Untersuchungsbericht zum Absturz der HB-HOT veröffentlicht

HB-HOS, das Schwesterflugzeug der abgestürzten HB-HOT, am 18.8.2018 (also 14 Tage nach dem Unglück) bei den Flugtagen in Bensheim, Hessen

Heute wurde der Abschlussbericht zur Untersuchung des Absturzes der Junkers Ju 52/3m HB-HOT am Piz Segnas in der Schweiz am 4.8.2018 veröffentlicht. Der Unfall kostete das Leben aller 20 Menschen an Bord des Flugzeugs.

Der vollständige Bericht samt Anlagen kann auf der Webseite der Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle SUST abgerufen werden, auf Deutsch und Rätoromanisch (Link).

Für die ganz Eiligen gibt es auch ein knapp 6 Minuten langes “Erklärvideo”, das entweder mit voller Auflösung von der Webseite der SUST heruntergeladen oder mit reduzierter Bildqualität bei Youtube angeschaut werden kann.

Ich bin noch geschockt vom dort beschriebenen Ablauf des letzten Flugs der HB-HOT. Auch wenn sich bereits abzeichnete, dass mangelnde Vorsicht seitens der Cockpitbesatzung ursächlich zum Absturz führte und dass es zahlreiche schwerwiegende Mängel im Betrieb der Vereinigung gab, der die HB-HOT und ihre Schwestermaschinen gehören, hat mich die Beschreibung des Flugs und des Unfallhergangs doch umgehauen.

Ich muss mir das Ganze noch einmal in aller Ruhe durchlesen.

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Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

20 Kommentare

  1. Wenn ich den Bericht und das Video richtig verstehe, sind die Piloten die letzten 20 – 30 Sekunden im Sackflug geflogen, also schon in einem überzogenen Flugzustand. Als sie dann vom Abwindfeld in das Aufwindfeld nahe dem Grat einflogen, riss die Strömung endgültig ab und das Flugzeug stürzte ab.

    Laut dem Video und dem PDF haben die Piloten beim Einflug in den Talkessel die Flugzeugnase immer mehr angehoben. Der Videosprecher sagte, dass sie darum nur schwer erkennen konnten, dass das Flugzeug trotzdem sank, ein deutlicher Indikator für einen Sackflug. Das wirft die Frage auf, ob sie kein Variometer (Steig-/Sinkgeschwindigkeitsmesser für die nicht so firme Leserschaft) an Bord hatten – was mich wirklich wundern würde – oder es einfach nur nicht beachtet haben.

    Was ich überhaupt nicht verstehe, dass die Piloten im Talkessel offenbar auch die Motorenleistung reduziert haben. Gerade wenn man an der Auftriebsgrenze entlangfliegt, ist Fahrt nicht nur das halbe, sondern das ganze Leben. Aber anscheinend war den Piloten gar nicht bewusst, in welch kritischem Flugzustand sie sich befanden. Als dann der Strömungsabriss kam, hatten sie keine Chance mehr.

    Ein trauriges Ereignis.

    • Fliegen ist eine komplexe Angelegenheit. Unter Stress finden Piloten nicht einmal ganz prominent positionierte Schalter:

      http://www.b737.org.uk/images/stab_switches.jpg

      Die Simulation des Flugs hat ergeben, dass ab Position F13 in A1.16.1 “Simulation des Flugverlaufs und möglicher Optionen” die Lage aussichtslos war. Abbildung 1 zeigt eindringlich den kranken Flugweg selbst für Laien.

      Das kann jemandem selbst nach 20.000 Flugstunden passieren. Als das “Buffeting” spürbar wurde waren die Piloten gewarnt und hatten richtig reagiert. Wegen der geringen Flughöhe war ihr Manöver zwecklos.

      • Was die Schalter in der B737 mit dem Ju-Air-Flug zu tun haben, erschließt sich mir jetzt nicht. Falls das eine Anspielung auf die Unglücke mit der B737 MAX war – diese waren primär auf defekte AoA-Sensoren und auf eine Elektronik, die die Steuerruderbefehle des Piloten konterkarierte, zurückzuführen.

        Beim Ju-Air-Flug ist der Pilot dagegen von vornherein zu langsam geflogen. Das Buffeting hat er vermutlich schon in der dem Absturz vorangehenden Sackflugphase bemerkt, aber nichts dagegen unternommen. Im Untersuchungsbericht ist explizit vermerkt, dass die Ju 52 dem Piloten einen beginnenden Strömungsabriss, wie er im Sackflug vorliegt, deutlich kommuniziert.

        Am Punkt F13 der Flugbahn waren die Piloten in der Tat chancenlos, aber da waren die zum Absturz führenden Fehler schon längst begangen.

        • Mir ist auch nicht nicht ersichtlich, was die Unfallursachen mit Stress seitens der Flugzeugführer zu tun haben sollen. Die Ursachen des Unfalls sind langfristig angelegt und ergeben sich aus schon lange vor dem Absturz und ohne Druck von außen getroffene Entscheidungen zu Flughöhe (zu niedrig über Grund), Kurs (mittig im Talkessel, ohne eine Möglichkeit zu einem Abbruch des Überflugsversuch zuzulassen) und Geschwindigkeit (zu niedrig relativ zur Strömungsabrissgeschwindigkeit und damit mit zu geringen Sicherheitsabstand im Fall von Turbulenzen, mit denen man im Hochgebirge rechnen muss). Das steht so im Untersuchungsbericht.

        • Was die Schalter in der B737 mit dem Ju-Air-Flug zu tun haben, erschließt sich mir jetzt nicht. Falls das eine Anspielung auf die Unglücke mit der B737 MAX war – diese waren primär auf defekte AoA-Sensoren und auf eine Elektronik, die die Steuerruderbefehle des Piloten konterkarierte, zurückzuführen.

          Nö. Der Absturz von Lion Air 610 war vermeidbar. Am Vortag des fatalen Fluges hat ein zufällig mitfliegender Pilot (“deadheading”) diesen Nachweis erbracht. Die Crew war ratlos. Der Mitflieger saß hinten im Cockpit, gab den Piloten den entscheidenden Tipp zum Umlegen der Kippschalter. Diese taten, was ihnen empfohlen wurde und flogen problemlos den Zielflughafen an. Am nächsten Tag war niemand an Bord, der sich auskannte und die Maschine stürzte ab.

          Die beiden Abstürze verbindet mehr als man auf den ersten Blick vermuten würde. Beide Crews sind an Problemen gescheitert, die dem angehenden Flugschüler ziemlich am Anfang der Ausbildung erläutert werden. Zumindest war das zu meiner Zeit vor 53 Jahren noch der Fall.

          Der Fluglehrer erläuterte mir bereits beim zweiten Flug eingehend die Funktion der Trimmung. Er warnte ausdrücklich davor die Trimmung hinauszuzögern, da das Fliegen mit einem vertrimmten Flugzeug ein erhöhtes Risiko darstellte. “Stab trim runaways” gab es immer schon, nicht nur seit der 737 Max und ein jeder Pilot muss auswendig wissen, wie er ihn beendet. Wer diesen Vorgang nicht bemerkt, dem ist wohl nicht zu helfen.

          Das unbeabsichtigte Manöver der HB-HOT war Teil der Gefahreneinweisung in der ersten Schulungswoche, allerdings nicht 150 Meter über dem Boden, sondern etwa 2500 Meter über dem Ennstal. Wir waren ein ziemliches Stück höher als der Gipfel des Dachsteins, 2995m. Ansonsten waren die meteorologischen Bedingungen ziemlich ähnlich, später Nachmittag mit teilweise heftigen Turbulenzen. Wenn ich mir vor diesem Hintergrund die Annäherung der Piloten an Position F13 vergegenwärtige dann frage ich mich schon, was die sich dabei gedacht haben.

          • Es gibt in der Tat Belege für die Annahme, die beiden Abstürze mit der 737MAX hätten vemieden werden können, siehe u.a. dieser Bericht in der New York Times, der ausführlich recherchiert zu sein scheint. Es ist auch beileibe nicht der einzige Bericht, der zu diesem Schluss kommt. Ein wesentlicher beitragender Faktor war demnach unzureichendes fliegerisches Können aufgrund von mangelhafter Pilotenausbildung. Der Artikel in der NY Times geht wesentlich ausführlicher auf den Absturz des Flugs Lion Air 610 ein, also den ersten Absturz der 737 MAX.

            Es ist aber keineswegs so, dass der Autor des Artikels das Verschulden allein bei den Piloten sieht. Das komplex Zusammenspiel zwischen einem automatischen Prozess, der aber nicht ausreichend dokumentiert und nicht in das Training der Piloten einbezogen worden ist, und “insufficient airmanship”.

            “Insufficient airmanship” sehe ich auch als beitragender Faktor beim HB-HOT-Absturz, aber in deutlich anderer Weise. Deswegen habe ich Vorbehalte dagegen, Parallelen zwischen den Abläufen bei den 737MAX-Abstürzen und dem der HB-HOT zu sehen.

            Im Fall der HB-HOT war die Planung des Flugs so angelegt, dass es bei einem beiden Piloten wohlbekannten und erwartbaren Problem trotz allen fliegerischen Könnens keine Chance geben würde, heil herauszukommen. Das Versagen lag nicht allein bei den Flugzeugführern, sondern auch bei denen, die es zuließen, dass sich eine Kultur des Leichtsinns und systematischen Verstoßes gegen objektiv sinnvolle und vernünftige Sicherheitsregeln etabliert.

            Die Piloten der Lion Air dagegen hätten bei besserer Ausbildung den Fehler im System ohne allzu große Probleme meistern müssen, aber es fehlte ihnen an Erfahrung und Können. Als der technische Fehler auftrat, waren sie schlicht überfordert, gerieten in Stress und taten das Falsche. Der Schlendrian war bei Lion Air weit verbreitet und bezog zusätzlich zur Pilotenausbildung auch die Wartung und Meldung von Problemen bei vorherigen Flügen ein. Das allerdings war bei Ju Air auch der Fall, wenn auch in etwas anderer Weise.

            Ich habe mich eine ganze Zeit bei der Beurteilung des HB-HOT-Absturzes von Vorurteilen leiten lassen, wie: “Das Flugzeug muss doch perfekt gewartet worden sein. Das waren alles Oldtimer-Enthusiasten – die nehmen doch ihre Schätzchen nachts mit ins Bett” oder “Es kann doch nicht sein, dass Schweizer so einen eklatanten Leichtsinn an den Tag legen. Es muss ein unvorhergesehenes technisches Problem vorgelegen haben. Doch nicht Schweizer!” Mich von diesen Vorurteilen zu trennen, war erst einmal nicht so einfach, aber notwendig.

  2. Also ein Variometer war vorhanden. In einem der PDFs befindet sich ein von einem Passagier aufgenommenes Videostandbild vom Cockpit und auf dem ist am Bildrand ein Teil des Variometers erkennbar.

    • Vom Cockpit der HB-HOT finden sich doch viele Bilder guter Auflösung im Web, z.B. dieses. Selbst wenn das Bild schon etwas älter sein sollte, wird man doch wohl danach keine wichtigen Instrumente ausgebaut haben?

      Der Unfallbericht stellt sehr deutlich klar, welche Bedeutung eine ausreichende airspeed gerade im Gebirge hat und dass die Maschine mit zu geringer Fluggeschwindigkeit betrieben wurde (ab Seite 54 im Hauptbericht). Das kann den Piloten, trotz etwaiger Ablenkung, nicht verborgen geblieben sein.

      • Die Piloten wussten, was die Passagiere wünschen. Aus Anlage A1.1 über den Vortag des Unfalls:

        “Im Laufe des Tages äusserten sich manche Passagiere speziell positiv über den morgendlichen Flug von Dübendorf nach Locarno. Insbesondere das langsame Fliegen nahe am Gelände wurde von zwei Personen geschätzt. Verschiedene Passagiere stellten Fotos und Videos des Tages über elektronische Medien ihren Freunden und Bekannten zur Verfügung oder sicherten solche Daten auf Cloud-Diensten im Internet. Die Reiseleiterin schrieb ausserdem in einer Textnachricht, dass der Tag und der Flug «wunderbar»und «super»gewesen sei und dass «alles bestens»sei. Sie kündigte einer Bekannten im bündnerischen Ruschein (Gemeinde Ilanz) den Überflug am späteren Nachmittag des 4.August 2018 an.”

  3. Ein sehr detaillierter Untersuchungsbericht mit gut rekonstruiertem Unfallhergang, der kaum noch Fragen offen lässt, ist das jedenfalls.
    Ein Strömungsabriss bei geringer Fluggeschwindigkeit in einer Linkskurve führte demgemäss zur letzten Flugphase in der das Flugzeug fast senkrecht nach unten flog. Die geringe Flughöhe über Grund bedeutete, dass ein Wiederauffangen vor dem Boden nicht mehr möglich war. Und das trotz einem Flugzeugtyp der Strömungsabrisse gutmütig „behandelt“.

    Die vorgeschriebene Flughöhe von 300 Meter über Grund wurde von den Piloten bewusst unterschritten – und das nicht nur bei diesem Flug sondern in vielen Flügen vorher schon. Eine Ausweichflugroute wie vorgeschrieben fehlte.

    Dazu kommen noch „Unregelmässigkeiten“ bei vorherigen Flügen und Mängel am Flugzeug, die allerdings zum konkreten Unfall nichts beigetragen haben (Zitat: “Das verunfallte Flugzeug HB-HOT war formell und materiell nicht lufttüchtig“). Die beiden Unfallpiloten waren beide sehr erfahren und in guter Verfassung, waren aber gemäss Untersuchung schon x-Mal unvorsichtig und gegen das Reglement verstossend geflogen. Leichtsinn, der x-Mal gut ausging bis er eben nicht mehr gut ausging.

    Meine Folgerung: Sicherheitsvorkehrungen ständig zu missachten mag für private Zwecke noch angehen. Passagieren aber sollte so etwas nicht zugemutet werden.

    • Das “gutmütige Verhalten” bezieht sich wohl auf den Übergang in den überzogenen Flugzustand. Ein gutmütiges Flugzeug gibt seinem Piloten rechtzeitig vielfache Warnungen in seinem Flugverhalten, wenn ein “Stall” droht.

      Die Warnungen müssen die Flugzeugführer dann auch zur Kenntnis nehmen und geeignete Maßnahmen ergreifen.

      • @Markweger (Zitat): “ Ja mitunter führt die Einstellung “Ich kenne mich da aus, mir kann da nichts passieren) zu solchen Fehlern.“
        Oder auch: “Ich hab das schon x-Mal gemacht, also ist es ok.“ Im Untersuchungsbericht zum HB-HOT Absturz war folgendes zu lesen:

        Eine Analyse des Werdeganges der Flugbesatzungen, die aus Sicht der Sicher- heitsuntersuchung Regelbrüche begangen hatten, zeigt, dass sich vor allem Flug- besatzungen mit einer Ausbildung als Luftwaffenpiloten häufig nicht an allgemein anerkannte Grundsätze für eine sichere Flugführung im Gebirge hielten.

        Es ist naheliegend, dass die im Flugbetriebsunternehmen verbreitete Gewohnheit der Flugbesatzungen, systematisch anerkannte und gesetzliche Regeln der Luft- fahrt nicht einzuhalten oder hohe Risiken einzugehen, auch die Piloten A und B beeinflusst hat. Aus diesem Grund wird diese Gewohnheit zum Regelbruch als systemisch beitragender Faktor zum Unfall gewertet.

        Und was lernen wir daraus: Viele lernen ja aus eigenen Fehlern. Allerdings klappt das nur, wenn man den Fehler überlebt!

  4. Das Problem ist halt dass selbst erfahrene Menschen (müssen nicht unbedingt Piloten sein, das kann überall vorkommen) mitunter zu einer groben Fehleinschätzung kommen können.
    Ja mitunter führt die Einstellung “Ich kenne mich da aus, mir kann da nichts passieren) zu solchen Fehlern.

  5. Ich habe mich eine ganze Zeit bei der Beurteilung des HB-HOT-Absturzes von Vorurteilen leiten lassen, wie: “Das Flugzeug muss doch perfekt gewartet worden sein. Das waren alles Oldtimer-Enthusiasten – die nehmen doch ihre Schätzchen nachts mit ins Bett” oder “Es kann doch nicht sein, dass Schweizer so einen eklatanten Leichtsinn an den Tag legen. Es muss ein unvorhergesehenes technisches Problem vorgelegen haben. Doch nicht Schweizer!” Mich von diesen Vorurteilen zu trennen, war erst einmal nicht so einfach, aber notwendig.

    Die Schweizer sind auch nicht allein. Juan Browne hat vor ein paar Tagen ein Video geliefert, das erahnen lässt, dass der Schlendrian überall wuchert, wo ihm nicht energisch begegnet wird:

    https://www.youtube.com/watch?v=xtcsVZcuVqI

    Empfehlenswert auch der Bonus Track: Over Reliance on Automation in the Airlines Today

    https://youtu.be/xtcsVZcuVqI?t=930

    Zu den Boeing 737-8-9 MAX crashes hat er 31 Videos:

    https://www.youtube.com/watch?v=s3LrsvaCUoo&list=PL6SYmp3qb3uPp1DS7fDy7I6y11MIMgnbO

  6. Genau ein Jahr vor dem Absturz der HB-HOT, am 4.8.2017, ereignete sich am Diavolezzapass in Graubünden ein Unfall, zwar mit einem viel kleineren Flugzeug, aber ansonsten dem Absturz am Segnaspass recht ähnlich. (Schlussbericht zur Untersuchung hier) Dabei kamen drei Personen ums Leben, eine konnte schwer verletzt geborgen werden.

    Fundamentale Ähnlichkeiten: Generell nicht an die Anforderungen des Fliegens im Hochgebirge angepasste Flugzeugführung, mangelndes Risikobewusstsein, eine Kultur der Regelmissachtung, Wunsch, den Passagieren eine Show zu bieten (hier verschärft dadurch, dass ein Passagier die Steuerung des Flugzeugs übernehmen durfte), Einflug in ansteigendes Tal in zu geringer Höhe und mit zu geringer Geschwindigkeit, Strömungsabriss.

  7. Das Fliegen im Gebirge ist eine Herausforderung, gerade wenn das Flugzeug so untermotorisiert ist wie die HB-HOT.

    Ganz anders sieht es bei einem unbeladenen und nur mäßig betankten Airbus aus. Der kann Manöver sicher fliegen, wo die Ju 52 passen muss. Eine gründliche Vorbereitung braucht es trotzdem. Nach 20 Stunden im Simulator klappt es perfekt, auch im Formationsflug:

    Patrouille Suisse + Swiss Airbus A321 at Lauberhorn 2020 Thursday

    https://www.youtube.com/watch?v=LVxaZQBWcck

    • Eine beeindruckende Vorführung, aber ich denke nicht, dass es mit der A321 “ganz anders” aussieht. Natürlich sind bei einem höhermotorisierten Flugzeug ganz andere Manöver möglich, aber jedes Flugzeug kann in Bedrängnis kommen, wenn man es in gefährlicher Nähe zur Grenze des Leistungsvermögens betreibt und keinerlei Sicherheitsmargen mehr vorsieht.

      Siehe beispielsweise dieser Absturz, der deutliche Ähnlichkeiten zum Unglück der HB-HOT aufweist – ein schlecht vorbereiteter touristischer Flug mit Fluggästen, denen man etwas Besonderes bieten will, untervorsichtige Flugzeugführer mit übergroßem Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und ein sträflicher Leichtsinn.

      Die Vorführung mit der A321 sieht spektakulär aus und sie ist es auch, aber wie Sie selbst sagen, diese Vorführung war sorgfältig geplant und wurde vorher im Simulator getestet, und sicher wurde dabei auch an mögliche Problemfälle gedacht. Hätte man den HB-HOT-Flug sorgfältig geplant und vorsichtig durchgeführt, würden wir heute wahrscheinlich nicht über die Ursachen des Absturzes diskutieren.

      Aber vielleicht doch, denn die im Rahmen der Untersuchung zutage geförderten technischen Mängel, auch wenn sie nicht ursächlich im Zusammenhang mit dem Unfall am 4.8.2018 standen, hätten zu einem späteren Zeitpunkt zu einer Gefahrensituation oder gar einem Unglück führen können.

  8. Zumindest die HB-HOS soll weiter fliegen, allerdings nicht mehr so unbedarft wie bisher in Dübendorf:

    “Die «Tante Ju» wird in Altenrhein sowohl restauriert als auch modernisiert. An die Stelle der betagten BMW-132-Neunzylinder bekommt sie drei amerikanische R-1340-Wasp-Sternmotoren von Pratt & Whitney. Die sind einfacher zu warten, und es gibt mehr Ersatzteile im Vergleich zu den heute seltenen Triebwerken aus Bayern.”

    https://www.nzz.ch/mobilitaet/luftfahrt/ju-52-per-helikopter-nach-altenrhein-verschoben-ld.1566028

    Der Absturz von AF296 war unabwendbar. Das geplante Flugprofil war zwar machbar. Der Pilot war aber nicht recht bei der Sache, flog zu weit, musste deshalb die Höhe schneller als geplant reduzieren, unterschritt dadurch die geplante Minimalhöhe (30 statt 100 Fuß!). Die Turbinen hatten erst 86% der Nenndrehzahl erreicht als das Flugzeug die Wipfel der Bäume streifte. Das Durchstarten erfolgte also zu spät, um noch Wirkung zu zeigen. Lapidarer Kommentar des Herstellers: Zu niedrig, zu langsam, zu spät.

    Der Pilot blieb bei seiner Behauptung, die Konstruktion des Flugzeugs habe den Absturz verursacht, unterstützt von zweifelhaften Beiträgen der Medien.

    Seither sind allerdings mehr als 30 Jahre vergangen, der Airbus A320 fliegt immer noch und das Durchstarten, wie es durch die immer versuchten Landungen am Zielort selbst bei schlechtestem Wetter erforderlich wird klappte seither problemlos. Das dürfte daran liegen, dass die Piloten sich auf die Automatik verlassen können.

  9. Jedes Flugzeug, auch das modernste, kann (und wurde) zum Absturz gebracht werden, auch die A320. Leichtsinniges Verhalten und das Vertrauen darauf, es wird schon gut gehen, auch wenn man Betriebsvorschriften missachtet, führen irgendwann zu Unfällen.

    Ganz wird man das nie abstellen können, aber wenn in allen beteiligten Ebenen eine Kultur der Vorsicht und Disziplin herrscht, kann man das Auftreten solchen Fehlverhaltens minimieren. Laut Unfallbericht herrschte aber bei der Ju Air keine solche Kultur vor, und das nicht nur unter den Flugzeugführern.

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