Die weiße Rupes Recta am 24.3.

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Raumfahrt aus der Froschperspektive
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Wie die meisten Mondbeobachter kenne ich das erste und zweite Viertel viel besser als das dritte oder gar vierte. Die Gründe dafür sind wohl offensichtlich. Letzte Nacht aber beobachtete ich dennoch ausnahmsweise den abnehmenden Halbmond. Ich hatte mir vorgenommen, auch mal die weiße Rupes Recta zu sehen.

Wie bereits vor zwei Wochen beschrieben: Die Rupes Recta ist eine mehr als 100 km lange Geländestufe, die sich bei geeigneten Beleuchtungsverhältnissen, die nur zwei Mal in der Lunation vorliegen, auffällig von der Umgebung abhebt und ansonsten nicht zu sehen ist. Man kann sie nur jeweils kurz nach dem zunehmendem und dem abnehmenden Halbmond sehen.

Hier zunächst der Halbmond (hier geht es in Originalgröße):

Abnehmender Halbmond am 24.3.2014, 4:47 MEZ 65/420 Apochromat, Canon EOS 600D, ISO 400, 1/80 s
Credit: Michael Khan, Darmstadt / Abnehmender Halbmond am 24.3.2014, 4:47 MEZ 65/420 Apochromat, Canon EOS 600D, ISO 400, 1/80 s

Ich hätte eigentlich kaum erwartet, dass ich letzte Nacht den Mond noch zu sehen bekomme, habe aber vorsichtshalber abends schon alles aufgebaut. Kurz nach 4:30 Uhr früh wachte ich zufällig auf, linste durch einen Spalt in der Gardine und sah, dass ein ausgedehntes Wolkenfeld gerade nach Osten abzog und den Blick auf den Mond frei gab. Die Zeit bis zum Anmarsch des nächsten Wolkenfelds reichte gerade so zur visuellen Beobachtung und fotografischen Dokumentation. In Deutschland darf man nicht lange fackeln, wenn man mal klaren Himmel hat. Wer weiß, wann man die nächste Gelegenheit haben wird.

Die weiße Rupes Recta am Morgen des 24.3.2014, 4:47 MEZ, 65/420 Apochromat, Canon EOS 600D, ISO 400, 1/40 s
Credit: Michael Khan, Darmstadt / Die weiße Rupes Recta am Morgen des 24.3.2014, 4:47 MEZ, 65/420 Apochromat, Canon EOS 600D, ISO 400, 1/40 s

Und hier ist sie nun, wie gehabt zwischen den Kratern Thebit und Birt verlaufend, diesmal aber von Westen, nicht von Osten angestrahlt und deswegen deutlich heller als die sie umgebende Ebene. Der Effekt bei der Betrachtung durchs Okular war nochmals deutlich auffälliger als in der Aufnahme.

Ich hatte die dunkle Rupes Recta zu Anfang des zweiten Viertels schon häufig beobachtet. Die weiße sah ich heute zum ersten Mal, und ich war beeindruckt – sie hob sich wirklich dramatisch von der unaufhaltsam anrollenden Mondnacht ab. Um so mehr, weil man es gerade andersherum kennt. Eines war mir vorher nie aufgefallen, wird hier aber deutlich sichtbar: Die Rupes Recta ist offenbar eine Verwerfung im Boden eines großen Geisterkraters. Dessen Kraterwall ist im Nordosten noch erhalten und wird südlich davon durch den jüngeren Einschlagskrater Thebit durchbrochen. Die westliche Teil des Walls ist dagegen vollständig versunken und nur bei sehr niedrigem Sonnenstand auszumachen. Jetzt, wo ich es weiß, sehe ich den Kraterwall auch um die dunkle Rupes Recta herum.

Hübsch sind auch die vielen Krater und Wallebenen bei Sonnenuntergang: Plato, der Apennin (einige sehr helle Gipfel über den bereits pechschwarzen Tälern), Deslandres, Tycho, Maginus.

Sehr bald schon wird das westliche Mare Imbrium mit den Montes Recti und der Landestelle von Chang’E-3 dran sein.

Zum Abschluss eine Ansicht der Rupes Recta von einer ganz anderen Warte aus, nämlich der japanischen Mondsonde Kaguya/Selene unter Vernwendung einer HDTV-Kamera (courtesy JAXA). Um die Verwendung der HDTY-Kamera gab es immer Stress. Der Medienpartner, die japanische ÖR-Fernsehgesellschaft NHK, wollte natürlich, dass die oft eingesetzt wird, aber die Wissenschaftler waren dagegen, denn die von der Datenübertragung des HDTV-Materials beanspruchte Bandbreite ist enorm. In diesem Fall wurden mit der HDTV-Kamera Einzelaufnahmen gemacht und zu einem Film verarbeitet, wohl als Kompromiss.

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Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

19 Kommentare

    • Diesen Film hab ich mir erst angesehen, nachdem ich den unteren Kommentar abgeschickt hatte. Aber der ist in der Tat beeindruckend. Irgendwie kam mir beim betrachten die Frage in den Sinn, wie schnell und in welcher Höhe die virtuelle Kamera da wohl über das Gebiet geflogen ist? – Aber da fang ich jetzt nicht an zu rechnen, denn ich glaube, dass mir die Ergebnisse nicht gefallen werden.

  1. Ich habe in der Bibliothek neulich mal den “Reiseatlas Mond” von Stoyan und Purucker gefunden, was dem Buch einen sofortigen (aber leider nur vorübergehenden) Ortswechsel einbrachte. Da hab ich mir jetzt auch mal die Rupes Recta näher angesehen. Auf der LRO-Aufnahme, die dafür verwendet wurde, kann man den Geisterkrater auch sehr schön erkennen, obwohl die Aufnahmen alle von Osten her beleuchtet sind. Wenn man sich dann noch die Details zur Rupes Recta ansieht, also ca. 300 bis 500 meter hoch, bei Hangneigung bis 30% und 116km lang, dann wundert man sich schon über die Dimensionen. – Also ich zumindest.
    Und da ich bei Hangneigungen kein Freund von Prozentangaben bin, hab ich mal kurz gerechnet und komme auf ~16,7° Steigung, (oder Gefälle, je nach Betrachtungsweise). Wenn man dann mal weiter rechnet, kommt man auf eine Breite zwischen 1000 und 1632 komma etwas meter. Also ich glaube, selbst wenn so eine Formation auf der Erde nur ein paar 10 meter breit wäre, würde das eine wunderschöne Rodelbahn ergeben…
    Wenn ich dazu dann lese, dass der Krater Birt (gleich in der Nähe, d.h. ca. 20 km entfernt) so etwa 3000 meter tief ist, und 16 km Durchmesser hat, – da passt eine Kleinstadt auf dem Grund – dann wunder ich mich wieder über die Dimensionen. Wenn dann mal der Wunsch aufkommt, sich das alles mal vor Ort anzusehen, was bei näheren Betrachtungen der Karten (oder des Mondes durchs Fernglas) dann schon mal vorkommt, dann wünsch ich mir dafür ein entsprechendes Fluggerät, das es bisher nur in der Science Fiction gibt… (Momentan wäre das ein Gefährt wie die Raptoren aus Battlestar Galactica.)

    Aber ich glaube, bevor ein regelmässiger Verkehr zum Mond, und sei es nur zu Forschungszwecken, eingerichtet wird, müssen ein paar Wunder passieren. 🙁

    • Soweit mir bekannt, variieren Hangbreite und Steigung über die Länge der Rupes Recta. Das kommt bei dem oben verlinkten Film gut heraus. Der stellt ja nicht eine wirklich Aufnahme dar, sondern ist eine Computersimulation unter Verwendnung eines Digitalen Elevationsmodells. Die virtuelle Kamera fährt dort erst einmal die Rupes recta entlang, von Süden nach Norden. Dann die weiter östlich gelegene Rima Birt wieder herunter nach Süden. Die Rima Birt ist offensichtlich ein eingestürzter Lavatunnel.

      Dann werden Birt und Birt A “umflogen”. Der ebene Boden und die glatten Wände weisen diesen Krater in meinen Augen als Standort für eine permanente Basis aus, ganz eindeutig.

      Das Transportschiff, allerdings nur für Operationen im Vakuum, ist die Aries 1b aus “2001”

      Wenn Sie übrigens Mondkarten wälzen und die Landschaft in dem Detail erkunden, wie Sie es offensichtlich tun, dann sind Sie auf dem besten Wege, ein ausgewiesener Mondkenner zu werden. Sehr bald schon werden Sie feststellen, dass Sie irgendwo ein Bild von einer Stelle auf dem Mond sehen und sie auf auf Anhieb wiedererkennen.

      Ganz sicher ist, dass die Rupes Recta, die heute nur ein Ziel für den Beobachter ist, irgendwann einmal auch ein Ziel für den Tourismus sein wird. Gerade Aktivtouristen und Extremsportler werden sich dort einfinden.

      • Zuerst sollte man sich in einer virtuellen Umgebung mit dem Mond oder Mars vertraut machen können. Für google earth gibt es übrigens schon etwa 10 Spiele, die die google earth Daten verwenden. Für den Mond habe ich nur gerade den Apollo 11 Moon Lander Game gefunden. Da besteht offensichtlich noch eine Marktlücke.

        • Das Stichwort ist “Digital Elevation Model” (DEM). Hier sind einige Informationen zu der Arbeit, die in dieser Richtung gemacht worden ist. Ich benutze für die topografischen Grafiken, die ich hier manchmal zeige, die LOLA-Daten von LRO, die in unterschiedlichen Auflösungen vorliegen.

      • Soweit mir bekannt, variieren Hangbreite und Steigung über die Länge der Rupes Recta.

        Das ist schon klar, deshalb steht da ja auch “Hangneigung bis 30%”. Und der Rest war eher eine Rechenübung. 🙂

        Das kommt bei dem oben verlinkten Film gut heraus. Der stellt ja nicht eine wirklich Aufnahme dar, sondern ist eine Computersimulation unter Verwendnung eines Digitalen Elevationsmodells.

        Das ist mir ebenfalls klar, dass es sich dabei um eine Simulation handelt. Kennen Sie das Programm Terragen? – Damit können Sie virtuelle Landschaften erstellen, wenn Sie es wollen. Da gibt es auch ein Modul, womit man eine virtuelle Kamera über das Gelände steuern kann. Hab ich mit einer älteren Version schon gemacht; – ist eine sehr interessante Beschäftigung. 🙂 – Sie können aber auch reale Geländedaten verwenden und diese visualisieren.

        Die Rima Birt ist offensichtlich ein eingestürzter Lavatunnel.

        Das kann sein, aber damit kenn ich mich nicht aus. Das wäre eine Sache, wo Herr Ries (Mente et Malleo) sicherlich mehr Ahnung von hat.

        Dann werden Birt und Birt A “umflogen”. Der ebene Boden und die glatten Wände weisen diesen Krater in meinen Augen als Standort für eine permanente Basis aus, ganz eindeutig.

        Warum wollen Sie eine Basis in den Krater setzen?
        Wollen Sie den Krater überdachen (evtl. mit Solarpanels) um dann eine riesiege Halle zu haben? – Ich halte das zwar grundsätzlich für eine brauchbare Idee, aber Birt ist mir eindeutig zu gross dafür. Ich würde eine Basis eher an der Fuss eines Gebirges setzen, etwa am Promontorium Laplace. – Okay, oder in einen der grossen Krater, so ab 10km Durchmesser, wie etwa Tycho.

        Das Transportschiff, allerdings nur für Operationen im Vakuum, ist die Aries 1b aus “2001”

        Hm… – sieht auch gut aus, kenn ich aber nicht gut genug. Also bleib ich erst mal bei den Raptors, auch wenn die hauptsächlich für militärische Zwecke, wie Aufklärung (SigInt) gedacht sind.

        Wenn Sie übrigens Mondkarten wälzen und die Landschaft in dem Detail erkunden, wie Sie es offensichtlich tun, dann sind Sie auf dem besten Wege, ein ausgewiesener Mondkenner zu werden. Sehr bald schon werden Sie feststellen, dass Sie irgendwo ein Bild von einer Stelle auf dem Mond sehen und sie auf auf Anhieb wiedererkennen.

        Ja, da ist wohl was dran. Und Sie sind “Schuld“. 🙂
        Soll heissen, Sie haben mich mit Ihrem Enthusiasmus oder was auch immer angesteckt.

        Ganz sicher ist, dass die Rupes Recta, die heute nur ein Ziel für den Beobachter ist, irgendwann einmal auch ein Ziel für den Tourismus sein wird. Gerade Aktivtouristen und Extremsportler werden sich dort einfinden.

        Okay, bis dahin dürften aber noch gut und gerne 2 bis 3 Jahrhunderte vergehen. Danach kann ich mir allerdings vorstellen, das man über einen Teil der Rupes Recta für solche Zwecke eine Halle baut, so dass man erst mal ohne Raumanzug aktiv werden kann…

        Dann noch ein oder zwei weitere Anmerkungen.
        Die von Ihnen verlinkte Animation ist ja insofern ganz gut, da sie ohne Ton ist. Ich hab mir auf der YouTube-Seite danach noch zwei andere Filme der Jaxa angesehen, die vertont sind. Das war ganz witzig, denn ich hab kein Wort verstanden, dass dort gesagt wird. Aber die Bilder waren interessant. Der eine Film war dieser hier. Der Google Übersetzer lieferte zur Erklärunmg: “The Tycho by “Kaguya” Terrain Camera“. – Ah ja. Der Tychokrater also. Dazu fällt mir ein, dass die NASA mit einem entsprechenden Bild des Berges in der Mitte auch mal für Aufmerksamkeit sorgte, das sie aus den LRO-Daten gewonnen hat. – Aber diese Jaxa-Animation war trotzdem sehr beeindruckend, weil man die Terrassen am Kraterrand sehr schön sieht. – Das wäre bestimmt auch noch ein ausgeprägtes Forschungsfeld für Geologen…
        Als weiteres war dann noch ein knapp 20 minutiger Film über die Kaguya-Sonde, die 2007 zum Mond flog. Von dem dort gesagten hab ich auch wieder nichts verstanden, aber anhand der Bilder und den Animationen konnte ich mir zusammen reimen, worum es geht, zumal zwischendurch auch mal lateinische Schrift vorkommt. Und ich fand es beeindruckend, was die mit der Sonde alles erforscht haben. – Ein nachträglicher Blick in die Wikipedia war dazu sehr hilfreich.

        • Die Rima Birt ist ein eingestürzter Lavatunnel. Davon gibt es auf dem Mond eine ganze Menge. Wenn Sie den Stoyan-Purucker noch haben und da Vallis Schröteri oder Rima Hyginus anschauen, dann fällt sofort die Ähnlichkeit auf. Rima Birt ist allerdings eine merkwürdige Rille, denn es sind dort auch Zeichen einer Verwerfung zu sehen. Vielleicht, weil sie am Boden eines frakturierten Kraters liegt. Genau weiß aber keiner, warum Rima Birt so ist, wie sie ist. Ich vermute mal, selbst Gunnar Ries von “Mente und Malleo” weiß das nicht.

          Zum Bau einer Basis in einem tiefen, glatten Krater: Das Dach muss ja nicht den ganzen Krater abschließen. Im Gegenteil, es ist besser, wenn das Dach auf halber Höhe oder sogar ziemlich weit unten ist. Eins muss man bedenken: Der Mond ist ein gefährlicher Ort. Die Oberfläche wird zu jedem Zeitpunkt von Staub, Meteoroiden und sogar Asteroiden bombardiert und wid auch noch mit harter Korpuskularstrahlung belegt. Je mehr man vom Himmel “herausfiltert”, desto besser. Das gelingt, indem man ein Bauvorhaben in einem Krater realisiert, dessen Kraterwände schon mal nur den Blick auf einen reduzierten Teil des Himmelsgewölbes freigeben.

          Wichtig ist allerdings, dass die Kraterwände stabil sind. Sie dürfen nicht so steil sein, dass Erdrutsche und Gerölllawinen abgehen. Wegen des Bombardements ist die Mondoberfläche einigermaßen mobil. Hinzu kommen thermische Effekte. Die Ausdehnung und Kontraktion von Oberflächen durch die Temperaturunterschiede von mehr als 250 Grad im Laufe von tag und Nacht führt auch zu Verwitterung.

          Im Endeffekt hat Sicherheit Vorrrang vor schöner Aussicht.

          • eingestürzte Lavatunnel
            Okay, habe mich jetzt mal etwas schlauer gemacht, da ich mich bisher kaum mit Geologie beschäftigt habe. Also lassen wir das so stehen, denn es wurde ja durch die Kaguya und LRO-Missionen bestätigt.

            Rima Birt ist allerdings eine merkwürdige Rille, denn es sind dort auch Zeichen einer Verwerfung zu sehen. Vielleicht, weil sie am Boden eines frakturierten Kraters liegt. Genau weiß aber keiner, warum Rima Birt so ist, wie sie ist. Ich vermute mal, selbst Gunnar Ries von “Mente und Malleo” weiß das nicht.

            Dann müsste man das wahrscheinlich wirklich vor Ort untersuchen. Ich hab jedenfalls keine Ahnung, in wieweit man sowas aus den vorhandenen Messdaten der Sonden ermitteln kann.

            Zum Bau einer Basis in einem tiefen, glatten Krater: Das Dach muss ja nicht den ganzen Krater abschließen. Im Gegenteil, es ist besser, wenn das Dach auf halber Höhe oder sogar ziemlich weit unten ist. Eins muss man bedenken: Der Mond ist ein gefährlicher Ort. Die Oberfläche wird zu jedem Zeitpunkt von Staub, Meteoroiden und sogar Asteroiden bombardiert und wid auch noch mit harter Korpuskularstrahlung belegt. Je mehr man vom Himmel “herausfiltert”, desto besser. Das gelingt, indem man ein Bauvorhaben in einem Krater realisiert, dessen Kraterwände schon mal nur den Blick auf einen reduzierten Teil des Himmelsgewölbes freigeben.

            Ach so stellen Sie sich das vor. Gut, das ist auch eine Methode. Ich dachte bisher eher an die Variante, man sucht sich einen Berghang, der in etwa die selben Kriterien erfüllt, die Sie auch für die Kraterwände genannt haben (und die ich jetzt nicht zitiere) und treibt dort einen Stollen in den Berg, in dem man die Basis baut. Aber wahrscheinlich ist das technisch die aufwendigere Methode, weil man dazu erst mal die notwendigen Maschinen zum Mond schaffen muss, die sehr schwer sind. Oder was spricht noch dagegen?

          • Wie man eine permanente Basis anlegt, hängt wohl in erster Linie davon ab, wie groß sie sein soll. Die erst einmal einfachste Methode bestünde darin, die Abtreibsstufen der Landeeinheiten als Baumaterial zu nutzen. Die Landebeine würde man abmontieren und in den Tanks selbst könnte man wohnen. Die müssten konstruktiv so angelegt sein, dass das Anbringen von Verbindungen oder Luftschleusen möglich wird. Da die Tankwände keinen langfristigen Schutz gegen Mikrometeoroiden und insbeondere Strahlung bieten, müsste man aus der Umgebung Regolith aufsammeln und über die Anlage kippen. Davon wäre allerdings schon eine recht dicke Schicht notwendig, vielleicht zwei Meter.

            Manche Autoren schlagen eine Struktur vor, die einige Dutzend Meter über dem Habitat errichtet wird und mit denen ein elektrisches Feld unter Hochspannung aufgebaut wird. Das soll die Korpuskularstrahlung ablenken. Mag sein, dass sie das tut, aber:

            1.) ist das kompliziert und anfällig, und kompliziert und anfällig ist in der Raumfahrt nie gut
            2.) bringt das Risiken mit sich, weil da mit hohen Spannungen und Strömen hantiert werden muss, was icht gerade ungefährlich ist. Was, wenn ein Meteoroid einen Teil der Struktur durchschlägt und die Kabel oder Leiter fallen auf Habitat oder Fahrzeuge?
            3.) weiß ich icht, ob die Leute, die so etwas vorschlagen, sich auch gut überlegt haben, was die zwangsläufig erfolgende Beschleunigung elektrostatisch geladenen Staubs im elektrischen Hochspannungsfeld für Folgen hat
            4.) sind Protonen und Elektronen, die man mit so etwas vielleicht ablenken könnte, nicht die einzige Form von kosmischer Strahlung, mit der man es in Abwesenheit eines Magnetfelds und einer Atmosphäre zu tun hat. Galaktische Kosmische Strahlung besteht auch aus ionisierten, teilweise vielfach oder komplett ionisierten schweren Kernen. Gegen GCR hilft nur dicke Abschirmung. Gerade, wenn die Sonnenaktivitärt gering ist, steigt die Belastung durch GCR. Das ist bei kurzfristigen Aufenthalten hinnehmbar, bei Langzeithabitaten nicht.

          • Hm… also ich bin in bei der Frage nach der Grösse einer Basis ja meisst erstmal grosszügig, und denk erst hinterher über die Details nach. Also würde ich mal sagen, dass die Basis Platz für 10 Personen bieten soll. Selbst wenn man mit weniger anfängt, und diese vorläufig in einem mitgebrachten Container (der auch aus einem entsprechend modifizierten Treibstofftank bestehen kann) wohnen, wird man mittel- bis langfristig in die Erde (bzw. in den Mond) herein müssen, sei es nun ein Stollen in einem Berg oder einer Kraterwand. Gut wäre es wahrscheinlich auch, wenn man noch intakte Lavatunnel oder andere Höhlen finden würde, die man nutzen kann. Das erspart zumindest vorläufig den Transport von schweren Baumaschienen, die man früher oder später aber dennoch brauchen wird. Und wenn man keine Höhlen findet, dann sowieso.
            Ich hab mal so grob überschlagen, wieviel Platz eine komfortable Basis für 10 Personen möglicherweise benötigt wird. Da ich gerade keinen Neufert da habe, wo so allgemeine Mindestmaße drin stehen und auch keine anderweitigen Daten, kam ich mit allem drum und dran auf rund 200m² benötigter Fläche. Das ergibt dann bei einer Raumhöhe von 2,40m einen Raumbedarf von 480 Kubikmeter. Da wird man wohl sprengen müssen, also braucht man zumindest schon mal eine entsprechende Bohrmaschine, um die Löcher für die Sprengladungen zu bohren und wenigstenes einen Radlader um den Abraum weg zu schaffen. Dann eine mobile Arbeitsbühne und einen Kran bzw. eine Multifunktionsmaschine, womit man die so geschaffene Höhle ausbauen kann. Eine Tunnelbohrmaschine zum Mond zu bringen dürfte zu Aufwändig sein, und über den Transport hatten wir uns ja schon mal “unterhalten”; – dazu fällt mir gerade ein, wenn man eine dreistufige Rakete nimmt, könnte man die dritte Stufe evtl. auch noch für irgendwas nutzen, wenn sie “ausgebrannt” ist…
            Irgendwann in ferner Zukunft wird man wahrscheinlich auch mal sowas hier entwickeln, wobei die Form hier aber wohl eher der Dramaturgie geschuldet ist.

            Die Struktur mit dem elektrischen Feld klingt interessant. Und ja, Elektronen können Sie damit in jedem Fall ablenken. So funktioniert(e) jeder Röhrenfernseher. Andere geladene Teilchen wird man wahrscheinlich auch ablenken können, also auch ionisierte Teilchen, weil die ja auch nicht mehr elektrisch neutral sind. Die Frage ist, wie hoch die Spannung sein muss, die man dafür braucht? Bei Fernsehern und Monitoren sind (waren) es so um die 30 Kilovolt, wenn ich mich recht entsinne. Und da man es sicherlich sowohl mit positiv als auch mit negativ geladenen Teilchen zu tun haben wird, muss man entweder zwei solcher Felder übereinander legen, ein positiv geladenens und ein negativ geladenes, oder man baut ein Wechselfeld, womit man sich dann allerdings auch eine (Sende)Antenne einfängt (und ein magnetisches Wechselfeld). Dann müsste die elektronische Ausrüstung entsprechend entstört werden, was sie aufwändiger macht.
            Ich glaube, dazu müsste man erst mal in kleiner Form auf der Erde testen, wie sowas überhaupt gebaut werden müsste, wie hoch die benötigten Spannungen sind, und dann wäre eine Testreihe auf dem Mond fällig, um praktisch heraus zu finden, was sich schlecht oder gar nicht berechnen und auf der Erde schlecht testen lässt.

          • – dazu fällt mir gerade ein, wenn man eine dreistufige Rakete nimmt, könnte man die dritte Stufe evtl. auch noch für irgendwas nutzen, wenn sie “ausgebrannt” ist…

            Es liegt nahe, die dritte Stufe auch nutzen zu wollen, aber das könnte möglicherweise ein Trugschluss sein, fürchte ich.

            Eine dreistufige Rakete muss es auf jeden Fall sein, denn zwei Stufen (und wahrscheinlich ein bisschen von der dritten) braucht man zum Erreichen des niedrigen Erdorbits und den Großteil der dritten für die Trans-Lunar-Injection. Und dann? Dann haben Sie eine ausgebrannte, etliche Tonnen schwere Stufe. Wenn man die am Schiff dranlässt, dann braucht man einen ganzen Haufen Treibstoff mehr, um diese Tonnen Materials auch noch weich zu landen. Wobei es nicht unproblematisch ist, das so zu machen, denn wenn das Schiff oben auf der Stufe sitzt, müsste man ja einen langen, kippeligen Turm auf dem Mond landen.

            Das ganze Konzept – nicht nur die Landung – stelle ich mir da sehr schwierig vor. Immerhin bringt das Konstrukt aus Oberstufe und Raumschiff ja (TLI+LOI+Landung) ein Delta-v von mehr als 6 km/s. Die dazu nötige Strukturmasse würde es erforderlich machen, eine abtrennbare Stufe vorzusehen.

            Zusätzlich zum Hausen in leeren Tanks bietet sich auch die Möglichkeit, aufblasbare Strukturen zu nutzen. Man bringt sie zusammengefaltet mit zum Mond, ein Gasgenerator bläst sie dort auf, wobei ein flüssiger Kunstharz sich innen an den Flächen verteilt und dann aushärtet. Anders als auf der Erde sind Strukturen auf dem Mond hauptächlich auf Zug beansprucht, weil der Druck im Inneren die Struktur dehnt. Das ist viel wesentlicher als die relativ geringe Schwerkraft. Man konnte nun also solche aufblasbaren Module in aufgesprengten und dann sauber ausgeschachteten halbzylinder- oder halbkugelförmigen Löchern (oder kleinen Kratern) aufbauen und dann wieder außen regoplith aufschütten. Da die Wände nicht primär auf Druck von oben nach unten, sondern auf Zug beansprucht wären, würde die Decklast des Regoliths die mechanische Beanspruchung sogar reduzieren.

            Ich habe mal ein Buch rezensiert, in dem ein Bauingenieur sich zum Bau von Stationen auf dem Mond geäußert hat. Zumindest die Punkte um die Lastberechnung der Module war in dem Buch trotz der anderen Schwächen recht brauchbar.

          • Es liegt nahe, die dritte Stufe auch nutzen zu wollen, aber das könnte möglicherweise ein Trugschluss sein, fürchte ich.

            Hm… – Wenn ich über Ihre weiteren Ausführungen genauer nachdenke, könnten sie recht haben. In einem ersten Entwurf dieses Kommentars hab ich eine Idee entwickelt, wie man die dritte Stufe landen könnte, aber als ich die fertig formuliert hatte, wurde ich den Eindruck nicht los, dass das ganze zu kompliziert ist, weshalb ich es hier jetzt weggelassen habe.
            Die Idee mit den aufblasbaren Strukturen wäre wahrscheinlich wirklich noch eine Alternative. Und die Sache mit der Zugbelastung der Wände war mir bisher auch noch nicht klar. Die gilt dann wahrscheinlich grundsätzlich für unter Druck stehende Strukturen, die sich im Vakuum aufhalten sollen, also auch für Personentransporter aller Art sowie die Module der ISS und jeder anderen Raumstation die man bisher gebaut hat oder noch bauen wird.

          • Oh, danke für den Hinweis, das ist in der Tat interessant. Allerdings liegt das Teil jenseits meiner finanziellen Möglichkeiten.

    • Wow, kann ich da nur sagen. Leider steht nicht dabei, was für Ausrüstung verwendet wurde, aber das muss wohl eine Brennweite von mehreren Metern, eine ordentliche Apertur und danach noch eine erhebliche Nachbearbeitung per Stacking-Software gewesen sein. Auf der Webseite von Damian Peach steht etwas zu seinen Teleskopen.

      • Dachte ich mir doch, dass Ihnen das Bild gefällt. 🙂
        Die Seite mit den verwendeten Teleskopen hatte ich auch schon gefunden. Da steht ja unten drunter auch noch, welche Kameras er verwendet. Die beiden Lumenera Kameras, die dort genannt werden, haben eine Auflösung von 640×400 Pixel, also Standard-VGA anno 1990 oder so. Wenn er die zusammen mit dem 14″ (35cm) Schmidt Cassegrain dafür verwendet hat, dann müssen das alles zusammengesetzte Bilder sein. Ich denke, das es auch so ist, denn anders kann ich mir die schwarzen Flächen auf den Bildern vom Sinus Iridum bzw. dem Schiller Krater nicht erklären. Und gerade beim Sinus Iridum finde ich das sehr Schade, denn in der fehlenden Ecke unten rechts könnte durchaus noch der Bereich zu finden sein, wo die Chinesen im Dezember 2013 gelandet sind…

        Dachte ich jedenfalls. Ein Vergleich mit einem anderen Bild in der Wikipedia, wo der Landeplatz markiert ist, deutet dann doch eher darauf hin, das der Bereich viel weiter östlich liegt. – Auch wenn die Perspektive von Mr. Peach’s Bild etwas schräg ist.

        Dann interessierte mich noch der Preis für die Lumenera SKYnyx 2.0M Kamera, da mir der Herstellername nichts sagte. Als ich den schliesslich heraus gefunden hatte, bin ich zwar nicht umgefallen, aber ich hab mich doch gewundert. Hier etwa kostet die $1095, wobei das ein US-Shop ist, also noch mal weitere Kosten dazu kommen. In einem deutschen Astronomieshop hab ich die Kamera, bzw. den Hersteller nicht gefunden. Anyway gehe ich davon aus, dass es sich dabei um eine Profikamera handeln muss, denn einen anderen Schluss halte ich nach einem kurzen Blick auf die übrigen Produkte im Angbot der Firma Lumenera eher für unsinnig.

        • Ja, die Produktpalette von Lumenera zielt vorwiegend auf den Profi- bis industriellen Bereich. Das zeigen auch die Spezifikationen von der Hardware, die die verbauen. CCD,. Auslesegeschwindigkeiten, Rauschverhalten, alles vom feinsten, und entsprechend hochpreisig.

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