Die Sache mit der Luftfeuchtigkeit

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Raumfahrt aus der Froschperspektive
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Das Einstellen der richtigen Luftfeuchtigkeit – ein Problem in Raumstationen ebenso wie in Büro- und Wohngebäuden. In Raumstationen immer, in irdischen Büro- und Wohngebäuden in der kalten Jahreszeit.

Was ist Luftfeuchtigkeit?

Korrekter gesagt: es geht um die relative Luftfeuchtigkeit. Eine gewisse Menge Luft kann maximal eine bestimmte Menge Wasserdampf aufnehmen, dann ist sie gesättigt. Die relative Luftfeuchtigkeit gibt an, wieviel Wasserdampf in der Luft enthalten ist, relativ zum Maximalwert. Soweit ganz einfach. Nur ist dieser Maximalwert stark temperaturabhängig. (hier eine Tabelle mit Werten)

Aufnahmefähigkeit an Wasserdampf pro Kilogramm trockener Luft als Funktion der Temperatur, Quelle: engineeringtoolbox.com
Aufnahmefähigkeit an Wasserdampf pro Kilogramm trockener Luft als Funktion der Temperatur, Quelle: engineeringtoolbox.com

Bei Null Grad und 100% relativer Luftfeuchtigkeit wären demnach in einem Kubikmeter Luft 5 Gramm Wasser. Bei 20 Grad Celsius dagegen 17 Gramm Wasser. Bei 50% relativer Luftfeuchtigkeit sind es bei 0 Grad aber nur 2.5 Gramm Wasser, bei 20 Grad dagegen 8.5 Gramm. Auf Meereshöhe hat ein Kubikmeter Luft eine Masse von 1.25 kg.

Angenommen, ich lüfte mein miefiges Büro am Morgen gut durch und heize dann auf 20 Grad. Wir haben 0 Grad und 50% Luftfeuchtigkeit draußen. Das heißt, 2.5 Gramm Wasser pro Kubikmeter Luft.

Jetzt kommt die Luft von draußen rein und wird erwärmt. Dadurch erhöht sich aber nicht der Wasserdampfgehalt, also die absolute Feuchtigkeit. Woher sollte das zusätzliche Wasser denn kommen? Bei 20 Grad entsprechen die 2.5 Gramm / Kubikmeter aber nur knapp 15% relativer Luftfeuchtigkeit.

Welche relative Luftfeuchtigkeit brauchen wir?

50% wäre ziemlich ideal. 30-60% sind akzeptabel für Mensch und Maschine. 15% sind zu wenig. Das ist einfach zu trocken.

Wenn sie dauernd einen gewischt kriegen, wenn sie etwas anfassen – statische Elektrizität ist ein weiteres Zeichen für zu niedrige Luftfeuchtigkeit. Wenn Sie beruflich mit empfindlichen elektronischen Komponenten hantieren, dann ist das ständige Bratz – Bratz nicht nur lästig (lästig ist es allemal), sondern es kann auch teuer werden.

Wie viel Luftfeuchtigkeit sollte nachgeführt werden?

Ganz einfach – genug zum Wohlfühlen. Das kann man schnell nachrechnen.

Nehmen wir ein Büro mit einer Grundfläche von 15 Quadratmetern und einer Deckenhöhe von 3 Metern. Das sind 45 Kubikmeter Luft. Bei 20 Grad und 50% relativer Luftfeuchtigkeit müsste diese Luft 383 Gramm Wasser enthalten: 17 Gramm/Kubikmeter * 50% rel. Luftfeuchtigkeit * 45 Kubikmeter. Aber ich habe ja gerade gelüftet, also ist jetzt die trockene Außenluft drin. Die enthält nur 2.5 Gramm / Kubikmeter. Macht bei 45 Kubikmetern 113 Gramm. Also fehlen da schon einmal 270 Gramm Wasser, die nachgeführt werden müssen. Nur für 1 Büro, nur für ein Mal lüften.

Na, dann nehmen wir ein vierstöckiges Bürogebäude von 50 x 12 Quadratmetern Grundfläche und 3 Metern Deckenhöhe. Das hätte 7200 Kubikmeter Volumen. Wenn da jetzt die Kollegen morgens kommen und stoßlüften, dann müssen da 43 Kilogramm Wasser in die Luft.

Wenn eine Belüftungsanlage das Lüften übernimmt, dann ändert das an den Zahlen nichts. Der Luftaustausch ist unumgänglich. Ich gehe mal davon aus, dass nicht ein Mal, sondern mehrere Mal pro Tag das Luftvolumen ausgetauscht werden muss. Das heißt, selbst in dem von mir angenommenen, noch recht kleinen Bürogebäude handelt es sich um zwei oder drei Mal 43 Liter Wasser pro Arbeitstag.

Ja, Menschen führen beim Ausatmen der Luft Feuchtigkeit zu. Aber wir atmen auch Kohlendioxid aus, und Bakterien. Wir pupsen, niesen, husten, haben Zwiebeln und Knoblauch gesessen … Eben deshalb zählt das ausgeatmete Wasser nicht – Frischluft muss rein.

Was geht und was nicht?

Wenn Sie in einem Bürogebäude mit einer besonders schlauen Klimaanlage arbeiten, das tatsächlich Wasser in der erforderlichen (erheblichen!) Menge der Frischluft zuführen kann, haben Sie es gut uind werden den Winter möglicherweise mit weniger Atemwegsbeschwerden überstehen als die meisten von uns, bei denen die Haustechnik am Arbeitsplatz nichts dergleichen vorsieht.

Vielleicht aber auch nicht, denn auch solche Klimaanlagen haben ihre Tücken. Es können sich in feuchten Zulüftungsrohren durchaus Krankheitskeime ansiedeln. Keime, die die Klimaanlage ins Zimmer pustet – sowas will man generell nicht. Bestimmte Keime aber schon mal gar nicht.

Eins ergibt sich aus den Zahlen eindeutig: Diese kleinen Verdampfungsbehälter an Heizkörpern reichen nicht aus. Haben Sie so was? Wie groß ist Ihr Büro? Wie viel Wasser geht da rein und wie oft füllen Sie nach?

Zimmerpflanzen? Erst mal mag die nicht jeder. Aber selbst wenn – Wie viel Wasser ziehen die pro Tag durch? Angenommen, das von mir bemühte, rein hypothetische Bürogebäude wäre mit Zimmerpflanzen gespickt – gießt man da pro Tag und Stockwerk mehrere große Gießkannen nach? Wenn nicht, dann reicht das nicht.

Diese Maßnahmen sind ungenügend. Sie sind noch nicht einmal ein Feigenblatt. Stellen Sie mal ein Hygrometer in ihr Büro. Wenn Sie dort Tag für Tag durchweg eine deutlich zu niedrige Luftfeuchtigkeit ablesen und an Atemwegsbeschwerden leiden und die Gebäudeverwaltung oder ihr Management rät ihnen, eine Schüssel Wasser in die Ecke zu stellen, eine Zimmerpflanze mitzubringen oder etwas an den Heizkörper zu hängen, dann nimmt man Ihre Bedürfnisse nicht Ernst. Oder aber, die betreffenden Herrschaften kennen sich in Physik nicht aus. Oder diese Herrschaften können nicht rechnen. So etwas soll durchaus vorkommen, habe ich mir sagen lassen.

Sie müssen viel Wasser in die Luft bringen. Also beispielsweise, indem sie einen kleinen Wasserkocher hinstellen und den mal einen Viertel-Liter oder mehr wegbruddeln lassen. Nicht einfach nur aufkochen – das reicht nicht. Komplett verdampfen. In jedem Büro übrigens. In besagtem, völlig frei erfundenem Bürogebäude kriegt man so die n*43 Liter pro Tag zusammen. Ansonsten wüsste ich nicht, wie man das schaffen soll.

Energetisch ist das natürlich nicht gerade der Brüller. 43 Liter Wasser von rund 15 Grad C auf 100 Grad C erhitzen und dann verdampfen, das macht etwa 112.3 MJ bzw. 31.2 kWh (bitte gern nachrechnen, Sie brauchen dazu die Wärmekapazität und die Verdampfungsentalpie). Eventuell mehrmals täglich. Nur für das Raumklima, und nur für besagtes kleine Bürogebäude.

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Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

12 Kommentare

  1. Es gibt Verdunster, die arbeiten ohne kochen.
    Der Wohlfühlbereich ist temperaturabhängig, zwischen 20 und 80 Prozent. Im Sinne der Praktikabilität könnte man 25% bis 30% anpeilen. 50% schafft man eher nicht.

    Luftfeuchtigkeit ist aber das kleinere Übel. Bei mir im Büro (in großen teilen der Firma, wir sind über 60 000 Leute am Standort!) sind die Luftauslässe direkt über den Stühlen der Schreibtisch-Arbeiter. Es hat wirklich jeder einzelne einen kalten Luftzug im Nacken, systematisch. Fenster sind nicht isoliert und haben dünne, alte Alurahmen an denen sich das Wasser dann auch direkt wieder abschlägt. Man hört jedes Geräusch von draußen – dicht sind sie also auch nicht.

    Wer über Luftfeuchtigkeit redet, jammert bereits auf hohem Niveau, im Vergleich.

    • Es gibt alle möglichen Arten von Verdunster. Das habe ich auch angesprochen. Aber die bringen halt nicht genug Wasserdampf in die Luft.

      Ich spreche von der erforderlichen relativen Luftfeuchtigkeit bei einem bestimmten Temperaturbereich. 20 Grad war eher noch niedrig angesetzt, fragen Sie mal Ihre Kollegen, und besonders die Kolleginnen. 20% ist auf jeden Fall zu niedrig, 30% eher grenzwertig. Der Zielwert sollte schon 50% sein. Schließlich bringen die Leute in einem Bürogebäude meist mehr als 40 Stunden pro Woche zu.

      Natürlich gibt es auch andere Probleme, über die man reden kann, aber das wäre auf jeden Fall so. Egal, zu welchem Thema ich schreibe. Dass hier irgendwo gejammert wird, kann ich nicht erkennen.

  2. Guter Artikel, der sein Hauptaugenmerk auf das Mengenproblem richtet (43 Liter Wasser pro Tag für 4-stöckiges Büro mit 7200 Kubikmetern Volumen), aber auch das Keimproblem erwähnt. Meine Internetrecherche ergibt, dass Lufbefeuchtung neben dem Keimproblem (“Trotz wöchentlicher Reinigung liessen fast alle Geräte die Zahl der Schimmelpilze und Bakterien in der Raumluft ansteigen”) auch noch zur Schimmelbildung führen kann – dies in schlecht isolierten Gebäuden mit kalten Wänden an denen die Feuchtigkeit kondensiert (eher untypisch für ein Bürogebäude aber bei vielen älteren Wohngebäuden zu finden).
    Wenn es um die Methode geht, gibt es grosse Unterschiede im Energiebedarf: Verdampfer sind Stromfresser, Ultraschall-Vernebler schneiden da viel besser ab, benötigen aber einen Filter um das Vernebeln und Verteilen von Kalk im Gebäude zu verhindern. Gänzlich ohne Strom und fast ohne Keimbildungsgefahr kommen Befeuchtungsposter aus. Allerdings sind wohl eher nicht für das Büro gedacht. Wobei: nicht selten sind Büromitarbeiter über die Luftbefeuchtung an ihrem Arbeitsort unzufrieden und bringen ihren eigenen Lufbefechter mit wie im FAZ-Artikel Wenn das Büro zum Palmengarten wird berichtet wird.

  3. Die Befeuchtung der Raumluft über ultraschallvernebler oder ähnliche System in der Haustechnik ist nicht nachhaltig: sie ist enorm energiefressend, das Wasser muss über Ionen tauschen vorbereitet werden usw.
    Sinnvoller ist da nur bedarfsorientierte Be- und Entlüftung, mit CO2 Sensoren usw. keine sinnlosen Kuftwechsel Tag und Nacht. Dazu rückfeuchtende Rotationswärmetauscher in der Lüftungsanlage. In den Büros sind 30% auch vollkommen in Ordnung. 30-40% sind ideal. Alles darüber bringt Schimmel, Hausstaubmilben usw. – 50-60% ist im Winter zu viel! Trockenere Luft vermeidet Hausstaubmilben, ist über 30% dennoch nicht schädlich. Wäre trockene Luft so schädlich, würden nicht so viele Pensionisten nach Arizona etc. ziehen. trockener, warmer Winter.

    • Mein Hauptpunkt ist gerade, dass es eines apparativen Aufwands in der Haustechnik bedarf, um die Luftfeuchtigkeit auf ein gesundheitsförderndes Niveau zu heben, und zwar eines erheblichen. Vorschläge der Art “Stellt euch eine Schale Wasser hin oder Topfpflanzen”, können keine Lösung herbei führen. Ich schrieb den Artikel nicht ganz grundlos.

      Was Rückfeuchtung in der Lüftungsanlage angeht, da bin ich immer etwas skeptisch, insbesondere, wenn man den sicheren Betrieb über längere Zeit in Betracht zieht. Bauen sich dort nicht doch irgendwann Keimherde in irgendwelchen feuchten, schwer zugänglichen und deswegen auch schwer zu reicnigenden Winkeln des Rohrsystems auf? Auch diese Skepsis hat durchaus konkrete Hintergründe.

      Was nun die Situation in Arizona angeht – die ist ja eben fundamental anders als hier. Sie sprechen es selbst explizit an: “trockene, warme Winter”. In einer milden Nacht nach einem warmen Tag steigt die relative Luftfeuchtigkeit. da man nicht zu heizen braucht, bleibt die relative Luftfeuchtigkeit auf angenehmem Niveau. Siehe dazu hier. Das ist nicht trocken. Es ist genau angenehm. kein Wunder, dass die Leute da hin wollen.

      Bei uns dagegen, an einem Wintertag nach einer kalten Nacht, sinkt die relative Luftfeuchtigkeit von bereits niedrigen Werten. Dann wird die Luft im Gebäude geheizt, da sinkt die relative Luftfeuchtigkeit nochmals.

      • Mir gefällt der Artikel sehr gut. Danke Herr Kahn. Allerdings scheint es auch ein Zuviel an Luftfeuchtigkeit zu geben und zwar im Sommer. Meine Freundin klagt an heißen schwülen Tagen besonders, heißes trockenes Klima macht ihr nichts. Meiner Tochter geht’s da ähnlich. Ich selbst hingegen bemerke den Unterschied nur daran, dass ich mehr schwitze. Gibt es eine wissenschaftliche Erklärung warum zu hohe Luftfeuchtigkeit für mache Menschen unangenehm ist?

        • Hallo Herr Gehlhaar, das Stichwort haben Sie ja schon selbst geliefert: schwitzen. Der menschliche Körper kann überschüssige Körperwärme durch Schwitzen, also Flüssigkeitsausscheidung der Schweißdrüsen abgeben.

          Wenn der Schweiß auf der Haut verdunstet, dann nimmt er dabei eine Menge Energie aus der unmittelbaren Umgebung auf, die so genannte Verdampfungsenthalpie. Die Umgebung muss dabei zwangsläufig abkühlen, denn sie gibt ja Energie an den Schweiß ab.

          Damit der Schweiß aber verdunsten kann, muss die Luft den entstehenden Wasserdampf aufnehmen können. Trockene Luft kann das problemlos, allemal, wenn sie warm ist, denn wie bereits im Artikel erläutert, kann warme Luft eine Menge Feuchtigkeit aufnehmen.

          Wenn nun aber die Luft um Sie herum bereits sehr feucht ist, dann kann sie den Schweiß von Ihrer Haut nicht mehr so gut aufnehmen – Ihre Haut bleibt also nass und verschwitzt und der Kühleffekt bleibt aus.

          Aus genau diesem Grund hatte ich in in Kalifornien auch bei 42 Grad Außentemperatur keine Probleme (solange ich nur genug Wasser trank), denn die relative Luftfeuchtigkeit war dort niedrig. Im Sommer in Japan aber hatte ich das Gefühl, die Hitze knüppelt mich nieder. Dabei waren es dort nur etwas über 30 Grad, das aber bei bis zu annähernd 100% relative Luftfeuchtigkeit.

  4. Verkocher, Verdunster und Vernebler verbrauchen pro gleicher Wassermenge natürlich auch immer genau die gleiche Menge an Verdampfungswärme.
    Der Energieverbrauch für die höhere Arbeitstemperatur der Verkocher führt nur zu einer kleineren Einsparung bei dem Energieverbrauch für die Raumheizung.

    • Die Verdunster und Vernebler erhöhen hingegen den Energieverbrauch für die Raumheizung, weil diese die Verdampfungswärme nachliefern muss.
      Eine finanzielle Ersparnis tritt nur dann auf, wenn die Energie für die Raumheizung billiger ist, als die Energie für die Verkocher.

      • In einigen mir gut bekannten Fällen ist die Situation so, dass in einem nagelneuen Bürohaus eine teure Energiesparheizung auf Basis “erneuerbarer Energien”, im gegebenen Fall Erdwärme, installiert wurde. Deutlich teurer als eine konventionelle Heizung. Jetzt ist es aber so, dass diese Heizung einfach nicht gut heizt. Nicht, dass sie kaputt wäre oder so – sie heizt einfach nicht gut. Auf denm Papier würde sie ja zu einer gewissen Einsparung an Primärenergie führen und sich irgendwann einmal energetisch rechnen, aber in der Praxis ist es halt so, dass die Leute, die in dem Bürohaus arbeiten müssen, einerseits frieren und andererseits husten, weil die erreichte Zimmertemperatur zu trocken und die relative Luftfeuchtigkeit zu niedrig ist. Die von der Verwaltung vorgeschlagene Lösung ist, Schüsseln mit Wasser und Zimerpflanzen aufzustellen. Das kostet zwar nichts, nützt aber auch nichts (wie vorgerechnet). Die meisten Nutzer stellen sich einfach Heizstrahler hin und lassen mit kleinen Wasserkochern ab und an mal einen halben Liter Wasser verdampfen. Damit dürfte die Energiebilanz des Bürohauses erfolgreich ruiniert sein.

        Wenn ich an der Planung einer solchen Anlage beteiligt wäre, würde auf gar keinen Fall versuchen, die in der Klimaanlage eingeblasene Luft schon in der Anlage anzufeuchten. Ich würde vielmehr ein paar Quadratmeter photovoltaische Solarzellen auf dem Gebäudedach installieren. Im gegebenen Fall braucht man einige Dutzend kWh pro Tag. Selbst im Winter sollte man bei einem einigermaßen sonnigen Tag aus einem Quadratmeter Solargeneratorenfläche etwa 1 kWh elektrischer Energie gewinnen können, oder nicht? Das heißt, mit 35 oder 40 qm hätte man mehr als genug, um eine Verdampferanlage zu betreiben. Alles, was nicht in den Verdampfer geht, geht im Winter einfach in einen Widerstand und macht da Luft warm.

        Im Sommer dagegen hätte man massenhaft elektrische Leistung für eine Umluftanlage, die im Haus die Luft zirkulieren lässt. Auf keinen Fall sollte man den erzeugten Gleichstrom in Wechselstrom umwandeln und ins Netz einspeisen. Dann wird es richtig teuer. Für das, was ich beschreibe, braucht man keinen Wechselstrom. Das kann als Insellösung realisiert werden.

        • Passivhäuser/Minergiehäuser benutzen eine sogenannte kontrollierte Lüftung womit ein automatischer Luftaustausch innen/aussen mittels Wärmetauscher (und evtl. zusätzlich einem Heizmodul) gemeint ist. Ohne eine miteingebaute Luftbefeuchtung bewirkt ein solcher Wärmetauscher trockene Luft. Ein weiteres Problem von Passivhäusern ergibt sich gerade aus dem Vorteil von Passivhäusern: die gute Isoliation mit dem geringen Energieaustausch zwischen innen und aussen bedeutet, dass eine plötzliche Sonneneinstrahlung über Fenster das System aus dem Gleichgewicht bringt und zur Überhitzung führt. Umgekehrt kann ein sonnenloser Tag den Raum zu stark abkühlen. Bis jetzt scheint es keine allgemein akzeptierte Lösungen für diese Probleme zu geben – nicht einmal für das Luftbefeuchtungsproblem. Der NZZ-Artikel Das Klimaproblem diskutiert diese Probleme und endet mit Ratschlägen wie:

          «Wünschenswert wären Gebäude, die gegenüber äusseren Einflüssen und dem Verhalten der Nutzer toleranter sind»

          . Wünschenswert wäre auch, dass das Klima jedes Raumes auch einzeln regelbar, mindestens aber beeinflussbar, sein sollte.

          • In der Raumfahrt ist man eher geneigt, Probleme von vorneherein zu vermeiden, anstatt sie später mit mehr oder weniger konstruktivem Aufwand lösen zu müssen. Beispielsweise würde ich das Problem mit der Sonneneinstrahlung dadurch minimieren, dass über dem Fenster fest angebrachte Sonnenblenden angebracht sind. Steht die Sonne hoch am Himmel, schatten diese die Fensterfläche ab. Im Sommer fällt also außer morgens und abends gar kein Sonnenlicht ins Haus. Im Winter wirken diese Sonnenblenden nicht, aber da braucht man sie auch nicht.

            Bei einem Bürohaus ist die Situation eher einfacher, weil dieses von einer hohen Anzahl Menschen genutzt wird. Das Verhalten und die Wünsche einer Familie lassen sich schwer abschätzen, bei einer großen Gruppe ist das einfacher. Viele Dinge sind zwar bekannt werden aber trotzdem falsch geacht. Es ist beispielsweise so, dass das Problem der Spiegelung auf Bildschirmen offenbar kaum im Bewusstsein von Architekten angekommen ist, bei den Angestellten in Bürohäusern dagegen ziemlich weit oben auf der Meckerliste ist.

            Ein ganz superschlaues System, das überall eingreift, sehe ich sehr kritisch, mal ganz abgesehen vom Bevormundungseffekt. Über die Lebensdauer des Hauses gesehen hat man damit wahrscheinlich Schwierigkeiten.

            Keep it simple and stupid, das ist eine Maxime, der man in der Raumfahrt folgt und auch anderswo folgen sollte. Die Sonne im Sommer draußen und im Winter rein lassen, Luftröhren trocken halten, billige Sonnenenergie für die Raumklimaregelung nutzen, wo es geht und generell den einfacheren Lösungsweg bevorzugen, anstatt alles zentral lösen und regeln zu wollen, das halte ich für den besten Ansatz.

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