Schiaparelli-Landung auf Mars: Simulation der Kamera-Bilder

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Raumfahrt aus der Froschperspektive
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Ein aktueller Artikel im Webauftritt der ESA zeigt Simulationen der Bilder, die die Abstiegskamera “Descent Camera” auf dem Landedemonstrationsmodul der ESA-Marsmission ExoMars 2016 während der Schiaparelli-Landung machen wird.

Es ist vorgesehen, dass die Descent Camera 15 Bilder im Abstand von 1.5 Sekunden schießen wird, beginnend bei einer Höhe von etwa 3 km über der Landestelle. Die Bilddaten sind Bestandteil der Telemetrie, die auf verschiedenen Wegen ie Erde erreichen wird. Die schon während des Abstiegs von der Muttersonde TGO empfangenen Daten (Der TGO führt zeitgleich den Einschuss in die Bahn um Mars aus) werden wohl noch keine Bilddaten enthalten. Wahrscheinlich ist das Bildmaterial erst in den Daten enthalten, die mit dem zweiten Überflug des NASA-Orbiters MRO über dem Landeort von Schiaparelli am frühen  Morgen des 20. Oktober übermittelt werden.

Die Bilder sind Bestandteil der Informationen, die bei der Pressekonferenz am 20.10. um 10 Uhr MESZ präsentiert werden sollen.  Vorausgesetzt natürlich, die Landung von Schiaparelli verläuft erfolgreich.

Simulierte Bilder der Descent Camera auf Schiaparelli und Unsicherheitsellipse des Landepunkts auf Meridiani-Planum, Quelle: spacecraft: ESA/ATG medialab; simulated views based on NASA MRO/CTX images (credit: NASA/JPL/MRO); landing ellipse background image: THEMIS daytime infrared map from Mars Odyssey; simulation: ESA
Simulierte Bilder der Descent Camera auf Schiaparelli und Unsicherheitsellipse des Landepunkts auf Meridiani-Planum, Quelle: spacecraft: ESA/ATG medialab; simulated views based on NASA MRO/CTX images (credit: NASA/JPL/MRO); landing ellipse background image: THEMIS daytime infrared map from Mars Odyssey; simulation: ESA

Ich war zunächst etwas konsterniert, als ich dieses Test-Bild der DECA sah. Allerdings sind die Bedingungen, unter denen diese Aufnahme entstand, wohl kaum repräsentativ. Da sind Dinge unmittelbar vor der Kamera ebenso zu sehen wie Dinge, die weit entfernt sind. Zudem ist der Kontrastumfang zwischen dem Bewuchs im unteren Bildteil und dem sehr hellen Himmel enorm. Für diese Situation ist die DECA nicht gebaut. Solche Verhältnisse sind beim Mars-Abstieg aber auch nicht zu erwarten. Dort wird immer nur der Boden fotografiert, also etwas, das weit entfernt und gleichmäßig ausgeleuchtet ist.

Die DECA ist dieselbe Kamera, die auf Herschel mitflog, um das Abtrennen vom Nutzlastadapter auf der Ariane-Oberstufe zu dokumentieren. Diese Bildsequenz während des Herschel-Starts ist da schon deutlich attraktiver. Diese entstand unter Bedingungen, die denen beim Schiaparelli-Abstieg eher ähneln.

So etwas wie beim berühmten MARDI-Video von der MSL-Landung darf man allerdings hier nicht erwarten. Schiaparelli unterscheidet sich eben in jeder Hinsicht deutlich von MSL.

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Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

4 Kommentare

  1. Wie hoch ist eigentlich der Kostenanteil des EDL innherhalb von Exomars?

    Auch bei anderen Berichten über Schiaparelli – siehe die Diskussion über Solarpanels, Instrumentenbestückung und jetzt die Kamera – wirkt es, salopp gesprochen, wie der Versuch den Preis eines Neuwagens zu drücken indem Autoradio und ABS abbestellt werden.

    • Viele Leute haben in vielen Diskussionen eine dedizierte Meinung zu allem. Ich sag’s mal vorsichtig: Oft ist die Meinung umso dedizierter, je weiter der oder die betreffende vom Projekt weg ist. 🙂

      Was die technische Ausführung von Schiaparelli angeht, da brauchen wir gar nicht lange herum zu diskutieren, sondern ein simpler Vergleich reicht schon, der noch nicht einmal besonders hinkt, nämlich der mit dem NASA-Marslander Phoenix.

      Phoenix hatte mit Transferstufe eine Startmasse von 680 kg, konnte weich landen, monatelang überleben, und hatte 55 kg wissenschaftlicher Experimente, die Unmengen Daten generierten, auch große Mengen bisher einzigartigen Bildmaterials.

      Schiaparelli (oder EDM, wie ihn alle im Projekt nennen), bringt kaum weniger auf die Waage als Phoenix ohne seine Transferstufe, kann nicht weich landen (er plumpst aus 2 Metern Höhe auf eine Knautschzone), überlebt irgendwo zwischen 2 und 10 Tagen und liefert dabei eher einen überschaubaren wissenschaftlichen und technischen Ertrag.

      Soviel die technische Gegenüberstellung. Case closed, was die reinen Leistungsdaten darstellt.

      Eine von einer internationalen Raumfahrtagentur gebauten Sonde ist aber eben nicht nur ein technisches, sondern auch ein politisches Produkt. Der fundamentale Geburtsfehler des ExoMars-Programms ist, ursprünglich ein Kind des auf bemannte europäische planetare Exploration zielenden Programms Aurora gewesen zu sein.

      Dieses war ein optionales Programm. Einzelne Nationen konnten sich daran beteiligen oder nicht, und falls ja, wählte jede selbst den Betrag, mit dem sie sich beteiligen wollte. Dafür landeten dann Aufträge in derselben Höhe aus diesem Programm in der jeweiligen Nation. Wenn eine Nation, selbst eine mit einem nicht so bedeutenden Beitrag, sich ganz oder teilweise aus diesem optionalen Programm zurückgezogen hätte, dann wäre es der ESA nicht möglich gewesen, die entstandene Lücke aus anderen Mitteln zu stopfen.

      Auch nach dem Ende von Aurora und dem Umhängen der ExoMars-Missionen aus dem Direktorat für bemannte Raumfahrt in das Direktorat für wissenschaftliche und robotische Missionen blieb der Charakter als optionales Programm erhalten.

      Das war von vorneherein ein großes Problem, das das ohnehin chronisch unterfinanzierte Programm ExoMars mehrfach an den Rand des Exitus brachte.

      Wer meint, die Schwachpunkte seien nur an der technischen und wissenschaftlichen Ausstattung von Schiaparelli auszumachen, der irrt. Das Grundübel zieht sich wie ein roter Faden durch die Programmhistorie. Angefangen bei der Tatsache, das schon geschlagene 15 Jahre an der Sache gearbeitet wird, gestartet wurden aber bisher nur ein Orbiter und ein Landedemonstrator.

      • Ja, die Exo-Mars Geschichte ist sehr bewegt. Ursprünglich als nur-ESA Projekt geplant, wurde es vorübergehend zu einem ambitionierten ESA-NASA Projekt zu dem vorübergehend sogar ein zweiter Rover (MAX-C) gehörte und in dem für die Landung das sky-crane-landing-system eingesetzt werden sollte. Nach Kürzung des NASA-Budget und den Budget-Verlagerungen zum James-Webb-Teleskop stiegen die USA aus, anschliessend wurde Roscosmos ins Boot geholt.

        Die Brief ExoMars Project History sieht auch die ständig steigenden Kosten dieses Projekts im Zusammenhang mit den Verzögerungen, Partnerwechseln und Neuausrichtungen.

        Für mich stellt sich die Frage, inwieweit das ExoMars-Projekt sich in die Gesamtheit der Marserkundungen sinnvoll einfügt und wie die ESA und Rokosmos bei späteren Marsmissionen an dieses Projekt anknüpfen können.

        • Ich weiß nicht, was die NASA mit der mehrjährigen, fruchtlosen Kooperation mit der ESA bezweckte. Ich kann nur sagen, ohne damit jemandem etwas unterstellen zu wollen: Sollte irgendwer vorgehabt haben, die europäischen Bestrebungen zum Aufbau eines nennenswerten eigenen Forschungsprogramms am Mars zu torpedieren, dann hätten sie es genau so anstellen müssen, wie es lief.

          Allerdings hätte jeder, der nicht wollte, dass die ESA dort irgendwas gebacken kriegt, ganz einfach auch gar nichts machen und sich zurück lehnen und zugucken können, wie das Projekt in Eigenregie und ohne fremdes Zutun an die Wand gefahren wird. Denn der europäische Missionsentwurf vor dem Einstieg der NASA war nicht lebensfähig: Ariane startet riesige Transferstufe mit Landemodul mit Rover drin, das zum Mars fliegt und dann im Orbit um den Mars auf Ende der Staubsturmsaison wartet, um danach das Landemodul abzusetzen. Die Transferstufe ist danach tot, einen eigenen Datenrelaissatelliten gibt es nicht.

          Als 2011 die Kooperation mit der NASA endete, stand die ESA zwar ohne den Finanzier der Raketen für das Programm da. Aber zumindest war in den Jahren der Kooperation ein tragfähiges Missionskonzept erarbeitet worden.

          Man kann jetzt über Details von Schiaparelli hin und her diskutieren. ich meine: Der TGO – also der wesentliche Teil von ExoMars 2016 – hat eine gute wissenschaftliche Ausstattung und trägt wirklich in wesentlichem Umfang neues zur Marsforschung bei. Ferner etabliert das Programm eine stabile Zusammenarbeit zwischen Russland und Europa.

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