Kevin lässt einen fliegen

BLOG: Go for Launch

Raumfahrt aus der Froschperspektive
Go for Launch

Heute ist endlich der große Tag gekommen. Kevin Gräff will seinen bis auf die Hülle selbst entwickelten Stratosphärenballon starten und ihn idealerweise bis auf rund 35 km Höhe aufsteigen lassen – so hoch, dass die Hülle platzt und die Nutzlastkapsel mit Kamera und Messinstrumenten am Fallschirm zu Boden fällt, wo sie hoffentlich aufgefunden und eingesammelt werden kann.

Doch erstens kommt es anders, und zweitens, als man denkt. Dichter Nebel hängt schwer über derm Boden in Erfelden. Das Gras und die darauf ausgebreitete Leine, an der Fallschirm, Radarreflektor und Nutzlastkapsel hängen, sind klitschnass. Offenbar saugt die einige zehn Meter lange Leine sich voll und wird dadurch schwerer als geplant.

Um 10:20 erhält das Team von der Flugsicherung die Startfreigabe für eine Startzeit 15 Minuten später, also um 10:35. Kevin macht sich bereit und lässt Stück für Stück den Ballon aufsteigen. Die zuvor ausgebreitete Leine hängt nun unter dem beeindruckend dicken Ballon. Um 10:35 fliegt der Ballon frei – doch der Aufstieg ist zunächst quälend langsam.

Ein Glück vielleicht, dass der Sponsor für die zweite Bordkamera, eine GoPro, seine Zusage zurückziehen musste. Wer weiß, ob der Ballon die Masse der zweiten Kamera auch noch hätte heben können? So geht es zumindest aufwärts, wenn auch langsam.

Telemetrie wird direkt über Funk empfangen, zudem kann ein weiteres GPS-Modul per Mobilfunk angesprochen werden. Es sendet dann seine Positionsdaten per SMS an den Anrufer. Wir erhalten Positionsdaten bis in 1400 Meter Höhe. Zumindest der seitliche Versatz ist wegen des schwachen Winds gering.

Wie wird’s nun weiter gehen? Noch wissen wir es nicht.

Startfreigabe erfolgt - der befüllte Ballon mit (von rechts nach links) Fallschirm, Radarreflektor und Nutzlastgehäuse
Credit: Michael Khan, Darmstadt / Startfreigabe erfolgt – der befüllte Ballon mit (von rechts nach links) Fallschirm, Radarreflektor und Nutzlastgehäuse
Es geht los - langsam wird die Leine mehr und mehr freigegeben
Credit: Michael Khan, Darmstadt / Es geht los – langsam wird die Leine mehr und mehr freigegeben
Unerwartet langsam, weil die mit Feuchtigkeit vollgesogene leine zu schwer geworden ist, entschwindet der Ballon im Nebel
Credit: Michael Khan, Darmstadt / Unerwartet langsam, weil die mit Feuchtigkeit vollgesogene leine zu schwer geworden ist, entschwindet der Ballon im Nebel

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Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

6 Kommentare

  1. Hi Michael,

    wir haben die Sonde nun wieder gefunden 😉 Sie lag, wahrscheinlich wegen der nassen und damit sehr schweren Leine, nicht wie berechnet nahe Babenhausen, sondern am Osthafen in Frankfurt.
    Die Videos wurden auch schon teilweise gesichtet. Leider war der Speicher schon vor dem Plätzen voll, aber egal. Das nächste mal wird da stark erweitert!
    Jetzt werden noch die Daten ausgelesen.

    CS Kevin

    • Erste Klasse, Kevin. Da kann man wirklich nur noch “Glückwunsch!“ sagen. Nicht so schlimm, wenn was nicht so läuft wie geplant. Hauptsache, man versteht, was passiert ist und warum. Dann lernt man daraus vielleicht mehr als aus einem planmäßigen Verlauf.

  2. Na das klingt doch bisher nach einer erfolgreichen Aktion.
    Wieviele Kilometer ist die Sonde denn nun vom erwarteten Kurs abgekommen? – Gemäss einem kurzen Blick auf der Karte scheint das ja eine Menge gewesen zu sein, da ein Flug in Richtung Westen erwartet wurde und der Ballon dann eher nach Nordwesten geflogen ist. Bin in jedem Fall schon auf einen ausführlicheren Bericht gespannt. 🙂

  3. Hallo Hans,

    die Sonde lag ca. 21km entfernt vom erwarteten Landepunkt. Das liegt wahrscheinlich daran, dass die Leine beim Start so nass geworden ist. Daher blieb sie länger in der Strömung nach norden “hängen”. In dieser Luftschicht trocknete die Leine dann durch, sodass wir dann doch die erwartete Steiggeschwindigkeit erreicht haben. Daher ist nur eine Drift nach Norden, kaum aber eine Drift nach Osten festzustellen. Bei den Messdaten kann man das Abtrocknen der Schnur direkt an der Zunahme der Geschwindigkeit ablesen. Das Diagramm kommt dann noch im ausführlichen Bericht.
    Grüße
    Kevin

    • Hi Kevin,

      danke für die Info. Das ist ja doch eine beachtliche Strecke, und ich finde es ziemlich bemerkenswert, dass allein eine feuchte Leine so einen markanten Unterschied ergibt.

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