Kugelförmige Solarkollektoren – Geht das?

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Raumfahrt aus der Froschperspektive
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Manche Produkte sind so cool, dass man gar nicht nachrechnen mag, ob das denn auch funktionieren kann. Bei einem Einstandpreis von €6000 empfiehlt sich das Nachrechnen aber dann wohl doch. Die Firma Rawlemon bietet ihren konzentrierenden Solargenerator (sie bezeichnet ihn aber als “Outdoor Collector”) namens “Beta.ray 1.00” zu eben diesem Preis.

Die Idee ist: Das Sonnenlicht fällt auf eine wassergefüllte Kugel mit einem Meter Durchmesser (Es existiert auch eine Version mit 1.8 Metern Durchmesser zu €8999), die als konzentrierende Linse wirkt und das gebündelte Sonnenlicht auf eine kleine Solarzellenfläche richtet. Die Solarzellen werden nachgefährt, damit sie immer im Brennpunkt bleiben, egal, wie die Sonne steht.

Allerdings kann auch ein konzentrierendes System nur die Sonnenenergie bündeln, die sie erreicht. Eine Kugel mit einem Meter Durchmesser hat eine Querschnittsfläche von 0.78 Quadratmetern und hat unter optimalen Bedingungen eine Energieaufnahme von etwa 1000 Watt. Optimale Bedingungen (hoher Sonnenstand, klarer Himmel, trockene Luft) herrschen allerdings nicht immer, vor allem nicht in unseren Breiten.

Aber wie auch immer, ich beziehe mich im Folgenden einfach auf die Herstellerdaten, ohne diese selbst infrage zu stellen. Die nennen eine elektrische Leistung (gemeint ist wohl die maximal erzielbare elektrische Leistung, von 180 Watt und dazu eine maximale thermische Aufnahme von 275 Watt, wobei allerdings nicht klar wird, wie Letztere genutzt werden soll. Der maximale Energieertrag pro Tag liegt laut Hersteller bei 1.1 kWh.

Hm.

Diese positiv klingende Aussage …

The station is designed for off grid conditions as well as to supplement buildings’ consumption of electricity and thermal circuits like hot water.

… muss man wohl so verstehen, als dass kein Wechselrichter vorhanden ist und man die erzeugte Energie entweder sofort verbraucht oder später aus der eingebauten Batterie zapft, deren Kapazität 0.5 kWh beträgt. Wie der Zugang zum Warmwasserkreislauf des Gebäudes bewerkstelligt werden soll, steht da nicht. Ob sich eine Netzanbindung lohnen würde, erscheint mir angesichts der Leistungsdaten zweifelhaft. Ebenso wie die Eignung des Beta.ray als Lichtquelle. Laut Hersteller schaffen die eingebauten LEDs eine Lichtausbeute von 200 lumen. So viel (oder eher so wenig) wie eine konventionelle Glühbirne mit 15 Watt Leistung.

Ich bin allerdings Ingenieur und kein Wirtschaftsfachmann. Deswegen gebe ich offen zu, dass mir nicht klar ist, wie sich dieses Gerät irgendwann einmal rechnen soll. Nehmen wir mal an, ich blättere die 6000 Euros auf den Tisch des Hauses Rawlemon und die wuchten mir das Ding auf die Terasse. Auf dem Dach möche ich die 700 Kilo lieber nicht haben. Nun stünde das Ding da und produziert idealerweise Strom, den ich selbst verbrauchen kann und deswegen auf meiner Stromrechnung einspare.

Angenommen, ich spare damit pro Tag 30 Cent ein. Angenommen, der Beta.Ray liefert mir wirklich durchgehend die 1.1 kWh am Tag, die der Hersteller nennt, also auch im Winter oder bei bewölktem Himmel. Angenommen, es fallen außer dem Kaufpreis keine weiteren Kosten an – die Solarzellen degradieren nicht und die Batterie muss nie ausgetauscht werden. Ehrlich – man kann nicht sagen, ich würde versuchen, das Ding schlecht zu rechnen. Im Gegenteil, ich bin sehr großzügig in meinen Annahmen und komme damit dem Hersteller sehr weit entgegen. Ich übernehme sogar seine Angaben.

Also gut. Das alles nehmen wir als gegeben an.

0.3 Euro pro Tag sind 110 Euro im Jahr. Damit hätte ich ja die Kosten in weniger als 55 Jahren wieder ‘raus – solche Dinge wie Verzinsung mal nicht eingerechnet. Allerdings auch nur unter Zugrundelegung meiner ganzen großzügigen Annahmen. Wenn diese nun zutreffen und zudem auch noch der Strompreis auf 50 Cent pro kWh steigt, dann bin ich sogar nach gut 30 Jahren kostendeckend. Aber nur, wenn das Gerät so lange hält und es in der Zeit nie regnet.

Wenn meine großzügigen Annahmen allerdings nicht zutreffen sollten, dann wäre die Kugel niemals kostendeckend. Aber so etwas Böses wollen wir doch nicht annehmen.

Also, ich kleiner dummer Ingenieur sehe das ja bestimmt alles ganz falsch. Aber ich würde mir, wenn ich 6000 Euro in die umweltfreundliche Nutzung der Sonnenenergie und den Umweltschutz investieren will, einfach einen solarthermischen Kollektor aufs Dach bauen lassen, mit einem Warmwasserspeicherkessel im Keller. Damit könnte ich im Sommer annähernd all mein Brauchwasser erwärmen und im Winter immer noch im Schnitt die Hälfte. Ich komme damit auf eine deutlich schnellere Amortisation meiner Investition,

Da könnte ich ja jetzt glatt auf den Gedanken kommen, das Kugeldings ist vollkommen sinnlos. Aber das wäre ja sicher eine ganz falsche Schlussfolgerung. Wer klärt mich auf, wo mein Denkfehler liegt?

 

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Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

15 Kommentare

    • In dem von Ihnen erwähnten Artikel von Markus Pössel Artikel ging es mehr um einen Teilaspekt, und zwar die Stromgewinnung bei Mondlicht.

      Mir geht es darum, ob es überhaupt irgendeinen Nutzwert hat, sich so einen 700 Kilo-Oschi mit maximal 180 Watt elektrischen Output hinzustellen.

  1. Das Ding ist Blickfang – Kunst kostet, je weniger kaufen, um so höher Wiederverkaufswert.
    Und stabil isses für 432 km/h Wind, da kommt keine billige Dachkonstruktion mit.

    • Wenn das Ding kleiner, vielleicht so Wasserballgröße, mobiler und vor allem preiswerter wäre, dann wäre es wirklich ein cooles “Lifestyle-Accessoire”. Keiner braucht sowas, es ist immer noch teuer, aber es hat schon einen gewissen Haben-Wollen-Effekt. Vor allem macht es ja auch was: Am Tag sieht es gut aus und der Solarzellenträger dreht sich mit, sodass er im Fokus bleibt, und nachts leuchtet es. Aber sowas als Beitrag zur Zukunft der Energieversorgung verkaufen zu wollen, ist wohl doch etwas hoch gegriffen.

    • Die Wärmespeicherkapazität wird in der Werbung für das Produkt zwar betont, aber wie gesagt, es ist nicht klar, wie die Wärme abgeleitet oder wie anderswo anfallende Wärme zugeleitet werden soll.

      Lustig finde ich auch, wie die mitr der Beleuchtungsleistung angeben. 200 Lumen. Wow! Das packt in etwa auch eine 15 W-Glühbirne. Also eher eine Funzel.

  2. Und im Winter wird die kugel dann entwässert gegen Frost? Da fehlen dann noch Die jährlichen Wasserkosten zur Wiederbetankung.

  3. Wenn man kein Wasser einfüllt, sondern die Innenwandung der Kugel mit Europium-dotiertem Strontiumaluminat (Luminova) beschichtet, dann leuchtet die Kugel in der Nacht durch Phosphoreszenz ganz von selbst.

    Man hat dann keine Kosten durch Solarzellen, Lampen, und andere elektrische Bauteile, und ausserdem genügt dann diffuses Sonnenlicht.

    Allenfalls muss man in der Nacht die stärker leuchtende Oberseite der Kugel nach unten drehen, um mehr Licht zu bekommen.

  4. Kunst hat seinen Preis. Sehr sexy, so den Sonnenstrom zu wandeln. Das das Ding aber in einer Fassade mit einer Kombi auf 57% Effizienz kommt ist pragmatisch gesehen das 5-Fache an Leistung gegenüber eines handelsüblichen Kollektors. Da gab es vor einigen Wochen einen Beitrag in der TAZ mit diesem Thema. Den Jungs aus Barcelona geht es wohl mehr um Zero-energy buildings, wie es dort stand. Da geht einiges, wenn die einmal soweit sind.

  5. Es ist halt “Kunst”, in diesem Fall “Gebrauchskunst”. Die Preise dafür richten sich dabei nicht nach dem Nutzen (hier Energieertrag), sondern danach, was Leute bereit sind dafür zu zahlen.

    • Wenn dies nur ein Kunstwerk wäre, würde ich mich jeglichen Kommentars enthalten. Aber der Anspruch des Herstellers an seine eigenen Produkte ist ein anderer:

      Our current invention is aimed to minimize the footprint renewable energies leave on our environment, and through innovation and good design, to create energy in a way that provides for our future, rather than compromising it.

      Our goal is to give us ample marketing opportunities for our alternative solar energy technology, a sufficient lead time to launch a revolutionizing architectural system for buildings to be energy independent and to generate yield surplus at the same time.

      Ich sehe nicht, wie das hir diskutierte Produkt diesem Anspruch gerecht wird.

      • Erneuerbare Energieanlange sollen schön, nicht hässlich sein, diesen Wunsch (Anspruch) teilen wohl viele mit dem Hersteller. Viele könnten also folgendem zustimmen: “minimize the footprint renewable energies leave on our environment”

        Die hier beworbenene kugelförmigen Solarkollektoren beweisen aber wohl genau das Gegenteil. Sie beweisen nämlich, dass Funktion+Form hier nicht zusammengehen können, erzeugt doch eine riesige Kugel gerade einmal 100 Watt Leistung.

        Windräder die die Landschaft verändern und Solaranlagen, die das Stadtbild verschandeln, so etwas kann man nur rechtfertigen, wenn die Alternativen ganz schlimm sind. Und in der öffentlichen Wahrnehmung sind Alternativen wie beispielsweise AKW’s ja das denkbar schlimmste. Erneuerbaren-Evangelisten wissen um dieses Dilemma, was mit ein Grund ist, dass sie AKW’s verteufeln.

        Meine Prognose: Sobald die kompakte umweltfreundliche Energiequelle auftaucht, die den Leuten als ungefährlich erscheint, werden Solarpanel und Windräder wieder aus der Landschaft verschwinden. Unsere Nachfahren werden sich über uns wundern und über die Idee ganze Landschaften mit Energiesammelanlagen zu überdecken wohl laut lachen.

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