Huygens – ein Augenzeugenbericht

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Raumfahrt aus der Froschperspektive
Go for Launch

Am 14.1.2008 jährt sich zum dritten Mal die Landung von Huygens auf Titan. Über die wissenschaftlichen Ergebnisse dieser denkwürdigen Mission wird da sicher wieder viel gesagt werden, über die Ereignisse, die der Landung vorausgingen, eher weniger, daher schreibe ich dazu mal was.

(Wie üblich führt Klicken auf die Bilder in meinen Artikeln zu  vergrößerten Darstellungen oder weiterführenden Informationen)

Cassini-Huygens in der Integration, Quelle: NASA/JPL/ESAAls in den 80er Jahren die ersten Planungen zur Saturn-Mission Cassini-Huygens begannen, da war ursprünglich geplant,  dass die Europäer die Orbitereinheit stellen und die Amerikaner eine Sonde, die in die Atmosphäre des größten Saturnmonds Titan eintaucht und sie während des Abstiegs untersucht. Während des Reifeprozesses der Mission wechselten jedoch die Rollen, die NASA entwickelte den gewaltigen “Mariner Mark II”-Bus, auf dem der Cassini-Orbiter beruht, die ESA bekam die Atmosphärensonde, die nach Christiaan Huygens, dem niederländischen Entdecker des Titan benannt wurde.

Cassini-Huygens-Transfer zum Saturn, Quelle: NASA/JPL Das Cassini-Huygens-Gespann wurde am 15. Oktober 1997 mit einer Titan-IVB/Centaur-Rakete (Die Namensgleichheit mit dem Huygens-Zielobjekt ist Zufall, kann aber als gutes Omen gesehen werden, wenn man will). Der Flug zum Saturn sollte 7 Jahre dauern, er umfasste zwei Vorbeiflüge an der Venus, einen an der Erde und einen am Jupiter.

Explosionszeichnung der Huygens-Sonde, Quelle: ESA Cassini-Huygens war eine Doppelmission: Der Orbiter, Cassini, sollte nicht nur die Atmosphärensonde Huygens tragen, versorgen, zielen und absetzen, sondern auch die von Huygens während des Abstiegs in der Titanatmosphäre gesendeten Daten empfangen, zwischenspeichern und dann zur Erde senden. Somit hing der Erfolg von Huygens auf Gedeih und Verderb von Cassini ab.

Entsprechend groß war der Schock, den eine Entdeckung bei einem Routinetest Anfang 2000 auslöste. Eine Bodenstation von der Erde hatte einen Satz Testdaten zu Cassini hochgesendet, und zwar genau mit der Frequenz und der Sendeleistung, die Huygens in der Integrationsphase, Quelle: ESAzu Empfangsverhältnissen führten, wie sie während des tatsächlichen Relaisbetriebs während des Huygens-Abstiegs, der damals noch 5 Jahre in der Zukunft lag, auftreten würden.

Als Cassini die empfangenen Test-Daten zurückfunkte, stellte man fest, dass die Raumsonde nichts empfangen hatte. Dabei hatte man doch alles richtig eingestellt, die hochgefunkten Testsignale entsprachen wirklich den im Ernstfall zu erwartenden. Und der Empfänger auf Cassini war genau auf die gesendeten Frequenzen eingestellt, und zwar hardwareseitig, damit bloß niemand versehentlich etwas verstellen kann.

Das Doppler-Problem, Quelle: ESA/Michael Khan Was war geschehen? Im Laufe der  eingeleiteten Untersuchungen kam heraus, dass man bei der Einstellung dieser definierten Empfängerfrequenzen ein wichtiges Detail vergessen hatte. Während des atmosphärischen Eintritts würde Huygens durch die Luftreibung stark abgebremst. Cassini dagegen würde mit unverminderter Geschwindigkeit von 6 km/s heranrauschen, einige zehntausend Kilometer dahinter und leicht abgelenkt, um knapp außerhalb der Atmosphäre den Titan zu passieren. Bei der entstehenden Differenzgeschwindigkeit würde der Dopplereffekt eine scheinbare Frequenzerhöhung hervorrufen. Wir alle kennen das beispielsweise vom Motorgeräusch eines heranrasenden Autos, das einen scheinbar höheren Ton hat als wenn sich das Auto von uns entfernt. Diese Frequenzänderung war in der Spezifikation der Empfängerfrequenz nicht berücksichtigt worden. Der ESA-Ingenieur Boris Smeds spielte bei der Identifikation des Problems die entscheidende Rolle.

In dem Test hatte man den Dopplereffekt korrekt berücksichtigt. Der Empfänger von Cassini konnte deswegen die Testdaten nicht empfangen, so wie ein schlecht eingestelltes Radio auch keine Musik empfängt. Der Fehler war gefunden, nur, wie sollte man ihn beheben? Cassini-Huygens war zu dem Zeitpunkt bereits irgendwo zwischen Jupiter und Saturn, und umprogrammieren ließen sich weder die Sender auf Huygens noch die Empfänger auf Cassini, das hatte man ja absichtlich verhindert.

Die Amerikaner mit ihrem unnachahmlichen Talent, prägnante Formulierungen zu finden, sagen in einem solchen Fall: Shit happens.

Die Loesung des Doppler-Problems, Quelle: ESA/Michael Khan Nun erwies sich die lange Reisedauer zum Saturn als Segen: Man hatte Zeit, sich in Ruhe eine Rettungsmaßnahme auszudenken. Wenn der Empfänger auf Cassini schon keinen Knopf zum Ändern der Frequenz hatte, dann musste man halt die Auswirkung des Dopplereffekts minimieren. Das bedeutete, dass Cassini während des atmosphärischen Eintritts eben nicht im wesentlichen hinter Huygens fliegen durfte, sondern in viel weiterem Abstand und fast auf gleicher Höhe.  

Das klingt erst einmal einfach, bedeutete aber eine erhebliche Änderung der Mission. Cassini sollte eigentlich zunächst auf eine sehr weite, elliptischen Bahn um den Ringplaneten eingeschossen werde. Von dieser aus sollte Huygens auf Titan gezielt und losgelassen werden. Dies ging nun nicht mehr, es wäre nicht möglich gewesen, von jener hochexzentrischen Bahn aus den modifizierten Vorbeiflug am Titan einzuleiten.

Uebersicht der modifizierten Saturnmission, Quelle: ESA/Michael Khan Man plante deswegen die Mission wie folgt um: Der Einschuss (SOI: Saturn Orbit Insertion) am 1. Juli 2004 erfolgte bereits in eine niedrigere Bahn, die durch zwei Titanvorbeiflüge (Titan A und Titan B) weiter reduziert wurde. Die Bahn war nun viel enger als ursprünglich geplant. Auf dieser engen Bahn wurde der veränderte Vorbeiflug möglich. Huygens konnte nun während des dritten Vorbeiflugs, Titan C, seine Mission durchführen. Die Missionsänderungen erforderten nicht nur großen Aufwand und viel Rechenarbeit, sie würden auch mehr Treibstoff kosten, aber man hatte glücklicherweise erhebliche Margen eingeplant.

Ferner hatte man festgestellt, dass die Sendefrequenz durch ein vorzeitiges Hochfahren (und damit Erwärmen) der Huygens-Bordelektronik positiv beeinflusst werden konnte. Dazu musste ein Teil der Bordsoftware geändert werden, da eigentlich vorgesehen war, das Hochfahren durch einen Beschleunigungssensor bei Beginn der atrmosphärischen Abbremsphase auszulösen, und nicht bereits vorher. Vielfältige Software-“Patches” wurden entwickelt, am Boden getestet (für solche Zwecke befand sich beim ESOC in Darmstadt ein Zwilling der Huygens-Sonde, das sogenannte “Engineering Model”), zu Cassini hochgeladen, die sie über eine “Nabelschnur” aus Strom- und Datenleitungen an die Huygens-Sonde überspielte.  

Titan-Atmosphaere und Oberflaeche in Falschfarben, Quelle: NASA/JPL Das geänderte Missionsprofil hatte auch Vorteile. Während der neu hinzugekommenen Titanvorbeiflügen konnte mit dem umfangreichen Instrumentarium an Bord von Cassini eine Neuvermessung der Atmosphäre und ihrer chemischen Zusammensetzung gemacht werden. Der bis dahin letzte nahe Vorbeiflug durch Voyager 1 lag immerhin bereits 24 Jahre zurück. Es waren im wesentlichen die Daten durch Okkultationsmessungen jener Mission (als das Funksignal zwischen Voyager und Erde durch die Titanatmosphäre gedämpft wurde) sowie einige ähnliche Messungen von Sternbedeckungen durch Titan, auf denen die Atmosphärenmodelle basierten, für die der Huygens-Hitzeschild konstruiert war. Besonders viele Daten sind das nicht, deswegen war man verständlicherweise gespannt. Wie sich herausstellte, war der Kohlenwasserstoffgehalt der Atmosphäre geringer als bis dahin angenommen, was die Ingenieure etwas beruhigte.

Cassini und Huygens am 25.12.2004, Quelle: ESA/Michael Khan Die letzten Monate des Jahres 2004 waren durch einen hohen Streßfaktor für alle Beteiligten geprägt. Die “Mission Readiness Review”, bei der ESA und NASA nochmals alle verfügbaren Daten und Dokumente durchgegangen wurden, bevor man grünes Licht für die Durchführung der Huygens-Mission geben konnte, schien zunächst auf einige Zweifel bezüglich des Hitzeschilds hinzuweisen. Diese konnten jedoch bei genauerer Betrachtung ausgeräumt werden, sodass die Mission das “Go!” erhielt.

Cassini und Huygens am 1.1.2005, Quelle ESA/Michael KhanNun tauchte noch ein weiteres Problem auf. Nach dem Abtrennen der Sonde würden Cassini und Huygens auf dem Weg zum Titan etwa 60,000 km am Saturnmond Iapetus vorbeifliegen. Über eine solche Gelegenheit freut man sich für gewöhnlich, gibt sie doch eine Chance zur Nahbeobachtung. Hier war sie jedoch eher unerwünscht, denn die Masse des Mondes war nicht genau bekannt, und man befürchtete Bahnstörungen, die den Fehler im Eintrittswinkel, der -65 +/- 2 Grad betragen durfte, vergrößern würden. Das Problem wurde durch eine Änderung der Bahn behoben – der Vorbeiflug würde nun in über 120,000 km Entfernung stattfinden, sodass die unbekannten Bahnstörungen gering sein würden.

Cassini und Huygens am 14.1.2005, Quelle: ESA/Michael Khan Die fünf Huygens-Batterien, die sieben Jahre lang ungenutzt gewesen waren, wurden aus ihrem Winterschlaf geweckt, ihr Zustand war, wie man mit Erleichterung feststellte, immer noch hervorragend. Auch alle Tests (“checkouts”) der Huygens-Sonde, waren positiv. Es konnte losgehen.

Am 17. Dezember 2004 zündeten Steuerdüsen an Bord von Cassini und brachten das gesamte Gespann auf Kollisionskurs mit Titan. Dies war notwendig, da Huygens selbst keinerlei Vorrichtungen besaß, um seine Bahn oder Lage zu steuern. In den folgenden Tagen wurde die Bahn vernessen … Cassini-Huygens war genau auf Kurs.

 Der kritische Tag war der 25. Dezember. Cassini schwenkte in die Lage, die zum Skizze der Geometrie der Aussetzrichtung, Quelle: ESA/Michael KhanAussetzen erforderlich war, damit Huygens genau mit dem Hitzeschild voran in die Atmosphäre eintauchen würde. Nach dem Abklingen des Treibstoffschwappens nach der Langeänderung erfolgte um 3 Uhr MEZ (Es ist offenbar eine Art Naturgesetz, dass kritische Manöver grundsätzlich an Feiertagen, zu nachtschlafender Zeit, oder beides, durchgeführt werden) das Aussetzen der Sonde. Als Cassini, nunmehr allein, wieder zurückgedreht hatte und begann, Daten zu Erde zu senden, konnte man der Telemetrie sofort entnehmen, dass Huygens weg war – spätere Analysen der Daten des Cassini-Magnetometers erlaubten sogar einen Rückschluss auf die Rotationsrate, die der Aussetzmechanismus der Sonde mitgegeben hatte. Die schwache Restmagnetisierung von Bauteilen der Sonde, zusammen mit ihrer Rotation beim langsamen Wegdriften von Cassini, erzeugten in den Messdaten des Magnetometers eine deutliche Signatur.

JPL-Cassini-Mannschaft zu Weihnachten, Quelle: NASA/JPL Am selben Tag machte Cassini mit seiner Weitwinkelkamera WAC eine Serie von Bildern der Region, in der Huygens, dann schon einige Kilometer entfernt, zu sehen war. Man schaute sich die Bilder an und identifizierte die genaue Richtung, dann wurde dorthin die Teleskopkamera NAC gerichtet. Diese machte letzte Bilder von der entschwindenden Sonde – das letzte Lebenszeichen, das wir vor dem Eintritt in die Titanatmosphäre von Huygens haben würden. Zwei Tage später, am 27. Dezember, bewegte Cassini sich selbst wieder auf eine sichere Bahn, die so ausgelegt war, dass Titan querab in mehr als 60,000 km Entfernung passiert würde, wenn Huygens seinen atmosphärischen Eintritt absolvierte.

Danach herrschte gespannte Ruhe.

Saturnmond Japetus, Quelle: NASA/JPL In der Silvesternacht wurden Nahaufnahmen vom Iapetus gemacht und zur Erde gesendet, danach wurde jede unnötige Aktivität vermieden, um sicherzustellen, dass die riesige Raumsonde zwei Wochen später in Hochform sein würde, wenn es galt, die Daten von Huygens zu empfangen.
Die Bodenmannschaft hatte seit dem 25. Dezember nichts mehr von Huygens gehört und würde erst am 14. Januar Daten empfangen – dies waren für alle Beteiligten die längsten drei Wochen ihres Lebens. Nominell sollte die ersten Daten am Abend des 14. kommen. Cassini würde während des gesamten Vormittags seine Hauptantenne auf Titan gerichtet halten und lauschen. Während der Zeit konnte kein Funkverkehr mit der Erde erfolgen. Erst am Nachmittag sollten die Daten zur Erde gesendet werden, wobei die Signale aufgrund der großen Entfernung 66 Minuten unterwegs sein würden.

Green Bank Radioteleskop, West Virginia Allerdings hatten auch alle großen Radioteleskope der Erde ihre Schüsseln an diesem Tag zum Titan gerichtet und lauschten auf den Frequenzen, in denen Huygens sendete. Und wirklich … das Radioteleskop in Green Bank meldete bereits um 11:30 MEZ, dass ein Signal empfangen worden war! Dies bedeutete, dass Huygens lebte und funktionierte. Der Jubel bei Verkündigung dieser Nachricht war unbeschreiblich.

Nach dem Eintritt in die Atmosphäre mit über 6 km/s um kurz nach 10 Uhr MEZ und einigen Minuten starker Abbremsung war der erste Fallschirm mittels einer Sprengladung ausgefahren worden, als die Sonde noch etwa mit 1.7facher Schallgeschwindigkeit Huygens nach Ausfahren des Hauptfallschirms, Grafik: ESAflog. Die Aufgabe dieses Fallschirms war es, den hinteren Teil des Hitzeschilds ab- und den Hauptfallschirm herauszuziehen. Dieser bremste die zunächst noch wild schaukelnde Sonde weitere 15 Minuten ab uind sorgte dafür, dass der vordere Teil des Hitzeschilds und die eigentliche Sonde sauber getrennt wurden. Danach wurde der große Schirm abgeworfen, ein kleinerer Stabilisierungsschirm übernahm die Abbremsung bis zum Boden.

Während der über zweistündigen Abstiegsphase und dann noch über drei Stunden auf der Oberfläche sammelten die Huygens-Instrumente eine Vielzahl Landung auf Titan, Quelle der Grafik: ESAvon Bildern, Messdaten und sogar Tönen, die viel Aufsehen erregten. Die Lebensdauer der Batterien übertraf alle Erwartungen, als Titan aus dem Sichtfeld des Radioteleskops in Parkes, Australien, verschwand, sendete die Sonde noch fleißig. Auf eine weiche Landung und ein so langes Funktionieren hatte niemand zu hoffen gewagt.

Einen Wermutstropfen gab es dann noch noch: Huygens sendete alle Daten etwas zeitversetzt auf zwei Kanälen mit leicht unterschiedlicher Frequenz. Die zwei Frequenzen wurden auf Cassini von zwei Empfängern aufgenommen. Aufgrund eines Huygens-Aussicht vom Landepunkt, Quelle: NASA/ESA/LPLKommandofehlers war jedoch einer der Empfänger nicht eingeschaltet. Daher konnten die Daten des einen Kanals nicht empfangen werden. Die meisten Daten betraf dies nicht: Die waren redundant auf beiden Kanälen dupliziert. Das Bildmaterial wurde jedoch nicht redundant gesendet, deswegen war die Hälfte der Bilder unrettbar futsch (Die von den Radioteleskopen aufgefangenen Signale waren viel zu schwach, um ihnen Datenframes zu entnehmen). Ebenso die Dopplerdaten, denn das zu ihrem Senden notwendige Gerät, ein ultrastabiler Oszillator, war ausgerechnet auf den nicht empfangenen Kanal geschaltet.

Aber was soll’s, man darf sich nicht beklagen: Diese Mission war ein Erfolg, der alle Erwartungen übertroffen hatte.

Mein Kommentar

Mancher erliegt aufgrund der sicher gemachten Fehler der Versuchung, sich lustig zu machen. Dabei handelt es sich immer um Außenstehende. Jede Raumfahrtmission, schon mal überhaupt eine so kühne und komplexe wie Cassini-Huygens, ist so umfangreich, dass es ein Wunder wäre, wenn keine Fehler gemacht würden. Wesentlich ist nicht, dass Fehler auftreten – es wäre vermessen, das Gegenteil zu erwarten. Viel wichtiger ist, wie mit den Fehlern umgegangen wird. Es spricht für die Professionalität des Teams, dass angesichts der vielfachen Widrigkeiten und Wagnisse beide Teile der Mission Cassini-Huygens eben doch zu einem phänomenalen Erfolg geworden sind – Huygens ist Geschichte, Cassini hat noch viele gute Jahre vor sich. Alle Projektbeteiligten teilen meinen Eindruck: Es gibt viele Missionen, und jede ist faszinierend … aber Cassini-Huygens ist in jeder Hinsicht etwas Besonderes.

Weitere Informationen

ESA-Webseite von Cassini-Huygens 

NASA-JPL-Webseite von Cassini-Huygens

CD-ROM mit mehrsprachigem Kommentar der Huygens-Abstiegssequenz 

IEEE-Spectrum-Artikel zur Identifikation des Problems und zur Rolle Boris Smeds’

Ciclops-Archiv des Cassini-Bildmaterials

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Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

6 Kommentare

  1. Aber zumindest die Dopplerdaten wurden dann doch gerettet…

    Lieber Herr Khan,

    das war ja mal ein mutiger Bericht. Hochachtung! Man gibt ja ungerne Fehler zu 😉

    Aber die Dopplerdaten des DWE (Doppler Wind Experiment des Kollegen Mike Bird von der Uni Bonn) konnten zumindest in einer sehr aufwendigen Zusammenarbeit mit Radioteleskopen auf der Erde “gerettet” werden. Und es kamen spannende Ergebnisse bezüglich der Windverhältnisse heraus. Tatsächlich war die geometrische Konstellation bezüglich der Erde günstiger als die ursprüngliche. Jedenfalls hat das Mike Bird mal in einem Vortrag erwähnt. Aber es war doch eine sehr trickreiche Geschichte.(Teilweise nachzulesen in der Nature Veröffentlichung 12/2005 http://www.nature.com/…069/full/nature04060.html)

    Einige Fragen kann ich mir dennoch nicht verkneifen: Wieso hat man denn die Empfangsfrequenz fest verdrahtet? Und wieso musste die Bahn angepasst werden? Hätte es nicht ausgereicht, die Sendefrequenz der Bodenstation so nachzufahren, dass der Dopplereffekt kompensiert wird? Oder war die Dopplerverschiebung außerhalb der Bandbreite des Senders?

  2. Diverse Antworten

    1.) Bei jeder Mission geht mehr oder weniger schief, manchmal merkt man es gar erst im nachhinein. Wenn ich jetzt anfangen wuerde, aufzuzaehlen, die Liste wuerde praktisch jede Mission umfassen. Allerdings ist das bei komplexen technischen Anwendungen auf der Erde auch nicht anders.

    2.) Es ist richtig, dass am Ende die interferometrischen Daten, die durch den Verbund grosser Radioteleskope gewonnenb werden konnten, die Berechnung des Verlaufs der Position mit einer Genauigkeit von ca. 1 km gestattete. Bei einem Abstand von 1.2 Milliarden km nicht schlecht und um Klassen besser als das, was mit den DWE-Daten haette gemessen werden koennen. Nur wusste das im Vorfeld noch niemand, es war keineswegs sicher, dass selbst die Signalerfassung mit Radioteleskopen klappen wuerde.

    3.) Warum die Emfangsfrequenz des S-Band-Empfaengers auf Cassini und auch die Sendefrequenz des Senders auf Huygens fest eingestellt waren, habe ich beschrieben, man sah keine Notwendigkeit, daran jemals etwas zu aendern und wollte verhindern, dass das ungewollt geschah. Das waere auch eine zutreffende Annahme gewesen, wenn man die richtige Frequenz erwischt haette.

    4.) Die “Bodenstation”, deren Signale man empfangen wollte, war Huygens, und dessen Sendefrequenz war auch fest eingestellt. Deswegen blieb keine Alternative zur gewaehlten Ausweichloesung. Haette es eine einfachere Alternative gegeben, man haette sie sicher bevorzugt.

  3. Ach stimmt ja

    Ach ja, hab ich doch glatt vergessen. Huygens war das Relais und eben keine Bodenstation. Hmm, werden Lehren aus diesem Fall gezogen? Dass man bei anderen Missionen vielleicht lieber nicht fest verdrahten sollte?

    Ja, das mit den Dopplerdaten war ein Zittern und Zagen. Wir haben das hier mehr oder weniger live mitbekommen, wie Mike Bird sich abmühte, irgendetwas von seinem Experiment zu retten. Es dauerte Wochen bis heraus war, dass die Rettungsaktion geklappt hat. Dank hervorragender internationaler Zusammenarbeit.

    Immerhin hat es wirklich geklappt. Es gibt ja leider Gottes Fälle, wo Instrumente unwiederbringlich zerstört wurden.

  4. Hallo Herr Khan,
    vielen Dank für diesen überaus informativen Artikel! Ich hatte das Glück, am 14.Januar 2005 live in Darmstadt dabei zu sein und der Gedanke an diese unvergeßlichen Stunden erzeugen noch heute,also auch nach Kenntnis der Pannen,die Sie ja sehr ausführlich schildern, eine Gänsehaut! Das Ergebnis der Mission ist grandios.

  5. Das ist ein wirklich toller Bericht. Liest sich fast wie ein Drehbuch zu einem Film, dabei ist es die pure Realität. Das bekommt man alles nicht so mit, wenn in der Tageschau ein paar Sekunden ein paar Bilder gezeigt werden.

  6. Aufgrund eines Kommandofehlers war jedoch einer der Empfänger nicht eingeschaltet. … ein Wunder wäre, wenn keine Fehler gemacht würden. … Viel wichtiger ist, wie mit den Fehlern umgegangen wird.

    Stimmt schon, erklärt aber nicht wieso der Fehler gemacht wurde und daraus lernen kann man so auch nichts. Wurde die Untersuchung, die Southwood seiner Zeit angekündigt hatte jemals veröffentlicht?

    “I’m extremely anxious to learn lessons from this,” says Southwood.

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