Goldener Henkel, Spica … und eine Dreingabe

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Raumfahrt aus der Froschperspektive
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Gestern Nacht war ich wieder auf Fotojagd, und das Jagdglück war mir hold. Die Ausbeute der Nacht ist noch nicht gesichtet. Aber dieses eine Bild, das steht symbolisch für den Erfolg. Nicht nur war es die eine Nacht in der Lunation, in der der goldene Henkel sichtbar ist: Die bereits von der Sonne beleuchteten Montes Jura, die sich vom noch im Dunkel liegenden Sinus Iridum abheben.Und das bei relativ klarem Himmel.

Das allein war schon ein Glücksfall. In den letzten Monaten zog sich ja der Himmel fast immer zuverlässig dann zu, wenn es mal etwas zu sehen gab. Gestern Nacht ausnahmsweise mal nicht – die Zirren rissen immer wieder großflächig auf.

Das war auch gut so, denn zusätzlich zum goldenen Henkel begegnete ja in dieser Nacht der Mond dem hellen Stern Spica (αVir). Da braucht man klare Sicht. Der Helligkeitsunterschied war im Endeffekt weniger problematisch als ich befürchtet hatte. Natürlich war ein Kompromiss notwendig, und natürlich sieht das Bild doch anders aus, als ich es vom Blick durchs Okular in Erinnerung habe. Aber zumindest gibt das Kompositbild unten den Eindruck wieder … ja, ich gebe zu, die unten gezeigte Mondaufnahme enstand mit 1/125 s – dort ist Spica zwar noch zu sehen, aber ganz blass, gar nicht wie mit bloßem Auge, und die Aufnahme, aus der Spica entnommen wurde, mit 1/50 s – dort säuft der Mond im Licht ab.

Der Mond ist noch überbelichtet, insbesondere am Mondrand, wo ein deutlicher Farbsaum stört. Aber diese Aufnahme und kein anderes musste ich für das Kompositbild verwenden. Der Grund ist offensichtlich – hier erwischte ich gerade ein Verkehrsflugzeug, as die Sichtlinie zwischen mir und dem Trabanten kreuzte.

Also: der goldene Henkel, Spica und ein Verkehrsflugzeug, alles auf einen Blick.

Mond mit beleuchteten Montes Jura (Goldener Henkel), Spica (Alpha Vir) und Verkehrsflugzeug am 19.6.2013, ca 00:30 MESZ, aus Darmstadt, Quelle: Michael Khan, AAW Darmstadt

Heute früh löschte ich dummerweise die Bilder von der SD-Karte meiner Kamera. Vielen Dank an Benjamin und Quirin, die mir halfen, die gelöschten Dateien wiederherzustellen.

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Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

11 Kommentare

  1. Da brauchte es kein Komposit

    Die zweite Aufnahme in dieser Serie von gestern entstand in einem Schuss (technische Daten angegeben) und erforderte nicht mal ein Stativ – trotzdem sind der Goldene Henkel, viele andere Terminator-Features und Spica gut zu sehen. War selbst ganz überrascht, wie einfach das ging – keinerlei Bildverarbeitung war nötig.

    [Antwort: Stimmt, es wäre auch ohne gegangen. Ich hatte einige Aufnahmen mit Belichtungszeiten, die länger als 1/125 s und kürzer als 1/50 s waren, da sah man Spica schon gut. Alledings ist das der Mond, wie aich in Ihrer Aufnahme, schon deutlich überbelichtet und man sieht nicht die Färbung von Spica. Mir kommt es immer darauf an, mich dem anzunähern, was ich mit den Auge durch das Okular gesehen habe, deswegen ist ein einigermaßen konstraststarken Mond und eine blaue Spica für mich unverzichtbar. Das wird jeder einzelne anders sehen.

    Abgesehen davon war die 1/125 s-Aufnahme die mit dem Flugzeug, und es war klar, dass ich die verwenden musste und keine andere. MK]

  2. Eine echt selten gute Aufnahme. 🙂 Ich dachte zuerst es wäre ein Vogel. Allerdings hätte das ein verdammt grosser Vogel sein müssen! 😀

  3. @wash: Flugtier vorm Mond

    Tiere, die vor dem Mond vorbeifliegen, sind mir schon vor die Linse gegangen. Das ist dann natürlich ein echter Glückstreffer, da die im Gegensatz zu Flugzeugen nicht mit Positionsleuchten bestückt sind und man ihre Flugbahn nicht schon im voraus abschätzen kann. Meistens schafft man es nicht, das Bild zu machen, bevor es schon wieder zu spät ist. Das Flugzeug oben sah ich schon etwa eine Minute vor der Kreuzen der Mondscheibe.

    Am 3.5.2012 gelang mir sogar die Aufnahme eines Pteranodon. Eine Revolution der Zoologie. Nicht nur ist diese Spezies nicht ausgestorben, nein, sie ist auch noch nachtaktiv.

    Mein diesbezügliches Paper, das ich bei “Nature” eingereicht habe, wurde allerdings im Peer-Review abgelehnt. Ich kann mir gar nicht vorstellen, warum. 🙂

  4. jordanicus Walton

    Verdammte Bastarde bei Nature. Natürlich lehnen die so etwas ab, man weiß ja dass sie nur diese herkömmlichen Theorien unterstützen.

    Meine Arbeiten, in welchen ich Einstein und Newton widerlege (durch logisches Denken) und zeige, dass der Mensch nicht vom Affen, sondern der Affe vom Menschen abstammt, lehnen sie auch immer ab.

  5. Wow – beeindruckend!

    Das war ein echter “Glücksshot” und Spica ist auch noch zu sehen, traumhaft. Der Mond ist eh immer wieder schön und faszinierend. Ich hatte gestern mal wieder Wolken … und ab jetzt Gewitter.

  6. @Daniel Fischer

    Okay, okay, ich hab Wetter und Gewitter, Mit Migräne hat fraus nicht so mit dem korrekten Erfassen von Texten … den Absatz habe ich eben tatsächlich überhaupt nicht gesehen!
    Ach, und nur kein Neid 😉 Deinen Blog lese ich genauso regelmäßig!

  7. @Theres: Spica sichtbar?

    Wie ich im Text schrieb – Daniel Fischer hat das sicher übersehen – war Spica sehr wohl auch in der Aufnahme zu sehen, in der das Flugzeug gerade die Mondscheibe kreuzte. Nur eben, weil da die Belichtungszeit eher für den hellen Mond geeignet war, lichtschwach und farblos. Da habe ich mir halt erlaubt, Spica aus einer weniger als eine Minute vorher aufgenommen, länger belichteten Aufnahme herauszuschneiden und hier hinein zu kopieren.

    Weil ich die Szene eben so haben wollte, wie ich sie mit dem Auge durch das Okular gesehen hatte – da war Spica nun einmal hell und blau, wie es sich für einen blauen Riesen ja auch gehört.

  8. Wider Montagen in der Astrofotografie

    Natürlich habe ich nicht überlesen, dass auch auf kurzbelichteten Aufnahmen noch die Spica zu sehen war – das habe ich ja auch selbst bemerkt. Genau deswegen wunderte ich mich allerdings auch, dass stattdessen nur eine Montage gezeigt wurde: Den Wunsch, das vom völlig anders als eine Kamera arbeitenden Auge-Gehirn-System Wahrgenommene digital ‘nachzustellen’, verstehe ich schon – aber angesichts einer Flut missverstandener Pseudo-Astrofotos im Web plädiere ich für eine puristisch-journalistische Herangehensweise. Die beim Motiv Henkel & Spica für hübsche Souvenir-Bilder ja auch völlig ausreichte.

  9. Asche auf mein Haupt @D.F.

    Ich muss sagen, dass ich Ihrer Ansicht im Grunde weitgehend zustimme. Ich erlaube mir selbst die Montage wohlgemerkt auch nur, wenn beide Aufnahmen von mir stammen und zeitnah gemacht wurden, also bei gleichen Beobachtungsbedingungen und identischer Beobachtungsgeometrie. Ich achte schon darauf, dass ich da nichts produziere, was man in der Form nie und nimmer hätte sehen können.

    Wenn man ganz puristisch an die Sache herangeht, darf man ja noch nicht einmal Stacken. So eng sehe ich das aber nicht, zumal ich bei den mir selbst auferlegten Einschränkungen noch weit hinter dem zurückbleibe, was die Profis manchmal mit ihrem Bildmaterial anstellen – ich meine damit professionelle Astronomen wie auch die Planetologen, die Bildmaterial aus Kameras an Bord von Raumsonden.

    Allerdings: Wenn die keine Komposite machen dürften, dann gäbe es keine Farbaufnahmen, denn das sind fast immer Komposite aus mit unterschiedlichen Farbfiltern gemachte monochromen Aufnahmen. Es gäbe dann auch keine Panorama-Aufnahmen, denn das sind Mosaike aus zahlreichen Einzelbildern, die erheblich nachbearbeitet werden müssen, damit sich die Nahstellen nicht störend bemerkbar machen. Ja, manchmal schießt mal einer über das Ziel hinaus. DFeswegen sollte man zumindest dranschreiben, was man genau mit dem Material angestellt hat.

    Das habe ich ja auch getan. Spica muss halt hell und blau sein.

  10. Zum Thema Komposite fällt mir gerade dieses nette Bild ein, das ich gestern bei Phil Plait’s Bad Astronomy gesehen habe. Ein wirklich interessantes Werk, nur leider vollkommen unrealistisch und Phil erklärt, warum.

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