weil das noch mit der Diskussion um VLEO-Bahnen zu tun hat: Es ist keineswegs so, dass für die Erdbeobachtung generell niedrige Bahnen vorteilhafter sind als hohe. Es gibt eben nicht nur die Anforderung nach hoher Instrumentenauflösung.

        Dann wäre die Sache klar, aber so einfach ist es nicht. Es geht auch um die Dauer der Überflüge (und damit verbunden, die Dauer der Kommunikation mit der (idealerweise nur einer) Bodenstation, Zeit zwischen konsekutiven Überflügen, Gesamtabdeckung der Erdoberfläche, Überlappungsgrad benachbarter Überflüge. Kuz gesagt, es geht um eine Gesamtpaket, bei dem teilweise widersprüchliche Anforderungen optimal erfüllt werden.

        Am Ende kommt nun einmal eine deutliche Präferenz für Höhen von 750-850 km ‘raus, was man daran ablesen kann, dass sich dort vor allem Erdbeobachtungssatelliten tummeln.

        Astronomen (hier und im folgenden bitte ich, die weiblichen Endungen hinzuzudenken) sind Wissenschaftler, aber die vielen vielen Klimatologen, Wetterkundler, Geologen, Glaziologen, Ozeanologen, Mineralogen, Biologen etc. sind auch Wissenschaftler. Zudem sind ausnahmslos alle Astronomen immer noch Erdbürger und müssten somit grundsätzlich, so wie wir alle, ein ureigenes Interesse an optimaler satellitengestützter Erdbobachtung haben.

        • @Michael Khan: Ja, vieles spricht für Erdbeobachtungs-Satelliten in grösserer Höhe, am meisten aber wohl die Kosten, denn es braucht viel grössere Satellitenflotten um die Überflugsdichte, die Gesamtabdeckung und den Überlappungsgrad den man mit Satelliten in 750 km Höhe erreicht, auszugleichen mit Satelliten in 450 oder weniger Kilometer Höhe. Die Kosten steigen aber auch wegen der kürzeren Lebenszeit dieser Tiefflieger.
          Gemäss The benefits of very low earth orbit for earth observation missions haben VLEO-Erdbeobachtungssatelliten (<450km Höhe) aber folgende Vorteile: 1) grössere Auflösung bei kleinererm Satellitengewicht 2) Besseres Signal-Rausch-Verhältnis (Lidar,Radar) 3) Bessere GPS-Lokalisation 4) billigere Kommunikationshardware 5) kleinere Startkosten des Satelliten/des Satellitenpakets (mehre Satelliten pro Start)

          In anderen Arbeiten zu VLEO-Erbeobachtungssatelliten liest man noch, die Satellitenform sei wichtig um die Lebenszeit zu erhöhen und eine kürzere Lebenszeit habe auch den Vorteil, dass Satelliten technisch mehr up-to-date seien, weil jede Satellitengeneration auf die neuesten technologischen Entwicklungen reagieren kann.

          Noch eine Frage: Sie schreiben, es komme auch auf die Dauer der Kommunikation mit der (idealerweise nur einer) Bodenstation an.
          Wie wird das heute gehandhabt. Übermitteln die Erdbeobachtungssatelliten unmittelbar das was sie detektieren oder benutzen sie einen Zwischenspeicher, dessen Inhalt dann beim Überflug der Bodenstation übermittelt wird?

          • Radar ist ein besonderer Fall, weil die Signalstärke von der vierfachen Potenz des Abstands abhängt. Da ist wirklich die geringere Bahnhöhe meist durch nichts anderes mehr zu toppen. Bei passiven Sensoren wie Kameras oder Spektrometern ist der Fall nicht so klar. Das mag in manchen Papers, gerade solchen mit ganz vielen Autoren, anders stehen, aber gerade bei solchen Papers bin ich eher vorsichtig. Natürlich bringt eine Rakete mehr in eine niedrigere Bahn als in eine hohe – das ist ein Gemeinplatz. Aber so dramatisch is der Unterschied nicht und er muss immer in Zusammenhang mit anderen Kostenfaktoren gesehen werden.

            Natürlich ist die Satellitenform bei niedrigerer Bahnhöhe wichtig, wie bereits diskutiert. Das ist ein Kostenfaktor. Jede zusätzliche Randbedingung macht die System teurer.

            Zu Ihrer Frage:

            Bei aktuellen Satellitenmissionen ist es so, dass so wenig Bodenstationen wie möglich genutzt werden, idealerweise eine. Bei einem Satelliten im sonnensynchronen Orbit eine, die weit nördlich oder südlich ist, damit man sie auch auf jedem Orbit überfliegt. Das geht aber nicht in allen Fällen. Wie auch immer, im Massenspeicher des “Data Handling System” muss eine große Menge Daten, die in dem einen Umlauf oder den mehreren seit dem letzten Download angefallen sind. Diese werden zeitversetzt heruntergeladen.

            Ich denke mir aber, dass dies nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann. In der Zukunft, bei Verfügbarkeit von Megakonstellationen, wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit so sein, dass Erdbeobachtungssatelliten einfach nur Kunden eines Konstellationsbetreibers sein werden und ihre Daten per Inter-Satellite-Link in Fast-Echtzeit verfügbar machen werden.

            Auch das ist nichts Neues. Data Relay-Satelliten im geostationären Orbit gibt es schon seit langem. Das ist allerdings noch deutlich komplizierter in der Handhabung als die Kommunikation mit einer Megakonstellation, denn bei letzterer braucht ein Nutzer nicht mehr zu wissen, welchen Kommunikationssatelliten er anfunken will und in welcher Richtung der gerade steht – er wählt sich einfach im System ein und schickt seine Daten ab.

    • @The Karl Bednarik:

      Ganz genau – GOCE ist das Paradebeispiel für einen Satelliten, der von Grund auf für niedrige Bahnhöhe ausgelegt ist.

      Das fängt bei den Solargeneratoren an, die, wie Sie vorher schrieben, parallel zu der Flugrichtung ausgerichtet sein müssen. Sonst hätte GOCE nicht funktioniert. Das ist beileibe keine Nebensache: Aus dieser Anforderung folgt zwingend die Orientierung der Bahn: Es MUSS eine sonnensynchrone Dämmerungsbahn sein, keine andere Bahn würde funktionieren.

      Die wissenschaftlichen Messungen GOCEs funktionieren im Dawn-Dusk-SSO, weil z.B. keine Kameras an Bord waren, die die beleuchtete Erdoberfläche sehen müssen. Bei optischen Instrumenten würde das nicht gehen, bei Radarmessungen schon.

      Auch die Form von GOCE musste sich komplett den Anforderungen der niedrigen Bahn unterordnen. Das wäre bei einem Radarsatelliten mit seiner zwangsläufig sperrigen Antenne schon ein Problem.

      Fazit: mit der Entwicklung eines geeigneten Antriebs ist man noch lange nicht aus dem Wald. Das ist nur eine von vielen Baustellen.

      • Bei einer sonnensynchronen Mittagsbahn und waagrecht liegenden Solargeneratoren ist der Auftreffwinkel der Sonnenstrahlung während eines Viertels der Umlaufzeit größer als 45 Winkelgrade.
        Man würde also für die andere Zeit Batterien benötigen.
        Andererseits will man vielleicht ohnehin den beleuchteten Teil der Erde beobachten.

        • Realistischerweise kommen für so niedrige, angetriebene Bahnen, bei denen man eben viel Strom für den Antrieb braucht, nur sonnensynchrone Dämmerungsbahnen infrage. Die sind bis auf eine überschaubare Phase im Jahr frei von Schattendurchgängen, und die Solargeneratoren bieten der Anströmung permanent geringstmöglichen Widerstand, kriegen aber immer Sonnenlicht ab. Die Richtung der auftreffenden Sonnenstrahlen kann allerdings jahreszeitlich um 30 Grad von der Senkrechten abweichen. Das muss man hinnehmen.

          Eine Mittags-Mitternachtsbahn, oder eigentlich auch jede andere sonnensychnrone Bahn aus der der Dämmerungsbahn, sehe ich als nicht machbar. Zum einen, weil der Satellt bis zu 40% der Zeit im Erdschatten sein könnte, zum anderen weil entwder die Solargeneratoren viel Widerstand erzeugen oder zeitweise nur unter flachem Winkel beschienen würden und dann auch nur wenig elektrische Leistung erzeugen.

          Man braucht aber viel Strom zum Betrieb des Antriebs, sonst geht’s zügig abwärts.

  7. Anmerkung zur ESA-Mission GOCE: Ich habe damals zum Absturz des Satelliten gebloggt, der am Ende seiner aktiven Zeit bei 224 km Höhe betrieben wurde. (Link)

    Zwischen “der Sprit ist alle” und “GOCE ist abgestürzt” lagen 20 Tage.

  8. Eine Idee: Im Sonnenwind segeln, also je nach Richtung des Sonnenwindes Segelfläche für maximalen oder minimalen Widerstand ausrichten.

    • Sie meinen wahrscheinlich Solardruck, nicht Sonnenwind. Man kann den Solardruck über ein großes Segel einfangen und als Antrieb nutzen. Mit Segel meine ich eine dünne, verspiegelte Folie, nicht einen Solargenerator. Oft werden diese Begriffe verwechselt.

      Der Solardruck übt aber nur eine sehr schwache Kraft aus, weswegen ein Sonnensegel sehr groß sein müsste. Ein solches Segel würde aber auch eine erhebliche, unerwünschte aerodynamische Bremsung herbeiführen, die um ein vielfaches größer als die Antriebskraft durch den Solardruck ist.

      Den Sonnenwind, also den Strom aus geladenen Teilchen von der Sonne, kann man auch zum Vortrieb nutzen, aber das ist sehr kompliziert und aufwändig und hat viele Nachteile. Ein ProfessorJanhunen aus Finnland geht seit Jahren mit der Idee hausieren, bis jetzt ohne Erfolg.

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