Die Mondsichel zwischen zwei Roten am 19.3.2021

Der Westhimmel zur selben Zeit bei klarem Himmel ohne Lichtverschmutzung, simuliert für Darmstadt am 19.3.2021 um 21:00 MEZ

Der Syzygienkönig gibt bekannt: Am Abend des 19.3. sehen wir am Westhimmel die Mondsichel zwischen zwei roten Himmelskörpern, nämlich Mars und dem Riesenstern Aldebaran im Stier. 

Den Anblick werden wir natürlich nur dann zu sehen bekommen, wenn der Himmel klar ist. Genau daran dürfte es wohl auch scheitern. Aber wer weiß, vielleicht reißen die Wolken ja mal kurz auf. 

Die zunehmende Mondsichel und Mars im Stier am Abend des 19.3.2021, hier simuliert für Darmstadt um 21:00 MEZ
Die zunehmende Mondsichel und Mars im Stier am Abend des 19.3.2021, hier simuliert für Darmstadt um 21:00 MEZ, Quelle: Michael Khan via Stellarium

Und hier die Ansicht des Westhimmels zur selben Zeit, ohne Wolken und ohne Lichtverschmutzung, also wirklich rein hypothetisch – aber man wird ja wohl noch träumen dürfen …

Der Westhimmel zur selben Zeit bei klarem Himmel ohne Lichtverschmutzung, simuliert für Darmstadt am 19.3.2021 um 21:00 MEZ
Der Westhimmel zur selben Zeit bei klarem Himmel ohne Lichtverschmutzung, simuliert für Darmstadt am 19.3.2021 um 21:00 MEZ, Quelle: Michael Khan via Stellarium

Und noch was …

Am 11.3.2021 war der zehnte Jahrestag der Erdbeben- und Tsunamikatastrophe in Nordostjapan. In der deutschen Presse wird diese Katastrophe weithin zum “Fukushima-Erdbeben” umgetauft, wie hier in der Tagesschau:

Screenshot vom Webauftritt der Tagesschau am 11.3.2021
Screenshot vom Webauftritt der Tagesschau am 11.3.2021, Quelle: tagesschau.de

Japaner, also diejenigen, die von dem Ereignis besonders betroffen sind und wohl als erste berechtigt sein dürften, die Bezeichnung zu wählen, nennen das Ereignis keineswegs “Fukushima-Erdbeben”, sondern meist Nordostjapan-Erdbebenkatastrophe.

Angesichts der Vielzahl der schwer getroffenen Orte ist die Reduktion allein auf Fukushima vollkommen ungerechtfertigt, auch wenn argumentiert werden sollte, die Präfektur Fukushima sei gemeint. Schwer getroffen wurden auch Städte in der Präfektur Iwate, darunter Rikuzentakata und Miyako und in der Präfektur Miyagi, darunter Kesennuma. Auch weiter südlich und nördlich gelegene Präfekturen wurden schwer in Mitleidenschaft gezogen.

Die Konzentration auf Fukushima hat in deutschen Medien Methode. Es geht ganz offensichtlich gar nicht um die Opfer des Erdbebens oder des Tsunami. Vielmehr soll eine Überleitung zu dem Thema geschaffen werden, dass den betreffenden Journalisten wirklich am Herzen liegt, nämlich die Kernenergie. In geschmackloser Weise werden die Grenzen zwischen dem Reaktorunfall im Kraftwerkskomplex Fukushima-daiichi und der Erdbebenkatastrophe verwischt. Dies geschieht in einer Weise, die man nicht einfach nur mit Unwissenheit erklären kann. Ein krasses Beispiel ist dieser Artikel von Florian Harms auf t-online.de, in dem folgende Grafik zu sehen ist:

Grafik in Artikel "Erschüttert bis ins Mark" von Florian Harms auf t-online.de, erschienen am 11.3.2021 um 08:14
Grafik in Artikel “Erschüttert bis ins Mark” von Florian Harms auf t-online.de, erschienen am 11.3.2021 um 08:14, Quelle: Florian Harms via t-online.de

Das ist nun wirklich unterirdisch! Eine reine Verhöhnung Tausender Opfer der Opfer einer Naturkatastrophe, deren Leid – aus der Sicht der für solche Artikel zuständigen Journalisten – doch lieber eine andere Ursache hätte haben sollen, damit man es besser ausschlachten kann. 

Ich bin erschüttert über die Unverschämtheit, mit denen mal eben einfach so alternative Fakten in den Raum gestellt werden – und auch über das Ausmaß, in dem diese Strategie unwidersprochen bleibt. 

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Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

18 Kommentare

  1. Und noch was …

    Sie sprechen mir damit aus dem Herzen. Ich war im Jahr 2010 eine Zeit lang in Sendai/Japan und bin dort mit dem Fahrrad bis an die Küste geradelt … Im Jahr 2012 war ich wieder dort und meine Gastgeber haben mir den Ort Shinchi-Bahnhof zwischen Soma ( 40 km nördlich von Fukushima Daiichi ) und Sendai gezeigt, ehemals direkt am Meer an der dortigen Bahnstation gelegen …
    Ehemals …
    Es gibt ein Bild direkt nach dem Tsunami, wo im “Bahnhof” ein vom Wasser weggefegter umgestürzter Bahnwaggon liegt. Dort haben die Häuser gewöhnlich keine Keller, sondern sind auf eine Betonplatte gesetzt. Vom ganzen Ort waren nur noch die Betonplatten der Hausfundamente übrig, wie die Schatten der Häuser und Bewohner. Die höchste “Erhebung” war ein zurückgelassener Computermonitor auf einer solchen Betonplatte. Mir standen die Tränen in den Augen.
    Im Kernkraftwerk Daiichi wurden beim Bau sträfliche Fehler gemacht, was den Schutz gegen Tsunamis, was die Platzierung der Notstromaggregate anging, was Wartung und Pflege dieser Gerätschaften anging. Nach dem Tsunami wurden sträflich Fehler durch Nichtstun, durch fehlende Organisation gemacht, was die Begrenzung des Schadens anging.
    Wir werden keine Erdbeben diesen Ausmaßes in Deutschland haben, wir werden keinen Tsunami diesen Ausmaßes in Deutschland haben, aber wir hatten und haben gewiss solche Unzulänglichkeiten wie Pfusch, Bräsigkeit, Schlamperei, Gewöhnung, Nichtbeachtung oder Umgehung von Vorgaben, gegen die man anarbeiten muss.
    Aber diese fanatisch anmaßende aggressive Argumentation, dieser quasi schier religiös anmutende Fanatismus “gegen die Atomkraft”, diese schiefe Argumentation mit “strahlendem Abfall” ( aus meiner Sicht haben wir sowieso schon die größte Menge ‘rumliegen, das bisschen mehr für 20 – 30 Jahre weiteren Betrieb macht den Kohl auch nicht mehr fett ) lässt mich fassunglos zurück.
    Wir wollen keine “Atomkraft”, wir wollen keine “Kohlekraft”, wir wollen keine Windkraftanlagen in Sichtweite ( natürlich nur aus Sorge um die Vögel und Fledermäuse ), wir wollen keine Hochspannungsleitungen in Sichtweite ( natürlich nur aus Sorge vor Schäden durch elektromagnetische Strahlung, und das zwitschern wir mit dem Smartfone ) …
    Was wollen wir denn nun wirklich?

    • Vielen Dank für den Kommentar, Herr Maier. Ich hätte durchaus noch ein paar Punkte zum Verhalten der Betreiberfirma anzumerken, und zwar nicht nur während der Bauphase, sondern noch einige Jahre vor dem Unglück. Aber das gehört meines Erachtens nicht unbedingt hierher. Ich möchte hier nicht wieder eine Diskussion zum Für und Wieder der Kernenergie lostreten, bei der dann dieselben Argumentationsketten abgefeiert werden. die ich bereits anderswo mehrfach gelesen habe.

      Ich habe dediziert auf einen ziemlich eng umrissenen Umstand hingewiesen. Bei dem handelt es sich um ein Versagen des Journalismus. Um das Missbrauchen eines privilegierten Zugangs zu Medienkanälen, wie Journalisten sie nun einmal genießen, zur willentlichen Verbreitung von Falschinformation. Alle Journalisten weisen das weit von sich und gerieren sich ob eines solchen Vorwurfs in höchsten Maße pikiert. Viele sicher zu Recht, aber die andere Sorte gibt es eben auch.

  2. Danke Herr Khan und Herr Meier für die Beiträge. Endlich Sprache, die meine zur
    Hoffnungslosigkeit tendierende Einstellung zum Journalismus, zumindest für den Moment, etwas gemildert hat.

  3. Michael Khan
    15.03.2021, 18:28 Uhr
    Versagen des Journalismus – Missbrauch eines privilegierten Zugangs zu Medienkanälen

    Das sehe ich so nicht, denn es gibt meines Erachtens keine Instanz, die das eine oder andere “gerichtsverwertbar” feststellen könnte, es handelt sich jeweils nur um Meinungen, es ist sehr schwer, irgendetwas “objektiv” festzustellen, im Zusammenhang mit “Gesellschaft” ist es – denke ich – prinzipiell unmöglich. Vielleicht müssen wir das von einer anderen ( zynischen ) Seite her sehen, etwa so “wer bezahlt, der wird bedient”, wenn es genügend Menschen und Gruppen gibt, die eine bestimmte Tendenz der Berichterstattung/Meinungsbildung wünschen, wird es auch genügend “Journalisten” geben, die eben das Klientel bedienen, vielleicht auch, weil sie aus dem Klientel stammen. Im schlechten Fall bildet sich eine Rückkopplung, bis es schrill pfeift. Es ist dabei wohl wie in der Politik, die Politiker entstammen per definitionem “der Mitte des Volkes”, sind also keine “Besseren” oder “besser Wissende”, sondern auch nur so gescheit oder so dumm wie “die Mitte des Volkes”. Es ist scheints nur allgemeiner Konsenz, solchen “Eliten” mehr zuzuschreiben, bei ihnen das als vorhanden zu vermuten, was uns “Normalos” scheints fehlt …

  4. Danke Herr Kahn!
    “In geschmackloser Weise werden die Grenzen zwischen dem Reaktorunfall im Kraftwerkskomplex Fukushima-daiichi und der Erdbebenkatastrophe verwischt.”
    Sie haben vollkommen recht; das ist teilweise nur schwer erträglich…
    Danke für Ihre klaren Worte!

  5. Gerade weil ich Ihren Blog außerordentlich schätze, insbesondere bzgl. der Astro-Hinweise, muss ich Ihnen an dieser Stelle ganz entschieden widersprechen. Des Umfangs wegen möchte ich mich auf die wesentlichen Argumente beschränken.

    Ihrem verallgemeinerten Journalisten-Bashing vermag ich nicht zu folgen. Mit der Behauptung „alternativer Fakten“ bewegen Sie sich aus meiner Sicht, wahrscheinlich unbewusst, in Richtung verschwörungstheoretischer Behauptungen. Dies halte ich für gefährlich, da wir in Deutschland, zumindest im öffentlich-rechtlichen Bereich, aber auch im seriösen Privatbereich insgesamt einen hervorragenden freien und demokratischen Journalismus haben: vielfältig, verantwortungsvoll, unterschiedlichste Sichtweisen beleuchtend, kritisch, meist gut recherchiert, mit differenzierten Darstellungen von Sachverhalten, oftmals mit ausgezeichneter Investigativ-Arbeit. Dies alles trägt unabdingbar und in hohem Maße zu einer funktionierenden Demokratie und zur Erhaltung unserer Freiheitsrechte bei.

    Bestimmte Begriffe wie „Fukushima-Erdbeben“ entstehen nun einmal aufgrund einer besonderen Signalwirkung nach einem besonders eindrücklichen Geschehen, das hier emotional in Fukushima wegen der hinzukommenden Kernschmelze in drei Blöcken von Kernkraftwerken (wohl unbestreitbar eine Nuklearkatastrophe) seinen zentralen Mittelpunkt fand. Solche Schlüsselbegriffe können aber schlechterdings in keiner Weise das dahinter stehende Geschehen auch nur annähernd realistisch spiegeln. Übrigens: Betroffene Gruppen können wohl Bergriffe vorschlagen oder sie für sich benutzen (Nordostjapan-Erdbebenkatastrophe). In einer freien Gesellschaft dürfen diese aber keinesfalls verordnet werden, schon gar nicht im Sinne einer Sprachregelung. Solcher Gruppendruck könnte ansonsten leicht zu bedenklichen und absurden Situationen führen.
    Der von Ihnen erwähnte Artikel auf t-online.de zeigt übrigens zunächst ein Video über die damalige Zerstörung. In der Beschreibung darunter findet sich lediglich der neutrale Begriff “Katastrophe“. Anschließend erfolgt die absolut korrekte Darstellung der Fakten. Es ist die Rede von Tsunami u n d Reaktorunglück und es wird u.a. berichtet, dass 16.000 Menschen durch den Tsunami starben. Von Toten durch das Reaktorunglück ist überhaupt nicht die Rede. Dies gehört unbedingt zum Gesamtbild und wird von Ihnen leider unterschlagen. Erst ganz am Schluss folgt das von Ihnen gezeigte Bild. Und auch dort steht bereits in der zweiten Zeile: „nach Erdbeben und Tsunami“, worauf sich also die Todeszahlen beziehen sollen. Selbst wenn der Dickdruck „Fukushima, die Nuklearkatastrophe“ in der ersten Zeile, zumindest bei eher flüchtigen Lesern, etwas in die falsche Richtung lenken kann, lässt der Artikel im Gesamten keinesfalls den Schluss auf „alternative“ Fakten oder gar eine „Unverschämtheit“ zu, allenfalls auf eine leichte Undifferenziertheit i.V.m einer Grafik, aber erst am Ende einer sonst völlig korrekten Darstellung.

    Dies vermag ich auch bei der sonstigen Berichterstattung hierzu, die ich aufmerksam verfolgt habe, nicht wahrzunehmen. Stets wurden die Toten im richtigen Zusammenhang erwähnt und meines Wissens nie behauptet, dass diese direkt in Verbindung mit der Kernschmelze stünden. Vielmehr wurde darauf verwiesen, dass die Todes- und Krankheitsfälle, direkt durch das Reaktorunglück verursacht, nicht feststünden und weiterhin untersucht würden.

    Direkt im Zusammenhang mit der Jahrestag-Berichterstattung lief beispielsweise die durchaus kritische Doku des WDR: „Ist Deutschland heute sicherer?“

    https://www.youtube.com/watch?v=2tplXdiMIiE

    Auf der Basis der Fukushima Berichterstattung gab es am 11.03.2021 in den Tagesthemen ungewöhnlicherweise nicht nur einen, sondern sogar zwei Kommentare: pro und contra Atomkraft. In seinem Pro-Plädoyer stellte der Kommentator Thomas Berbner wörtlich fest: „Aus Fukushima konnte man vor allem eines lernen, dass es unverantwortlich war, die Kernreaktoren in einem Erdbebengebiet direkt ans Meer zu bauen und die Notstromaggregate gleich mit.“ Anschließend bezeichnet er es als Fehler, dass seinerzeit die Kernkraftwerke in Deutschland über Nacht abgeschaltet und schmutzige Kohlekraftwerke hochgefahren wurden.

    https://www.facebook.com/tagesschau/videos/784427072457745/

    Ich denke daher, dass es völlig unangebracht erscheint, auch nicht in diesem begrenzten Bereich, von einer insgesamt bewusst tendenziösen Berichterstattung auszugehen.

    • Sehr geehrter Herr Schwald, es freut mich, dass Sie zumindest die Astro-Hinweise in meinem Blog lesenswert finden.

      Das ist ja schon einmal tröstlich für mich, jedoch kann ich nicht umhin, Ihnen zu versichern, dass in meine Artikel technischer Natur sehr viel Recherchearbeit und auch einiges Nachrechnen und Eigenleistung einfließt. Beispielsweise habe ich mich ausführlich der Erläuterung von Fachbegriffen und Zusammenhängen im Zusammenhang mit dem Unglück im Komplex Fukushima Daiichi gewidmet, unter anderem auch deswegen, weil im Frühjahr 2011 die wenigsten Journalisten auch nach wochenlanger, intensiver Berichterstattung verstanden hatten, wofÜr der Begriff “GAU” überhaupt steht – was aber niemanden daran gehindert hat, mit dem Kürzel um sich zu werfen. Ferner habe ich mich ausführlich mit Sicherungsmaßnahmen in einem anderen Kernkraftwerkskomplex in Japan, dem in Hamaoka, auseinandergesetzt.

      Was nun die Lanze angeht, die Sie für den deutschen Journalismus brechen und insbesondere Ihr Eintreten für den Artikel von Florian Harms auf t-online.de: Es nimmt mich wunder, dass Sie in diesem Zusammenhang von einer “vollkommen korrekten Darstellung sprechen”. Im dritten Absatz sind zwar Faktoide aufgelistet, die ich allerdings reichlich plakativ und wahrlich nicht besonders erhellend finde: “Über dem Atomkraftwerk stand eine Rauchsäule, in drei von sechs Reaktoren schmolzen die Kerne, die ganze Region wurde verstrahlt.”

      Wesentlich ist dann aber die so genannte “Infografik”. Ich verlinke sie hier noch einmal, habe sie aber auch auf meiner Festplatte gespeichert, falls der t-online Artikel verschwinden sollte oder geändert wird. Das ist nicht nur eine kleine Nebensache im Artikel. Das ist ein zentraler Punkt. Nach Größe und Aufmachung fasst das die zentrale Aussage des Artikels zum Thema Fukushima-Unglück zusammen. Das ist, was ein Leser, der es nicht besser weiß, aus diesem Artikel mitnimmt.

      Ich bitte jeden, einfach mal auf den Link zu klicken und diese Grafik unvoreingenommen auf sich wirken zu lassen.

      Also, die fett gedruckte Überschrift ist “Fukushima, die Nuklearkatastrophe“. Darunter, kleiner, “nach Erdbeben und Tsunami am 11. März 2011”. Darunter 159 große schwarze Kreuze, darin magentafarben: 15899 Tote. Unter den Kreuzen die Zahl der Verletzten und der Vermissten. Darunter eine vollkommen sinnlose Grafik, die stilisiert die Erdkugel darstellt, von der aus nach rechts, in Richtung des dort abgebildeten Japan sich Erdbebenwellen durch das Weltall fortpflanzen, mit dem Text “Stärke des Erdbebens auf der Richterskala: 9.1”. Rechts daneben eine Grafik von Japan mit dem magentafarben markierten Standort von Fukushima daiichi un einem Text, der den Radius der Evakuierungszone nennt. Darunter ein Balken mit der Anzahl der evakuierten Menschen 2012 und 2020 (Gemeint ist wohl die Anzahl der umgesiedelten Menschen, denn 2021 oder gar 2020 wurde meines Wissens niemand mehr evakuiert). Und darunter noch eine als Pyramide dargestellte INES-Skala, auf der dieses Unglück die höchste Kategorie 7 erreicht. Also mehrfaches Insistieren auf dem Reaktorunglück an unterschiedlichen Stellen, die die Opferzahlen einrahmen und einen Zusammenhang implizieren.

      Wie gesagt, das ist die zentrale Zusammenfassung in diesem Artikel zu den Geschehnissen vom 11.3.2011, nicht nur eine kleine Grafik am Rande. Was kommt da wohl für ein Eindruck zustande, wenn man so etwas sieht und sich nicht anderswo schon besser informiert hat? Ich finde, das ist wirklich ein Hammer. Wenn jemand so etwas gutheißt oder schönredet, dann fehlt mir dafür jegliches Verständnis.

      Ich habe jetzt alles zum Thema gesagt und schließe meine Kommentierung des Themas hiermit ab.

      • Sehr geehrter Herr Khan,

        zur Klarstellung und um Missverständnissen vorzubeugen, noch einige auch von mir abschließende Bemerkungen.

        1) Als Hobbyastronom schätze ich natürlich Ihre Astro-Hinweise besonders, nicht aber „zumindest“, denn als genauso wertvoll betrachte ich Ihre wissenschaftliche Expertise. Überhaupt keine Frage! Gerade deswegen erschien mir aber die Darlegung meiner konträren Position wichtig.

        2) Journalistische Artikel sind ja in der Regel keine wissenschaftlichen Arbeiten, zumal sie oft unter großem Zeitdruck im Tagesgeschäft entstehen. Sie dürfen und sollen m.E. durchaus auch Plakatives und Emotionales enthalten, wenn sie sich sonst an Fakten orientieren. Selbstverständlich müssen sie immer auch kritisch betrachtet werden. Das habe ich gegenüber der Grafik schon eingeräumt. Es ist durchaus möglich, diese als grenzwertig zu betrachten. Aber mit einer wissenschaftlichen Einstellung, der auch ich konsequent folge, muss immer das Gesamtbild betrachtet werden. Es geht also nicht, einen wesentlichen Teil eines Artikels auszublenden, ohne dass dies zu Verkürzungen und Fehlinterpretationen führen würde. Auch sollte nicht per se Böswilligkeit unterstellt werden. Abgesehen mal von der Regenbogenpresse und einigen auch sonst bisweilen zugegebenermaßen zweckgerichteten Betrachtungen. Im Rahmen eines Gesamtbildes gibt es jedoch durchaus differenzierte journalistische Sichtweisen. (Ich hatte 2 Beispiele genannt).

        3) Die Freie Presse ist eine wichtige Säule unserer Demokratie, der wir viel zu verdanken haben (jüngstes Beispiel: Aufdeckung der Maskenaffäre). Viele in der Welt beneiden uns darum. Sogar wenn wir auf einige so genannte demokratische Länder blicken wie Polen, Ungarn, Russland oder die Türkei. Für mich ein hohes schützenswertes Gut. Kritik, auch manchmal in scharfer Form, ist dennoch erforderlich, sollte aber nicht in einen grundsätzlichen Verdacht auf allgemeine gezielte Faktenverfälschung münden.

        4) Letztlich hoffe ich, dass auch Sie meine Sicht aus einem anderen Blickwinkel verstehen können, zumal journalistische Artikel keine absolute Objektivität abbilden, sondern immer interpretierbar bleiben. Somit wollte ich auch nichts „schönreden“, sondern einfach meine Sichtweise erläutern, in Orientierung an dem von Ihnen eingeführten Beispiel.

        Im Übrigen konnte ich die Konstellation Aldebaran, Mondsichel, Mars gestern Abend von hier aus wunderbar genießen. Vielen Dank für den Tipp!

        • Sehr geehrter Herr Schwald

          Offenbar werden wir uns zum betreffenden journalistischen Beitrag nicht mehr einig. Meine Position habe ich ausführlich dargestellt. Was für einen noch als “grenzwertig” durchgeht, ist für den anderen schon vollkommen inazeptabel. Was für den einen als einfache Darstellung der Sichtweise erscheint, ist für den anderen bloßes Schönreden.

          Übrigens weise ich darauf hin, dass auch eine mehrfach abgegebenene, ausführliche Erklärung eines weithin bekannten und offensichtlichen Sachverhalts (wie z.B. der unbestrittenen Tatsache, dass eine freie Presse ein hohes Gut darstellt), durchaus als beleidigend wirken kann. Denn wer so ausführlich eine so offenkundige Sache erläutert, nimmt offensichtlich an, dass der Gegenüber dies alles nicht weiß und deswegen die Erklärung braucht. Ich muss davon ausgehen, dass Ihnen das sehr wohl bewusst ist.

  6. Journalismus:
    Unangemessene “Zusammenfassungen” in den Medien bemerkt man meistens nur, wenn man selbst über direkte Information oder Einsicht verfügt. Schmerzhaft. Ich hoffe aber, dass viele Redaktionen “Fakten-Checks” machen.

    Zur Überschrift:
    Heute ist die Beobachtung gelungen. Mars, Mond und Aldebaran in einer Reihe. Ich musste ziemlich genau hingucken, denn der Mond war sehr hell ggü. den Himmelskörpern in ungefähr gleicher Blickrichtung. Ohne die Ankündigung hier im Blog hätte ich diese enge “Begegnung” evtl. übersehen.
    Bis zur nächsten Syzygie.

  7. Sehr geehrter Herr Khan,

    ich darf Ihnen versichern, dass es mir um eine rein sachliche Auseinandersetzung geht. Sollte ich ohne Absicht persönliche Gefühle Ihrerseits verletzt haben, entschuldige ich mich dafür hiermit bei Ihnen. Nicht umsonst folge ich seit Jahren Ihrem g e s c h ä t z t e n Blog, wie ich wiederholt betonte habe.

    Es geht mir im Kern um eine Sache, die mir besonders am Herzen liegt und mir außerordentlich bedeutsam erscheint. Nur deshalb engagiere ich mich hier besonders.

    Um weiteren Missverständnissen vorzubeugen, formuliere ich jetzt in vorsichtiger Frageform. Dabei lasse ich bewusst den Artikel von Herrn Harms außer Acht, der ja nur aufgrund Ihrer Zitation besonderer Gegenstand war.

    Ist es richtig, dass die Konzentration auf Fukushima in den deutschen Medien Methode hat, in dem Sinne, dass es nicht um die Opfer ginge sondern um die Überleitung zum Thema Kernenergie? Lässt sich dies in solcher Allgemeinheit feststellen? Gibt es auch andersgeartete Berichterstattung?

    Könnte meine Referenz auf die Freie Presse dazu gedient haben, auf die diesbezügliche Gefahr von Pauschalisierungen zu verweisen, nicht jedoch von durchaus gerechtfertigten Einzelkritiken?

    Würden Sie mir zustimmen, dass es zumindest in weiten Teilen der öffentlich-rechtlichen Medien überwiegend gute, seriöse und sachgemäße Berichte zum Jahrestag des Ereignisses gab?

    Zuletzt möchte ich nochmals auf meine exemplarischen Links im ersten Kommentar verweisen. Bitte schauen Sie sich auch den unten verlinkten Bericht der von Ihnen ebenfalls kritisierten Tagesschau (ca.5 Minuten) vom 11.03.2021 an. Hätten Sie sich den Bericht noch objektiver und sachgemäßer vorstellen können?

    (Link)

    Ganz herzliche Grüße!

    • Sehr geehrter Herr Schwald,

      Bitte nehmen Sie davon Abstand, mich hier mit Links zu Medienartikeln zu überschütten. Selbstverständlich ist mir der Beitrag zum 11.3.2021 in der Tagesschau bekannt, denn ich habe selbst darauf Bezug genommen. Ich finde an dem Beitrag einiges kritikwürdig. Bereits nach 25 Sekunden ist die Rede vom “[…] Atomkraftwerk Fukushima, das durch den Tsunami weitgehend zerstört wurde.” Das ist eine glatte Falschmeldung. Zu diesem Thema empfehle ich die Lektüre des Abschlussberichts der Gesellschaft für Reaktorsicherheit vom März 2015. Lesenswert ist auch der Abschlussbericht der vom japanischen Parlament einberufenen Untersuchungskommission zum Ablauf und vor allem der tieferen Ursachen des Unglücks. Oder auch schon der Wikipedia-Artikel zum Thema. Es ist schlicht nicht richtig, dass der Tsunami (oder gar das Erdbeben, wie auch behauptet wird), den Kraftwerkskomplex “weitgehend zerstört” haben.

      Richtig ist, dass das schwere Erdbeben der Stärke 9.1 den Kraftwerkskomplex nicht nennenswert beschädigte und der Tsunami zwar Schäden bewirkte, aber keineswegs die Anlage “weitgehend zerstörte”. Allerdings unterbrach des Erdbeben die externe Stromversorgung des Kraftwerkskomplexes und der Tsunami setzte die Frischwasserzuführung außer Betrieb und überschwemmte nicht ausreichend gesicherte Räume, in denen Notstromaggregate und ein Großteil der Notstrombatterien untergebracht waren. Durch den Ausfall der Stromversorgung war die Leitwarte des Komplexes stromlos und die Kühlung fiel aus. Die drei Kraftwerksblöcke, die in Betrieb waren, hatten beim Erdbeben durch Reaktorschnellabschaltung sofort und automatisch die Kettenreaktion unterbrochen, aber wegen des Kühlungsausfalls kam es in den darauffolgenden Tagen zur Kernschmelze. Nicht der Tsunami zerstörte die Kraftwerke, die Kraftwerke zerstörten sich selbst – spektakulär durch Wasserstoffexplosionen in den Tagen vom 12-15.3.2011, da war die Kernschmelze schon eingetreten. Hauptursache der Katastrophe ist, dass die Betreiberfirma (siehe verlinkter Bericht der Untersuchungskommission) bereits Jahre vor dem Tsunami angemahnte Verbesserungen der Sicherheit, die genau diese Punkte explizit anmahnten, einfach nicht umsetzte.

      All dies ist seit Jahren bekannt – dennoch behauptet die Tagesschau, immerhin die meistgesehene Nachrichtensendung im Deutschen Fernsehen, noch im Jahre 2021, in einem Beitrag, der keineswegs unter Zeitdruck entstand, das Kraftwerk sei “vom Tsunami zerstört worden.” Wirklich nur Ignoranz … oder nicht doch Absicht?

      Die Frage ist nicht etwa eine unwichtige Nebensache. Wäre es wirklich so, dass der Tsunami das Kraftwerk zerstörte, dann hätte man dort nie bauen dürfen. Richtig ist aber, dass der Verzicht auf leicht durchzuführende bauliche Maßnahmen, deren Kosten im Vergleich zu den Folgen der Katastrophe vernachlässigbar gering gewesen wären, zum Unglück führte. Das ist eine ganz andere Problematik, von der wir in den Allgemeinmedien nicht sehr viel lesen. In Publikationen wie Spektrum dagegen schon, nur erreichen diese bei weitem nicht so viele Menschen wie die Tagesschau.

      Zum Punkt des erwähnten kontaminierten Kühlwassers unterschlägt die Tagesschau die Tatsache, dass es sich dabei um gefiltertes Kühlwasser hält. Zwar wird nachher richtigerweise erwähnt, dass das Wasser tritiumhaltig ist, aber “kontaminiertes Wasser” erweckt ja erst einmal andere Assoziationen, auch beim Sprecher im Studio.

      Ein guter, informativer, ausgewogener Medienbericht hätte an dieser Stelle nicht nur erwähnt, dass auch andere Kernkraftwerke tritiumhaltige Abwasser verklappen, sondern, dass die Einleitung des gefilterten, tritiumhaltigen Abwassers aus Fukushima ins Meer nach Ansicht von Wissenschaftlern, auch von deutschen Wissenschaftlern, die nicht der japanischen Industrie und Regierung verpflichtet sind, keine Gefahr darstellt. Das Problem der Fischer in Japan ist, dass die japanischen Kunden wie schon beim Obst den Fisch aus der Region verschmähen könnten, auch wenn es dafür keinen objektiven Grund gibt. Also ein Marketing-Problem. Offenbar bevorzugt die Tagesschau aber die Darstellung von “kontaminierten Wasser”, das von der Regierung im Meer entsorgt werden soll. Formal ist das nicht falsch, die Einseitigkeit liegt in dem, was explizit nicht erwähnt wird.

      Finden Sie, das geht so in Ordnung? War Ihnen das alles bekannt?

      War Ihnen beispielsweise bekannt, dass selbst ein so altes Kernkraftwerk ein Erdbeben der Stärke 9 ohne schwere Beschädigungen überstanden hat? Und nicht nur Fukushima daiichi, sondern auch drei andere Kraftwerkskomplexe im betroffenen Gebiet in Betrieb waren: Fukushima daini, Oi und Onagawa (das Kernkraftwerk, das dem Epizentrum am dichtesten war)? Dass keines anderen dieser Kraftwerke schwere Schäden davontrug? Wenn nein, sind Sie nicht der Meinung, dass dies und das oben erwähnte doch eigentlich wichtige Punkte sind? Und in diesem Fall: Haben Sie sich nie gefragt, warum das kaum jemand weiß?

      Oder andersherum gefragt: Wenn Ihnen das alles bekannt war, weil Sie darüber ausreichend in den Medien informiert wurden, wie um alles in der Welt gelangen Sie dann zu der Einschätzung, die Tagesschau habe in Ihrer Berichterstattung am 11.3.2021 gute Arbeit geleistet?

      Aus ihrer mangelnden Bereitschaft, die Fehlleistung von Florian Harms als solche anzuerkennen, schließe ich, dass Sie im Wesentlichen seiner Meinung sind, was die Nutzung der Kernenergie angeht. Nun gut, man neigt dazu, Leuten einen Bonus zu geben, die im Grunde derselben Meinung sind wie man selbst. Es ist eine menschliche Eigenart, dass man die eigene Meinung bestätigt sehen möchte. Des weiteren muss ich ganz einfach mal sagen – mir scheint es so, als rührt Ihre höhere Zufriedenheit als meine mit der Berichterstattung daher, dass Sie geringere Ansprüche an die Qualität stellen als ich. Bitte nehmen Sie mir das nicht krumm – ich beschreibe hier einfach meinen Eindruck.

      Mir selbst wäre es lieber, ich werde einfach nur informiert, ohne Versuch der Einflussnahme. Meine Meinung bilde ich mir dann schon selbst. Vielleicht bin ich in dieser Hinsicht etwas eigen, aber so sehe ich das halt.

      • Sehr geehrter Herr Khan,

        vielen Dank für Ihre ausführlichen Hinweise, denen ich in Ruhe nachgehen werde. Da wir uns ansonsten in der Thematik wohl kaum näher kommen, möchte ich es dabei bewenden lassen.

        Nur eines noch:
        Ein “Überschütten” vermag ich bei der Angabe von gerade einmal drei Links, um eigene Aussagen zu belegen, beim besten Willen nicht zu erkennen, weder an und für sich noch im Vergleich zur Anzahl der von Ihnen angeführten, wie ich meine, auch durchaus notwendigen Quellenangaben.

        • Ihre Anmerkung zum “Überschütten” ist durchaus berechtigt, Herr Schwald. Damit wollte ich mich eigentlich auf die Zukunft beziehen – in dem Sinne, dass es nicht notwendig ist, mir jetzt detailliert Links zu anderen journalistischen Beiträgen zu senden, um mich von deren Qualität zu überzeugen. Damit würden Sie bei mir offene Türen einrennen.

          Ich weiß, ich hätte das auch anderes schreiben können und sollen … aber es war spät und ich war müde, da habe ich nicht mehr geschaut, was ich ganz am Anfang geschrieben hatte. Mein Kommentar war ohnehin schon etwa drei Mal so lang geraten, wie ich vorgesehen hatte.

  8. Zitat:

    Die Konzentration auf Fukushima hat in deutschen Medien Methode. Es geht ganz offensichtlich gar nicht um die Opfer des Erdbebens oder des Tsunami. Vielmehr soll eine Überleitung zu dem Thema geschaffen werden, dass den betreffenden Journalisten wirklich am Herzen liegt, nämlich die Kernenergie.

    So ist es. Und es ist nicht schwierig, dieses Verhalten vieler Journalisten zu erklären: Für viele Journalisten ist die Atomkraft der Inbegriff des Gefährlichen, ja geradezu Teuflischen. Sie fühlen deshalb eine innere Verpflichtung die Atomkraft zu verteufeln und das am besten an konkreten Beispielen, an Beispielen wo tausende starben, denn Atomkraft kann in ihren Augen genau das bewirken: den Tod Tausender. Dass der AKW-Unfall in Fukushima eben nicht tausende getötet hat, das kann man dadurch kompensieren, dass man die tausenden von Erdbeben und Tsunami-Toten von damals in den Zusammenhang mit dem AKW-Unfall stellt.

    Dabei haben AKWs unzählige Vorteile gegenüber anderen Energieerzeugungsanlagen. Sie verbrauchen wenig Land, wenig Baumaterial und wenig Ressourcen. Sie können neben Strom auch Wärme für Fernheizungen und für die Industrie liefern (mindestens neue Typen). AKWs kommen such ohne Stromspeicher und ohne tausende von Kilometern Leitungskabel aus.

    Übrigens: Gerade steigt der Kupferpreis unaufhaltsam. Grund: Elektroautos benötigen 3 Mal soviel Kupfer wie konventionelle Autos und Windfarmen sind geradezu Grossverbraucher von Kupfer. Allein schon der Ressourcenbedarf vieler Erneuerbarer Energien machen es absolut unmöglich, in 20 Jahren weltweit aus den konventionellen Energien auszusteigen und allein auf Erneuerbare umzusteigen. Fachleute wissen das, aber in der breiten Bevölkerung fehlt dieses Wissen weitgehend. Auch darum, weil Journalisten so etwas lieber verschweigen.

    • Ihr Vorwurf an die betreffenden Journalisten ist schon heftig. Es gibt sicher solche, auf die das zutrifft – wobei die Abneigung sich oft nicht nur gegen die Kerntechnik richtet, sondern beispielsweise auch gegen die biomedizinische Forschung, die Gentechnik oder wie Weltraumforschung.

      Bereits vor 10 Jahren kritisierte ich Aussagen des damals von den Medien als Experte herumgereichten Sebastian Pflugbeil. Der durfte damals, weitgehend unwidersprochen, Behauptungen zum besten geben wie hier auf n-tv am 16.3.2011, wo er behauptete, die aktuellen Sicherungsmaßnahmen seien sinnlos und forderte, man solle das Personal abziehen und die Anlage in Fukushima sich selbst überlassen.

      Mit dabei auf n-tv war damals Edmund Lengfelder, heute als Leugner des menschengemachten Klimawandels bekannt. Der sagte im n-tv-Interview den Tod von der Hälfte der dort eingesetzten Menschen innerhalb der nächsten Wochen nach nur 12 Stunden Aufenthalt im Bereich der havarierten Anlage voraus.

      Jetzt können wir solche Aussagen an der 10 Jahre später bekannten Realität erden und sie entsprechend einordnen. Schon die Auswahl der eingeladenen Interviewpartner gibt die Ausrichtung eines Nachrichtenbeitrags vor.

      • @Michael Khan: Journalisten sind gar nicht selten nur Verstärker einer Meinung, die bereits weit verbreitet ist – mindestens verbreitet im Milieu in dem Journalisten verkehren. Deshalb sehe ich die Berichterstattung über Fukushima, welche diesen Unfall zum Menetekel einer an und für sich gefährlichen und unerwünschten Technologie macht, lediglich als Symptom einer tief verwurzelten Angst gegenüber der Atomtechnologie.

        Fukushima hat tatsächlich weltweit alte Ängste wiedererweckt. Sogar viele Chinesen sorgten sich wegen der ihr Festland erreichenden, im Meer treibenden Radioaktivität (was angesichts der Verdünnung irrational ist) und China sistierte sein eigenes AKW-Programm für mehrere Jahre.

        Eine realistische Einschätzung müsste heute wohl zu folgendem Schluss kommen: AKW-Unfälle wie in Fukushima geschehen, können tatsächlich ein sehr grosses Gebiet für längere Zeit unbewohnbar machen, doch bei AKW-Anlagen wie Fukushima bleibt genügend Zeit um die Bevölkerung zu evakuieren, so dass eine unmittelbare Lebensgefahr nur für die Allerwenigsten besteht. Doch selbst diese Aussagen, die sehr grosse Unfälle nicht ausschliessen, gelten nur für AKWs alten Stils wie sie in Fukushima gebaut wurden. Meiner Meinung nach sollten keine solche AKWs mehr gebaut werden, sondern nur noch AKWs bei denen Unfälle ein viel kleineres Gebiet verseuchen und wo unter allen denkbaren Umständen viel weniger Radioaktivität austritt. Der früher verfolgte Ansatz, AKWs so zu Festungen aufzurüsten, dass es Unfälle mit Austritt von Radioaktivität angeblich nur alle paar Millionen Betriebsjahre gibt, war von Beginn weg falsch. Denn Unfälle gibt es mit jeder potentiell gefährlichen Technologie, egal welche Vorkehrungen man trifft. Sogar Windräder können herunterfallen und Leute erschlagen. Doch Unfälle sollten möglichst begrenzte Auswirkungen haben. Dass gelegentlich ein Flugzeug vom Himmel fällt, lässt sich noch verkraften, dass ein Flugzeugunfall aber einen ganzen Flughafen zerstört, das sollte nicht vorkommen und eine Flugzeugtechnologie, die das nicht ausschliessen kann (z.B. wegen Treibstoff der das Flugzeug zum Explodieren bringen kann), sollte gar nie zur Anwendung kommen.

        AKWs der Generation 3 sind bereits um vieles sicherer als Fukushima-Reaktoren und können Radioaktivität im Falle eines Unfalls für längere Zeit zurückhalten selbst wenn die Kühlung vollkommen ausfällt und die meisten AKWs der vierten Generation haben sogar rein passive Sicherheitstechnologie: sie fahren bei kritischen Betriebszuständen von selbst herunter und/oder verfügen über Brennstoff, der selbst wenn er austritt, nicht in den Boden versickert, sondern sich verfestigt.

        Dann hätten wir noch das Problem des radioaktiven Abfalls. Doch dieses Problem ist gar nicht so gross, wie uns viele weismachen wollen, denn weltweit gibt es heute weniger als 1/2 Million Tonnen hochradioaktiven Abfalls. Das hätte in 2 grossen Öltankern Platz. Einige zukünftige AKWs können wohl verbrauchten radioaktiven Abfall als Brennstoff verwenden. Bis diese einsatzbereit sind, ist wohl die Zwischenlagerung über viele Jahrzehnte die beste Lösung.

        • Das ist weitgehend eine ganz andere Diskussion. Richtig ist in der Tat, dass die betreffenden Journalisten, die unbewusst oder gar absichtlich Falschmeldungen oder verfälschende Vereinfachungen von Sachverhalten publizieren, um Ideen, denen sie selbst anhängen, Vorschub zu leisten. Das geschieht nicht gerade selten – nicht nur im Themenkomplex Kernenergie, sondern beispielsweise auch zu den Themen Homöopathie, traditionelle chinesische Medizin, Gleichberechtigung, Gentechnik, Pflanzenschutzmitteln und noch einigen anderen mehr.

          Da auch in der Leserschaft die meisten zufrieden sind, wenn sie ihre Meinung bestätigt sehen, gibt das meist kein direktes Problem. Allerdings ist die Vorgehensweise schon deswegen bedenklich, weil diejenigen Journalisten, die so etwas machen, allen denen im Lande, die die Presse generell der Lüge bezichtigen, weil ihnen die Berichterstattung zu ihrem Lieblingsthema nicht passt, gleich Argumente frei Haus liefern.

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