Sechs neue ESA-Astronauten

BLOG: Go for Launch

Raumfahrt aus der Froschperspektive
Go for Launch

Wie bereits angesprochen: Heute (vor wenigen Minuten) wurden die neuen Mitglieder des europäischen Astronautencorps vorgestellt.

Man hat, entgegen der ursprünglichen Ankündigung, sechs (statt vier) Kandidaten ausgewählt. Damit trägt man der Tatsache Rechnung, dass zwischen Italien und den USA ein bilaterales Abkommen besteht (was ich eher merkwürdig finde, aber es ist eben eine der vielen Merkwürdigkeiten Europas), es aber nur ein europäisches Corps geben soll und nicht noch ein getrenntes kleines italienisches.

Die sechs neuen ESA-Astronauten, Quelle: ESA

Die neuen Astronauten sind:

  • Samantha Cristoforetti, 31 Jahre, Italienerin, Luft- und Raumfahrtingenieurin und Kampfpilotin
  • Alexander Gerst, 32 Jahre, Deutscher, Geophysiker und Vulkanologe
  • Andreas Mogensen, 33 Jahre, Däne, Luft- und Raumfahrtingenieur
  • Luca Parmitano, 33 Jahre, Italiener, Kampfpilot und experimenteller Testpilot
  • Timothy Peake, 37 Jahre, Brite, Flugdynamik-Ingenieur, Hubschrauber-Testpilot und Militäroffizier (verwunderlich, da Großbritannien nicht einen Cent zum bemannten Programm beiträgt) 
  • Thomas Pesquet, 31 Jahre, Franzose, Raumfahrtingenieur und Airbus A-320-Linienpilot bei Air France

Da lag ich mit meiner Prognose doch gar nicht so falsch, wenn ich auch nicht wissen konnte, dass 6 statt 4 Kandidaten ausgewählt werden sollten.

Herzlichen Glückwunsch an die neuen Himmelsstürmer und willkommen beim großen Abenteuer Raumfahrt!

Ich freue mich, dass wirklich alle zum Ausdruck gebracht haben, dass sich für sie ein lang gehegter Traum erfüllt. Es ist eine erfrischende Abwechslung von der ansonsten grassierenden Blasiertheit und Besserwisserei. Schön, dass man sich noch so freuen kann.

Ebenso freue ich mich, dass alle Kandidaten unterstrichen haben, wie sehr jedes Raumfahrtprojekt Teamarbeit ist und dass ihnen sehr wohl bewusst ist, dass zu jedem Erfolg die Arbeit Tausender beiträgt, auch wenn diese nicht so im Lampenlicht stehen wie die Hauptakteure.

Mehr dazu auf der ESA-Webseite, insbesondere hier.

Hier geht es zu den Kurzlebensläufen der sechs Jung-Astronauten (auf deutsch).

Avatar-Foto

Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

13 Kommentare

  1. Komisch

    Ist schon etwas komisch. Zwei Italiener und ein Engländer. Daraus schließe ich, daß es auch politische Entscheidungen waren und nicht nur die der Eignung. Vorallem der Engländer verwundert mich.

  2. @Martin Huhn: Politik

    Natürlich spielen neben der individuellen Qualifikation (die ich keineswegs infrage stelle – wer durch die Mühle des Auswahlverfahrens durch ist, der ist wirklich gut) auch politische Erwägungen eine Rolle. Wir sind schließlich in Europa.

    Die Tatsache, dass es zwei Italiener sind, wurde in der PK direkt angesprochen und begründet – Italien hat diese bilateralen Abkommen, deswegen sind für Italiener schon Flüge vorgemerkt und die brauchen mehr Leute.

    Die Auswahl des Briten ist in der Tat verwunderlich und vielleicht als Signal an Großbritannien zu werten, dieses Relikt des Thatcherismus, nämlich dass alles, was Geld kostet, abgelehnt wird, zugunsten einer offensiveren Investition in die Forschungspolitik aufzugeben.

  3. Kampfpiloten?

    Mich wundert, dass es so viele Piloten sind. Ich hätte nicht gedacht, dass diese Qualifikation noch eine so große Rolle spielt oder liegt es daran, dass Piloten und Raumfahrtingenieure schon bei der Bewerbung zahlenmäßig überwiegen?

  4. Kraß

    Ich finde die Tabelle der Bewerberanzahl sehr interessant.

    Deutschland 1798 21.4%
    Italien 927 11.0%
    Dänemark 39 0.4%

    Wer also bei der ESA Astronaut werden möchte, dem sei die dänische Staatsbürgerschaft empfohlen. 😉

  5. @Stefan Taube

    Ja, es ist schon auffallend, wie viele Piloten sich unter den Neu-Astronauten befinden. Zwei sind nicht nur Kampfflugzeug-Piloten, sondern sogar Testpiloten.

    Ich nehme an, dass das Auswahlverfahren, das sich in Teilen an die Tests anlehnt, denen sich auch Kampfpiloten unterziehen, einfach von Leuten einfacher zu meistern ist, die schon beweisen haben, dass ihre räumliches Orientierungsvermoegen, ihre Reaktionsschnelligkeit und ihre Fähigkeit, auch in brenzligen Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren, überdurchschnittlich sind, und ihre physische Konstitution sowieso.

  6. @Martin Huhn: Statistiken

    Nicht nur die Frauen sind unterrepräsentiert, auch die Deutschen sind es, gemessen an der Bevoelkerungszahl und der Wichtigkeit, die technologischer Fortschritt gerade für dieses Land haben.

    Die Franzosen sind da besser. Die ziehen absolut wie auch relativ an den anderen ESA-Mitgliedsstaaten vorbei.

    Seltsamerweise scheinen die franzoesischen Frauen sich ebenso wenig wie die anderer Nationen fuer eine Astronautenkarriere zu interessieren.

    Im Schnitt der Gesamtbewerber ist der Frauenanteil 17%. Bei den deutschen Bewerbern liegt der Frauenanteil ganz leicht darüber, bei den Franzosen etwas darunter. Auch bei den skandinavischen Ländern oder Spanien (das besondere Anstrengungen zur Gleichstellung unternimmt) sieht es nicht viel anders aus.

  7. Sechs neue Astronauten für Europa

    In der anschließenden Pressekonferenz hat ein britischer Kollege ja mal ganz konkret nach gehakt. Denn UK zahlt eigentlich keinen Cent in den Topf “Bemannte Raumfahrt” der ESA ein.
    Weitere Infos zu den einzelnen Kandidaten, sowie Bildmaterial habe ich hier zusammen gestellt:
    http://www.redshift-live.com/…vorgestellt-1.html

    Herr Khan, besteht die Möglichkeit, auch darauf zu verlinken? Sie müssen ja nicht Redshift-live erwähnen, können auch einfach “hier” schreiben und dann das Link drunter legen. Dann hätte man auch alle mal im Bild und mit ihren Lebensläufen auf Deutsch.
    Gruß aus HD, Stephan Fichtner

  8. @Stephan Fichtner: Link

    Ich habe einen Link auf einen Artikel mit den Lebensläufen der 6 neuen Astronauten im deutschsprachigen Webauftritt der ESA eingefügt.

  9. Der deutsche Kandidat

    Noch während der Webcast der PK lief, hatte ich übrigens ein bisschen was zur Bio von Alexander Gerst zusammengetragen – Google und DLR sei Dank …

    Wie viele (geflogene) Astronauten gibt es wohl, die schon mal in Nature oder Science erster Autor waren? Das können schon die meisten “normalen” Wissenschaftler nicht von sich behaupten.

  10. Astronauten mit Publikation

    Daniel Fischer fragte:

    > Wie viele (geflogene) Astronauten gibt
    > es wohl, die schon mal in Nature oder
    > Science erster Autor waren?

    Zumindest schon mal Harrison Schmitt, soweit ich weiß.

    http://www.sciencemag.org/…citation/182/4113/681

    Ich freue mich auf Alexander Gersts Artikel nach seinem Mondflug, und natürlich auch auf den Fotoband mit seinen selbst geschossenen Mondlandschaftsaufnahmen. 🙂

  11. Paper
    Wenn ich mir gerade mal erlauben darf, laut vor mich hinzuträumen:

    Nature 2/2022, pp 110 ff: “Michael Khan et al: Preliminary Results of the In Situ Analysis of the Subsurface Structure of Asteroid 99942/Apophis, Leading to Recommendations for Possible Deflection Missions”

    (Man beachte das “in situ”)

    Das wär’s doch. Wird in diesem Leben aber wohl nichts mehr werden. 🙂

  12. Träume

    “Wenn ich mir gerade mal erlauben darf, laut vor mich hinzuträumen”

    Tja, mit 17 hat man noch Träume. 😉

Schreibe einen Kommentar