Vier Planeten und der Mond in der Nacht vom 27. auf den 28.2.

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Raumfahrt aus der Froschperspektive
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Diese Nacht bietet etwas für Planetenfreunde: Am frühen Abend des 27.2. ist am Westhimmel der Merkur nahe seiner maximalen Elongation zu beobachten. In den Morgenstunden gesellen sich gleich drei helle Planeten, nämlich Saturn, Venus und Jupiter zur Sichel des abnehmenden Monds.

Merkur nahe seiner größten Elongation, hier simuliert für Darmstadt am 27.2.2019 um 18:45 MEZ
Merkur nahe seiner größten Elongation, hier simuliert für Darmstadt am 27.2.2019 um 18:45 MEZ
Venus, Saturn, der abnehmende Mond und Jupiter am Morgen des 28.2.2019. hier simuliert für Darmstadt um 6:45 MEZ.
Venus, Saturn, der abnehmende Mond und Jupiter am Morgen des 28.2.2019. hier simuliert für Darmstadt um 6:45 MEZ.

Und nun ein ganz anderes Thema …

Am 14. Februar 2019 entschloss sich der Flugzeugbauer Airbus, die Produktion des weltgrößten Passagierflugzeugs A380 im Jahre 2021 mit der Auslieferung der letzten bestellten Einheiten einzustellen. Eigentlich hatte sich dieser Schritt schon seit mehr als einem Jahr abgezeichnet. Wäre im Januar 2018 nicht noch ein Großauftrag der Fluggesellschaft Emirates eingegangen, dann wäre die Axt schon längst gefallen.

Nach dieser Ankündigung ergoss sich sogleich ein Schwall von Häme über Airbus. Gewürzt mit küchenpsychologischen Theorien über “testosterongesteuerte Manager”, die der typisch männlichen Versuchung erlegen waren, das dickste Flugzeug der Welt zu bauen.

Ja, klar.

Nun ist so eine krude These ja schon einmal reichlich sexistisch. Man stelle sich einmal vor, jemand hätte sich erdreistet, weiblichen Führungskräften zu unterstellen, sie hätten sich in einem Anfall von östrogengesteuerter Verblendung durch die Vorstellung besonders edler Handtaschen zu einer falschen Managemententscheidung verleiten lassen. Der Shitstorm würde wohl nicht lange auf sich warten lassen.

Die These ist aber nicht nur steil und krude. Journalisten, die allen Ernstes mit so etwas ankommen, haben einfach ihre Hausaufgaben nicht gemacht.

Die Argumente für die A380 sind vielfältig und durchaus plausibel. Sie basieren aber auf gewissen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, deren Entwicklung sich schwer voraussehen lässt.

Als das Projekt A380 in den 1990ern begonnen wurde, umfasste die Produktpalette von Airbus zwei Familien zweimotoriger Verkehrsflugzeuge:

  • Die Schmalrumpf-319/320/321 (später kam noch die kleinere 318 hinzu) mit zwei Triebwerken, für die Kurz- und Mittelstrecke mit zwischen etwa 100-200 Passagieren
  • Die “Wide Body” 300/310/330/340 (mittlerweile gibt es auch die etwas größere 350 XWB. Die 300/310 und 340 wurden eingestellt), ebenfalls mit zwei Triebwerken, für Mittel- und Langstrecken

Im Airbus-Sortiment fehlte jedoch ein Konkurrent zum Modell 747 des US-Konkurrenten Boeing mit besonders hoher Kapazität für die Langstrecke. Boeing hatte da ein Monopol. Das Argument von Airbus war, dass Boeing dank dieses Monopols besonders gut an der 747 verdiente. Deswegen konnte bei den kleineren Modellen, die wiederum in direkter Konkurrenz zu den Produkten von Airbus standen, schärfer kalkuliert werden.

Der wichtigste Faktor war aber der Ölpreis. Dieser oszillierte in den 1990ern, stieg aber seit Ende des Jahrzehnts stetig und kräftig an – ein Trend, der bis nach 2010 anhielt (abgesehen von Einbruch durch die Finanzkrise).

Entwicklung des Ölpreises, nominal und real in $ von 2014, Quelle: Wikipedia

Im aktuellen Jahrzehnt ist der Ölpreis aufgrund des weltweiten Überangebots dagegen kräftig eingebrochen. Das war der wesentliche Effekt, der die A380 den Markterfolg kostete.

Ein Flugzeug mit so hoher Kapazität kann nur dann gewinnbringend eingesetzt werden, wenn diese Kapazität zu einem wichtigen Faktor in der wirtschaftlichen Berechnung wird. Die A380 mit ihren vier Triebwerken und ihrer gewaltigen Größe verbraucht natürlich absolut gesehen mehr Treibstoff als kleinere Flugzeuge. Die Rechnung pro Passagier sieht aber anders aus – allerdings nur dann, wenn viele Sitze eingebaut sind und diese Sitze besetzt sind.

Die meisten A380-Flüge werden als Premiumprodukt vermarktet. Die Flugzeuge sind entsprechend komfortabel und geräumig eingerichtet. Dies erklärt zusammen mit dem niedrigen Geräuschpegel ihre Beliebtheit bei den Passagieren. Selbst mit nur 575 Sitzen berechne ich einen Verbrauch pro Sitzplatz und Kilometer, der deutlich unter dem selbst der modernsten 747 (747-8) und in etwa gleichauf mit dem der zweimotorigen 777-200LR liegt, der aber deutlich schlechter als der der neuen 787-9 ist.

Es ist schon jetzt nicht so, dass alle Konkurrenten im Verbrauch weit besser sind als die A380. Würden die Betreiber aber ihre A380 als reines Arbeitspferd positionieren und entsprechend bestuhlen, dann könnte der Treibstoffverbrauch des Riesenvogels pro Passagierkilometer alle Konkurrenten weit unterbieten – angenommen, die verfügbaren Sitzplätze werden auch verkauft.

Dies wäre ein schlagendes Argument, wenn sich der Ölpreis weiter nach oben entwickelt hätte. Wie wir jetzt wissen, passierte genau das aber nicht. Die Entwicklung der Verkaufszahlen der A380 zeigen, dass seit 2013 gar nichts mehr läuft. Zum Vergleich: Bei der A350 XWB kamen im gleichen Zeitraum etwa 40 Neubestellungen pro Jahr hinzu.

https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_Airbus_A380_orders_and_deliveries
Bestellungen und Auslieferungen der A380 seit 2001, Quelle: Wikipedia

Oft kommt das Argument von der Entwicklung weg vom “Hub-and-Spoke”-System mit einer überschaubaren Anzahl großer Megazentren, in denen man umsteigen muss, hin zu mehr Direktverbindungen. Dies sollte man aber auch vor dem Hintergrund der Betriebskosten sehen. Wenn starker wirtschaftlicher Druck die Fluggesellschaften zwingt, auf niedrigen Verbrauch zu achten, werden Komfortaspekte (wie Direktflüge) zweitrangig.

Ohnehin halte ich den angeblichen Trend weg von den Megahubs durchaus nicht für so deutlich wie behauptet. Gerade in den letzten Jahren wurden besonders große Flughäfen eingeweiht, weitere sind im Bau. Ich halte es wahrscheinlich, dass es auch in der Zukunft noch genügend Bedarf an Flügen sehr hoher Kapazität zwischen diesen Megaflughäfen geben wird. Genug, um 600 oder 700 A380 zu füllen, auch wenn diese enger bestuhlt sind.

Langfristig werden die Ölpreise nicht mehr auf dem jetzigen, niedrigen Niveau bleiben. Dann würde die Wirtschaftlichkeitsrechnung für sehr große Verkehrsflugzeuge wieder anders aussehen. Für die A380 wird es dann aber zu spät sein.

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Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

11 Kommentare

  1. Für die A380 wird es dann aber zu spät sein.

    Ich bin leider nicht so im Bilde, wie leicht eine Flugzeugproduktion auf einen anderen Typ umgeswitcht werden kann. Wie aufwendig ist es überhaupt, die Hallen, in denen derzeit der A380 gefertigt wird, auf den A350 umzustellen? Und wie aufwendig würde es, wenn sich in fünf oder zehn Jahren die Bedarfe so gedreht haben, dass ein A380 doch wieder in rentabler Stückzahl zu produzieren wäre? Die Konstruktion existiert ja schon und müsste höchstens auf den neuesten Stand gebracht werden.

    • Wenn ein Projekt von dieser Größe erst einmal eingestellt worden ist, dann ist das wohl eine finale Entscheidung. Es betrifft ja nicht nur Airbus, sondern auch diverse Zulieferer. Die Produktion wird jetzt auf die Herstellung von Ersatzteilen für die bestehende Flotte umgestellt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass da noch einmal das Ruder herumgerissen wird. Es wird nichts neues mehr für den A380 entwickelt und die Entwicklerteams werden aufgelöst, das Personal anderen Projekten zugeteilt, und das wird’s dann gewesen sein.

      Zudem ist der A380 ja mittlerweile schon deutlich in die Jahre gekommen. Wäre alles anders gelaufen und hätte man ein gesundes Auftragspolster, dann würde man jetzt daran zusehen, dass in absehbarer Zeit ein A380neo auf den Markt kommt, der den aktuellen A380 ersetzt. “höchstens auf den neuesten Stand gebracht”, das ist eben keine Kleinigkeit.

  2. Danke für diese treffende Analyse. Ich habe mich persönlich sehr über einige Artikel geärgert und mich auch gefragt, was das noch mit seriösem Journalismus zu tun hat. Zudem kommt das Gefühl auf, dass ein Journalist von dem anderen einfach nur abschreibt ohne Argumente tatsächlich zu prüfen. Beispiel Point to Point Argument: Die Wahrheit liegt wohl in der Mitte. Der Hub Verkehr wächst und der Point to Point Verkehr auch. In Hamburg z.B. sehe ich bis heute z.B. so gut wir gar keine Direktverbindungen. Der A380 ist ohne Frage ein tolles Flugzeug und die Gründe für das Scheitern sind wie beschrieben vielfältig. Ich persönlich finde es nach wie vor sehr schade, da ich immer gerne damit geflogen bin.

    • Natürlich ist die A380 bei den Passagieren beliebt, bei dem Komfortangebot. Das ist aber eben das Problem. Die Fluggesellschaften setzen die A380 nicht so ein, dass sie ihre Stärke voll ausspielen könnte.

      Als die 747 herauskam, war sie noch viel revolutionärer und im Vergleich zu allen anderen Flugzeugen dramatisch größer. Die erste 747-100 hatten im Buckel nur wenige Fenster, weil Boeing zunächst davon ausging, dass alle Betreiber dort oben eine Lounge einrichten würden. Das aber taten nur die wenigsten – über kurz oder lang kamen überall Sitzreihen hinein. Ab der -200 waren oben viele Fenster und auch die -100 konnte entsprechend umgebaut werden. Die 747 wurde optimal eingesetzt und machte das Fliegen deutlich erschwinglicher.

      Von der A380 hätte man auch erwarten können, dass sie nach einigen Jahren im Einsatz vorwiegend für den Massentransport verwendet wird und dabei die Auswirkungen weiter steigender Ölpreise abfedert. Aber dieser Ölpreisanstieg kam nun einmal nicht.

  3. “Selbst mit nur 575 Sitzen berechne ich einen Verbrauch pro Sitzplatz und Kilometer, der deutlich unter dem selbst der modernsten 747 (747-8) und in etwa gleichauf mit dem der zweimotorigen 777-200LR liegt, der aber deutlich schlechter als der der neuen 787-9 ist”

    könnten Sie mir diese Berechnungen offenlegen? Ich suche immer wieder nach einigermaßen belastbaren Zahlen zum Kerosinverbrauch von Flugzeugen, finde aber recht wenig im Internet. Und die reinen wikipedia-Zahlen (Reichweite, Treibstoffinhalt, Sitze) sind sehr häufig “bis zu” Zahlen.

    • Ich nehme für den jeweiligen Flugzeugtyp die maximale Startmasse (MTOW), die maximale Masse ohne Treibstoff (maximum zero fuel weight) und die Reichweite bei maximaler Zuladung. Von der Treibstoffmasse setze ich 90% als nutzbar an, der Rest ist Reserve. Vielleicht ist diese Annahme nicht korrekt, aber dann betrifft der Fehler alle Flugzeugtypen, die ich mit angeschaut habe, in gleicher Weise.

      Für die A380 entnehme ich beispielsweise hier:
      MTOW: 560000 kg
      MZFW: 361000 kg, Treibstoffmasse bei maximaler Zuladung also 199000 kg, davon 90% sind 179100 kg.
      Reichweite bei maximaler Beladung: 8000 nm = 14816 km

  4. Von der B747 existieren uralte flugfähige Exemplare, 50 Jahre alt. Aber die bestand im Wesentlichen auch aus Aluminium. Heutige Flugzeuge bestehen in wesentlichen Teilen aus CFK. Wird dieser Werkstoff im Flugbetrieb (statische Belastung, Belastung durch Vibration, Temperaturwechsel und Strahlung, Alterung, Ausgasung flüchtiger Bestandteile) auch eine derartige Lebensdauer erreichen ?

  5. Ja, der Airbus 380 kam zu früh, denn bei einem Wachstum im weltweiten Flugverkehr von durchschnittlich 6% pro Jahr ist absehbar, dass Flüge mit mehr als 500 Passagieren zwischen grossen Hubs bald schon voll ausgebucht sind. Zudem: Trotz immer neuer Flughafenprojekte werden die Kapazitäten wohl bald schon ausgeschöpft sein und ein Airbus 380 – Abflug anstatt zwei Abflüge von kleineren Maschinen würde einen bestehenden Flughafen besser ausnutzen.
    Klar wären aus reiner Passagiersicht viele kleine Flugzeuge, die täglich von einem Flughafen an alle möglichen Destinationen direkt ohne Umstieg fliegen, besser als ein Hub-System. Doch beim Wachstum im Flugverkehr ist das unrealistisch.

    Fazit: Es ist nur eine Frage der Zeit bis Grossflugzeuge wie der Airbus 380 wieder attraktiv werden. Aber eins ist sicher: Ein zukünftiges Airbus 380 ähnliches Flugzeug wird noch mit deutlich geringerem Verbrauch pro Passagier auskommen müssen als der Airbus 380 (3 Liter pro 100 km und Passagier).

    In der Wikipedia liest man zur Airbus-380-Ökonomie: The 84-ton maximum payload of a modern Airbus A380 represents 14.6% of its 575-ton maximum take-off weight. There remains considerable room for future improvements in weight reduction

  6. Eine schlechte Note bezüglich Treibstoffökonomie erhält der A380 im Artikel Size matters for aircraft fuel efficiency. Just not in the way that you think. wo man liest:
    In unserem jüngsten Transpazifik-Ranking haben wir die Treibstoffeffizienz der 20 wichtigsten Fluggesellschaften bewertet und verglichen, die Flüge zwischen den USA, Ostasien und Ozeanien durchführen. Eine interessante Erkenntnis war, dass Fluggesellschaften, die überwiegend die viermotorigen Flugzeuge Boeing 747 und Airbus A380 einsetzen – Asiana, Korean Air und Qantas – die niedrigste Gesamttreibstoffeffizienz im Transpazifikverkehr hatten.
    Gründe:
    1) Vierstrahlige Flugzeuge seien grundsätzlich weniger Treibstoffeffizient
    2) Die Sitzauslastung bei sehr grossen Flugzeugen ist schlechter als bei mittelgrossen.
    Jedenfalls gelte: Taken together, overall very large four-engine aircraft used on transpacific flights had 24% lower fuel efficiency per passenger than aircraft with two engines in 2016

    • Der Artikel ist mir bekannt. Wie bereits gesagt, die A380 ist schon einma benachteiligt, weil keiner der Betreiber ihre Kapazität auch nur annähernd ausnutzt. Wie dort gesagt, erreichte man im Schnitt auf den transpazifischen Strecken 350 Passagiere pro Flug und mit der 787-9 200 Passagiere. 350 Passagiere sind aber nur gut 50% der üblichen Bestuhlung der A380 und etwa 40% der theoretischen Kapazität.

      Wären die Treibstoffpreise heute so hoch wie es anhand der Entwicklung bis 2010 zu erwarten gewesen wäre, dann wären die A380 mit viel mehr Sitzen ausgestattet und die Betreiber könnten die Ticketkosten unterbieten, mit denen kleiner Flugzeuge profitabel wären.

      Eine Zeit lang sah es wirklich so aus, als würde die Vorhersage eintreten. Singapore Airlines beispielsweise konnte solche ihrer Rennstrecken mit drei A380 bedienen, wo vorher vier Boeing 747 eingesetzt wurden.

      Aber mit viel niedrigen Treibstoffkosten sind die Karten neu gemischt, da treten bei der Flottenplanung die Treibstoffkosten in den Hintergrund und der Kaufpreis ud die Betriebskosten werden wichtiger.

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