NASA-Initiative für Stratosphären-Luftschiffe
BLOG: Go for Launch
Unter den Kommentatoren meines Blogs gibt es wahre Visionäre. Unlängst kam man in der Diskussion meines Artikels um die drohende Einstellung des Flugzeug-getragenen Infrarotteleskops SOFIA sehr schnell zu einem Alternativansatz, bei dem das IR-Teleskop von einem Stratosphärenluftschiff weit oberhalb des Wettergeschehens getragen wird.
Die Diskussion beflügelte mich sogar zu einer Konzeptskizze für die mögliche Realisierung eines solchen Projekts. Das wäre natürlich schon ein ordentlich großes Schiff. Martin Holzherr verwies auf die Firmen StratXX und auf das Stratobus-Konzept des bekannten Technologiekonzerns Thales.
Die NASA hat nun einen Aufruf namens “20-20-20 Airship Challenge” zum Einreichen von Komzeptvorschlägen für wissenschaftliche und kommerzielle Anwendungen auf zunächst eher kleinen Stratosphärenluftschiffen gestartet. Im ersten Schritt geht es um ein Schiff, das 20 kg Nutzlast in 20 km Höhe 20 Stunden lang halten kann. Im zweiten Schritt werden 200 kg Nutzlast und 200 Stunden Betrieb angepeilt, aber natürlich nicht 200 km Höhe, sondern immer noch 20.
Übrigens: Kilometer?? Kilogramm??? Liebe NASA, ihr werdet uns doch nicht am Ende gar metrisch werden? OK, ich weiß, dass die interne Ingenieursarbeit für die meisten Projekte, zumindest aus dem Raumfahrtbereich, schon längst metrisch ist
Wie das Luftschiff aufgebaut ist, starr oder halbstarr, wird nicht vorgeschrieben, auch nicht die Art der Anwendung. Erdbeobachtung, Astronomie, Meteorologie oder Kommunikation, alles ist möglich. Aber das Schiff muss schon steuerbar sein, um seine Position und Höhe halten zu können.
Die Information, die den eingereichten Vorschlägen entnommen werden wird, soll als Grundlage für einen Wettbewerb dienen, bei dem die Teilnehmer eine Demonstration ihres Konzepts durchführen, d.h., wirklich einen Prototypen starten und betreiben müssen. So etwqas wie ein X-Prize für Stratosphärenluftschiffe.
Mehr Information und die Formulare für die Einreichung von Ideen findet man unter diesem Link.
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Mein Mitgefühl und meine Sympathie an die Angehörigen und Freunde von Tuğçe A.
Cenntenial CHALLENGES legt die NASA also auf. Darunter machen es die Amis nicht:
Amerika kehrt zu seinem Gründergeist zurück und sucht nach neuen Herausforderungen. Vielmehr sucht es nach neuen Pionieren, neuen Daniel Düsentriebs, wagemutigen Unternehmern. Oder ist einfach das Nasa-Budget zu knapp für Innovationen innerhalb der Nasa? Oder fehlt die Innovationsfreude in dieser Bundesbehörde.
Interessant. Ob da vielleicht jemand mit Deutschkentnissen auf die Diskussion hier gestossen ist??? Das wär doch mal was. 🙂
Das letztlich erforderliche Luftschiff mit (mindestens!) 20 Tonnen wird ein Riesenungetüm. Sicher wird man es in 10…15 Jahren auch bauen können. Aber wie sieht es denn dann mit den ungeheuren Mengen Helium aus ? Das Zeugs wird ja immer knapper…
Moment, wieso muss das Luftschiff mindestens 20 Tonnen Nutzlast haben?
Sie kommen wohl auf 20 Tonnen für ein Stratosphärenschiff (insgesamt), weil sie davon ausgehen, nur ein Schiff mit riesigen Mengen an Helium könne in die Höhe von 20 km gelangen, vor allem wenn man noch die “Verpackung” des Heliums mitberücksichtigt. Doch das muss bei extremem Leichtbau nicht der Fall sein.
Dem Einwand was das Helium betrifft stimme ich zu und schlage deshalb Wasserstoff als Auftriebsmittel für unbemannte Luftschiffe vor.
Das Sofia-Teleskop wiegt 17 Tonnen. Ging es hier im ersten Blogabsatz nicht um eine Sofia-Alternative?
Nicht das SOFIA-Teleskop an sich wiegt 17 Tonnen, sondern das SOFIA-Teleskop samt der ganzen massiven Halte- und Ausrichtungsmechanik, die man braucht, um ein Teleskop einigermaßen still zu halten, wenn an der offenen Luke vorbei der Fahrtwind von Mach 0.82 braust.
Natürlich ist so ein Apparat zwangsläufig massiv und schwer. Aber es wäre wohl kaum sinnvoll, so einen Brummer aus der 747 aus- und in ein Luftschiff einzubauen. Warum sollte man das tun?
Das Stratosphärenluftschiff in 20 km Höhe ist oberhalb des Wetters. Es ist oberhalb großer Luftströmungen. Wenn unten ein Hurrikan tobt, dann lässt man es am Boden.
Das heißt, die Nutzlast muss hier nicht mehr ungeheuer stark und massiv sein. Es muss zwar kein extremer Leichtbau wie bei Satelliten betrieben werden, aber ich vermute, Spiegel und Mechanik werden viel näher bei Werten liegen, wie man sie von orbitalen Teleskopen kennt.
Das Herschel-Teleskop hat beispielsweise einen Primärspiegel, der bei 3.5 Meter Durchmesser 210 kg Masse mitbringt. Nur so als Anhaltswert. Ich denke, dass man für die Nutzlast inklusive Kameras, Sekundärspiegel samt Befestigung und “Montierung” auf irgendwo zwischen 500 und 700 kg Masse kommen müsste, falls es wirklich ein großer Spiegel sein soll.
Aber so ein großer Spiegel wie bei Herschel muss es ja auch nicht sein. SOFIA selbst hat ja nur einen 2.7 m-Spiegel, also deutlich weniger als Herschel. Nehmen wir doch das mal an, und dann eine Primärspiegelmasse von wenigen Hundert kg.
Der Stratobus von Thales soll bei 70-100 m Länge und bis zu 30 m Durchmesser 200 kg Nutzmasse bis in 20 km Höhe mitführen können. Demonstriert wurde das natürlich noch nicht, aber es kann als erster Anhaltspunkt gelten. 200 kg wäre für Erdbeobachtungsexperimente viel Holz. Für ein Infrarotteleskop ist es vielleicht etwas knapp. Aber selbst eine Erhöhung des Volumens und der Nutzlastkapazität um einen Faktor 3 wäre immer noch weit von einem Giganten wie der LZ 129 entfernt.
Ob so etwas jemals realisiert wird, weiß ich nicht, und das entscheide ganz sicher auch nicht ich. Für technisch unmöglich halte ich es nicht.
Angenommen, es gibt eine stratosphärische Plattform dieser Art. Dann wird man natürlich die Instrumentenhardware so auslegen, das sie zum vorhandenen Luftschiff passt.
Und: Nein, ich sehe auch keinen Grund, warum man keinen Wasserstoff verwenden sollte.
Ah, Entschuldigung. Ich hatte irrtümlich angenommen, Sie sprechen von 20 Tonnen Nutzlast. Mein Fehler.
Naja es wird aber doch in den 20 Tonnen Nutzlast Bereich gehen. Diese Minimalwerte “Spiegel mit etwas dumherum” werden in der Praxis nicht gangbar sein.
Ad 1 – Stratosphärenjetzt könne in der Höhe durchaus auch mal auftreten. Die sind zwar stabil als Ganzes, können aber Turbulenzen beinhalten.
Ad 2 – Bei Schlechtwetter auf dem Boden lassen ? Wie lange will man warten, bis das Bodenwetter und das Wetter in den div. Schichten weiter oben gleich ruhig ist? Man muß ja nicht grad bei Sturm starten , aber ein bissel Festigkeit muß da schon sein.
Ad 3 – Es kann ja auch mal nötig sein, um jeden Preis runter zu müssen – egal welches Wetter.
Ad 4 – so ein Riesen Luftschiff hat sicher mitunter Schwingungen der Hülle / der Struktur. Da muß etwas getan werden.
Ad 5 – Sofia ist deshalb so effektiv, weil man vor Ort bereitstehende verschiedene Instrumente schnell an den Spiegel “schrauben” kann. Wenn man das ferngesteuert machen will, kommt sowohl das Gewicht dieser Instrumente als auch die immense Wechsel-Mechanik dazu.
Da kommt man dann vermutlich in den Bereich, wo man gleich auf bemannt bauen kann
Na, wenn Sie meinen, dann wird das wohl so sein….
Die Argumente von Herr Zirm sind nachvollziehbar und physikalisch logisch. Wäre es so einfach, würde es solch einen Transporter doch schon geben. Eine ähnliche Idee gab es ja auch schon mit dem Cargolifter bei bekanntem Ausgang. Bei ungefähr eine Milliarde (Mark? Euro?) Zielkosten wurde das schon in der Planung gestoppt und wir haben in der Konstruktionshalle heute eines der teuersten Spassbäder. Der Träger sollte zwar weit über 100 Tonnen tragen können, doch da die Gesamtkosten exponentiell steigen, wäre ein Gerät mit 10 Tonnen Nutzlast sicher nicht 10mal billiger. Übrigens gab es solch eine Idee auch schon bei den Astronomen der Ruhr-Uni Bochum vor über 20 Jahren. Drei Teleskope auf einem Luftschiff in “Untertassenform” (Durchmesser 200-300m). Das ist damals nicht einmal über die Antragsphase herausgekommen.
Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich.
Es gibt doch gar keinen Zusammenhang zwischen einem kleinen stratosphärischen Luftschiff mit einer Nutzlast von sehr deutlich weniger als einer Tonne, das weit oberhalb des Wetters nur seine Position halten soll und einem Schwerlastluftschiff wie dem Cargolifter, das eine mehr als zwei Größenordnungen höhere Nutzmasse in niedrigen Höhen über große Strecken hinweg transportieren soll. Das sind keine “ahnlichen Ideen”.
Abgesehen davon sagt das Versagen des Projekts Cargolifter allein noch nichts über die technische Machbarkeit aus.
Man sollte wirklich mal etwas Recherche betreiben und nicht einfach irgendwelche Zahlen aus der Luft greifen. Erst wird postuliert, das Teleskop müsse 17 Tonnen wiegen, nur weil es bei SOFIA soviel Systemmasse hatte. Dann werden aus den 17 Tonnen auf einmal 20 Tonnen, mindestens. Warum? Einfach so. Nachvollziehbare Argumente sehe ich wedser bei Ihnen noch bei Herrn Zirm – eine Struktur, die geringeren Belastungen ausgesetzt ist, muss nicht so massiv sein und hat deswegen eine geringere Masse.
Wie auch immer: Was wir hier diskutieren, hat auf den Ausgang der Ereignisse wenig Einfluss: Entweder die NASA wird ihren Wettbewerb durchführen oder sie wird es nicht tun. Falls sie es tut, dann wird sich zeigen, ob die Teilnehmer am Wettbewerb funktionierende Lösungen zuwege bringen.
Abschließend: dass es “so einfach” ist, hat keiner behauptet. Aber auch Dinge, die nicht einfach sind, werden realisiert.
Auf das Argument “Das geht nicht, denn wenn es ginge, würde es das ja schon geben” muss ich ja wohl hoffentlich nicht auch noch eingehen.
Lieber Herr Khan, niemand hat hier behauptet, dass man einfach zwischen verschiedenen Projekten so einfach skalieren kann. Ich verstehe jetzt Ihre Aufregung nicht. Ich habe gar nicht vor, weiter zu recherchieren weil ich hier ja nur als Leser mit Kommentarfunktion agiere. Sie hingegen haben dieses Thema angeschnitten, daher müssten doch eigentlich Sie die entsprechende Recherche betreiben. “Das geht nicht, denn wenn es ginge, würde es das ja schon geben” hat hier niemand behauptet. Und zur Strukturbelastung hat Herr Zirm sich nachvollziehbar geäußert. Schade, dass Sie einem Diskurs zwecks Lerngewinn so kritisch gegenüber stehen. Die Argumente von Herrn Zirm sind m.E. weitaus besser als Sie jetzt darzustellen versuchen.
Gruß, R. Neitzel
Ich stimme weder Ihrer noch Herrn Zirms Einschätzung zu. Sie sehen das anders. Alle haben das Recht zur eigenen Meinung. Die Unterstellung der “Aufregung” find ich jetzt ein bisschen überflüssig.
Den Cargolifter habe ja nicht ich angeführt. Aber wer ein Beispiel anführt, halt es in der Regel für relevant – warum bringt er denn sonst das Beispiel? Ich meine nur, und ich sage auch warum, dass der Cargolifter im gegebenen Fall kein relevantes Beispiel ist, da Anwendungsfall und Dimensionen sich grundlegend unterscheiden.
Ich muss allerdings darauf hinweisen, dass ich sehr wohl Argumente zu den Masseneinschätzungen gegeben habe und auch Vergleichsdaten recherchiert habe. Bei den Gegenargumenten sehe ich das nicht.
End of Debate von meiner Seite.
“Ich muss allerdings darauf hinweisen, dass ich sehr wohl Argumente zu den Masseneinschätzungen gegeben habe und auch Vergleichsdaten recherchiert habe.”
Aber Herr Khan, auch das hat doch niemand in Abrede gestellt. Nichts für Ungut, aber ich finde Ihren Diskursstil zu offensiv. Den Beteiligten wird das nicht gerecht.
Gruß, R. Neitzel
Ich weise vorbeugend darauf hin, dass ich das fortgesetzte Beharren auf themenfremden Sachverhalten, wie zum Beispiel die Einschätzung meiner Person, nicht schätze und auch nicht für “on-topic” halte. Jeder kann das in seinem eigenen Blog nach Belieben anders halten.
Im wissenschaftlichen Diskurs werden im Übrigen Aussagen “Ich stimme nicht zu, aus folgendem Grund …” oder “das Argument halte ich für nicht relevant, weil …” gemeinhin nicht als offensiv gewertet. Sonst könnte der wissenschaftliche Diskurs nicht stattfinden. Es mag unterschiedliche Einschätzungen zu diesem Punkt geben, wie bei Allem. Ich aber orientiere mich am allgemeinen Usus.
Ich finde generell, dass Qualität und Ton der Diskussionen nicht nur in “Go for Launch”, sondern generell in den kosmologs, sich wohltuend davon abheben, was man im Netz sonst so lesen muss. Das soll auch so bleiben.