Interfax am 29.4. zu Progress M-27M

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Raumfahrt aus der Froschperspektive
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+++ UPDATES unten  +++ In einem Bericht der russischen Nachrichtenagentur Interfax vom 29. April werden Details zur gestrigen Havarie des Versorgungsraumschiffs Progress M-27M genannt.

Die Havarie soll laut diesem Bericht von der Oberstufe der Sojus-2.1a-Trägerrakete verursacht worden sein., Diese sei für die beobachtete enorm schnelle Rotation des Frachtschiffs verantwortlich. (Anmerkung dazu: Aufnahmen einer Videokamera an Bord von Progress M-27M von gestern legten eine Rotationsperiode von etwa 5 Sekunden nahe. Meine erste Vermutung war, dass dies an einem Problem mit einem Lageregelungstriebwerk an Bord des Schiffs liegen müsse, das in der eingeschalteten Position stecken geblieben ist. Meine Vermutung träfe aber nicht zu, wenn der Interfax-Bericht richtig liegt.)

Die Bahn ist höher als vorgesehen (Anmerkung dazu: Laut US-Stratcom-Radardaten, auf die auch diverse Webseiten wie calsky.com Zugriff haben, liegt das Perigäum bei etwa 188 km Höhe, also deutlich mehr als die gestern zunächst genannten ca. 130 km) Auf dieser Bahn wäre mit einem Wiedereintritt Anfang Mai zu rechnen. Wenn die Kontrolle nicht hergestellt werden kann, wird der Absturz des beladenen und betankten Raumschiffs irgendwo zwischen einer Breite von 51.6 Grad Nord und 51.6 Grad Süd stattfinden. Es wird versucht, die Lage zu stabilisieren und die schnelle Rotation aufzuheben, bis jetzt aber ohne Erfolg.

Sollte dies gelingen, kann ein kontrollierter Absturz eingeleitet werden. Das Ziel des Andockens an die ISS wurde laut Interfax aufgegeben,

Wohlgemerkt – es handelt sich um Berichte einer Nachrichtenagentur, nicht um offizielle Bekanntmachungen der zuständigen Raumfahrtagentur oder des Kontrollzentrums.

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Updates vom 30.4.2015:

spaceflightnow.com berichtet ausführlich über den aktuellen Stand der Ermittlungen und zitiert offizielle Angaben der russischen Raumfahrtagentur Roscosmos, Demnach engt sich die Suche nach der Problemursache auf den Zeitpunkt von kurz vor bis hin zur Trennung von der Drittstufe der Soyuz 2-1a-Rakete. Der Weidereintritt wird nun früher erwartet als noch gestern gemeldet, und zwar zwischen dem 5. und dem 7. Mai.

Auf dem ESA-Spaceflightblog äußert sich am 30.4. auch der Space-Debris-Experte Dr. Holger Krag. Dieser sagt einen wahrscheinlichen Wiedereintritt am 9. Mai mit einer Unsicherheit von 2 Tagen vorher. Dies stimmt mit den gestern publizierten Vorhersagen (7-11. Mai) überein und widerspricht der spe spaceflightnow.com gemachten Aussage.

Updates vom 29.4.2015

Bericht auf Echo Moskwy vom 29.4.2015 um 12:30 Moskauer Zeit, wo über eine angeblich bereits beginnende Fragmentation berichtet wird. Unklar ist aber die Quelle, aus der diese Information bezogen worden sein soll. Auch Interfax nimmt in einer Nachricht von 12:10 Moskauer Zeit Bezug auf eine angeblich beginnende Fragmentation.

Interfax hat um 12:55 Moskauer Zeit eine weitere Meldung nachgeschoben, laut der die Versuche, die Kontrolle über das havarierte Raumschiff zu erlangen, aufgegeben worden sein sollen.Der Wiedereintritt sei zwischen 7 und 11. Mai zu erwarten, wird dort weiter ausgeführt. Dann folgt in der Interfax-Meldung eine Bemerkung zu “nachdrücklicheren Bemühungen, um die Situation unter Kontrolle zu bringen”, die ich nicht einordnen kann. Vielleicht kann ein des Russischen kundigerer Leser weiter helfen.

 

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Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

7 Kommentare

  1. Zu den 44 Fragmenten in der Nähe des Progress weiß das US-Militär was, vermutlich aus Radardaten; für 14 der Objekte liegen inzwischen auch erste Orbits vor. Sieht jetzt alles nach einem schweren Zwischenfall während des Aussetzens aus – nach einer Quelle gab es es die erste Anomalie bereits Sekunden vor der Abtrennung.

      • Wahrscheinlicher ist doch wohl, dass die Abtrennung nicht nominal erfolgte oder dass die Oberstufe selbst aus irgendeinem Grund taumelte und dabei dem gerade abgetrennten Progress-Schiff ein Pferdeküsschen verpasste. Dies gilt umso mehr, als die Vermutung ja bereits in den Raum gestellt wurde, dass die Ursache in der Drittstufe zu suchen ist. Das wird sich Interfax nicht aus den Fingern gesaugt haben.

  2. Nö, von “nachdrücklicheren Bemühungen, um die Situation unter Kontrolle zu bringen” kann ich da nichts lesen, nur dass die Experten der russischen Raumkotrolle das Verlassen des Orbits verfolgen werden und wenige Stunden vor Wiedereintritt der nicht in den dichteren Schichten der Atmosphäre verglühenden Teile eine Prognose von Zeit und Ort ihres Herunterfallens geben können.

    • Danke! Mein Fehler. Ich habe diesen Satz falsch gelesen “Принято решение больше попытки не повторять”, oder vielmehr, ich habe das “не” übersehen und aus dem Rest zusammengestoppelt, dass eine Entscheidung gefallen sei, mehr zu unternehmen. Da lag ich voll daneben.

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