Hubble findet mögliche Folgeziele für New Horizons

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Raumfahrt aus der Froschperspektive
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Am 15. Juli 2015 wird die NASA-Sonde “New Horizons” in 10,000 km Entfernung am Zwergplaneten 134340/Pluto vorbeifliegen. Die Relativgeschwindigkeit beträgt 14 km/s. Dieser Hochgeschwindigkeitsvorbeiflug ist die erste Nahuntersuchung des Pluto-Systems. Pluto hat fünf bekannte Monde. Er ist in doppelt-gebundener Rotation mit seinem größten Mond, dem 1978 entdeckten Charon in fast 20,000 km Abstand. New Horizons wird sich Charon auf bis zu 27,000 km nähern.

Skizze des Vorbeiflugs am 15.7.2015 mit den wichtigsten Ereignissen, Abständen und Geschwindigkeiten, Quelle: JHU-APL
Skizze der hyperbolischen Trajectorie von New Horizons durch das Sonnensystem und den Kuiper-Edgeworth-Gürtel, Quelle: JPU-APL

Es war immer vorgesehen, dass New Horizons nach dem Vorbeiflug an 134340/Pluto noch weitere Objekte des Kuipergürtels untersucht. Dazu mussten allerdings erreichbare Objekte gefunden werden. New Horizons ist auf einer hyperbolischen Bahn, die das Sonnensystem verlässt. Es wird nach dem Ende der Hauptmission nur noch wenig Treibstoff an Bord sein. Dieser Treibstoff wird auch zur Lageregelung gebraucht. Deswegen kann allenfalls eine minimale Umlenkung vorgesehen werden, wahrscheinlich nur von Bruchteilen eines Grads. In der links gezeigten Skizze der Trajektorie würde man die Umlenkung gar nicht erkennen.

Darstellung des von Hubble abgesuchten Himmelsgebiets mit Aufnahmen eines der gefunden Objekte mit einer Eigenbewegung vor den Hintergrundsternen. Quelle: NASA/Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory/Southwest Research Institute

Das New Horizons-Team war schon seit 2011 erfolglos auf der Suche nach einem Folge-Ziel, zunächst ohne Erfolg. Nun hat das Hubble Space Telescope von Juni bis September ein Gebiet etwa von der Winkelgröße des Vollmonds (scheinbarer Durchmesser ca. 30 Bogenminuten) abgesucht, das in der Gegend des Himmels liegt, in die New Horizons fliegt. Bis Oktober fand noch eine weitere Durchmusterung zur Bestäötigung statt. Es wurden dabei drei mögliche Objekte von 25-55 km Größe gefunden. Zunächst gab es sogar fünf Kandidaten, von denen aber zwei sich als nicht brauchbar erwiesen. Alle befinden sich etwa eine Milliarde km (rund 7 astronomische Einheiten) jenseits der Plutobahn. Eines soll sicher erreichbar sein. Bei den zwei anderen dagegen müssen die Missionsanalytiker von New Horizons noch einmal ‘ran, um die Erreichbarkeit zu bestätigen. Ende 2016 soll der Plan für die Missionsverlängerung eingereicht werden.

Grobe Abschätzung: New Horizons entfernt sich mit rund 10 km/s von der Sonne. Die Geschwindigkeit wird mit zunehmendem Abstand zwar abnehmen, aber nicht viel. Eine Milliarde km sind mit 10 km/s in etwas über drei Jahren zurückgelegt, Davon wird die Raumsonde wahrscheinlich die meiste Zeit in Hibernation zubringen. Es kommen also kaum noch Zusatzkosten hinzu. Auf der Haben-Seite bietet sich die Chance, ein ziemlich pristines (also seit 4.6 Milliarden Jahren wahrscheinlich kaum verändertes) KBO zu untersuchen, wenn auch wieder nur im schnellen Vorbeiflug.

Das klingt doch wie ein guter Deal. Ein anständiger Return bei geringer Investition und überschaubarem Risiko.

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Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

7 Kommentare

  1. Schade, dass New Horizon an seinen Zielen vorbeibraust. Da bleibt jeweils nur wenig Zeit um ein paar Aufnahmen zu schiessen und die vorbeiziehenden Objekte zu untersuchen.
    Ein Abbremsen vor dem Ziel wird aber wegen dem benötigten Treibstoff wohl auch bei späteren Missionen nicht möglich sein. Um mehr Missionen zu den äusseren Planeten zu ermöglichen wären kostengünstigere Missionen wünschenswert. Vielleicht werden die ja durch elektrische Sonnenwindsegel möglich, wie sie momentan getestet werden ( Estonian ESTCube-1, Finnish Aalto-1 nanosatellites (wo das elektrische Segel als elektrostatische Plasma-Bremse benutzt wird was eine Deorbiting-Methode wäre)).

    • Die hohe Relativgeschwindigkeit hat den großen Vorbeiflugabstand zur Folge. Jede Raumsonde kann nur bei niedrigen Drehraten zuverlässig orientiert werden, vor allem, wenn die Drehraten, wie hier, nicht konstant sind.

      Schnelle Drehraten lassen sich bewerkstelligen. Geht nich’ gibt’s nich’. Aber dann wird das Lageregelungssystem schwer und aufwändig.

      Im gegebenen Fall liegt die maximal erforderliche Drehrate bei 14 km/s geteilt durch 10,000 km = 0.0014 rad/s = 0.08 Grad / s. Würde man aber, sagen wir, in 1000 km Abstand vorbeifliegen, wäre die maximale Drehrate des Satelliten schon 0.8 Grad / s. Das ist schon mal deutlich mehr Holz. Überhaupt schon mal für eine Raumsonde, die 10 Jahre unterwegs ist und bei der das Lageregelungssystem nur ein einziges Mal während der Mission wirklich gefordert wird. Na gut, vielleicht zwei Mal, wenn jetzt noch eine Add-on-Mission hinzu kommt.

      • Ich nehme an, die Drehung Richtung Zielobjekt geschieht völlig blind aufgrund einer Programmsequenz, die ab einem bestimmten Zeitpunkt abläuft. Oder entscheidet der Satellit aufgrund dessen was er “sieht” über seine Orientierung?

        • Dass die Lage oder gar die Bahn über einen geschlossenen Regelkreis mit Einbeziehung der Navigationskamera gesteuert wird, ist nur in Ausnahmefällen gegeben, beispielsweise bei einer Impaktsonde, die einen Kometen oder Asteroiden treffen soll. Das kann sich in der Kukunft änden – autonome Navigation soll in Zukunft aufgrund von Bildmaterial optischer Sensoren erfolgen. Aber nicht bei New Horizons, mit Ausnahme der Śternsensordaten.

          In der Regel wird in der Tat eine Sequenz von Positionen in den Kommandostapel geladen und jedes einzelne Manöver wird durch Zeitstempel ausgelöst.

          Die Aktuatoren sind bnormalerweise entweder Schwungräder oder kleine Triebwerke. New Horizons ist ein besonderer Fall. Die Sonde ist ja fast die gesamte Zeit spinstabilisiert und nur während der kurzen wissenschaftlichen Phase wird die Rotation angehalten. Es gibt an Bord keine Schwungräder, sondern nur kleine Hydrazintriebwerke. Die Lage wird über Gyroskope, Sonnensensoren und Sternsensoren bestimmt. Siehe dazu dieses Paper von Fountain et al.

          • Eine Laienfrage: Könnte man nicht vor das Objektiv der Kamera zwei schwenkbare Spiegel montieren, um die Blickrichtung von der Lage zum Teil unabhängig zu machen?

          • Klar kann man, aber woher bekommt der Schwenkmechanismus die aktuelle Information, wohin er schwenken soll? Wenn auch das nicht im geschlossenen Regelkreis verläuft, dann hat man die Abweichungen von der Bahn durch die unvermeidlichen Navigationfeler, man hat die Fehler in der Ausrichtung der Sonde, denn die wird nicht über Schwungräder, sondern mit Triebwerken gedreht, wobei die Ausrichtgenautigkeit wahrscheinlich nicht besser als einige Zehntelgrad sein kann, wenn überhaupt so gut. Und darauf kommen dann noch die Ausrichtfehler des Schwenkmechanismus. Da hat man eine gute Chance, nach 10 Jahren Flug nichts als eine Serie schöner Bilder vom schwarzen Himmel heim zu schicken.

            Hinzu kommt noch die zeitliche Änderung der Winkelgröße von Phobos beim Vorbeiflug und die Variation des Blickwinkels. Das lässt sich nicht durch irgendeine Schwenkmechanik ausgleichen, sondern nur durch kürzere Belichtungszeiten, was aber zu anderen Problemen führen wird.

            Gleich kommt noch ein neuer Artikel spezifisch hierzu.

  2. @Martin Holzherr
    mein Bedauern wegen dem “Vorbeirauschen” kann ich nur beipflichten. Ist halt sehr weit weg, um mit heutigen bezahlbaren Mitteln in einen Orbit zu bremsen. Herr Kahn hat mir das mal wissenschaftlich sehr plausibel in einer Leserbrief Antwort (Astronomie Heute) auseinander gepflückt.
    ich bin mir aber sicher das die sehr leistungstarke Telecam LORRI die reale Sicht- und Beobachtungsphase doch stark verlängern wird. Ich freu mich drauf.

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