Die Kommunikationsarchitektur von Mars One
Das Projekt Mars One, bei dem es um nichts geringeres als die permanente Besiedlung des Planeten Mars geht, steckt gerade in gewissen finanziellen Schwierigkeiten. Dabei werden von den Projektverantwortlichen die Kosten mit nur 6 Milliarden Dollar veranschlagt. Das erscheint mir illusorisch. Aber was weiß denn ich schon …
Viel technische Information zum Projekt finde ich nicht. Kaum interessiere ich mich mal für ein Thema und fange an zu recherchieren, wird es gleich sehr dünn. Da ich nicht im Detail, und noch nicht einmal im Groben erfahre, wie die Macher sich das vorstellen, muss ich zwangsläufig auf der Basis der eigenen Erfahrung die Gegenrechnung aufmachen.
Immer, wenn ich das mache, kommt etwas heraus, dessen Größe und Komplexität nicht mit dem Dogma vereinbar ist, alle erforderliche Technik sei schon vorhanden und man könne eigentlich alles gleich von der Stange kaufen. Ohne diese Grundvoraussetzung passen weder die Kostenschätzung noch der Zeitrahmen in der aktuellen “Roadmap” von Mars One.
Laut dieser Roadmap soll 2024 der Kommunikationssatellit gestartet werden, der in einer areostationären Bahn (einer kreisförmigen. äquatorialen Bahn in 17000 km Höhe) positioniert wird, in der die Umlaufperiode genau einen siderischen Marstag beträgt.
Eigentlich kaum denkbar, dass man nur einen einzigen Kommunikationssatelliten am Mars für eine Vorhaben einplant, bei dem es darum geht, eine wachsende Gruppe von Menschen auf einem anderen Planeten leben zu lassen. Aber so steht es in der Roadmap von Mars One. Ich würde mindestens zwei, besser drei Satelliten vorsehen. Aber wie gesagt: Was weiß denn ich schon?
Alle 25-26 Monate haben wir eine obere Konjunktion, das heißt, Mars und Erde haben die Sonne zwischen sich, was Kommunikation in beiden Richtungen bis zu mehrere Wochen unmöglich macht. Mars One rechnet offensichtlich nicht mit einem Ausfall ihres Kommunikationssatelliten. Aber an diesen Punkt hat man doch gedacht.
Die Kommunikationsarchitektur, also die Gesamtheit der Maßnahmen, die den Datenaustausch für das Projekt vom Mars zur Erde und von der Erde zum Mars gewährleisten, haben die Experten von Mars One in der ihnen eigenen Prägnanz hier beschrieben.
Dort ist ein weiterer Satellit vorgesehen, der im L5-Punkt des Systems Erde-Sonne positioniert werden soll. Der L5-Punkt liegt auf der Erdbahn, läuft der Erde aber mit einem konstanten Winkel von 60 Grad nach. Erde, Sonne und L5-Punkt spannen ein gleichseitiges Dreieck mit einer Seitenlänge von einer astronomischen Einheit auf.
Es stimmt, mit einem Satelliten dort könnte man die Zeit der oberen Konjunktion überbrücken.
Die Kommunikationsarchitektur von Mars One muss aber für eine bemannte Mission taugen. Das heißt, sie muss ohne langes Zwischenspeichern funktionieren und breitbandig sein. Nehmen wir einfach mal HDTV als Maßstab, dann haben wir einen Bandbreitenbedarf von 19.2 Mbit/s. In einer ähnlichen Größe wird auch das liegen, was man für Mars One braucht. Zumal ja das Grundkonzept von Mars One darin besteht, die Kosten durch die Senderechte am Videomaterial vom Habitat auf dem Mars zu finanzieren wie bei “Big Brother”.
Auf der Erde braucht man für die interplanetare Kommunikation angesichts der zu überbrückenden Distanz eine riesige Bodenstation mit 35 Metern oder mehr Reflektordurchmesser, Wasserstoffmaser und kryogen gekühlten Empfängerkomponenten, um beim schwachen Signal vom Mars noch einen ausreichenden Rauschabstand zu gewährleisten.
Es ist damit zu rechnen, dass ähnliche Technik auch auf dem Relais-Satelliten im L5 vorhanden sein muss. 35 Meter Antennendurchmesser oder mehr und die ganze andere Technik, das ist nun nicht gerade ein kleiner Satellit. Im Gegenteil, das ist sogar ein sehr großer Satellit. Ein riesiger Satellit. Moment mal … ein Satellit? Auch hier sollte man lieber Redundanz vorsehen, meine ich.
Übrigens wäre auch der andere Satellit im areostationären Orbit nicht gerade klein, wenn auch nicht so ein ein Brummer wie der im L5. Der Satellit am Mars soll ja nur breitbandig senden, nicht empfangen.
Vielleicht will Mars One gar nicht auf Radiofrequenzen setzen, sondern auf Laserkommunikation. Das wäre, wie mir ein Experte für solche Technik am ESOC in Darmstadt mitteilt, mit etwa 50-cm Spiegelteleskopen sendeseitig und 5-Meter-Spiegelteleskopen empfangsseitig zu machen. Schon mal deutlich kleiner, aber keinesfalls Technik aus der Schublade, angesichts eines optischen Spiegels dieser Größe. Das JWST hat einen 6.5-Meter-Primärspiegel, bei Projektkosten, die die für Mars One genannte Summe von 6 Milliarden erheblich übersteigen (was aber zugegebenermaßen nicht nur am Spiegel liegt. Nicht nur, aber auch).
Wäre ich für die Entwickung der Kommunikationsarchitektur von Mars One verantwortlich und müsste ich die Vorgabe erfüllen, einen 24/7-Dienst mit hoher Ausfallsicherheit zu realisieren, dann wäre ich mir nicht sicher, mit 6 Milliarden allein für diesen kleinen Teilaspekt des Gesamtprojekts auszukommen. Allein für die Erstellung des Systems. Nach maximal 10 Jahren oder so werden Elemente ausgetauscht werden müssen, und der dauernde Betrieb dieser Raumfahrzeuge kostet auch Geld.
Die Mars One-Experten werden nun sicher erwidern, dies liegt an meinem Hintergrund als Mitarbeiter einer Raumfahrtagentur. Wahrscheinlich habe ich in meinem Job nie gelernt, mit Geld umzugehen. Mag sein. Dann bin ich wirklich gespannt auf die Details von deren Konzept. Davon kann ich sicher viel lernen.
Die Alternative wäre, dass ich Recht habe und dass die Gesamtkosten von Mars One, die das Projekt nennt, auf vollkommen unrealistischen Annahmen basieren. In der Realität wäre mit Kosten zu rechnen, die um Größenordnungen höher liegen und die im übrigen auch zeitlich nicht begrenzt sind, denn wenn man erst einmal Leute auf dem roten Planeten hat, dann muss es einfach weiter gehen, mit Versorgungsflügen, mit dem Ersatz defekter Komponenten, mit dem weiteren Ausbau, um der wachsenden Kolonie Rechnung zu tragen. Aber das kann doch wohl nicht sein.
Na ja mit der Idee Leute nur auf dem Mars zu schicken ohne Rückkehr war für mich schon das Projekt erledigt, denn wer etwas Verstand hat weiß ja wie groß eine Zivilisation sein muss, damit sich der Lebensstandard nicht auf die Jungsteinzeit beschränkt und alles was man für den Anfang braucht muss man auch auf den Mars transportieren bis erst Mal Anlagen da sind die die Rohstoffe vor Ort abbauen. Man muss nur sehen was für eine Infrastruktur eine Eisenmine auf der Erde hat.
Zum Kommunikationsproblem. Es gibt natürlich noch im Weltraum die Möglichkeit höhere Frequenzen zu nutzen. Die ESA nutzt zur Zeit das X-Band bei 8,4 GHz. Die neuen Satelliten von Oneweb und Co schon das V-Band von 40 bis 75 GHz und die höchste Frequenz für die ich einen etablierten Einsatz fand sind 90 GHz. Bei 90 GHz beträgt gegenüber 8,4 GHz durch Verkleinerung des Sendewinkels die Datenrate aber über das Hundertfache.
Der Nachteil: man benötigt bei jedem Planeten noch einen Satelliten der auf niedrigerer Frequenz zur Bodenstation sendet denn mit höherer Frequenz werden die Wellen von der Atmosphäre stärker absorbiert.
Ich habe bereits die Verwendung des Ka-Bands vorausgesetzt. Das wird von der ESA auch schon für die interplanetare Kommunikation genutzt, allerdings ist X-Band immer noch dominant, und darin wird sich auch so bald nichts ändern. Die erforderliche Bandbreite für eine bemannte Station dürfte auch höher sein als nur die Bandbreite für einen einzigen HDTV-Kanal. Ich will ja nicht hoffen, dass die Mars One-Leute sich darüber keine vertieften Gedanken gemacht haben, aber da man keine Information dazu findet, bin ich lalt auf das Raten angewiesen.
Ich habe das Gefühl, dass hier absichtlich so gerechnet wird, dass es nicht hinkommt. Warum geht man von HDTV aus? Nicht mal im Privaten deutschen Free TV ist aktuell HDTV (FHD) Standard. Man bekommt auch bei weit geringeren Auflösungen ganz ansehnliche Videos hin und benötigt damit ein viel geringeren Datendurchsatz. Ich halte es zwar auch für mehr als fragwürdig wie man für 6 Mrd eine Marskolonie gründen will, aber das scheitern ausgerechnet an der TV Übertragung festzumachen finde ich nicht überzeugend
Aber es kommt doch hin. Natürlich kann man eine solche Laser-Kommunikationsverbindung andenken. In den 30er Jahren wird es sowieso mehr und mehr dorthin gehen.
Ich finde 19.2 Mbit/s keinen schlechten Anhaltswert. Erstens besteht das Geschäftsmodell von Mars One darin, die bemannte Mission durch den Verkauf von Fernsehübertragungsrechten zu finanzieren. Ob das realistisch ist, steht auf einem anderen Blatt. Aber man sollte schon die von Mars One selbst aufgestellten Anforderungen als Grundlage nehmen.
19.2 Mbit/s ist die Bandbreite für einen einzigen Videokanal. Eine bemannte Basis wird aber doch wohl zusätzlich zu dem einen Videokanal noch eine ganze Menge anderer Daten zu übertragen haben. Ich denke, mit dem Wert liege ich eher zu niedrig als zu hoch.
Zudem: Die wollen die Basis dort erst in den 30er Jahren bevölkern. Bis dahin wird das, was heute als High Definition gilt, schon längst Standard Definition sein, und das was heute Standard Definition oder sogar noch darunter ist, wird dann so sein wie heute schwarzweißes Analogfernsehen.
Punkt 1: Es geht, aber es geht nicht mal eben so mit ein paar kleinen Satelliten, die man billig bei einem auf kleine Satelliten spezialisierten Hersteller wie SSTL einkauft. Interplanetare Inter-Satellit-Verbindungen sind erfordern große Hardware und entsprechend große Raumfahrzeuge.
Punkt 2 ist der Mangel an Redundanz. Man kann die Kommunikationsarchitektur für eine permanent bemannte Station nicht ohne Mehrfachredundanz auslegen, wie Mars One es tut. Das geht gar nicht.
@Max Mustermann
aber das scheitern ausgerechnet an der TV Übertragung festzumachen finde ich nicht überzeugend
Tut Michael Khan das? Meiner Ansicht nach betrachtet er einen einzelnen Aspekt dieses, ähm, “Projekts” (der insofern wesentlich ist, dass er das Geld für die Mission verdienen soll; das wollen wir mal nicht vergessen) und stellt fest, dass Mars One dafür lediglich eine mit viel Händewedeln der Sorte “ist technisch möglich, somit kein Problem” versehene Wischiwaschi-Beschreibung liefert.
Das Problem ist (bzw. war) doch, dass Mars One überall so hantiert(e). Nirgendwo wurde ins Detail gegangen; über sämtliche technischen Probleme, die sich stellen würden, wurde mit großartiger Geste hinweggehudelt. Dass man sich mit dieser Vorgehensweise den Geldbedarf auf 6 Mrd. Dollar kleinrechnet und das katastrophale Scheitern somit schon fest einplant, ist doch das eigentlich Bedenkliche an Lansdorp und seinen Plänen. Da bleibt nur zu sagen: Zum Glück wird er sie nicht mehr realisieren können.
Mars One setzt bei der Energieversorgung auf 100% Solar. Ein größerer Staubsturm und die Leute sind tot.
Im Gegensatz zu den bisherigen Rovern könnten Menschen die Solarzellen mithilfe eines ‘Besens’ reinigen. Den bekommt man tatsächlich off-the-shelf.
Bei einem großen Staubsturmereignis auf dem Mars ist der Himmel durch feinen Staub, der bis in große Höhen getragen wird, über Wochen oder gar Monate hinweg so verdunkelt, dass 98% oder mehr des Sonnenlichts in den betroffenen Gebieten nicht mehr durchkommt. Die betroffenen Gebiete können eine ganze Region umfassen, manchmal sogar die gesamte Oberfläche bis auf die Polarregionen.
Da nützt ein Besen eher wenig.
Ein Besen wäre schon hilfreich, damit die “Crew” von Mars two die Reste von Mars one aus der Luftschleuse fegen kann. Falls es nochmal eine Bande von geldgierigen Spinnern geben sollte, die so ein absurdes Projekt finanzieren möchten.
Big brother aufm Mars??