Vollmondparty und ein Bächlein

BLOG: Go for Launch

Raumfahrt aus der Froschperspektive
Go for Launch

Der Vollmond ist bei Astronomen ja nicht unbedingt so beliebt. Wir schauen ihn uns aber trotzdem gerne an, denn, um einen großen deutschen Denker zu zitieren: “Vom Feeling her hat man ein gutes Gefühl”. Das Spätsommer-Vollmond-Feeling wollen wir uns dieses Jahr noch einmal geben. Mehr zur AAW-Vollmondnacht am 29.9.2012 hier. Gäste sind willkommen. Wir bringen zwar Teleskope mit, aber wenn Sie ein eigenes Skop oder einen Feldstecher mitbringen möchten, hat keiner etwas dagegen. Eine Sonnenbrille könnte nützlich sein – der durch das Okular eines Teleskops betrachtete Vollmond ist so hell, dass man geblendet wird und sogar Kopfschmerzen bekommen kann.


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Soviel zum Vollmond.


Neueste Nachrichten vom Mars zeigen, dass die Wahl dieses Landeorts offenbar ein Volltreffer war. Der NASA-Rover Curiosity, der am 6. August weich im Gebiet Aeolis Palus im Krater Gale landete, ist auf dem Weg zum ersten großen Etappe, der Region “Glenelg”, etwa 600 Meter vom Landeort entfernt. Auf der Fahrt dorthin ist Curiosity an mittlerweile drei Orten auf zunehmend eindeutige Spuren gestoßen, die eigentlich kaum einen anderen Schluss zulassen, als dass sich dort vor langer Zeit das Bett eines Bachs befand.

Ist das wirklich dramatisch neu? Ja und nein. Auf der einen Seite gibt es massenhaft Belege dafür, dass die Oberfläche des Mars in großem Umfang von Wasser geformt wurde. Man sieht auch zahlreiche geologische Formationen, die eigentlich nicht anders zu erklären sind als durch ausgetrocknete Flußbetten. Also war zu erwarten, dass eine solche Formation irgendwann auch in-situ untersucht werden würde.

Nun aber steht erstmals eine Landesonde mitten drin und weist nach: “Ja, das hier war einmal ein Fluss, oder zumindest ein Flüsschen.” Das ist das Neue. Eigentlich bahnte sich die Entdeckung schon zwei Wochen nach der Landung an, als Curiosity einen Aufschluss untersuchte, von dem der Schubstrahl der Raketentriebwerke der Landestufe Staub und Sand weggeblasen hatten. Schon dort waren die abgerundeten Kiesel zu sehen, die den wesentlichen Beleg dafür liefern, dass hier einmal Wasser floss. Solche Glücksfälle nennt man in der poetisch rollenden Sprache der Wissenschaft (auch bekannt als ‘Englisch’) “a serendipitous discovery”.

Alles Weitere in den folgenden Bildunterschriften:

Die Reise von Goulburn nach Glenelg, Quelle: NASA/JPL-CalTech/University of Arizona

 Die Landestelle mit dem Gebiet “Goulburn Scour” und die Gebiete “Link” und Hottah” auf dem Weg zum ersten Ziel “Glenelg”. Quelle: NASA/JPL-CalTech/University of Arizona

Nahaufnahme des Goulburn Scour, Quelle: NASA/JPL-Caltech/MSSS

 Goulburn Scour. Hier pustete der Strahl der Raketentriebwerke auf der Raketenstufe, die über der Landestelle schwebte und dabei den Rover Curiosity abfierte, Staub und losen Sand weg und legte so anstehendes Gestein  frei. Dabei handelt es sich um ein Konglomerat, also rundgeschliffene Steine, die in einer vormals schlammigen Matrix eingebettet sind. Inzwischen ist diese Matrix zu Sandstein geworden. Wo der Sandstein verwitterte, liegen die runden Kiesel frei herum. Quelle: NASA/JPL-Caltech/MSSS

Nahaufnahme eines Aufschlusses mit Kies in der Region Link, Quelle: NASA/JPL-Caltech/MSSS

 Link. In diesem Aufschluss ist wieder Konglomerat zu sehen, ebenso durch Erosion freigelegte Kiesel. Hier muss Wasser am Werk gewesen sein, allerdings vor sehr langer Zeit. Quelle: NASA/JPL-Caltech/MSSS

Sedimentaufschluss mit Klasten in der Region Hottah, Quelle: NASA/JPL-Caltech/MSSS

Hottah. Eine möglicherweise durch einen Meteoriteneinschlag zerbrochene Platte aus anstehendem Gestein ragt hier schräg aus dem Boden und gibt den Blick auf ihren Querschnitt frei. Konglomerat und freierodierte Kiesel bis hin zu Golfballgröße, also viel zu groß, als dass die vom Wind hätten bewegt und abgeschliffen werden können. Diese Kiesel wurden vom Wasser bewegt und aneinander gerieben, bis sie ihre Ecken und Kanten verloren. Quelle: NASA/JPL-Caltech/MSSS

Zum Abschluss möchte ich den Kommentar eines befreundeten Hydrogeologen zitieren, der bereits vor 10 Tagen, also lange bevor die Pressemitteilung der NASA vom 27.9. veröffentlich wurde, allein auf Basis des vorliegenden Bildmaterials sagte:

[…] wenn es Fanglomerate sind (ein Mittelding zwischen Konglomeraten – gut gerundete Gesteinskörner aufgrund Transport im Wasser über größere Entfernung oder im Brandungsbereich am Ufer und Brekzien – eckiges Schuttmaterial z.B. aus Hangrutschungen/Schlammlawinen), könnte es schon auf einige Wassereinwirkung bei der Sedimentation hinweisen. In den Übersichtsbildern sieht man viele solcher Schichten übereinander – also durch Brandung/Fluten an der Zentralberginsel gebildet und später chemisch verfestigt mit sulfatischem oder karbonatischem Bindemittel? Bei Verwitterung des Bindemittels fallen die Steinchen wieder raus (sieht man auf dem einen Foto am Rand der Sedimentplatte).

Da kann man nur sagen: Glückwunsch, Andreas, da lag dein geübter Geologenblick wohl absolut richtig.

Es ist übrigens bemerkenswert, wie analog die Geologie des Mars zu der irdischen ist. Sehr viele Phänomene auf dem Mars finden ganz genau so auf der Erde statt und werden von einem Geologen auf den ersten Blick erkannt und eingeordnet.

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Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

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