HERA: Mars-Swingby am 12.3.2025

Im kommenden Monat steht der Mars-Swingby an, ein wichtiger Meilenstein im Transfer der ESA-Raumsonde HERA zum Asteroidensystem 65803 Didymos. HERA wurde am 7.10.2024 kurz vor Eintreffen eines verheerenden Hurrikans mit einer Falcon 9-Rakete von Cape Canaveral gestartet.

Der Mars-Swingby im Transfer
Der Mars-Swingby fügt der elliptischen, heliozentrischen Bahn der Raumsonde Energie hinzu, wodurch gleichzeitig das Aphel und das Perihel angehoben werden (letzteres nur geringfügig). Je mehr die Transferbahn der des Zielobjekts Didymos gleicht, desto geringer fällt das Ankunftsmanöver aus. Hier sehen wir den Transfer als Draufsicht im Sonnensystem.

Es wäre möglich gewesen, das Einsparpotenzial im Manöverbudget voll auszuschöpfen. Das hätte aber nicht viel gebracht, wie im verlinkten Artikel zum Transferdesign beschrieben. Die Tanks der Raumsonde mussten sowieso für die ungünstigere Backupmission 2026 dimensioniert werden. Am Ende wurde der Mars-Swingby genutzt, um gleichzeitig die Fluchtgeschwindigkeit beim Start und das gesamte Delta-v zu senken, letzteres aber weniger als eigentlich möglich. Dafür hatte man größere Margen beim Start.
Mars-Swingby: die Geometrie
Die hyperbolische Geschwindigkeit relativ zum Mars ist mit knapp 8.8 km/s recht hoch. Die größte Annäherung von 5670 km wird um 12:51 UTC erreicht. Bereits vorher, nämlich um 12:12 UTC, wird HERA mit weniger als 80 km Abstand am äußeren Mond Deimos vorbeigeflogen sein, und zwar mit einer Relativgeschwindigkeit von mehr als 8.8 km/s.

Die Beobachtung von Deimos wird jedoch bereits kurz vorher erfolgt sein, bei einem Abstand von 1000 km. Da wird, von HERA aus gesehen, Mars im Blickfeld der Kamera hinter Deimos erscheinen. Zum Einsatz kommt neben der AFC-Kamera (AFC=”Asteroid Framing Camera”) auch das hyperspektrale Spektrometer Hyperscout und die Thermische Infrarotkamera TIRI.
Die Beobachtungsphase wird ein ziemlicher Quickie. HERA ist nicht dafür gebaut, Objekte im schnellen Vorbeiflug zu untersuchen, wo sich die Geometrie schnell ändert und rasche Nachführung erfordert. Im Asteroidensystem sind die Relativgeschwindigkeiten nur im Bereich von cm/s. Entsprechend langsam sind auch die notwendigen Drehbewegungen der Sonde… und deswegen ist sie auch nur für langsame Drehungen ausgelegt. Die Mars- und Deimos-Beobachtung ist da nur eine Dreingabe – aber natürlich auch eine willkommene Chance zum Testen und Kalibrieren der Instrumente, sozusagen am lebenden Objekt.

In der kommenden Ausgabe von Sterne und Weltraum wird übrigens ein Artikel zur HERA-Mission erscheinen, geschrieben von einem Kollegen und mir. Diesem Artikel können Sie weitere Details zur Raumsonde, zur Mission und insbesondere zur Planung der Nahphase entnehmen.
Die Nahphase wird Anfang Oktober 2026 starten und eine komplexe Sequenz von Manövern umfassen, an deren Ende HERA sich ab Ende November 2026 im Formationsflug mit dem Asteroidensystem befinden wird. Zunächst noch in 60 km Abstand, dann aber zunehmend näher. Eine spannende Sache, die einen eigenen Artikel verdient.
Danke für diesen Beitrag zum Mars-Swingby von Hera. Solche Swingbys scheinen von vornherein zwei interessante Aspekte miteinander zu verbinden:
1) den Energiegewinn durch das Swingby-Manöver, der wohl umso grösser ist, je näher die Sonde an den Swingby-Himmelskörper herankommt.
2) die Beobachtungsmöglichkeiten, die sich durch den Swingby ergeben, denn die starke Annäherung an den Swingby-Himmelskörper bedeutet ja, dass Details ins Blickfeld geraten, die man von der Erde aus nie sehen könnte. Leider liegt es auch im Wesen des Swingbys, dass die Annäherung auch schnell wieder vorbei ist.
Soviel ich gelesen habe wird Hera später beim Rendevous mit dem Asteroiden weitgehend autonom operieren, was ja wegen der langen Übermittlungszeit zwischen Erde und Sonde auch nötig ist. Das Swingby-Manöver allerdings dürfte wohl rein ferngesteuert ablaufen, denn Swing-Manöver sind ja nichts Neues und wurden wohl schon immer „vorprogrammiert“.
HERA hat zwar einen autonomen Modus, der aber experimentell ist und nicht primär für die Operatioen um den Asteroiden eingesetzt wird. Die Komplexität der Operationen um den Asteroiden sollte man auch nicht überbewerten. Es gibt alle n Tage ein klitzekleines Manöver, woraufhin die gemächlich Sonde auf eine andere fast geradlinige Bahn driftet, bis das nächste Manöver fällig wird (gemeint sind natürlich Relativgeschwindigkeiten zum Asteroiden, nicht die Bahngeschwindigkit um die Sonne).
Beim Swingby-Manöver gibt es nichts, was man in Echtzweit steuern könnte. Die Sonde wurde schon Wochen vor dem Swingby möglichst präzise in die richtige Bahn eingefädelt. Danach muss man nichts mehr machen.
@Michael Khan: Danke für die Richtigstellung bezüglich HERA-Autonomie. Tatsächlich findet sich ein Hinweis auf das autonome Verhalten von HERA nur gerade in der deutschsprachigen Wikipedia, nicht in der englischsprachigen. Zudem scheint die Autonomie von HERA gemäss D-Wikipedia eher im Bereich Kommunikation und Auswertung zu liegen (Zitat):
Ich bin etwas irritiert von der zitierten Aussage in Wikipedia. Ich werde das auch nicht zu interpretieren versuchen.
Ich sage nur, was ich weiß, und ich denke, ich weiß schon ein bisschen was über die Mission. Ich verweise zudem auch auf den kommenden Artikel in SuW. Ansonsten werde ich sicher auch noch hier was dazu schreiben, aber erst im Herbst 2026, wenn die Ankunft bevorsteht.
Also:
HERA wird nie eine geschlossene Bahn um Didymos fliegen. Solche Bahnen gibt es nicht – außer ganz dicht am größeren Objekt des Binärsystems, und auch da nicht wirklich, sondern nur in Zusammenwirkung mit dem Solardruck, so genannte Self Stabilising Terminator Orbits. Meines Wissens ist so ein Orbit für einen der zwei Cubesats vorgesehen, aber keinesfalls für HERA.
HERA wird ausschließlich auf hyperbolischen Bahnen relativ zu
Didymos fliegen. Die gehen nie “auf Didymos zu”. Vielmehr wird die Flugbahn immer senkrecht zur Linie Asteroid-Sonde stehen. Man braucht eine Geschwindigkeit, die hoch genug ist für eine gesichert hyperbolische Bahn. Aber das wären auch nur einige cm/s, also sehr langsam.
Wenn die Sonde sich zu weit entfernt, dann macht man ein Manöver in die Gegenrichtung, und es geht in einer Hyperbel wieder zurück, bis sich das Spiel auf der anderen Seite wiederholt, bis zu eine Woche später. Minimal einige Tage später. Und sollte man mal ein Manöver verpassen, ist das nicht wirklich schlimm. Dann driftet die Sonde halt doch ein paar Tage weiter auf ihrer hyperbolischen Bahn und entfert sich dabei einige Kilometer weiter. Da besteht kein Risiko. Wenn man das Problem behoben hat, das das Manöver verhinderte, kriegt man sie leicht wieder eingefangen.
Das war’s schon. Nicht so dramatisch, oder? Zu allein Zeiten gucken die Instrumente auf den Asteroiden und seinen Mond, in etwa entgegen der Sonnenrichtung. Den seitlichen Versatz der Instrumente kann man vorgeben, aber den Asteroiden zu finden, immerhin das hellste Objekt in der Nähe, ist auch nicht so schwer.
Die Raumsonde braucht da in der Tat etwas Autonomie, aber eher weniger als eine Mars-Sonde, die in zwei Stunden den Mars umläuft, durch den Schatten geht usw. Trifft auf HERA nicht zu.
Es stimmt. Nach einigen Monaten wird man eine autonome Navigation experimentell testen. Aber wie schon beschrieben, das ist nichts Wildes. Alle andere Autonomie ist Stand der Technik.