Powerfrau aus Japan: Naoko Yamazaki

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Raumfahrt aus der Froschperspektive
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Deutsche Japanfans, die eifrig den üblichen Klischees von Kirschblüten, Geishas, nebelumhüllten Tempeln auf Berggipfeln, Zen-Buddhismus, Samurais und Teezeremonie anhängen, müssen jetzt ganz tapfer sein. Hier geht es um eine moderne Frau aus dem modernen Japan.

Beim Space Shuttle-Flug STS 131 (Start: 5. April 2010, Landung: 20. April 2010, Orbiter: OV 103 Discovery) war die 40-jährige japanische Astronautin Naoko Yamazaki (山崎 直子) als Missionsspezialistin an Bord. Yamazaki ist Luft-und-Raumfahrtingenieurin, sie ist seit 1996 bei der japanischen Raumfahrtbehörde (damals NASDA, heute JAXA). Seit 1999 ist sie im Astronautencorps, die Ausbildung schloss sie 2001 ab.

Zudem ist Yamazaki als Flugingenieur des russischen Soyuz-TMA-Raumschiffs qualifiziert. Zweifellos eine wirklich überdurchschnittlich hochqualifizierte Astronautin.

Yamazaki ist nach der Ärztin Chiaki Mukai (向井 千秋) bereits die zweite japanische Astronautin, die im Weltall war. Mukai war an zwei Missionen beteiligt,  STS-65 (1994) und STS 95 (1998). STS-131 war Yamazakis erster und auch letzter Shuttle-Flug – bekanntlich wird das Shuttle-Programm dieses Jahr eingestellt.

Im direkten Vergleich steht Deutschland hier erbärmlich da:

  • Anzahl der ausgebildeten oder in der Ausbildung befindlichen deutschen Astronautinnen: Null (Korrektur: Wie Andreas Hörstemeier richtig anmerkte, hat mit Renate Brümmer eine Deutsche das Astronautentraining erfolgreich absolviert. Allerdings taucht sie auch auf der DLR-Webseite der deutschen Astronauten nicht auf. Da sollte sich mal jemand beschweren.)
  • Anzahl deutscher Frauen, die bereits einen Weltraumflug absolviert haben: Null
  • Deutsche Bewerberinnen um eine Stelle im europäischen Astronautencorps im Jahre 2008: 310 (gegenüber 1523 männlichen deutschen Bewerben)

Da haben wir aber gewaltig etwas aufzuholen. Und jetzt verschone man mich mit dem üblichen Gerede von institutionalisierter Benachteiligung. Da lach’ ich aber. Wenn es ein Land gibt, wo die Benachteiligung von Frauen institutionalisiert ist, dann Japan.

Also los, Mädels. Schluss mit den Ausreden und Schluss mit dem Wischiwaschi. Wenn ich hier von der nächsten Auswahlrunde berichte, dann möchte ich schreiben können, dass sich in Deutschland (und in den anderen europäischen Staaten) genau so viele junge Frauen wie junge Männer beworben haben und dass es mindestens eine Frau im deutschen Astronautencorps gibt.

Anmerkung: Ich verwende die im Westen übliche Namenskonvention erst-Vorname-dann-Familienname. Mir ist bekannt, dass das in Japan andersherum üblich ist, wie auch in der hier wiedergegebenen japanischen Schreibweise.

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Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

4 Kommentare

  1. Renate Brümmer

    Vergisst Du nicht Renate Brümmer, die ja zusammen mit Heike Walpot bei den fünf 1987 ausgewählten Astronautenkandidaten war. Frau Walpot (jetzt Frau Schlegel) schied ja schon vorher aus, aber Frau Brümmer hat das Nutzlastspezialistentraining absolviert – für den D2-Flug wurden dann aber doch nur die Männer ausgewählt.

  2. Bewerben auf welche Tickets?

    Sehe ich auch so und habe ich auch schon mal ähnlich beschrieben: http://lichtecho.blogspot.com/…tern-sts-131.html
    Naoko Yamazaki ist nicht nur eine beeindruckende Frau, sondern ist, nach dem was man so auf NASA-TV mitbekommen hat, auch sehr beliebt unter den Berufskollegen.

    Trotzdem würde ich als verantwortungsbewusster Berufsberater jedem Mädchen abraten, Astronautin werden zu wollen. Die Japaner schaffen es ja nicht nur zwei Frauen ins All zu bringen, sie schaffen es sogar, zwei Astronauten gleichzeitig auf der ISS zu haben. Ja, es wäre schön, wenn es eine deutsche Astronautin gäbe, aber ich bin skeptisch, ob Deutschland überhaupt noch jemanden ernsthaft ins All schicken will. Hier muss von seiten der Politik und der maßgeblichen Behörden erstmal Vertrauen geschaffen werden. Die Astronautin bekommen wir dann schon gebacken.

  3. @Andreas

    Danke für den Hinweis, Renate Brümmer war mir in der Tat entfallen. Ich finde es, wie schon im Artikel angemerkt, verwunderlich, dass sie keine Erwähnung auf der DLR-Astronautenliste noch sonstwo im DLR-Webauftritt findet.

  4. Dass das DLR die Causa Brümmer/Walpot weitgehend ignoriert, war mir auch aufgefallen, als ich zum Start von STS-131 eine Geschichte über die Frauenfrage recherchiert hatte. Heike Walpot taucht auf den DLR-Seiten vor allem als Frau Schlegel auf.

    Aber die ESA ist auch nicht viel besser: Marianne Merchez, die zweite, nie ins All geflogene ESA-Astronautin, wird dort ebenfalls weitgehend vernachlässigt (bzw. als Frau von Maurizio Cheli abgehandelt). Schon beschämend: Sowohl Japan als auch Kanada haben mittlerweile doppelt so viele Astronautinnen ins All gebracht wie die ESA.

    Ich glaube die vielversprechendste Lösung für deutsche Frauen, die (zumindest kurz) ins All wollen, ist derzeit 200.000 Dollar zu sparen und auf den Erfolg der Herren Branson und Rutan zu vertrauen…

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