ISS-Transit vor dem Mond am 13.4.2016
BLOG: Go for Launch
Morgen abend, am Mittwoch, 13.4.2016, zwischen etwa 21:20 und 21:30 MESZ wird the ISS einen gut sichtbaren Überflug über Deutschland hinlegen. Man kann sie in diesen Tagen an jeden Abend sehen. Der morgige Überflug ist jedoch (zumindest für mich) etwas Besonderes, denn da wird die ISS, zwar nicht von meinem Heimatort Darmstadt, aber doch vom 10 km weiter südlich gelegenen Seeheim-Jugenheim aus gesehen, einen Mondtransit absolvieren. Der Mond wird morgen ziemlich am Ende des ersten Viertels stehen, also etwas weniger als halb voll sein.
Die Mittellinie der Transitsichtbarkeit etwas schräg über Seeheim-Jugenheim hinweg. Alle Standorte auf dieser Linie kommen in den Genuss, nicht nur dieser eine. Man kann sich ihren genauen Verlauf online mit calsky errechnen lassen. Hier der Verlauf im großen Maßstab, den ich von calsky.com habe berechnen lassen. Auch mit Heavens Above lässt sich die Überflugsspur vor einer Sternkarte für einen beliebigen Standort erstellen.
Wie weit von der Mittelinie entfernt ist der Mondtransit sichtbar?
Kann ich jetzt auf Anhieb nicht beziffern, denn das hängt von der jeweiligen Elevation der Mondes und vom Abstand der ISS vom Beobachter ab, Am besten mit Calsky für Ihren Standort ausrechnen lassen – es sollten deutlich weniger als 0.2 Grad Winkelabstand vom Mittelpunkt des Mondkreises sein. Nur wenige Kilometer Abstand von der Mittellinie sind schon zu viel.
600 km * 3476 km / 384400 km = 5,4 km
In 600 km Entfernung ist das Bild des Mondes rund 5,4 km groß.
Die ISS kann theoretisch 400 km nahe sein.
Dann müsste der Mond aber im Zenit stehen, wenn es zu einem Transit kommen soll. Das dürfte in unseren Breiten eher selten auftreten.
Auch für die Schweiz (Bern) ist morgen ein Mondtransit vorhergesagt zwischen 16:30 und 16:40. Leider auch 100 % Bedeckung durch Woken… :- /
Auch für Südhessen ist die Wettervorhersage alles andere als vielversprechend.
Würde man den bei einem Tagestransit selbst ohne Wolken überhaupt etwas sehen können? Da dürften die Lichtverhältnisse doch die Beobachtung extrem erschweren, oder nicht?
Existierende Bilder von ISS-Transits vor dem Mond verblüffen mit der Detailtreue der abgebildeten ISS. Es wirkt sogar leicht gespenstisch – als ob ein Insekt vor dem Mond vorbeiziehe.
Natürlich wurde bei den verlinkten Bildern ein Teleskop verwendet, aber nur eines mit einer 14 Inch-Apertur (die man für etwa 10’000 Euro erhält). Das lässt die Vermutung aufkommen, dass man mit einem 1 oder 2 Meter Teleskop sogar die Astronauten auf der ISS erkennen könnte, wenn sie gerade an einer Luke stehen.
Die theoretische optische Auflösung ist näherungsweise:
1,22 * 600.000 m * 600 nm / 2.000.000.000 nm = 0,22 m,
Abbe-Faktor, Entfernung 600 km in m, Wellenlänge in nm, Spiegeldurchmesser 2 m in nm,
Sinus und Arcus-Sinus, Tangens und Arcus-Tangens
sind in rad gemessen bei kleinen Winkeln praktisch gleich.
1,22 * 384.400.000 m * 0,000 000 6 m / 1000 m = 0,28 m,
für den Mond genügt dann ein schlichter 1-km-Spiegel.
Da ja Spionagesatelliten eine Auflösung der Erdoberfläche mindestens im Dezimeterbereich erlauben, müsste es andersherum in etwa vergleichbar sein – auch wenn die Bedingungen ungünstiger sind, wenn man aus der unruhigen Lufthülle heraus nach draußen schaut. Schon mit Amateurteleskopen ist deutlich mehr zu machen als, was die Videos von Mondtransits zeigen. Siehe beispielsweise dieses APOD vom 10.4.2009 (Dank an G. Glitscher für den Hinweis).