Hokuspokus in der Wissenschaftsstadt
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Seit 1997 schmückt sich die Stadt Darmstadt mit dem Beinamen “Wissenschaftsstadt”. Dazu fühlt sie sich wohl dank der dort ansässigen Forschungseinrichtungen berechtigt, darunter GSI, einige Institute der Fraunhofer-Gesellschaft, Eumetsat und ESOC. Ich meine allerdings, eine Wissenschaftsstadt erkennt man an anderen Dingen, vorrangig an der Wertschätzung, die den Wissenschaften dort in der Öffentlichkeit entgegengebracht wird.
Das Programm der Volkshochschule Darmstadt ruft bei mir als wissenschaftlich interessiertem und denkendem Menschen allerdings eher Stirnrunzeln hervor. Unter dem Sachgebiet “Gesundheitsbildung” bieten dort die Heilpraktikerinnen Kerstin Braungardt und Claudia Buchenauer kostenpflichtige “Infoabende” und Kurse mit folgenden Titel an:
- Qi, Yin und Yang in der Traditoinellen Chinesischen Medizin (TCM) (Infoabend, 12 Euro)
- Die 5 Wandlungsphasen in der Traditionellen Chinesischen Medizin (Infoabend, 12 Euro)
- TCM und Diabetes (Infoabend, 12 Euro)
- TCM und Fibromyalgie (Infoabend, 12 Euro)
- Die homöopathische Hausapotheke (3 Abende, 22 Euro)
- Homöopathie bei Allergien (2 Abende, 14 Euro)
Vorab: Was ein Heilpraktiker ist, wie man es wird, und was ein Heilpraktiker können muss (nicht viel, kann ich Ihnen gleich vorab sagen) lesen Sie u.a. hier – wenn man tatsächlich seine Gesundheit und die seiner Kinder solchen Leuten anvertrauen will, finde ich das bemerkenswert … und beängstigend.
Generell: TCM und Homöopathie genießen in weiten Teilen der Bevölkerung erhebliches Ansehen. Wenn man aber nachfragt, stellt man schnell fest, dass die Wenigsten, die das alles ganz toll finden, auch einigermaßen zutreffend beschreiben können, worum es dabei eigentlich geht. Meist wird Homöopathie mit “Naturmedizin” gleichgesetzt, also mir Wirkstoffen aus der Natur, die ja vermeintlich prinzipiell schonender und sicherer sein sollen als die “Chemiekeule”, wie sie angeblich immer gleich von “der Schulmedizin” oder gar “der Apparatemedizin” gezückt wird.
Danach kommt dann gleich das Modewort “ganzheitlich”, das allerdings – typisch für Modebegriffe wie auch “nachhaltig” oder “schonend” – so vage und breitgetreten ist, dass es alles und damit gar nichts besagt.
Zunächst einmal stimmt selbst diese Annahme zur Naturmedizin schon einmal nur bedingt: Curare, Akonitin, Digitalis, Morphin, Nikotin, um nur einige Wirkstoffe der Natur zu nennen, sind hochwirksam und nicht unbedingt “schonend”. “Natürliche Wirkstoffe” wurden und werden im Übrigen sehr wohl auch von “der Schulmedizin” eingesetzt, eigentlich schon immer. Also ist die Trennung zwischen “Naturmedizin” und “Schulmedizin” auch gar nicht gerechtfertigt.
Aber das ist gar nicht der wesentliche Punkt, denn die Zurechnung der Homöopathie zur Naturmedizin ist schlicht unzutreffend. Bei der Homöopathie handelt es sich einfach um ein Konvolut offensichtlich absurder Thesen, die nicht plausibel sind und sich der wissenschaftlichen Nachweisbarkeit entziehen. Diese Thesen führen zu Behandlungen, die gar keinen therapeutischen Effekt haben können, der über den bloßen Placebo-Effekt hinausgeht. Die Methode, um die Wirksamkeit einer Therapie festzustellen, ist die Doppelblindstudie, bei der weder Versuchspersonen noch Durchführende wissen, welche Gruppe den zu testenden Wirkstoff und welche das Placebomittel erhielt.
Dass der Placebo-Effekt funktioniert, ist vollkommen unbestritten. Wie er genau funktioniert, ist unbekannt. Aber dass er funktioniert, und zwar um so besser, je überzeugender die Wirkung des verabreichten wirkstofffreien Mittels propagiert wird, kann niemand in Abrede stellen. Wenn aber bei einer Behandlungsmethode in Test um Test kein Therapieerfolg nachgewiesen werden kann, der über den Placebo-Effekt hinausgeht, dann muss man sich irgendwann einmal der Tatsache stellen, dass es sich bei dieser Behandlungsmethode um Humbug handelt. Dies trifft – man muss es mal so hart sagen – auf die Homöopathie zu.
Homöopathie ist Humbug.
Von denen, die trotzdem an sie glauben, wird es einen harten Kern geben, der einfach auf wissenschaftliche Nachweismethoden pfeift und es vorzieht, was ja sein gutes Recht ist, an unbewiesene und unplausible Thesen zu glauben. Die Mehrheit der Leute, die die Homöopathie positiv sehen, wissen aber gar nicht wirklich, worum es sich handelt. Das kann man niemandem zum Vorwurf machen. Es steht ja in den Medien fast ausschließlich haarsträubender Unsinn zum Thema, und mittlerweile sind auch Apotheken und sogar Ärzte und Krankenhäuser auf den Zug aufgesprungen. In deutschen Apotheken muss man heutzutage schon dediziert nachfragen, weil einem sonst ganz offen und frech homöopathische “Medikamente”, also destilliertes Wasser, Globuli, Schüsslersalze ohne weiteren Hinweis als echte Medikamente verkauft werden. In deutschen Geburtskliniken, zumindest in denen der Wissenschaftsstadt Darmstadt, wird mit der Bach-Blüten-Therapie geworben, ohne dass dabei einer rot vor Scham wird. Die Heilpraktiker, deren Qualifikation Sie spätestens jetzt einschätzen können, sind natürlich schon lange da, teils mit eigenen Praxen in Krankenhäusern oder Ärztehäusern.
Kaum verwunderlich, denn es steckt sehr viel Geld in homöopathischen Behandlungen und “Medikamenten”, bei gleichzeitig geringstem Risiko – finanziellem Risiko für die Hersteller, meine ich. Forschung, klinische Testreihen, aufwändige Genehmigungsverfahren – all das spart man sich, aber der Rubel rollt trotzdem, und wie. Das ist fast schon eine Lizenz zum Gelddrucken.
Aufklärung und kritische, aber unvoreingenommene Information zum Thema ist ganz offensichtlich bitter notwendig. Heilpraktiker, also die, die mit dem unkritischen und uninformierten Glauben an diesen Unsinn ihr Geld verdienen, sind aber ganz sicher nicht die, die von einer Volkshochschule mit der Vermittlung dieser Infromation beauftragt werden sollten. So macht man wohl eher den Bock zum Gärtner. Wer ohnehin schon mit Hokuspokus von der Gutgläubigkeit und mangelnden naturwissenschaftlichen Allgemeinbildung der Bevölkerung profitiert, sollte nicht auch noch im Rahmen einer öffentlichen, steuerbezuschussten Einrichtung für sein Geschäftsmodell werben dürfen.
Was von der “Information” zu halten ist, die in diesen vhs-Kursen vermittelt werden wird, zeigen die Kursbeschreibung im Programmheft, aus denen ich im Folgenden wörtlich zitiere:
Menschen, Pflanzen, Mineralien, alle und alles sind vom Qi durchströmt. Je reiner das Qi ist, das wir aufnehmen, desto gesünder sind wir. Je freier das Qi fließt, desto vitaler sind wir (Kerstin Braungardt in der Beschreibung “Qi, Yin und Yang in der TCM”. Dass es keinerlei wissenschaftlich verifizierbaren Hinweis auf die Existenz eines solchen Qi gibt, hindert die Autorin keineswegs daran, solche fundamentalen Behauptungen so hinzustellen, als seien es erwiesene Fakten.)
Ein Grundpfeiler der chinesischen Philosophie simd die 5 Wandlungsphasen oder 5 Elemente: Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser. Jede verkörpert typische Qualitäten. […] Lernen Sie die 5 Wandlungsphasen und Ihre Beziehung untereinander kennen und welche Anwendung sie in der Diagnostik als auch in der Therapie von Krankheiten iin der Traditionellen Chinesischen Medizin finden (Kerstin Braungardt in der Beschreibung von “Die 5 Wandlungsphasen in der TCM”. Nach kritischem Abstand klingt das nun nicht wirklich.)
Homöopathie wird immer beliebter [….] Auf der einen Seite sind diese Mittel sanft und frei von Nebenwirkungen, weil die den Körper anregen, selbst zu reagieren. Auf der anderen Seite ist Homöopathie auch eine machtvolle Medizin, die tiefgreifende Störungen beheben kann. (Claudia Buchenauer in der Beschreibung von “Die homöopathische Hausapotheke”. Das ist nun wirklich nur noch eine Ansammlung von Behauptungen, von denen eigentlich nur “frei von Nebenwirkungen” stimmt – wobei ironischerweise die Autorin hier wahrscheinlich ungewollt den Theoretikern der Homöopathie widerspricht: Jene postulieren nämlich durchaus eine Nebenwirkung homöopathischer Mittel, nämlich die “Erstverschlimmerung”, also die anfängliche Verstärkung der Krankheitssymptome nach Beginn der homöopathischen “Behandlung”. Dieses Phänomen kann allerdings in klinischen Tests nicht reproduziert werden, wie denn auch? Wenn keine Wirkung, dann logischerweise auch keine Nebenwirkung. Zu allem anderen: Klinische Tests, mit denen per Doppelblindmethode die Wirksamkeit der Homöopathie untersucht werden sollte, haben eben keine solche festgestellt, die über den Placebo-Effekt hinaus geht. Keine Anregung des Körpers. Keine machtvolle Medizin. Keine Behebung tiefgreifender Störungen. Homöopathie wird übrigens nicht überall “immer beliebter”. In Großbritannien hat sich die Vernunft durchgesetzt.)
Bei Heuschnupfen, Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder Hautreaktionen wie Ekzeme oder Urtikaria haben sich homöopathische Behandlungen bewährt. Manche Beschwerden lassen sich einfach behandeln, bei anderen sollte man einen homöopathischen Arzt oder Heilpraktiker aufsuchen. […] Ziel dieses Kurses ist es, dass jeder Teilnehmende em Ende weiß, wie er sich und seinem Kind bei seinen Beschwerden homöopathisch selbst helfen […] kann. (Claudia Buchenauer in der Beschreibung von “Homöopathie bei Allergien”. Hier wird klar, dass Homöopathie nicht einfach nur eine Schrulligkeit ist, die, wenn sie schon nicht hilft, wenigstens nicht schadet. Es wird nahe gelegt, einen Homöopathen oder gar Heilpraktiker aufzusuchen. Bei einem homöopathischen Arzt sehe ich ein Glaubwürdigkeitsproblem – wie soll ich jemandem vertrauen, der eine Behandlungsmethode anwendet, von der er wissen muss, dass sie unwirksam ist? Bei einem Heilpraktiker ist zuallererst das Problem der Qualifikation zu sehen. Kaum zu glauben, dass Patienten sich mit ihren vielleicht schweren Leiden Leuten anvertrauen, die eigentlich gar nicht viel wissen oder können müssen und deren Berufsbild eher verschwommen ist. Dass ein Patient mit den beschrieben Leiden zum Dermatologen zum Allergologen gehen sollte, wird gar nicht erwähnt. Es wird einfach behauptet – obwohl dies nachweislich nicht wahr ist – dass man bei solche Beschwerden auf homöopathische Behandlungen zählen kann. Wenn jemand das für sich selbst will, ist es seine eigene Entscheidung. Er könnte auch zu einem Schamanen gehen, wenn er an so etwas glaubt – Hauptsache, der Placebo-Effekt ist gegeben. Aber wenn Leute bei ihren Kindern so einen Mumpitz probieren und die echte Diagnose und Behandlung dadurch verschleppen, hört es wirklich auf.)
Das ist doch nun wirklich bemerkenswert. Da bieten die Vertreter fragwürdiger, scheinwissenschaftlicher Theorien Kurse an der vhs an, um Kunden für ihre Praxis zu ködern. Die Wissenschaftsstadt Darmstadt nimmt diese Kurse nicht nur einfach so ins Volkshochschulprogramm auf, sondern lässt die Anbieter selbst trotz des eindeutigen Interessenkonflikts die Kursbeschreibungen auch noch selbst erstellen und redigiert diese Texte offensichtlich nicht einmal.
Da kann ich nur sagen: Mensch Leute, geht’s noch? Was denn noch alles? Ein bisschen Kritikfähigkeit und Anerkennung wenn schon nicht der wissenschaftlichen Vorgehensweise, dann doch zumindest des gesunden Menschenverstands, darf heute doch wohl erwartet werden. Wir sind mittlerweile im 21. Jahrhundert, falls das nicht aufgefallen sein sollte.
Ich bitte Sie alle nur um eins: Informieren Sie sich. Glauben Sie niemanden einfach nur so das, was der behauptet. Auch mir nicht. Prüfen Sie alles nach. Es ist wichtig. Es geht schließlich um Ihre Gesundheit und die Ihrer Lieben … also das höchste Gut überhaupt. Und wenn Ihnen etwas gar zu absurd vorkommt, dann lassen Sie bitte auch mal die Erklärung zu, dass es sich da wirklich um Humbug handelt.
Weitere Information
Martin Ballaschks Artikel zum Thema Alternativmedizin in seinem Blog “Detritus” in den Wissenslogs.de
Umfassendes Dossier zur Homöopathie auf scinexx.de, das einen guten Überblick gibt
Simon Singh und Edzard Ernst: Trick or Treatment – Alternative Medicine on Trial. Die Autoren, ein bekannter Wissenschaftsjournalist und ein im Bereich der Alternativmedizin forschender Arzt, nehmen hier diverse schweinwissenschaftliche “alternativmedizinische” Behandlungsverfahren auseinander. Dabei gehen sie vor vor allem, aber nicht nur, auf die Themenkomplexe Akupunktur, Homöopathie und Chiropraktik ein. Hier ein Preview als ebook, Sie können es auch hier einsehen:
Trick or Treatment Simon Singh Edvard Ernst 2008 [ISBN 9780593061299] pdf |
Found at ebookbrowse.com |
Meine Schwägerin…
…geht auch zum Heilpraktiker wegen einer durch “Schulmedizin” seit Jahren nicht zu behandelnden, schlimmen Migräne (ist wirklich schlimm).
Ich habe versucht ihr klar zu machen, dass Homöopathen nur deswegen nicht ins Gefängnis kommen, weil sie erfolgreich beweisen können, dass ihre Medikamente NICHT wirken. Trotzdem findet sie die Behandlung super.
Sie sagt, der “Arzt” dort kümmere sich super um sie. Das ist ihr dann auch inklusive “Medikamenten” 400 Euro wert.
Dass sich ihr Hausarzt ebenfalls ganz anders um sie kümmern würde, wenn sie ihm pro Besuch 400 Euro in die Hand drücken würde anstatt dass er für ihren Besuch von der Kasse – wieviel eigentlich, 30 Euro? – erhält, ist für sie irgendwie kein Argument.
Der Aufwand, den der Homöopath betreibt ist wirklich groß: er nimmt ihr Blut ab, untersucht sie von oben bis unten, erstellt einen Diätplan…
Wohl dem, der Cash nehmen kann…der hat auch Zeit für seine Patienten.
Übrigens hat ihr die Behandllung eine Zeit lang wirkllich geholfen, sie hatte Wochenlang keine Migräne. Jetzt ist wieder alles beim Alten.
Jetzt soll Yoga helfen.
[Antwort: Wenn jemand eine Abwägung vornimmt und eine informierte Entscheidung trifft, nach der er oder sie die gegen die Homöopathie sprechenden Argumente ignorieren und der Homöopathie Vertrauen schenken will, geht das aus meiner Sicht in Ordnung.
Das Problem beginnt für mich dort, wo eine solche Entscheidung aus Uninformiertheit erfolgt. Das Risiko, dass dies so ist, ist angesichts der schieren Menge der grob unzutreffenden Information, der man sich heutzutage doch gar nicht mehr entziehen kann, konkret und reell. Das worst-case-Szenario ist, dass jemand eine notwendige Behandlung verschleppt, ohne sich dessen bewusst zu sein, weil er es erst mit Humbug versucht, den er für eine effektive Behandlung hält, bis es zu spät ist.
Wenn sogar schon im Programm einer Volkshochschule so ein offensichtlicher Hokuspokus steht, erhöht dies das Risiko, dass so ein Worst-Case eintritt. Die Leute denken doch wirklich “Das muss stimmen, schließlich steht es doch überall.” Seltsam ist allerdings, dass dieselben Leute nur zu bereit sind, medizinische Warnungen beispielsweise zur Gefährlichkeit des Tabakkonsums, zu ignorieren. das steht auch überall, aber man nimmt es trotzdem nicht zur Kenntnis. MK]
humbug!
ich find homöopathie auch scheisse. alles quatsch. nur die echte medizin ist gut.
Volkshochschule ohne Volk?
Eine Volkshochschule die vor vollen Rängen aufspielen will muss
1) die Gesundheit als Thema anbieten
2) “Wissen” vermitteln, das sich äusserst praktisch gibt und unmittelbar anwendbar ist
Fazit: Die Volkshochschule Darmstadt schöpft mit ihrem Programm (oder Teilen davon) einen Grossteil des Interessens von älteren Menschen ab wo das Thema Gesundheit topaktuell ist. Mit den älteren Menschen erreicht sie zudem diejenigen, die über die nötige Zeit verfügen um an solchen Kursen teilzunehmen.
Also: Maximalnote für Markterschliessung
[Antwort: Das Problem ist hier, wie gesagt, dass die Volkshochschule Darmstadt sich dafür hergibt, Leuten, die mit der Praktizierung einer Pseudowissenschaft und Scheinmedizin Geld verdienen, bei der Kundenakquisition zu helfen. Das kann und darf aber nicht die Aufgabe einer Volkshochschule sein. MK]
Pharmabranche?
Umgekehrt kann ich Ihnen natürlich auch die kritische Frage stellen, ob Ihr Blog von der Pharmabranche gesponsort wird. Etwas ausgewogener hätte der Text schon sein können.
[Antwort: Na, eine solche Antwort habe ich erwartet. Geht es auch etwas konkreter? Welche Aussage meinerseits halten Sie für falsch?
Im übrigen weise ich darauf hin, dass die Industrie enorme Gewinne mit homöopathischen Produkten macht. Zum einen ist der Umsatz mit diesen Produkten gewaltig, zum anderen steckt darin, wie gesagt, keinerlei Entwicklungsaufwand und keine Kosten für klinische Tests oder Zulassungsverfahren. Das ist ja der Vorteil beim Verkauf von Scheinmedikamenten, die keinerlei Wirkstoffe enthalten und deren Wirksamkeit allein davon abhängt, dass der Patient daran glaubt. Ich sehe diesen Punkt sehr kritisch und werfe ihn der Industrie vor. Ich bezweifele, dass die mich für diese Kritik auch noch bezahlen würden. MK]
@Dr. Lutz Goertz
Warum sollte die Pharmabranche homöopathiekritische Beiträge sponsern? Die Pharmaindustrie verdient doch ganz gut an der Homöopathie oder glauben Sie Zuckerkügelchen werden nachts von Elfen gebracht?
Verarsche pur
Ich finde es auch immer wieder faszinierend, wie der Glaube an diese Dinge immer mehr um sich greift. Jeder der sich damit beschäftigt fügt wieder neue Elemente hinzu, so wie früher Märchen bei jeder Weitergabe noch etwas ausgeschmückt wurden. Leuten, die aus reinem Sendungsbewusstsein solchen Unsinn verbreiten kann man ja nicht böse sein, denn die wissen es halt nicht besser. Wirklich übel ist allerdings, dass sich auch viele Ärzte an den Boom dranhängen und den Patienten alle möglichen Sonderleistungen anbieten. Diese beinhalten dann oft das gesamte Spektrum, das auch Heilpraktiker im Programm haben – nur zu einem höheren Preis, denn der Doktor hat schließlich studiert. Besonders Frauenärzte tun sich da hervor, hier nur ein Beispiel unter vielen:
http://www.frauenarzt-wenzl.de/…ilverfahren.html
[Antwort: Dass besonders Frauenärzte sich da hervortun, ist interessant, es entspricht aber durchaus meiner eigenen Beobachtung, dass die Behauptungen der Homöopathie-Branche bei Weiblichen Patienten besonders beliebt sind. Mich hat wirklich schockiert, wie präsent dieser Humbug in allen Stufen der Geburtsvorbereitung sind, bis hin zum Kreißsaal.
Schon bei Geburtsvorbereitungskursen für Schwangere in Darmstadt wird der schiere Unsinn vorgebracht, das ganze Paket, Homöopathie sei ein Bereich der Naturmedizin, es sei ein besonders sanftes Heilverfahren, es sei eine ungefährlichere Alternative zur Schulmedizin, andererseits könne man aber auch homöopathische Mittel überdosieren und sogar jemanden damit umbringen (Ja, was denn nun?), dann auch noch die ganzen anderen obskure Theorien, die sich im trüben Tümpel der sogenannten Alternativmedizin tummeln, Craniosakrale Therapie, Kinesiologie, und dann in der Geburtsklinik wird offen und andauernd von der Bach-Blüten-Therapie geschwafelt … also, wer nicht sieht, dass das Mumpitz ist, dem ist nicht zu helfen.
Das schlimmste ist doch, dass alle diese Behauptungen von niemandem infrage gestellt werden. Die Leute sagen sich wahrscheinlich, dass da schon was dran sein muss, wenn Ärzte und Hebammen das so vertreten. Das ist das allerschlimmste, dieser Missbrauch des Patientenvertrauens. MK]
“Hochschulstadt” Traunstein?
Schier unbegreiflich ist mir, dass im bayerischen Traunstein offenbar eine “Hochschule für Homöopathie” entsteht, und das obwohl in Deutschland die Bezeichnung Hochschule eine Akkreditierung durch den Wissenschaftsrat zur Voraussetzung hat.
http://www.zeit.de/2012/39/Hochschule-Homoeopathie
Gesundheitsschäden durch Verschleppung
In Australien wurden schon Eltern verurteilt, weil sie Ihr Kind nicht zum Arzt gebracht hatten, sondern mit Placebos behandelten, bis es zu spät war.
Auch das genannte Beispiel mit den Allergien hat es in sich: Wenn man Allergien wie Heuschnupfen nicht vernünftig behandelt entsteht daraus durchaus manchmal Astma – und dessen Medikamention muss dann wieder die Allgemeinheit zahlen.
Das Hauptproblem ist meineserachtens, dass Homöopathie für viele Leute eine Ersatzreligion ist, so dass man mit rationalen Argumenten fast nichts ausrichten kann.
Meine Güte, dieser Artikel hätte so auch von Florian Freistetter sein können. Jedenfalls hatte ich den Eindruck beim lesen. Aber wahrscheinlich zeigt das wirklich nur, das Aufklärung dringend nötig ist.
[Antwort: Na, ich denke mal, Florian Freistetter hätte da schon deutlich kräftiger eingeschenkt, als ich das tat. MK]
@Hans
“Meine Güte, dieser Artikel hätte so auch von Florian Freistetter sein können.”
Ja, das stimmt wohl, denn vermutlich ist die VHS in der Heimatstadt von Florian Freistetter auch nicht besser. Die VHS ist, so fürchte ich, bundesweit ein Hort esoterischen Unfugs.
Naturheilkunde Uni Duisburg
An der Universität Duisburg wird das ganze auch noch “akademisch” gelehrt
http://www.uni-due.de/naturheilkunde/
[Antwort: Also, da zumindest muss ich etwas widersprechen, denn es geht, wenn ich die Beschreibung der Arbeitsgebiete des Lehrstuhls lese, dort nicht um Pseudomedizin, sondern um naturmedizinische Ansätze in der traditionellen chinesischen und indischen Medizin. Wenn man dort das ganze mystische Brimborium mal subtrahiert, bleibt ja immer noch ein Kern von überliefertem Wissen um das Wirken natürlicher Wirkstoffe. Dieses Wissen sollte man sich schon zunutze machen, denke ich.
Bei der Homöopathie ist das anders, die entstammt ja nicht der Naturmedizin. Da hat einfach von mehr als 200 Jahren Samuel Hahnemann eine Theorie aufgestellt, ohne Beleg, Daten oder Beweis und ohne dahinter stehendes tiefer gehendes, überliefertes Wissen Solche medizinischen “Theorien” gab es im Dutzend billiger. Leider hat sich diese bis heute gehalten. Wie auch noch so manche andere, ich erinnere mal an den Aderlass, der sich in esoterischen Kreisen immer noch einiger Beliebtheit zu erfreuen scheint, wie ich neulich mit Erstaunen einem Mondkalender entnahm. MK]
Volkshochschulen
sind schon lange eine Domäne für Bullshitter aller Art. Da macht Darmstadt keine Ausnahme. Mal kurz Stichproben gemacht: VHS Freiburg i. Br. “Tibetische Medizin – Grundlagen”, “Homöopathie – Tiefen des Seins erforschen”, “Energiearbeit – eine Jahrtausende lang erprobte Heilweise”. VHS Stuttgart
“Ayurvedische Fastenwoche”, “Wege zur innerer Balance und neuer Energie mit Hilfe der klassischen Homöopathie”.
Reicht schon. Besonders effektive Quellen für derartigen Unfug sind auch Hebammen.
Hahnemann war im Grunde ein Wohltäter. Er entwickelte die Homöopathie, weil bis dahin durch “Ärzte” und deren Methoden mehr Menschen starben als geheilt wurden. So erfand er ein System, das gar keine Wirkung besaß, außer der Mobilisierung von Selbstsuggestion und damit Selbstheilungskräften.
Ersatzreligion und Erfahrungsmedizin
Nicht jede Volkshochschule ist “eine Domäne für Bullshitter aller Art”, das hängt sehr von der jeweiligen Leitung ab.
Zum “Heilen” braucht es allerdings weder einen Arzt noch einen Heilpraktiker, denn im Jahre 2004 erweiterte das Bundesverfassungsgericht die Befugnisse von “Heilern”, die durch Handauflegen oder mit Hilfe von Geistern oder Engeln praktizieren, weil das keine medizinische Verfahren, sondern religiösen Riten seien, befand das Gericht. Seitdem hat sich die Spezies der “Heiler” rasant vermehrt. Während man in manchen alternativen medizinischen Verfahren immer noch die Erfahrungsmedizin der “Alten” findet, sind mystische Heilungen reine Glaubenssache.
Laut Statistik sind Frauen anfälliger für Religion und Esoterik und vermutlich auch für Homöopathie. Von Rechtswegen müssten Alternativärzte ihre Patienten jedoch über schulmedizinische Alternativen aufklären. Leider wird das oft unterlassen.
Ich kann bestätigen, dass in Gebärkliniken Hebammen und Frauenärzte die Patientinnen gerne mit alternativen Mittelchen beglücken (wie Herr Khan bereits schrieb), denn eine Frau, die ein Kind erwartet, ist dem Betrieb dort völlig hilflos ausgeliefert, zudem kann man die werdende Mutter auch gleich darauf einstimmen, dass es auch für das Kind das Beste wäre, wenn man ihm nur “sanfte Medizin” verabreichen würde. Damit ist aber nicht die gute alte Naturheilmedizin gemeint, nach der man dem Kind beispielweise bei leichten Beschwerden einen Kräutertee kocht, sondern es wird gleich auf die bekannten Zuckerkügelchen verwiesen. Auch wenn viele Leute meinen Homöopathie sei Naturmedizin, so ist das falsch. Man muss einen Unterschied zwischen diversen Ersatzreligionen und Naturmedizin machen. Letztere beruht auf Erfahrung und macht sich beispielsweise Heilkräuter zu Nutze, deren Wirkstoffe auch von der Pharmazie geschätzt werden.
Auch die traditionelle chinesische Medizin (TCM) beruht auf Erfahrungsmedizin. Der Gerechtigkeit halber sollte man anfügen, dass auch die Schulmedizin nicht alles heilen kann. Diabetes ist beispielsweise nicht heilbar, damit befassten sich bereits die Lehrbücher der traditionellen chinesischen Medizin. Das Grundlagenwerk der TCM, das Buch des gelben Kaisers, wurde lange vor Christie Geburt verfasst. Die alten Chinesen waren gute Beobachter, aber in vorwissenschaftlicher Zeit war das Denken stark mit magischem Elementen durchsetzt. Das Ziel war jedoch ein möglichst hohes Lebensalter zu erreichen. Darin unterschieden sie sich nicht von den modernen Menschen und was das magische Denken betrifft, da sind wir auf dem besten Weg…
Warum Ärzte sich anschliessen
Hier wurde gefragt warum Ärzte sich dem anschliessen.
In dem Geburtsvorbereitungskurs den ich besuchen durfte wurden zur späteren Behandlung der Kinder ausschliesslich (!!) Ärzte mit homöopathischem background als besonders Kompetent empfohlen. Quasi ein Qualitätsmerkmal.
Vielleicht ist das einer der Gründe.
Natürlich wurde auch hier “Natürlich” und “Homöopathisch” gleich gesetzt.
[Antwort: Mich erstaunt bei den Anhängern der Alternativmedizin vor allem eins. Zum einen sind diese Leute die schärfsten Kritiker des Medizinbetriebs. Die unterstellen den Medizinern ja in Bausch und Bogen alles, vor allem, dass sie den Interessen des Patienten zu wenig Beachtung schenken und nur auf den eigenen Vorteil achten.
Wohlgemerkt, ich denke das nicht, aber das sind schnell man Argumente, die man gegen “die Schulmedizin”, “die Allopathie” oder “die Apparatemedizin” hört.
Wenn nun aber Ärzte angeblich ja so zynisch sind … sollte man ihnen dann nicht auch zutrauen, dass sie homöopathische Behandlungen anbieten, einfach, weil man damit Geld machen kann? Das können sich Alternativmedizinfreunde gar nicht vorstellen … was ich zumindest inkonsequent finde. MK]
aua
http://www.youtube.com/watch?v=I7mqQIwvNC8
“Dass es keinerlei wissenschaftlich verifizierbaren Hinweis auf die Existenz eines solchen Qi gibt, hindert die Autorin keineswegs daran, solche fundamentalen Behauptungen so hinzustellen, als seien es erwiesene Fakten.)”
Qi oder Ki damit ist die Lebensenergie gemeint.
Und wer schreibt hier von Dingen von denen er keine Ahnung hat?
[Antwort: Tja, dann wäre ich für eine konkrete, wissenschaftlich verifizierbare Definition einer solchen “Lebensenergie” dankbar, die angeblich alles, Mineralien und Lebewesen durchstrebt, und die es rein zu halten gilt, damit man gesund und vital bleibt. Wenn man daraus medizinische Behandluingen ableitet, muss das wohl schon recht konkret sein. Dummerweise ist die konkrete Existenz einer solchen Lebensenergie nicht mit dem naturwissenschaftlichem Wissensstand in Einklang zu bringen. Kaum plausibel, dass etwas so machtvolles nun so schwer messbar sein sollte, finden Sie nicht? MK]
@Mona
Nach meiner nicht repräsentativen Erfahrung sind die Leute, die die Volkshochschulen betreiben und organisatorisch leiten, einander überall in Deutschland sehr ähnlich.
Grob und vereinfachend beschrieben: sie entstammen vorwiegend derselben, meist wohlhabenden sozialen Schicht, haben einen formal hohen Bildungsstand, sind naturwissenschaftlich aber meist ungebildet bis zum Analphabetenstatus und finden das vollkommen in Ordnung, denn sie teilen ein Weltbild, das kulturpessimistisch, technikfeindlich, vergangenheitsverklärend, konservativ und mystisch ist – und damit ganz offensichtlich esoterik-affin.
Das ist schon inkonsequent, denn gerade die soziale Klasse, der sie entstammen, profitiert mehr als andere vom technischen und wirtschaftlichen Fortschritt und den Annehmlichkeiten, die er mit sich bringt. Dieses Weltbild eint sie mit den Stammnutzern der Volkshochschule (also nicht denen, die ab und zu mal einen Sprach- oder Zeichenkurs belegen). Diese neigen dazu, die vhs, obwohl diese weitgehend von öffentlichen Mitteln getragen wird, als ihre Privatdomäne zu betrachten. Deswegen kommt man als Außenstehender in gewisse Kurse auch gar nicht herein.
Organisatoren und Stammnutzer sind in ihren Denkschemata weitgehend austauschbar, deswegen haben sie schnell das Kursangebot der vhs nach eigenem gusto umgemodelt. Der einzige naturwissenschaftliche Kurs der Volkshochschule der Wissenschaftsstadt darmstadt ist eine Einführung in die Geschichte der Grube Messel. Es ist wohlgemerkt nichts dagegen einzuwenden, dass die Grube Messel in der vhs Darmstadt behandelt wird. Ich bemängele, dass die Wissenschaft in der vhs Darmstadt an diesem Punkt schon aufhört.
Was Ihre Ausführungen zur TCM und Naturmedizin angeht, stimme ihn Ihnen weitgehend zu. Ich denke, es sollte gerade darum gehen, bei der traditionellen Volksmedizin hinter Hokuspokus und Mystik zu schauen und das, was da an heuristischem Wissen angesammelt ist, freizulegen, denn das ist sehr wertvoll. Nur – wer da einfach herbetet, dass das Qi den Körper und Pflanzen und Mineralien durchströmt, der will doch gar nicht zum darunterliegenden Wissen vordringen, sondern der will sich nur in der Mystik suhlen.
Was die Heilbarkeit des Diabetes angeht, da muss ich sagen, dass das alles, wie immer in der Medizin, sehr kompliziert sein kann – Formen von Diabetes können mit starkem Übergewicht zu tun haben verschwinden, wenn der Körper vom Übermass an Fett befreit ist. Das ist dann gar keine Frage der Medizin, sondern der Ernährung, also des individuellen verhaltens.
Bei anderen Formen von Diabetes, beispielswese dem juvenilen Diabetes, ist die Situation natürlich eine gänzlich andere. Dennoch kann es hier auch so sein, dass die biomedizinische Forschung in absehbarer Zukunft Heilungschancen eröffnet. Allerdings ist die Ätiologie des Typ-1-Diabetes noch weitgehend unverstanden. Die sehr starke regionale Streuung könnte auf genetische Prädisposition, aber genau so gut auf umwelt- oder ernährungsbedingte Faktoren hinweisen, wobei man heute weiß, dass beide zusammenwirken: Eine genetische Prädisposition kann vorliegen, das Krankheitsbild muss aber durch einen Schlüssel von außen aktiviert werden.
Ich denke, die Medizin hat hier, wie in vielen anderen Fällen, noch eine ganze Menge zu lernen. Wenn nun Ressourcen anstatt für diese Forschung für alternativmedizinischen Mumpitz verschwendet werden, dann verzögert dies vielleicht den Fortschritt dort, wo energischer Einsatz einen Durchbruch herbeiführen könnte.
Insofern ist es durchaus so, dass die pseudowissenschaftliche Scheinmedizin schadet. Nicht nur dem Patienten, nicht nuir der Öffentlichkeit, nein – auch ganz anderen Patienten, die mit der Alternativmedizin gar nichts am Hut haben. Insofern ist es nicht nuir eine prinzipielle Frage, gegen den Hokuspokus vorzugehen, man sollte das auch im Interesse der eigenen und der allgemeinen Gesundheit tun.
Es gibt ein grundsätzliches Problem
mit Leuten, die an Homöopathie, Qi, Erdgeister, Elfen, Götter, Botschaften ans Universum, Astrologie, Orakel, Hellseherei, Engel und das ganze übrige Gruselkabinett an Humbug glauben: eben _dass_ sie an Humbug glauben, irrationales Geschwurbel, dessen Existenz einzig auf Behauptungen basiert. Und wer derart vom Irrationalem besessen ist, der (sorry, zu 80 % _die_) lässt sich von rationalen Gegenpositionen nicht beeindrucken, geschweige denn überzeugen.
Humbug in der VHS Darmstadt
Dies findet offensichtlich an fast allen VHS in Deutschland statt. Was ich nicht verstehe, ist, dass man fast überall, z.B. in der Lebensmittelbranche, Gastronomie, etc. auf detaillierten Bezeichnungen besteht, aber dass es kein Gesetz gibt, dass den Homöopathen und deren Propagandisten nicht diese Verarschung untersagen kann. Wie kann man dagegen vorgehen? Vielleicht, indem man noch günstigere Kurse anbietet, bei denen die Veräppelung so deutlich wird, dass JEDER das versteht. Und dann bezahlt man die Schüler und Erwachsenen mit homöopathischem Geld, damit sie in den Kurs kommen. Man lässt sie mitmachen bei Tests, die ihre Beiflussbarkeit offenlegt. Mit witziger Aufklärung arbeiten. Nicht nur über Placebos REDEN, sondern wie beim “Goldenen Brett vorm Kopf” mehr interaktiv oder kabarettistisch arbeiten?
Diese Frau
ist Gesundheitsministerin: http://youtu.be/dFIeRm_8TBE
Minister kann in Deutschland offenbar jede(r) werden, wenn das Parteibuch stimmt. Kompetenz würde da nur schaden.
Homöopathie hat eine mächtige Lobby, die so etwas zu verhindern weiß. Im Buch Die Homöopathielüge wird das aufgezeigt, und das erklärt auch, warum man puren Zucker als Medikament deklarierern und verkaufen darf.
Zum verlinkten Video @Renata
Das Qi oder Ki wird in manchen Kampfkünsten als eine Art Metapher eingesetzt um Körper und Geist miteinander zu harmonisieren. In dem verlinkten Video werden Körpertechniken in Kombination mit Atemtechniken und hoher Konzentration gezeigt – sonst nichts.
@Michael Khan
Sie tun den Stammnutzern der Volkshochschulen unrecht. Wer”kulturpessimistisch, technikfeindlich, vergangenheitsverklärend, konservativ und mystisch ist – und damit ganz offensichtlich esoterik-affin”, der besucht keine Volkshochschule, sondern geht vermutlich dahin:
http://www.paracelsus.de/…z_haupt/alle_haupt.asp
Die Volkshochschulen in Bayern bieten in der Regel ein recht breites Spektrum an Kursen an. Spezielle Exkursionen, analog der “Einführung in die Geschichte der Grube Messel”, werden bei uns aber meist vom Nationalpark Bayrischer Wald organisiert, da ist man dann schon mal direkt vor Ort.
Ansonsten weiß ich ehrlich gesagt nicht wie “Naturwissenschaft” an der Volkshochschule aussehen könnte, sieht man von den Nachhilfekursen für Schüler einmal ab. Könnten Sie vielleicht näher erklären um was es dabei gehen soll?
D Politiker nicht gescheiter als dasVolk
Die NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffen offenbart für mich im hier verlinkten Interview, dass sie ähnlich “unwissenschaftlich” denkt wie irgend jemand von der Strasse. Sie glänzt mit Aussagen, die nur Behauptungen und Meinungen sind wie z.B.
“… deutlich nachzuweisen war, dass jede Form der Akupunktur effektiver war als die medikamentöse Behandlung”
Sie fordert “andere” Nachweisverfahren für alternative Verfahren (also keine Doppelblindstudien), Masterstudiengänge für Homöopathie etc..
Alles in einem Ton vorgebracht wie man ihn von einer erwartet, die von alternativen Verfahren überzeugt ist und den die Meinung der “Schulmedizin” dazu herzlich wenig interessiert, die vielmehr fordert, die Schulmedizin hätte diese Verfahren einfach zu integrieren.
Solche Politkerinnen und Politiker gibt es also in Deutschland. In einem Land in dem man von direkter Demokratie wenig hält, weil die Fachkompetenz und das emotionslose Abwägen beim breiten Publikum fehle. Doch die Fachkompetenz und das kritische Denken scheint auch bei gewissen (oder vielen?) deutschen Politikern (Politikerinnen hier natürlich mitgemeint) zu fehlen.
Das Schlimme
an Frau Steffens, die mehrfache Studienabbrecherin ist und dementsprechend rudimentär wissenschaftlich zu denken versteht, ist, dass viele Menschen glauben: “Wenn sogar eine Ministerin auf Homöopathie steht, dann muss da ja was dran sein.” Sie hat auch auf kritisches Nachfragen Antworten gegeben, die jeden nur mit dem Kopf gegen die Wand knallen lassen können. http://www.herrenzimmer.de/…-humbug-eine-breche/
Man mag sich gar nicht vorstellen, dass auch andere Landes- und Bundesminister derart “kompetent” sind …
Es gibt keine
Entschuldigung, aber solche Aussagen stören mich: “Von Rechtswegen müssten Alternativärzte ihre Patienten jedoch über schulmedizinische Alternativen aufklären.”
Es gibt keine Alternativärzte, und keine Alternativmedizin. Es gibt auch keine Schulmediziner und keine Schulmedizin. Es gibt Medizin, die von approbierten Ärztinnen und Ärzten praktiziert wird, und es gibt Humbug, der von jederfrau (und -mann, aber meistens -frau) betrieben werden kann.
Insofern sollte der Satz heißen “Von Rechtswegen müssten selbsternannte ‘Alternativärzte’ ihre ‘Patienten’ jedoch darüber aufklären, dass es für ihr Problem eine medizinische Lösung gibt, für die sie einen Arzt aufsuchen sollten.”
Das klingt doch auch gleich ganz anders, oder nicht?
[Antwort: Du hast Recht, die Verwendung der Bezeichnung “Alternativmedizin” ist bereits ein Einknicken vor der Humbug-Lobby, da man damit deren Selbstdefinition implizit übernimmt. Pseudomedizin trifft’s besser. MK]
@Martin Holzherr
Sie schreiben über die Ministerin: “Sie fordert “andere” Nachweisverfahren für alternative Verfahren (also keine Doppelblindstudien), Masterstudiengänge für Homöopathie etc..
Alles in einem Ton vorgebracht wie man ihn von einer erwartet, die von alternativen Verfahren überzeugt ist und den die Meinung der “Schulmedizin” dazu herzlich wenig interessiert, die vielmehr fordert, die Schulmedizin hätte diese Verfahren einfach zu integrieren.”
Vermutlich setzen ihr da eine Menge Lobbyisten zu, die sich an der Homöopathie eine goldene Nase verdienen. Wie ich in meinem ersten Kommentar bereits schrieb, wird alternatives Zeugs auch in normalen Arztpraxen als Sonderleistung angeboten. Leider äußert sich die “Schulmedizin” nicht zu ihrem Zusatzverdienst, denn sie hat diese Verfahren längst integriert. Mir graut es jedes Mal, wenn ich einen Arzt aufsuchen muss, weil er mir garantiert ein Zusatzangebot offeriert. Damit die Ärzte in Deutschland etwas extra dazuverdienen können hat man ja bereits die Individuellen Gesundheitsleistungen – kurz IGeL genannt eingeführt. Warum also nicht auch noch Homöopathie, Akupunktur oder eine biologische Krebstherapie anbieten? Sie unterstellen der Ministerin (und ich will sie gar nicht verteidigen): “dass sie ähnlich “unwissenschaftlich” denkt wie irgend jemand von der Strasse.” Da frage Sie, wie denken denn Ihrer Meinung nach Schulmediziner, die sich so einen Zusatzverdienst gönnen?
@Jahn Hattenbach
“Insofern sollte der Satz heißen “Von Rechtswegen müssten selbsternannte ‘Alternativärzte’ ihre ‘Patienten’ jedoch darüber aufklären, dass es für ihr Problem eine medizinische Lösung gibt, für die sie einen Arzt aufsuchen sollten.””
Stimmt leider auch nicht! Denn, wie ich oben bereits schrieb vertreibt auch mancher normale Arzt (oder wie soll ich ihn nennen?) diverse Mittelchen um sich einen Zusatzverdienst zu sichern. Leider oft ohne seine Patienten darüber aufzuklären, dass es auch eine von der Krankenkasse gezahlte Alternative gäbe.
Medizin, Humbug und die eigene Nase
Jan Hattenbach: “Es gibt Medizin, die von approbierten Ärztinnen und Ärzten praktiziert wird, und es gibt Humbug, der von jederfrau (und -mann, aber meistens -frau) betrieben werden kann.”
Mona es schon richtig angedeutet: viele Ärzte betreiben Naturheilverfahren und einige Heilpraktiker (z.B. ich, das vergaß sie zu erwähnen) lehnen sie ab und beschränken sich auf wissenschaftliche Medizin.
Noch wichtiger: der Unterschied zwischen Medizin und Humbug ist aus Sicht der Mediziner sehr viel größer als aus Sicht der Patienten. Der Mediziner weiß vielleicht hundertmal soviel über eine Krankheit wie der Heiler und ist darauf zurecht stolz. Der Patient sieht das anders. Beide wissen 99% der relevanten Fakten nicht. Daß der Mediziner immerhin 1% weiß und der Heiler nur 1/100%, bemerkt er kaum.
Auch der Mediziner kann keinen Schnupfen heilen, keine Rückenschmerzen und keinen Diabetes Typ 2. (Michael Khan hat recht, Gewichtsnormalisierung wäre meistens kurativ wirksam, aber die Erfolgsquote der Adipositas-Therapie liegt bei 10%; außerdem sind bei Diagnosestellung in der Regel schon Schäden aufgetreten, und die sind irreparabel.)
Daraus kann man ihm keinen Vorwurf machen. Das Problem ist viel zu komplex, so komplex, daß zusätzliche Expertise oft keinen zusätzlichen Nutzen bringt. Manchmal ist sogar das Gegenteil der Fall und der Experte reduziert seine Kompetenz, weil er sich kritischen Rückmeldungen entzieht, um sein Gesicht nicht zu verlieren.
Und so kommt es, daß in Studien Computerprogramme mit simplen Algorithmen bessere Diagnosen stellen als Ärzte, daß sich ärztliche Diagnosen zur Todesursache von Patienten auf Intensivstationen bei der Überprüfung zu 60% als falsch erweisen etc. (Beispiele aus dem Gedächtnis aus: Daniel Kahnemann, Thinking fast and slow)
Erschwerend kommt hinzu, daß dem Arzt wesentliche Informationen systematisch vorenthalten werden. Negative Resultate von Medikamententestungen bleiben unveröffentlicht, paper werden von Pharmareferenten als Gostwritern verfaßt, Fortbildungen von der Pharmaindustrie finanziert, usw. (Dazu: Ben Goldacre, Bad Pharma)
Übrigens ist das auch der Autor von Bad Science, einem Buch das vehement die Naturheilverfahren kritisiert.
Lobenswerterweise faßt er sich aber auch an die eigene Nase. Und ich glaube, das sollten wir Freunde der Wissenschaft auch tun: uns an die eigene Nase fassen.
Demokratisierung der Medizin möglich
Gesundheitsbildung an Volkshochschulen durch Homöo- und andere pathen ist sicher ein Missbrauch einer Bildunseinrichtung.
Und das sogar in doppelter Hinsicht:
1) weil diese Lehren kein Wissen sodern Unwissen vermitteln – entgegen dem Auftrag einer Hochschule
2 ) weil hier Kundenaquisition mit öffentlichen Mitteln betrieben wird.
Nur für wenige der Teilnehmer, die durch das Volkshochschulangebot in die Hände von Kurpfuschern getrieben werden, endet das vermittelte Unwissen tödlich oder führt zum Übersehen oder der Fehlbehandlung von ernsthaften Krankheiten. Wenn Hokuspokus- Medizin tatsächlich so weit verbreitet ist wie immer wieder kolportiert wird und die Aussichten auf Zurückdrängen dieser falschen Lehrer gering sind, dann ist es wohl im Sinne des Zieles eines Gesundheitssystems am besten, wenn man nicht- konfrontativ vorgeht und mindestens sicherstellt, dass jeder Quacksalber auch eine ärztliche Behandlung in Betracht zieht. Schließlich muss man sich auch – wie Jürgen Bolt – fragen, ob Experten, also Autoritäten wie Mediziner oder Quacksalber, wirklich die einzigen möglichen Diagnosensteller sind. Schon heute konsultieren viele Patienten Informationsquellen im Internet und inzwischen sind wissensbasierte Expertensysteme wie Watson am heranreifen und wohl schon bald auch online verfübar. Zudem gibt es heute ein telemedizinisches Angebot. Die Zeit, wo die Medizin allein in der Hand von wissenden Halbgöttern in Gestalt von approbierten Humanmedizinern, die in ihren Praxen auf Patienten warten, war, könnte schon bald zu Ende gehen. Und das nicht unbedingt zum Schaden der Patienten. Allerdings setzt das voraus, dass es Kurpfuschern verwehrt ist im “Dunkeln” zu arbeiten und Symptome zu behandeln ohne auch eine oder mehrere der in Zukunft allgemein verfügbaren medizinischen Wissensquellen anzuzapfen.
Ansehen
Für mein Umfeld kann ich diese Behauptung nicht nachvollziehen. In welchen Kreisen müsste ich mich bewegen, um solch einen Eindruck zu gewinnen, und wie hoch ist das Ansehen objektiv?
[Antwort: Man kann kein Buch zur Babypflege aufschlagen, in dem nicht weit und breit homöopathische Methoden angepriesen werden. Die Leute kaufen das trotzdem, also haben sie offenbar nichts dagegen
Die Tatsache, dass ja mittlerweile Apotheken zuhauf auf den Zug aufspringen, ist ein weiteres Indiz. Die machen das, weil es ankommt. Würden sie auf Ablehnung stoßen, wären sie vorsichtiger.
Dass die unehrlichsten aller Menschen – Politiker, die ja fast grundsätzlich ihr Mäntelchen nach dem Winde hängen und nie etwas sagen, was Stimmen kostet, mag es noch so offensichtlich wahr sein, offenbar kaum mehr dazu bewogen werden können, klar gegen diese Pseudowissenschaft Stellung zu beziehen, ist ein klares Indiz dafür, dass das Thema in der Bevölkerung ausgesprochen positiv besetzt ist,
Nach meiner Erfahrung allerdings weitgehend aus reiner Uninformiertheit. Schon mehrfach kam jemand aus dem Bekannten- oder Verwandtenkreis damit, dass er, oder zumeist sie, jetzt ein homöopathisches Mittelchen versuchen wolle, das sei allemal besser als die “Chemiekeule”. Dann frage ich nach, was damit denn gemeint sei. Na, kommt die Antwort, Kräutertees, Pflanzenextrakte oder so. Die Weisheit der Natur halt. Aha, hake ich nach, das ist also Homöopathie? Klar, kommt zurück, die Pharmamafia will natürlich nicht, dass das sich durchsetzt. Wenn ich dann aber mal erkläre, ie Samuel Hahnemann die Homöopathie definierte, dass inn vielen der “homöopathischn Medikamente” der Wirkstoff so stark verdünnt ist, dass nicht ein Molekül davon mehr drin sein kann, dass die Theorie, mit der die Homöopathen darauf kontern, nämlich die, dass der Wirkstoff aber mal drin war und das Wasser “informiert” hat, bedeuten würde, dass alles andere, was zufällig in Kleinstmengen drin ist, das Wasser ebenso “informiert ” haben müsste, ein Uranatom, Bakterien, Moleküle aus Hundekot, kommt meist nur noch betretenes Schweigen.
Die Homöopathie-Lobby weiß ganz genau, dass ihre Theorien einer auch nur einigermaßen nüchternen Betrachtung nicht standhalten und scheuen diese wie der Teufel das Weihwasser. Wie man an den vhs-Kursen sieht. MK]
@Martin Holzherr
“Nur für wenige der Teilnehmer, die durch das Volkshochschulangebot in die Hände von Kurpfuschern getrieben werden, endet das vermittelte Unwissen tödlich oder führt zum Übersehen oder der Fehlbehandlung von ernsthaften Krankheiten.”
Schwarze Schafe findet man in allen Branchen, da sind Ärzte oder Leiter von Volkshochschulen wohl keine Ausnahme. Normalerweise wird der Markt durch Angebot und Nachfrage reguliert. Kurse, die bei den Volkshochschulen nicht nachgefragt werden verschwinden aus dem Angebot. Zudem haben sich beispielsweise die bayrischen Volkshochschulen mit anderen Bildungsträgern zu einem Verbund zusammengeschlossen, der “Arbeitsgemeinschaft der Erwachsenenbildungsträger in Bayern” (AGEB), dadurch können möglichst viele Themenbereiche abgedeckt werden ohne das es zu Überschneidungen kommt.
Es würde mich interessieren, warum es überhaupt einen dermaßen großen Boom bei diesen unwissenschaftlichen Methoden gibt. Vermutlich fühlen sich viele Menschen in der modernen Gesellschaft nicht richtig aufgehoben. Man liest oft, viele Krankheiten würden durch Stress oder Überbelastung ausgelöst, seinen also psychisch bedingt, ob das stimmt sei dahingestellt. Zumindest hat sich der Markt darauf eingestellt und bietet für solche Patienten “ganzheitliche” und “sanfte” Methoden an, damit sie sich wieder wohl fühlen. Meines Erachtens liegt es also nicht an einem Mangel an naturwissenschaftlicher Bildung, diese war doch früher weit geringer und trotzdem gab es nicht so viele Esoterik-Gläubige.
Nutzen des Hokuspokus?
Von der medizinischen Wirksamkeit des Hokuspokus halte auch ich nichts, aber ich möchte doch die Prämisse des Artikels aus gesellschaftlicher Sicht hinterfragen: Ist das denn wirklich Brimbamborium, ist das wirklich Humbug oder Unsinn?
Dabei geht es mir um den Placebo-Effekt. Mir scheint, dass es der klassischen Medizin heute nicht mehr (ausreichend) gelingt, diesen zu mobilisieren – die Medizin (und wohl auch die Gesellschaft) ist zu technisch geworden. Darum fühlen sich viele Menschen dort nicht aufgehoben und können ihre Selbstheilungskräfte nicht ausreichend mobilisieren. Was eigentlich nicht verwunderlich ist – wenn der menschliche Aspekt überall als zu teuer angesehen wird.
Dann könnte es aber gesamtgesellschaftlich durchaus (sehr) nützlich sein, dass man überall mit Homöopathie etc. wirbt, dass man diesen Glauben sogar an der Volkshochschule festigt. Denn damit gibt man dem heutigen säkularen Menschen ein Mittel zur effizienten Selbsthilfe in die Hand: Er hat wieder einen Glauben und kann seine Heilung psychisch fördern.
Über Abgrenzungen mag man reden und sicher gibt es Fälle, wo dringend eine klassische Behandlung nötig wäre. Aber aus meiner Sicht sollte das dann nicht durch Propagande gegen ‘Alternativmedizin’ geschehen – denn damit verschwände ja der Placebo-Effekt wieder, es gäbe wieder keinen Glauben für die vom Glauben an die Technik Abgefallenen. Vielmehr schiene mir (in Ermanglung eines anderen sinnvollen Glaubens, z.B. an sich selbst) der Weg sinnvoll, die Heilpraktiker etc. dafür zu sensibilisieren, dass sie entsprechende Fälle zu klassischen Medizin überweisen, also beide Methoden kombinieren…
Die Stadtbücherei ist noch schlimmer
Dass die VHS solche Kurse anbietet, finde ich schon schlimm genug. Die Stadtbibliothek in Darmstadt listet zu dem Suchbegriff “Homöopathie” 75 Sachbücher auf, darunter auch “Homöopathie für Garten- und Zimmerpflanzen”. Diese Bücher werden ja in der Regel von ganz normalen Verlagen verlegt, und die Stadtbibliothek hat dafür Geld ausgegeben!
Das Buch “Die Homöopathie-Lüge” von Weymayr ist allerdings in der Stadtbibliothek Darmstadt nicht vorhanden.
[Antwort: Wenn man diverse Ratgeber zur Hausapotheke, zur Medizin, zur Babypflege hinzurechnet, in denen der blühende Unsinn zum Thema Homöopathie steht – dann kommt sicher noch eine viel höhere Zahl zusammen als 75. Da ist in der Tat ein horrendes Ungleichgewicht bezüglich der kritischen Auseinandersetzung mit diesem Thema. Das ist umso bedenklicher, als es doch offenbar eine Frage ist, die auf großes Interesse stößt. Der weitgehende Ausschluss der kritischen Information ist ein selbstverstärkender Effekt. In Ratgebern aller Art wird die Homöopathie unkritisch hochgelobt, auch wenn es der offensichtlichste Quatsch ist, nach kritischer Information muss man dediziert suchen. Natürlich ist dann am Ende beim nicht unbedingt vorgebildeten Bürger der falsche Eindruck gefestigt, dass Homöopathie nicht nur keine Schweinwissenschaft ist, sondern im Gegenteil sogar eine weitgehend wissenschaftlich anerkennte Behandlungsmethode. MK]
@Noyt
Sie schreiben: “Denn damit gibt man dem heutigen säkularen Menschen ein Mittel zur effizienten Selbsthilfe in die Hand: Er hat wieder einen Glauben und kann seine Heilung psychisch fördern.”
Darauf gab schon der alte Goethe die Antwort: “Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube”.
Leider können sich nicht alle modernen Menschen entschließen an den homöopathischen Käse zu glauben. Selbst wenn es einigen Stressgeplagten hilft ihnen derlei Placebos an die Hand zu geben, die Ursachen des Leidens bestehen ja weiter. Wer jedoch von Hause aus nicht an die Wirkung dieser “Wundermittel” glaubt, der fühlt sich vielleicht noch schlechter, weil er sich verarscht vorkommt. Ich sage es mal etwas pathetisch: Wenn die Menschen ihre innere Mitte verloren haben, weil sie sich einem gierigen und unsozialen Wirtschaftssystem ausgesetzt sehen, dann ist es doch moralisch höchst verwerflich sie mit Ersatzreligionen und Zuckerkügelchen ruhigstellen zu wollen. Sollte man statt dessen nicht seine Energien darauf verwenden ein besseres System zu erwirken? Der Placebo-Effekt allein kann eine kranke Gesellschaft kaum heilen.
Besonders schlimm finde ich, dass viele Homöopathie-Gläubige über die Wirkung der Zuckerkügelchen schwadronieren als würde es sich um ein Zaubermittel handeln. Inspiriert durch die von @Ester erwähnte “Homöopathie für Garten- und Zimmerpflanzen” sah ich mich mal ein bisschen im Internet um und stieß auf die unten verlinkte Seite. Hier wird erzählt, wie eine “ausgebildete Homöopathin” ihren abgebrochenen Rittersporn mit dem hochdosierten homöopathischen Mittel Arnica C 200 heilte. Zitat: “Als sie am nächsten Morgen den Rittersporn betrachtete, stellte sie erstaunt fest, dass die Spitze wieder mit dem Stiel verwachsen war; der Rittersporn hatte sich wieder aufgerichtet und vollständig erholt.”
http://www.zeitenschrift.com/…bei_Pflanzen.ihtml
@Mona: Beides?
Klar wäre das hilfreicher, ich bin dafür sofort zu haben und das scheint mir auch der einzige langfristig erfolgreiche Weg zu sein.
Allerdings schließt mir das nicht aus, die ‘Wundermittel’ kurzfristig als schon gelebten Glauben zu unterstützen. Und wer zu diesen Vorlesungen geht oder diese Bücher kauft, der glaubt entweder daran – oder will sein Misstrauen bestätigt fühlen. Und die Menschen, die sich ‘Verarscht’ vorkommen würden, die gehen wohl kaum aus eigenem Antrieb dorthin oder kaufen diese Wundermittel. Problematisch finde ich dann auch nur das Verhalten einiger Ärzte, die Patienten ohne Nachfrage homöopathische Mittel ‘verschreiben’, um sie zu beruhigen. Dort dürften sie in der Tat das Gegenteil bewirken – gerade wenn die dann den Beipackzettel lesen.
Aber ansonsten habe ich mit dem ganzen überschwänglichen Berichten überhaupt kein Problem. Wer dran glaubt, für den ist es hilfreich, seine Meinung bestätigt zu fühlen. Wer nicht daran glaubt, der sieht recht schnell, dass es oft durchaus rein wissenschaftliche Erklärungen für die Phänomene gibt. In dem verlinkten Artikel wird ja auch erstmal einiges an wissenschaftlicher Vorarbeit verlangt (Luft, Wasser, Klima etc.) bevor dann die Globuli helfen sollen – und selbst der Rittersporn hätte sich bei derselben sorgfältigen Behandlung wohl auch ohne Globuli erholt, obwohl das auf die Knickstelle aufgetragene Wasser sicher daran mitgewirkt hat (beim Johannisbeerbäumchen wird das auch deutlich).
Darum möcht ich keineswegs einen allgemeinen Glauben an Homöopathie verwirklichen – aber wo der Glaube schon da ist, da scheint es mir nicht falsch, ihn zu fördern. Insbesondere dann nicht, wenn die damit verbundenen menschlichen Bedürfnisse derzeit auf keinem anderen Wege befriedigt werden können. Und wirkliche gedankliche Freiheit wie auch der Glaube an sich selbst, die brauchen nunmal einige Zeit zur Entwicklung.
@Esther
Oh ja, Stadtbibliotheken wären sicherlich einen eigenen Blogpost wert. Allein schon, dass in jeder Stadtbibliothek, die ich kenne die Astrologie direkt neben der Astronomie steht. Städtische Bibliothekare sind mindestens genau so komisch wie städtische Volkshochschulleiter.
Antwort @Noyt
“Problematisch finde ich dann auch nur das Verhalten einiger Ärzte, die Patienten ohne Nachfrage homöopathische Mittel ‘verschreiben’, um sie zu beruhigen. Dort dürften sie in der Tat das Gegenteil bewirken – gerade wenn die dann den Beipackzettel lesen.”
Interessanterweise gibt es bei den homöopathischen Globuli keinen Beipackzettel. Sie werden in kleinen Fläschchen verkauft. Auf dem Etikett steht dann meinetwegen “Sulfur D6”, das meint den Inhaltsstoff und die Potenz. Wenn das Kind einen Schnupfen hat, dann muss genau erkannt werden in was für einem Stadium sich selbiger befindet und erst dann kann nach einem Mittel gesucht werden, das genau zum Typ des Kindes passt, den sonst wirkt es nicht. Der Einfachheit halber wird empfohlen verschiedene Mittel der Reihe nach auszuprobieren. Wenn ein Mittel nach zwei bis drei Tagen keine Wirkung zeigt probiert man ein anderes aus. Da ein Schnupfen in der Regel nach ca. sieben Tagen von selbst vergeht (psst, nicht weitersagen) landet man auf diese Weise mit Sicherheit einen Treffer.
Hier die entsprechenden Mittel:
http://www.homoeopathie-homoeopathisch.de/…shtml
“Darum möcht ich keineswegs einen allgemeinen Glauben an Homöopathie verwirklichen – aber wo der Glaube schon da ist, da scheint es mir nicht falsch, ihn zu fördern. Insbesondere dann nicht, wenn die damit verbundenen menschlichen Bedürfnisse derzeit auf keinem anderen Wege befriedigt werden können. Und wirkliche gedankliche Freiheit wie auch der Glaube an sich selbst, die brauchen nunmal einige Zeit zur Entwicklung.”
Ich halte überhaupt nichts davon, den allgegenwärtigen Glauben an die Homöopathie noch zu fördern oder zu unterstützen, weil ich der Ansicht bin, dass sich wirkliches Erkennen nicht mit Falschinformationen erreichen lässt. Und wo der Glaube schon da ist, da muss man halt Aufklärung betreiben.
Bücherzensur @Stefan
Stadtbibliotheken richten ihr Angebot danach aus welche Bücher nachgefragt werden. Das gilt auch für Kurse an der VHS. Man kann den Leuten keine Zensur auferlegen, welche Bücher sie lesen dürfen und welche nicht. Auch wenn wir Homöopathie oder Astrologie für Blödsinn halten, so darf man dafür bestimmte Freiheiten nicht beschneiden. Eine Bücherzensur könnte auch leicht das Verbot von kritischer Literatur oder entarteter Kunst nach sich ziehen – und das hatten wir ja schon mal.
[Antwort: Ich wäre vorsichtig mit dem Begriff Zensur, der gehört meines Erachtens nicht hierher. damit macht man eine ganz andere Diskussion auf, die hier nicht unbedingt weiter hilft.
Erstens ist Auswahl von Material nicht unbedingt Zensur. Es gibt jede Menge Lesestoff, der zwar eine Leserschaft hat (sonst würde kein Verlag das Zeug herausbringen), aber nicht in städtischen Leihbüchereien zu finden ist. Pornos, Soft-Sex, Lore-Romane, Landserheftchen und alles mögliche andere findet man auch nicht in Büchereien, und trotzdem ist das keine Zensur.
Zweitens wies die Kommentatorin @Esther m.E. zu Recht auf ein Ungleichgewicht hin. Zum einen findet man homöopathische Ratgeber zuhauf in Büchereien (in Darmstadt auf jeden Fall, ich habe nachgeschaut), zum anderen Bücher, die sich kritisch damit auseinader setzen – also die, die man eigentlich in einer Institution erwarten sollte, die der Volksbildung dienen soll – kaum bis gar nicht. Offenbar findet hier in der Tat also schon eine Vorauswahl statt – es entscheidet jemand, dass diese kritische Information den Lesern nicht zugemutet werden soll. Daran kann man sehr wohl Anstoß nehmen, und dieser Anstoß ist gewiss etwas ganz Anderes als ein Aufruf zur Zensur.
MK]
@Mona
Aha, dann hatte ich wohl den Bericht von anderen Mittelchen. Dort war aber auch nichts drin, sie sollten nur dreimal täglich gelutscht werden, womit die Beschwerden angeblich gelindert würden.
Sicher, wenn es um Erkennen geht, oder um Aufklärung.
Das Problem ist halt: Wie mobilisiert man dann die Selbstheilungskräfte? Und die sind ja wissenschaftlich nachgewiesen.
Außerdem genügt halt Aufklärung allein nicht, denn sie befriedigt keineswegs die menschlichen Bedürfnisse. Aber der Glauben an Homöopahtie besetzt ja eine solche Leerstelle – und ehrlich gesagt ist mir dieser harmlose Glaube an harmlose Mittel lieber als irgendein dann notwendigerweise gesuchtes Anderes mit recht gewissen Nebenfolgen.
Ursachen @Noyt
“Außerdem genügt halt Aufklärung allein nicht, denn sie befriedigt keineswegs die menschlichen Bedürfnisse. Aber der Glauben an Homöopahtie besetzt ja eine solche Leerstelle – und ehrlich gesagt ist mir dieser harmlose Glaube an harmlose Mittel lieber als irgendein dann notwendigerweise gesuchtes Anderes mit recht gewissen Nebenfolgen.”
Währen man sich in Deutschland ins geistige Mittelalter flüchtet wird in den angelsächsischen Ländern sehr wohl über “Die Wirkung der Ungleichheit” auf die Gesundheit der Menschen nachgedacht. Richard Wilkinson hat darüber ein Buch geschrieben. Zitat: “Er macht deutlich, dass Gleichheit selbst die Lebensqualität verbessert. Sie ist keine vermittelnde Variable in der Lebensqualität, die zu einem anderen Zweck dient, wie die sogenannte „neomaterialistische Schule“ glaubt. Menschen in egalitäreren Gesellschaften leiden weniger an Krankheiten, sie leben nicht nur länger, sondern auch besser. Es geht dabei wohlgemerkt nicht darum, wie viele Arme es absolut gibt, sondern wie scharf der relative Unterschied zwischen arm und reich ist.” Näherer hier:
http://textarbeit.net/rezwilkinson.htm
Homöopathie,Antiaging,Vitaminwahn
Sind Homöopathie, TCM, Akupunktur und andere esoterischen Heilmethoden in den gleichen Bereich einzuordnen wie Anti Aging Kuren oder Vitaminwahn?, Diäten, Joga-Übungen?
Ich spüre gewisse Ähnlichkeiten, würde aber die esoterischen Heilverfahren stärker im “Geistigen” ansiedeln und Dinge wie Vitaminkuren und Diäten eher im “Physischen”. Homöopathie und alle anderen esoterischen Heilsverfahren wären ohne ihr Erklärungsmodell nichts: Eben nur eine paar wirkungslose Globuli im Falle der Homöopathie. Im Gegensatz zur “Schulmedizin”, wo eine Therapie auch helfen kann, wenn der Patient sie nur passiv über sich ergehen lässt ohne eine dahinter stehende Philosophie mit zu inhalieren.
Das esoterische an diesen nichtwissenschaftlichen Heilverfahren macht sie erst attraktiv. Deshalb unter anderem die Rückmeldung von Patienten, sie fühlten sich von Homöopathen ernster genommen. Denn ein Homöopath bietet nicht nur wirkungslose Globuli sondern auch gleich noch ein ganzes Glaubenssystem in dem man sich aufgehoben fühlen kann.
Die Vitamin- und Anti Aging und Diätfraktion ist weniger vergeistigt. Wenn die Schuldmedizin ihre Ambitionen befriedigen kann, dann sind sie nicht dagegen. Etwas Gemeinsamens haben aber alle diese Bewegungen, die physisch und geistig orientierten: Sie wollen mehr als eigentlich möglich ist. Die Natur soll entweder über den Geist oder physische Wundermittelchen überlistet werden.
@Mona: Alternative Visionen?
Das ist gewiss ein wichtiger gesamtgesellschaftlicher Faktor (und ich habe anderswo schon Lösungsansätze dazu kommentiert) – mir scheint das aber nur ein Teil der vom Glauben an die Homöopathie bedienten Probleme zu sein, vermutlich sogar eher ein unbedeutender.
Die Bedeutung (oder Faszination) der Homöopathie scheint mir eher im Glauben selbst zu liegen (wie gerade auch @Martin Holzherr anführt). Das hat geschichtliche Wurzeln, aber in Deutschland gibt es sonst keinen säkularen Glauben neben dem an Wirtschaft und Fortschritt (anderswo eben den an die Nation oder die Großfamilie oder das Leben etc.). Der Glaube an Wirtschaft und Fortschritt ist aber seit einiger Zeit verblaßt und die individuellen Perspektiven sind kaum noch inspirierend. Daher muss das menschliche Bedürfnis danach in einen anderen Glauben sublimiert werden – und sei er nur so oberflächlich wie der an eine ‘Medizin’.
Nimmt man den Menschen aber nun auch noch diesen letzten Strohhalm, dann sind sie ganz ohne Halt. Und andere Visionen sind nunmal gerade in Deutschland kaum vorhanden, also blieben dezeit ohne die Homöopathie nur noch sehr fragwürdige Wege.
@Martin Holzherr
“Sind Homöopathie, TCM, Akupunktur und andere esoterischen Heilmethoden in den gleichen Bereich einzuordnen wie Anti Aging Kuren oder Vitaminwahn?, Diäten, Joga-Übungen?”
Grundsätzlich würde ich da schon einen Unterschied machen, weil man diese Dinge schwerlich alle in einen Topf werfen kann. Wobei es natürlich auch Überschneidungen gibt. Falls man unbedingt einen Oberbegriff haben wollte würde ich das Ganze unter “Wellness” einordnen.
Glaube
“Die Bedeutung (oder Faszination) der Homöopathie scheint mir eher im Glauben selbst zu liegen …”
Das mag schon sein. Die Frage ist allerdings, wie viel Aberglauben sich eine moderne Gesellschaft leisten will und welche Krankheitskosten sie bereit ist zu übernehmen, die durch die “Behandlung” mit Scheinmitteln entstehen.
@Noyt
“Problematisch finde ich dann auch nur das Verhalten einiger Ärzte, die Patienten ohne Nachfrage homöopathische Mittel ‘verschreiben’, um sie zu beruhigen”
Das ging mir dieses Frühjahr so. Ich hatte hartnäckige Halzschmerzen. Die Ärtztin verschreibt mir Antibiotika und “etwas zur Stärkung des Immunsystems”. In der Apotheke habe ich mich noch gewundert, dass ich für dieses “Etwas” extra zahlen musste, aber ich war wohl zu malad um zu reagieren. Erst zuhause habe ich gesehen, dass es Globuli sind. Ich habe den Zucker ins Klo gegeben (ich trinke meinen Kaffee ohne Zucker). Die Entzündung im Hals ging wunderbar nach einer Woche weg. Trotzdem lautet mein Fazit: Nie wieder zu dieser Ärztin.
Ein anderes Thema, das mich an dieser Ärztin aber auch sehr gestört hat, ist das Aufschwätzen dieser Individuellen Gesundheistleistungen (IGeL). Das hat zwar nichts mit Pseudomedizin zu tun, zeigt aber, wie geldgeil so manche Ärzte geworden sind.
@Mona
Aus meiner Sicht muss das jeder allein mit sich ausmachen. Wir haben doch eine grundgesetzlich garantierte Glaubens- und Gewissensfreiheit.
Hier nun ist die Frage, ob überhaupt Krankheitshosten entstehen. Das bezweifle ich nämlich aus den schon genannten zwei Gründen.
1. Anders gelingt es bei den Betroffenen wohl nicht, die Selbstheilungskosten zu mobilisieren. Will man das durch die klassische Medizin erreichen, dann entstehen dort sehr schnell horrende Kosten.
2. Nimmt man den Betroffenen auch diesen Strohhalm, dann sind (weitere) psychische Erkrankungen zu erwarten – und deren Kosten sind ebenfalls nicht unbeachtlich.
Daher ist mir der beste Weg zur Abwägung der Vor- und Nachteile derzeit eine Sensibilisierung der Heiler, damit die alle schweren Fälle rechtzeitig an die Schulmedizin verweisen.
@Mona Bücherzensur
Das musst Du mir als Buchhändler nicht sagen. Ich verkaufe den Leuten auch Bücher, die ich selber doof finde, weil ich es mir nicht anmaße zu bestimmen, was gelesen werden soll und was nicht. Eine Buchhandlung ist aber der freie Markt und nicht eine durch Gebühren und Steuergelder finanzierte Einrichtung wie VHS und Stadbücherei. Ich finde schon, dass solche öffentlichen Einrichtungen eine höhere Verantwortung haben, als eine sich nach der Nachfrage orientierende Buchhandlung.
Außerdem schaffen sich diese Einrichtungen ja ihre Nachfrage selbst. Wenn die Leiter und Einkäufer kein Interesse und keinen Sinn für wissenschaftliches haben, schlägt sich das ja auch im Angebot nieder und damit wieder in der Klientel, die von diesen Einrichtungen angelockt werden. Daher würde ich bestreiten, dass die “Leute”, das wirklich wollen, was in diesen Einrichtungen angeboten wird.
Zumindest kann man erwarten, dass die Astrologie nicht in der Astronomie-Ecke steht, sondenr eben unter “Lebenshilfe/Esoterik” oder so.
@Noyt
“Hier nun ist die Frage, ob überhaupt Krankheitshosten entstehen.”
Natürlich entstehen diese, wenn Krankheiten verschleppt werden und sich verschlimmern, weil sie zuerst nicht richtig behandelt wurden. Zudem sollte man die sog. Selbstheilungskräfte nicht überschätzen, bei schweren Krankheiten richten diese in der Regel nichts mehr aus. Außerdem sind Krankheiten auch ansteckend und wer als Bazillenschleuder rumläuft und seine Schule oder seinen Betrieb kontaminiert, weil er lediglich auf Zuckerkügelchen setzt, der verursacht dadurch weitere Kosten.
Soweit mir gekannt müssen Heilpraktiker schwere Fälle an die “Schulmedizin” überweisen. Für “Heiler” scheint das nicht zu gelten, da sie ja, wie ich oben schon schreib, von Gesetzeswegen eher in den religiösen Bereich fallen.
@Stefan
Was nutzt es einer öffentlich Bibliothek wenn sie Bücher im Regal hat, die nicht nachgefragt werden? Solche Bücher müssen doch auch bezahlt werden. Zudem kann über die Ausleihe festgestellt werden, wie oft einzelne Bücher nachgefragt werden. Wird ein Buch kaum oder gar nicht ausgeliehen, dann wird es aussortiert. Auch Stadtbüchereien oder Volkshochschulen werden nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten geführt, das sollte man nicht vergessen. Was natürlich nicht heißen soll, dass ein Buch wie die “Die Homöopathie-Lüge” in einer öffentlichen Bücherei keine Leser findet – ganz im Gegenteil. Die “Wissenschaftsstadt” Darmstadt scheint sich da tatsächlich einen Sonderstatus zu leisten.
[Antwort: Wenn ein Buch im Inventar einer Stadtbibliothek nicht auftaucht, kanne es dafür zwei Gründe geben: 1.) Es war nie im Inventar oder 2.) Es war im Inventar und wurde mangels Interesses wieder herausgenommen.
Wie kommt nun ein Buch ins Inventar? Es kann gespendet werden. Wäre ich in der Homöopathielobby beschäftigt, wäre dies die erste Marketingmaßnahme, die ich wahrnehmen würde. Natürlich wird dann noch seitens der Bibliothek entschieden, was ‘reinkommt und was nicht. Das ist keine Zensur, es geht aus Platz-, Kosten- und Qualitätsgründen nicht anders. Gespendete Bücher haben schon mal einen Vorteil.
Ohnehin haben Pro-Pseudomedizin-Bücher einen großen Vorsprung: man kann sie sehr simpel schreiben und sie sind einfach und preiswert herzustellen. Das Geschwurbel wie in meinem Artikel aus dem vhs-Programm zitiert kann man sich problemlos aus den Fingern saugen. Ein Buch, das sich kritisch mit der Pseudomedizin auseinandersetzt, muss dagegen gut recherchiert sein. Es drohen leicht mal Klagen der Pseudomedizin-Lobby. Man muss sich also nach allen Richtungen absichern und viele Papers lesen, und das Ergebnis ist nicht unbedingt so eingängig zu formulieren wie das esoterische Geschwafel. Schon mal ein Nachteil, aber das erklärt nur, warum es weniger solcher Bücher in den Bibliotheken gibt.
Hier aber liegt offenbar mehr vor, und zwar ein willentlicher, nicht durch Ausleihzahlen motivierter Filtereffekt. Im Katalog der Stadtbibliothek Darmstadt, einzusehen hier, sind vier Werke von Simon Singh enthalten. “Trick or Treatment”, in der deutschen Übersetzung “Gesund ohne Pillen”, jedoch nicht. Wieso nicht? Es handelt sich dabei wohlgemerkt um einen internationalen Beststeller, der viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat, um den es einen erfolglosen Prozess gegeben hat und auf den sich viele Webseiten der Pseudomedizin-Befürworter eingeschossen haben.
Das Buch würde kaum einer ausleihen und lesen wollen? Erscheint mir jetzt nicht so plausibel. Ich denke eher, das Buch soll einfach nicht in der Stadtbibliothek Darnstadt sein, so wie ja auch im Programm der vhs keine Kurse enthalten sein sollen, die sich kritisch mit der Esoterik-Scheinmedizin auseinandersetzen und so wie es auch keine Kontrolle der Kursanbieter und deren Kursbeschreibungen geben soll.
Der Realität muss man sich einfach mal stellen, denke ich. Sie scheinen das nicht akzeptieren zu wollen, was ich nachvollziehen kann. Es ist ja auch inakzeptabel. Übrigens sind in Darnstadt vhs und Stadtbibliothek im selben Gebäude untergebracht und bei Organisation und Verantwortlichkeiten gibt es Überschneidungen.
Vergessen wir bei dem Ganzen mal bitte nicht, dass sich gerade die Pseudomedizinbranchen gern als Underdogs im Kampf gegen die übermächtige Lobby der etablierten Medizin präsentieren. Klar kommt das gut an, das macht auch einen Teil des Image aus, aber man sollte bedenken, dass dieses Image wohl nicht ganz der Realität entspricht.
MK]
@Mona
“Auch Stadtbüchereien oder Volkshochschulen werden nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten geführt, das sollte man nicht vergessen.”
Da habe ich so meine Zweifel. Es geht diesen Einrichtungen nicht um die Maximierung der Nutzerzahlen, sondern nur darum, dass genügend Leute die Einrichtungen nutzen, um ihre Existenz zu rechtfertigen. Wie ich geschrieben habe, reicht es aber dafür völlig sich einen eigenen Nutzerkreis zu erschaffen.
Ich behaupte jetzt einfach mal, dass in den meisten Städten die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger weder VHS noch Stadtbücherei überhaupt nutzen – höchstens vielleicht für die Kinder. Ich kann damit natürlich falsch liegen.
Placebo-Effekt
In Vorkommentaren kam der Vorschlag hoch, sich die Wirkung des Placebo-Effektes “taktisch” zunutze zu machen, um so die Chancen der Heilung zu verbessern.
Dieses Argument wurde auch in dem von mir unten im Artikel genannten Buch “Trick or Treatment” von Simon Singh und Edzard Ernst angesprochen und die Autoren haben darauf eine meines Erachtens sehr treffende Antwort.
Ein wesentlicher Faktor, vielleicht sowar der wichtigste überhaupt in der Heilkunst, ist das Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Arzt. Wenn nun Ärzte aus behandlungstaktischem Kalkül, und etwas anderes wäre das ja wohl dann kaum noch, dem Patienten eine reine Scheinbehandlung empfehlen, eine erwiesenermaßen keine Wirkung haben kann und ganz auf absurden, widersprüchlichen Thesen beruht, die keiner wissenschaflichen Betrachtung standhalten, dann wird dieses Vertrauensverhältnis unweigerlich und wahrscheinlich irreparabel zerstört. Wie soll denn jemand noch wissen, ob er sich darauf verlassen kann, was ihm da gerade erklärt wird oder ob er da gerade etwas vom Pferd erzählt bekommt, nur um ihn moralisch aufzubauen?
Selbiges gilt nicht nur in Bezug auf die Homöopathie oder ähnliche Pseudomedizin. Wenn ich beispielsweise todkrank wäre, und mein Arzt würde mir ständig die Wahrheit vorenthalten, um mich nicht zu demoralisieren, dann würde ich das sicher bald schon merken. Das würde dann allerdings den gegenteiligen Effekt zum gewünschten haben – ich würde davon ausgehen oder zumindest vermuten, dass die begonnene Behandlung ohnehin nichts bringen wird, selbst wenn sie durchaus Erfolgschancen bietet.
Wenn nun der Placebo-Effekt funktioniert, und alles weist darauf hin, dass er das tut, dann muss zwangsläufig auch das Gegenteil zutreffen, d.h., dass Misstrauen und generelle, diffuse Zweifel am Erfolg der Behandlung die Heilungschancen verringern. Das eine geht nicht ohne das andere. Wer Hü sagt, muss auch Hott sagen.
Also: Würde im Gesundheitswesen dieser Weg eingeschlagen und damit das Anlügen des Patienten gewissermaßen zum Grundprinzip erklärt, dann würde das sehr schnell nach hinten losgehen. Das Vertrauen der Patienten wieder herzustellen, wäre aber wahrscheinlich sehr schwierig.
Ich würde als Patient immer wollen, dass man mir reinen Wein einschenkt. Wenn die Chancen schlecht sind, soll man mir das sagen. Wenn die Situation hoffnungslos ist und ich vor der Wahl stehe: Ohne weitere Behandlung 3 gute Monate und ein schlechter – mit aggressiver Behandlung maximal 4 gute Monate und 6 schlechte, soll man mir das genau so sagen, ich treffe dann eine informierte Wahl. Wenn der Arzt nicht weiß, ob eine Behandlung anschlägt, bei der zum einen das Risiko der Nebeneffekte sehr hoch ist, zum anderen aber, wenn es wirken sollte, dies meine letzte Trumpfkarte ist, dann soll er mir das genau so erklären.
Ja, vielleicht kostet das etwas mehr, weil der Arzt sich mehr Zeit nehmen muss. Dann soll das halt mehr kosten. Auf der anderen Seite hat der Patient die Gewissheit, nicht an der Nase herumgeführt zu werden.
Es mag immer noch so sein, dass ein Arzt etwas falsches erzählt. Weil er es selbst nicht besser weiß, weil die Medizin einfach noch nicht so weit ist oder aber weil dieser Patient anders ist als die anderen, die bisher diese behandlung erhalten haben. Aber auch das kann man Leuten vermitteln.
Ich plädiere dafür, das Vetrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient als höchstes Gut einzustufen. Zusätzlich könnte man daran denken, heute nur als rein chirurgisch oder internistisch gesehene Behandlungen mit einer psychologischen Betreuung zu verbinden, um den Patienten auch mental aufzubauen, damit er der bevorstehenden schweren Zeit besser gewachsen ist.
Aber für Pseudomedizin, die rein aus taktischem Kalkül heuaus angewandt wird, sehe ich hier keinen Platz. Nicht nur wegen des Reisikos der Verschleppung, sondern vor allem wegen der wichtigen psychischen Komponente im Heilungsprozess.
@Michael Khan, @Mona
Sehe ich ganz genauso – und habe es oben (16.06.2013 12:18) schon geschrieben. Denn mir ist Homöopathie bei Ärzten (jedenfalls in der Regel) fehl am Platze (siehe so auch gerade Stefan).
Aber darum greift das ‘Gegenargument’ von Singh und Ernst auch nicht, wenn es um Homöopathie allgemein geht und um Heiler oder Heilpraktiker, die keine Ärzte sind – und nur darum ging es hier ursprünglich.
Den Glauben an diese Personen aber darf man auf einer ganz anderen Ebene lassen als den an Ärzte: Wer zum Arzt geht, der erwartet zu Recht eine schulmedizinische Behandlung. Geht der Arzt ohne Hinweis andere Wege, dann ist das in der Tat eine Enttäuschung und dann geht das nach hinten los. Allerdings wollen gewiss nicht alle Patienten so rational informiert werden wie Sie – da gibt es durchaus gravierende Unterschiede. Und psychologisch ist es (gerade wenn nichts mehr geht) nicht selten besser, das mit den Worten zu verleugnen – auch wenn alle Beteiligten (inklusive des Kranken) wissen, wie es wirklich steht. Die Menschen sind eben nicht so rational wie man oft glaubt.
Das Gegenargument geht auch noch aus einem anderen Grunde fehl: Der Erfolg der Homöopathie beruht ja nicht auf deren Anwendung durch Ärzte – sondern auf dem oft nicht mehr bestehenden Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patienten, aufgrund dessen sich die Patienten an andere Helfer wenden – eben die hier problematisierten. Hätten sich die Ärzte immer diese Zeit genommen und sich auf ihre Patienten eingelassen, dann gäbe es nicht die Alternativen. Aber dieses Vertrauen zurückzugewinnen ist nunmal anstrengend und das dauert. Der Mensch ist dann eher bereit, anderen Wege zu versuchen. Warum soll man es ihm verdenken oder es unterbinden?
Auch das mit @Mona diskutierte Kostenargument greift dann nicht gegen die Heiler etc. Dort zahlen erstmal die Patienten selbst, die Gesellschaft übernimmt diese Kosten nicht – also wird das Gesundheitssystem sogar entlastet. In vielen Fällen erledigt sich das Problem dann auch – denn viele leichtere Krankheiten heilt der Körper eben doch selbst und deren Verbreitung kann auch der Arzt nur selten auf Knopfdruck abstellen. Wer also weiter auf Arbeit geht, verbreitet oft auch, wenn er vom Arzt behandelt wurde (da sollte man lieber wieder die Möglichkeit einführen, ohne Attest zuhause zu bleiben – denn auch für das Abholen des Attestes muss man unter Menschen und verbreitet damit die Krankheit).
In den schweren Fällen kann die Selbstheilung allein zwar nicht viel ausrichten, aber dort sollte man auch nach meiner Sicht ‘regulieren’ oder sensibilisieren – aber eben die Heiler etc. So reduziert man nämlich effizient die Kosten: Selbtheilungskräfte werden für die Gesellschaft kostenlos in allen Fällen mobilisiert – schwere Krankheiten werden für die Gesellschaft kostengünstig früh behandelt – und Vertrauensfähigkeit wird für die Gesellschaft kostenlos wieder aufgebaut.
[Antwort: Ein seltsames Konzept. Da sollen die Ärzte immer mit offenen Karten spielen müssen, die Apotheker, Krankenpflgere und Hebammen und sonstwie qua medizinischer Ausbildung zum Gesundheitsbetrieb gehörend. Dann soll es noch die “Heiler”geben, für die das alles nicht geht und die ihre Kunst auf einem Lügengebäude aufbauen dürfen.
An der Grenze zwischen beiden Gruppen soll alles klar unterteilt bleiben:
Die Ärzte und Apotheker unterliegen nicht der Versuchung, im Markt der esoterischen Scheinheilkunst zu “wildern”, egal wie profitabel das ist.
Die “Heiler” kennen und akzeptieren ihrerseits genau ihre Grenzen und geben den Fall sofort an die richtige Medizin ab, wenn sie damit offensichtlich nicht zu Rande kommen, weil sie sich ja der Grenzen ihres “Könnens” und der Unwahrheit ihrer Thesen jederzeit voll bewusst sind.
Wie wahrscheinlich ist denn das?
Zwischen den Fronten stehen die Patienten, über die Dritte ganz genau zu wissen meinen, was die wollen und was man denen erzählen darf und was besser nicht, bzw., dass die gar nicht die ganze Wahrheit hören wollen. So ein Bild von Patienten klingt reichlich nach Bevormundung. Ich würde jetzt aber einfach mal Folgendes behaupten: Was das Gesundheitssystem nicht braucht, ist mehr Bevormundung der Kranken.
Dass übrigens eine wegen einer Scheinbehandlung verschleppte medizinische Diagnose und Behandlung gesellschaftliche Kosten verursacht (und natürlich auch individuelle), ist ein tatsächliches Problem, das man nicht einfach dadurch löst, dass man es ignoriert oder leugnet.
Jürgen Bolt hat in seinem wie immer ausgewogenen und faktenreichen Kommentar existierende Mängel des Gesundheitssystems genannt. Wir sollten diese lösen, anstatt mit Scheinwissenschaften herumzuexperimentieren. Ich halte es für fatal, willentlich Unwahrheiten aufzutischen und das auch noch zur Methode zu machen. An Ende steht da immer nur Verunsicherung und Vertrauensverlust. MK]
@Michael Khan: richtige Rationalität
Haben Sie meinen Einwurf wirklich mal mit Ihrem System 2 durchdacht oder ist das nur verständliches Aufbegehren dagegen mit System 1? Diese Unterscheidung stammt übrigens nicht von mir, sondern aus dem von @Jürgen Bolt oben zitierten Buch von Daniel Kahnemann, Thinking fast and slow (fast ist System 1 = emotionale Reaktion, slow ist System 2 = fast emotionslose Rationalität). Daraus ergibt sich auch das Emotionen-Problem und eine gewisse Tendenz zur Selbstbestätigung von System 1.
Nach der Vorstellung von System 1 geht es in Deutschland immer nur um die absolute Wahrheit und das absolut Richtige. Menschliche Befindlichkeiten sind dort gerade für den Bereich der Medizin ausgeschlossen. (Obwohl sie eigentlich Teil ebendiesen Systems 1 sind.)
Nach System 2 muss man etwas mehr abwägen. Denn die absolute Wahrheit kann manchmal nicht helfen – gerade weil System 1 der Betroffenen davon (trotz gegenteiliger Behauptungen) nur wenig hält. Insofern hätte also auch ich hier nicht rational gegen Ihre ‘rationalen’ Erwägungen angehen dürfen – denn das Ergebnis war vorhersehbar.
Aber ich will mal versuchen auf System 2 weiterzuschreiben, vielleicht gelangen wir dann wirklich in die jedenfalls aus meiner Sicht bisher noch nicht erreichte Rationalität.
Mein Idealbild wäre eine Welt mit perfektem Vertrauen zwischen Ärzten und Patienten, mit perfektem Glauben der Patienten an sich selbst und an die Gesellschaft und mit perfektem Wissen aller über Möglichkeiten und Grenzen allen menschlichen Handelns.
Gibt es leider nicht, also muss ein Mittelweg gefunden werden – und der ist nunmal immer mit Risiken behaftet. Also geht es um Abwägung dieser Risiken.
Bei der Homöopathie sehe ich nur folgende, entgegen Ihrer Antwort von mir schon mehrfach zugestandenen Risiken:
RH-1. Kosten verschleppter Diagnose und medizinischer Behandlung
RH-2. Risiko weiteren Vetrauensverlustes zum medizinischen Personal
Bei der konsequenten Aufklärung gegen Homöopathie sehe ich folgende Risiken:
RA-1. Unverwendbarkeit der Selbstheilungskräfte bei Menschen ohne Vertrauen in das medizinische System (und das sind die, die zur Homöopathie wechseln)
RA-2. Psychische Probleme ob fehlenden Glaubens und daraus folgende Behandlungskosten (auch für viele Folgeerkrankungen!)
RA-3. insgesamt hohe Kosten für die Behandlung nicht behandelbarer Wehwehchen vieler Einzelner
RA-4. derzeit nur selten umfassende persönliche Betreuung
Was sind nun die Vorteile? Der Homöopathie:
VH-1. keine gesellschaftlichen Kosten für ‘Behandlung’ vieler nicht sinnvoll behandelbarer kleinerer Wehwehchen
VH-2. ausgiebige persönliche Betreuung der ‘Kranken’
VH-3. psychische Stabilität ohne Kosten für die Gesellschaft
VH-4. vielleicht sogar Nutzung von Aspekten der Salutogenese (siehe Trota von Berlin)
Vorteile der Propaganda dagegen:
VA-1. rationale Entscheidung der Patienten
VA-2. keine Abgrenzungsschwierigkeiten oder Randzonen
Nun muss man das auflösen – und dort wird es schwierig, denn die reine Anzahl von Argumenten kann nicht entscheiden, zumal hier gewiss auch noch Argumente fehlen.
Rein von den Kosten dürfte die reine Aufklärung insgesamt (also über alle Fälle berechnet) heute deutlich teuerer sein – auch wenn es dort nur um verdeckte Kosten geht. Statistiken sind mir nicht bekannt, aber das wäre mal wirklich interessant.
Andererseits ist es, wie Sie schreiben, gewiss schwierig, die Grenze zu ziehen. Nur sehe ich dort nicht das Problem der Ärzte, denn vom Verkauf der homöopathischen Mittel haben die nichts. Und auch der Apotheker macht sich schadensersatzpflichtig, wenn er bei entsprechender Indikation oder Verlangen des Patienten nach Heilmitteln nur Globuli empfiehlt. Und beide Berufsgruppen sind reglementiert, sprich können (wenn gewollt) hinreichend kontrolliert werden.
Und was die ‘Lügengebäude’ angeht – die haben dieselbe Berechtigung wie alle Religionen, wobei auch der reine Glaube an Rationalität und Wissenschaft ein solcher Glaube ist. Denn der Nutzen von Beten o.ä. ist auch nicht wissenschaftlich nachweisbar – obwohl gemeinsames Beten ja auch helfen soll (siehe aber meine Kritik an der Studie dort, allerdings unter dem hier irrational gesperrten Original – denn Rationalität braucht ja auch Einwände und argumentativen Streit).
Was die ‘Bevormundung’ der Patienten angeht – so ist es deren Entscheidung, sich an Heiler oder an Ärzte zu wenden, also gibt es insofern keine Bevormundung. Wer wissen will – der findet heute schon schnell und ausreichend die entsprechenden Informationen.
Auch darum gehe ich völlig mit Ihnen mit: Was das Gesundheitssystem nicht braucht, ist mehr Bevormundung der Kranken. Allerdings schrieb ich zu keiner Zeit, dass irgendwelche Dritte ganz genau zu wissen meinten, was richtig ist. Das bezweifle ich gerade – während Sie darauf beharren, genau das zu wissen: Nach Ihnen ist nämlich die reine Rationalität das für ALLE Richtige! Also wollen Sie gerade alle Kranken bevormunden, was ich überhaupt nicht will.
Das ist aus dem alleinigen Glauben an die Rationalität des Menschen nicht leicht zu verstehen – aber dieser Glaube ist sehr einseitig. Schön dazu sowohl der obige Kahnemann, als auch für das Denken allgemein Daniel Ariely (Predictably Irrational oder The Upside of Irrationality: The Unexpected Benefits of Defying Logic at Work and at Home), für die Psychologie verweise ich mal nur auf Trota von Berlins Beitrag über Anne Ancelin Schützenberger und für die Wirtschaft Stephen A. Marglin (The Dismal Science: How Thinking Like an Economist Undermines Community). Wenn Sie wollen kann ich die Liste aber gern noch fortführen…
Ich denke, das war nun ausgewogen und faktenreich genug, als Take-home-message: Rationalität ist gut aber sie ist bei Weitem nicht alles. Und der Glaube an Homöopathie spielt zu nicht geringem Teil in der zweiten Liga. Wenn die Mängel des Gesundheitssystems einmal behoben sind (dort hätte ich noch einiges ggü. dem Beitrag von @Jürgen Bolt zu ergänzen), dann wird sich aber auch das Problem der Homöopathie ganz von allein lösen – schließlich hätten dann die Menschen Vertrauen in ihre Ärzte und fänden dort auch menschliche Betreuung. Vorher wird der hier propagierte Frontalangriff aber nur noch mehr Probleme schaffen – denn er verengt den Menschen auf dessen rationale Seite, die gerade im Krankheitsfall nur wenig vermag; der Placebo-Effekt gehört nämlich nicht dazu.
Hokuspokus in der Wissenschaftsstadt
Sehr geerter Herr Kahn,
ich als (Frauen)Arzt finde es mehr als bemerkenswert, womit Sie sich neben Ihrer wissenschaftlichen Arbeit bei der ESA so beschäftigen.
Als ehemals in Darmstadt langjährig tätiger Arzt bin ich etwas zwiegespalten. Ihrer und der Meinung von “Mona” (viele Grüße!) kann ich nur teilweise zustimmen.
Einerseits leben wir (vor allem in der Geburtshilfe!) in einer absoluten Eventgesellschaft. Da ist jedes Mittel zur Befriedigung des eigenen Friedens Recht. Und sei es die Homöopathie. Allerdings weden fragliche Globulie leicht mit der auch von mir sehr gechätzten und auch persönlich praktizierten Naturheilkunde verwechselt.
Andererseits sind wir Ärzte selbst daran Schuld, da uns in den letzten Jahrzehnten das wichtige Feld der individuellen Zuwendung immer mehr abhanden gekommen ist.
Dies und “gute Worte” können dazu beitragen, Medikamente (welcher Art auch immer) einzusparen und deren Wirkung auf die PatientInnen sinnvoll zu verstärken. Denn es ist nachgewiesen, dass auch wissenschaftlich evaluierte Medikamente neben ihrer Wirkung der Inhaltsstoffe einen großen Plazeboeffekt haben.
Ihnen bei Ihrer verantwortungsvollen und von mir sehr geschätzten Arbeit bei der ESA alles Gute, Ihr A.Worms
Vertrauensverhältnis @Noyt
Bei allem Respekt, auch wenn es ein interessanter Gedanke ist den Glauben bzw. Placebos in Bezug auf Gesundheitsfragen stärker zu bewerten, so entfernt sich die Medizin damit doch etwas von ihrer ursprünglichen Aufgabe. Medizin sollte nicht zu einer Religion “light” verkommen. Falls wirklich jemand an Gesundbeterei etc. glaubt, dann kann er ja immer noch zum Schamanen seines Vertrauens gehen.
Nebenbei bemerkt: Manchen Christen ist die Homöopathie auch nicht ganz geheuer. Sie wollen keine Konkurrenzreligion, die ein sofortiges Heilsversprechen im Programm hat. Außerdem glaubte Samuel Hahnemann an ein ziemlich wirres Konglomerat aus Freimaurerei und Okkultismus. Was ihn aber nicht daran hinderte Jesus einen “Erzschwärmer” zu nennen.
Ich würde, wie Michael Khan, das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patienten ebenfalls als hohes Gut einzustufen. Allerdings hat dieses Verhältnis bereits einige Risse bekommen, weil manche Ärzte zunehmend am lukrativen Boom mit der Pseudomedizin mitverdienen möchten und bei ihren Patienten im Hinblick auf einen Zuverdienst sogar Ängste schüren. Es ist also nicht so, dass da immer nur wohlmeinend gehandelt wird.
Wie @Dr. Andreas worms schreibt ist den Ärzten “in den letzten Jahrzehnten das wichtige Feld der individuellen Zuwendung immer mehr abhanden gekommen”. Da sehe ich auch so, weil alles nur mehr unter wirtschaftlichen Aspekten gesehen wird. Und natürlich können “gute Worte” dazu beitragen Medikamente einzusparen, diese sollten aber nicht aus unwissenschaftlichen Hokuspokus bestehen, sondern in einer besseren Aufklärung münden. Zudem sollte allgemein die Prophylaxe stärker in den Vordergrund treten. Hygiene und gesunde Ernährung sollten meines Erachtens schon in der Schule unterrichtet werden.
@Mona: Medizin & Homöopathie
Ich weiß wirklich nicht, wie ich es noch ausdrücken soll: Für die Medizin bin ich ganz bei Ihnen und bei @Michael Khan, die Mediziner haben die Aufgabe medizinisch zu heilen. Das ist und bleibt ihre Bestimmung.
Daher soll die Medizin nicht zu einer Religion ‘light’ verkommen – obwohl sie schon heute selbst Religion ist (siehe den Mediziner und Theologen Manfred Lütz, Lebenslust: Wider die Diät-Sadisten, den Gesundheitswahn und den Fitness-Kult). Auch bin ich voll und ganz Ihrer Meinung, dass Homöopathie nicht wirklich zu den anderen Religionen passt – sie ist eher eine säkulare Religion für nicht im klassischen Sinne Religiöse und nicht mehr an die Medizin-Religion glaubende.
Und: Das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patienten ist mir das Wichtigste. Das gilt es wieder aufzubauen – und wenn es wieder da ist, wird der ‘Hokuspokus’ auch wieder verschwinden. Aber bis dahin richtet er weniger Unheil an als seine Bekämpfung.
Zum Schluss @Noyt
OK, wenn man den ganzen Wildwuchs von der Medizin abtrennt, dann will ich Ihnen nicht widersprechen. Schlimm wird es nur, wenn der “Gesundheitswahn” regelrecht pathologische Züge annimmt und die Betroffenen sich in völlig irrationale Esoterik-Vorstellungen flüchten. Gegen “Wellness” als Hobby wäre ja nichts einzuwenden.
Placebos
Wissenschaftl. fundierte Untersuchungen zu Placebo-Effekten und Überlegungen zu deren potentiellem therapeutischen Nutzen finden ja längst statt, und das ist auch gut so.
Finniss, Damien G., et al. “Placebo Effects: Biological, Clinical and Ethical Advances.” Lancet 375.9715 (2010): 686. [HTML]
Eine Aufweichung wissenschaftl. Standards zwecks Förderung der Akzeptanz homöopathischer Praktiken oder dergleichen wäre allerdings so ziemlich das Dümmste, was einem einfallen kann. Scharlatane hat es ohnedies mehr als genug.
Pillen als Amulett
Pillen in Amulettform könnte ich mir als clevere Verbindung von magischem Denken und Schulmedizin vorstellen.
Amulette scheint es in allen Kulturen zu geben und Moslems gelingt es sogar Magie mit Islam zu verbinden, wenn sie Amulette so einsetzen:
“Bei den Arabern sind Amulette Ledertäschchen mit eingenähtem Papier, auf das eine Koransure oder ein magisches Zeichen geschrieben ist. Sie verbreiten die islamische Segenskraft Baraka.”
Personalisierte Medizin wäre dann ein Pillenamulett, welches auf den Patienten zugeschnitten ist, nicht indem die Arznei in der Pille, sondern indem die Verpackung der Pille als Amulett auf den Patienten zugeschnitten ist.
Hirntumor und Homöopathie
Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass das nicht immer so ist.
Vor einigen Jahren stellte ich seltsame Veränderungen der Persönlichkeit meines Vorgesetzten fest. Symptome waren insbesondere Artikulationsschwierigkeiten und nicht nachvollziehbare Gedankengänge.
Obwohl ich es als etwas heikel empfand, ihn darauf anzusprechen, tat ich es trotzdem und frage ihn frei heraus, ob er in ärztlicher Behandlung sei. Er bejahte die Frage. Er sei bei einem Homöopathen in Behandlung.
Ich halte gar nichts von Homöopathie, wollte seine Überzeugungen aber nicht frontal attackieren. Ich wollte ihn lediglich überzeugen, eine Zweitmeinung von einem Mediziner einzuholen.
Der Stellte eine recht grossen, glücklicherweise gutartigen Hirntumor fest. Die operative Entfernung verlief sehr gut und er erholte sich ziemlich rasch.
[Antwort: Auch wenn dies ein Einzelfall ist und deswegen fairerweise nicht für sich genommen zur Beurteilung herangezogen werden kann, illustriert er doch, dass irgendein merkwürdiges Konstrukt, bei dem versucht wird, die Pseudomedizin zu fördern, sie aber doch von der echten Medizion abzugrenzen, illusorisch ist.
Mir ist aus der Zivildienstzeit ein Fall bekannt, bei dem eine Tumor-Diagnose und -behandlung aufgrund der zu langen Bemühungen eines Homöopathen solange verzögert wurde, dass es schon längst zu Metastasierung und einem inoperablen Zustand gekommen war. Solche Fälle sind sicher nicht selten. Natürlich kann es auch ohne Zutun eines Pseudomediziners dazu kommen, etwas weil der Patient gar nicht zum Arzt geht, weil er Symptome nicht bemerkt oder sie verdrängt. Oder der Arzt macht einen Fehler. Davor ist man natürlich auch bei einem richtigen Arzt nicht gefeit. Wie auch immer, ich halte es für wenig wünschenswert, noch eine weitere Problemquelle in Form eines Pseudomediziners hinzuzufügen. MK]
Hallo Peter B.
Hallo Peter B., das ist eine schöne Geschichte. Sie sind wie ich Hobbyarzt. Schön, dass es so viele Hobbyärzte gibt in dieser Welt und besonders hier in den so wissenschaftlichen Scilogs.
[Antwort: Guten Tag, Herr F. Schön. dass es Ihnen in den scilogs so gut gefällt. Ganz unschön ist allerdings, dass sich in freier Wildbahn so viele angelernte Hobbyärzte tummeln, sie nennen sich auch homöopathische Heilpraktiker. Auch unschön ist, dass die Volkshochschule es diesen Leuten ermöglicht, auf Kosten des Steuerzahlers auf Patientenfang zu gehen. Ich hoffe, mein Beitrag hat beim einen oder anderen etwas gesundes Misstrauen gegenüber diesen Leuten geschürt. MK]
Hallo Hannes F.
Hallo Peter B., das ist eine schöne Geschichte. Sie sind wie ich Hobbyarzt. Schön, dass es so viele Hobbyärzte gibt in dieser Welt und besonders hier in den so wissenschaftlichen Scilogs.
Ich bin nicht Hobbyarzt und erlaubte mir auch keine Diagnose, sondern empfahl ihm, die Meinung eines dazu befähigten Mediziners einzuholen.
Falls sie meine Schilderung dieses einen Falls dahingehend interpretieren, dass ich alle Homöopathen für verantwortungslose Gesellen halte, liegen Sie falsch.
@Noït Atiga (oder wie auch immer )
Sie üben sich in Schwarz-Weiß-Malerei und kommen zu Charakterisierungen der Pseudomedizin gegenüber der echten Medizin, die einfach nicht nachvollziehbar sind.
Zum einen ist der Placeboeffekt weithin bekannt und ist nicht nur ein “Merkmal” der pseudomedizinischen “Behandlung”. Der Placeboeffekt ist im Grund nichts als die Konsequenz des Vertrauens, das ein Patient den ihn behandelnden Menschen wie auch der angewandten Behandlung entgegenbringt.
Alles, was geeignet ist, dieses Vertrauen zu schädigen , wird sich über kurz oder lang auch negativ für den Erfolg einer medizinischen Behandlung auswirken. Pseudomedizinische Verfahren sind nicht deswegen erfolgreich darin, den Placeboeffekt zu nutzen, weil diesen Verfahren irgend etwas besonderes innewohnt, was die Psyche des Menschen berührt und so erst die Wirkung des Placeboeffekts ermöglicht. Sie sind allein deswegen erfolgreich darin, den Placeboeffekt zu nutzen – und nichts anderes, wohlgemerkt – weil sie die Kranken, die sich diesen verfahren anvertrauen, irreführen. Das heißt, Pseudomedizin wirkt umso besser, je unimnformierter die Menschen sind. Idealerweise hält man sie ganz dumm, dann wirkt der Humbug am Besten. Wollen wir das? Wohl kaum.
Als nächstes schreiben sie der Homöopathie eine bessere persönliche Betreuung des Kranken als die echte Medizin zugute, so als sei das tatsächlich ein inhärenter Vorteil der Homöopathie. Das macht ja nun gar keinen Sinn. Hier haben wir doch wirklich nur einen finanziellen Effekt. Es ist doch nichts inhärent an der echten Medizin, was per se verhindern würde, dass der Arzt sich vertieft um den Patienten kümmert, außer der Summe Geldes, die das gesundjheitssystem bereit ist, zu zahlen.
Unbestritten liegt eine ganze Menge im Gesundheitssystem im Argen. Das sollte auch verbessert werden, vieles könnte sogar die Betreuung deutlich verbessern, ohne dass die Kosten aus dem Ruder laufen, beispielsweise die Betonung der Prävention anstatt der Heilung und die verstärkte Bemühung um die Infektionsabwehr anstatt der Infektionsbehandlung. Mit Homöopathie oder irgendwelchen spirituellen Fragen hat das gar nichts zu tun.
Ich kann mit Ihrer andeutungsreichen, ausufernden Argumentation, die offenbar ins Religiöse oder zumindest Spirituelle zielt, nichts anfangen.
Ebenso wenig kann ich mit Versuchen anfangen, Blogs zu kapern, um dort sein Steckenpferd zu reiten. Thema des aktuellen Artikels ist nicht das, wovon Sie immer wieder anfangen. Das wissen Sie ganz genau. Merkmal der Kosmologs war immer, dass in den Diskussionen nicht von immer denselben Leuten die ewig gleichen Argumentationsketten abgefeiert werden. Das beschreibt eher andere Blogumgebungen.
Ich werde nicht zulassen, dass aus “Go for Launch” so etwas gemacht wird. Ich bitte dafür um Verständnis … und Einsicht. Allerdings werde ich auch, wenn Verständnis und Einsicht ausbleiben, Maßnahmen ergreifen, die mir geeignet erscheinen.
Trends, Esoterik-Szene SciLogs
Der neueste Trend in der Esoterikszene ist ´Quantenheilung´ – dafür gibt´s bestimmt auch bald einen Kurs bei Ihrer VHS.
SciLogs gehört auch irgendwie zur Esoterik-Szene (so mein Eindruck) – und wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen:
Ich habe hier schon seit Jahren immer wieder konkret darauf hingewiesen, dass sich die sogenannten ´Nahtod-Erfahrungen´(NTEs) komplett als bewusst erlebbarer Erinnerungsvorgang erklären/bescheiben lassen. Statt meine Behauptungen zu prüfen werde ich hier regelmäßig ´abgebügelt´. Man gibt mir zu verstehen, dass meine Hinweise unerwünscht sind, fühlt sich nicht zuständig oder ignoriert sie. Ich habe den Eindruck, dass es hier nur Hard-Core-Esoteriker gibt – denn seriöse Wissenschaftler würden derartige Behauptungen nachprüfen.
Ganz konkret: Die wichtigste Basis für die NTE-´Forschung´ ist das 1975 erschienen Buch von Dr. Moody ´Leben nach dem Tod´- er schreibt u.a. (Kapitel ´Das Lichtwesen´) dass man parallel zur NTE die Umgebung wahrnehmen kann. – nach meiner Sichtweise muss man für Sinneswahrnehmungen lebendig und bei Bewusstsein sein. Aber ausgerechnet diese Annahme wird von der NTE-´Forschung´ komplett ignoriert – und auch bei SciLogs finde ich mit diesem Argument keinen Widerhall.
Meine Behauptung, dass NTEs naturwissenschaftlich (als Erinnerungsvorgang) erklärt werden können – heisst nichts anderes, als dass NTE-´Forschung´ seit 1975 gepfuscht hat.
[Antwort: Mir ist nicht bekannt, dass eine solche Diskussion in den kosmologs stattgefunden hat. Ganz bestimmt nicht in “Go for Launch”. Auf Dinge, die anderen Blogumfeldern geschehen, gar in den chronologs, habe ich keinen Einfluss. Zu den chronologs habe ich natürlich auch eine Meinung, die gehört aber nicht hierher. Ich bitte Sie, gegebenenfalls ihre Beobachtungen dort einzubringen und zu diskutieren. MK]
@Michael Khan, @all
Da jetzt auch noch meine Kopie hier als Spam gefiltert wird – versuche ich den gerade verfassten Beitrag unter diesem Namen zu veröffentlichen. Allerdings gehe ich davon aus, dass die Unwissenschaftlichkeit hier dauerhaft Einzug gehalten hat und dieser Beitrag darum gar nicht erst erscheinen wird – oder nur zensiert.
@all: Entschuldigung
Ich muss mich entschuldigen – es liegt wohl diesmal nicht am Zweitnamen, sondern an einem Absatz meiner Entgegnung. Allerdings finde ich darin nichts Anstößiges (der Rest wurde jetzt zwischengespeichert). Der betreffende Absatz enthielt allerdings drei Links und die entsprechenden Namen von Autoren der Brain- und Wissenslogs. Obs daran liegt? Leider ist die Antwort nicht sehr aussagekräftig, wenn man komplett abgelehnt wird. Auch das ist mir nicht so recht mit Wissenschaftlichkeit vereinbar – aber gut.
[Antwort: Bitte haben Sie Verständnis dafür dass Ihre Vorstellung von Wissenschaftlichkeit, die Ihnen natürlich zusteht, für mich in meinem Blog keinerlei bindenden Charakter hat. Ich ziehe nicht in Zweifel, dass man Ihre Beiträge andernorts sehr zu schätzen weiß. MK]
Homöopathika
…können durchaus einen Platz in der wissenschaftlichen Medizin haben. Fast jeder Hausarzt dürfte die Situation kennen, dass ein organisch gesunder Patient trotz aller ärztlicher Kunst irgendwelche Beschwerden nicht loswird. In solchen Fällen kann es angezeigt sein, es mit einem homöopathischen Mittel zu versuchen, mit dem Hinweis, dass es sich bei diesem Mittel nicht um ein Medikament im üblichen Sinne handelt, aber dafür sei es absolut nebenwirkungsfrei und seine regelmäßige Einnahme habe schon manchem Patienten geholfen. Das könne man doch mal probieren.
Das ist meiner Auffassung nach medizin-ethisch völlig einwandfrei.
In solchen Fällen wären aufklärerische Volkshochschulkurse vielleicht kontraproduktiv, aber wirklich nur vielleicht. Selbst wer weiß, dass praktisch kein Wirkstoff in den Globuli enthalten ist, kann von deren Wirkung überzeugt sein. Der menschliche Geist ist ein Mysterium.
@Gast
“Fast jeder Hausarzt dürfte die Situation kennen, dass ein organisch gesunder Patient trotz aller ärztlicher Kunst irgendwelche Beschwerden nicht loswird.”
In dem von mir weiter oben wiedergegebenen persönlichen Erfahrungsbericht ist es aber genau umgekehrt gewesen: Ich hatte eine Infektion, die (vermutlich) korrekt diagnostiziert wurde und mit einem dafür zugeschnittenen Medikament mit echtem Wirkstoff behandelt wurde. Das nutzlose Homöodingsbums wurde mir zusätzlich(!) einfach aufgeschwätzt. Warum verhalten sich Ärzte so?
[Antwort: Gute Frage. Mir wurde von einer befreundeten Ärztin mal gesagt – sie selbst hat mit Homöopathie und sonstigem Humbug nichts am Hut – zu ihr in die Praxis kämen dauernd Leute, die nicht eher zufrieden sind, als bis sie etwas verschrieben gekriegt kriegen. Wenn die eine leichte Erkältung habemn und die Ärztin sagt ihnen, sie sollen sich ins Bett legen, es ausschwitzen, Kräutertee mit Honig trinken und sich entspannen, dann reicht denen das nicht. Es muss ein Medikament sein, und zwar nicht nur eine Salbe, nein, idealerweise etwas, dessen Wirkung sie nicht verstehen. Eigentlich wären die mit Antibiotika zufrieden, aber die Ärztin sagt, dass sie niemals so etwas sinnlos verschreiben würde. Bei einer Erkältung ist ein Antibiotikum in der Regel für die Behandlung sinnlos und ansonsten schädlich – weil das erstens individuelle Nebenwirkungen hat und schlimmer noch die Resistenz von Bakterien gegen Antibiotika fördert – also auch gesellschaftliche Nebenwirkungen. Dann schreibt sie halt was homöopathisches auf. Das wirkt nicht, schadet aber auch nicht, die Leute gehen weg und sie hat ihre Ruhe bzw. schafft es so überhaupt, die anderen Patienten um Wartezimmer auch noch zu behandeln.
Das geht also in etwa in die Richtung, die Dr. Worms in seinem Kommentar andeutet. Ehrlich gesagt, die Handlungsweise kann ich sogar nachvollziehen. Ich nehme an, dass das gar nicht so selten ist.
Das Ereignis, das Ihnen widerfahren ist, hat allerdings eine ganz andere Qualität – da fehlt mir auch jegliches Verständnis. MK]
@Stefan
»Das nutzlose Homöodingsbums wurde mir zusätzlich(!) einfach aufgeschwätzt. Warum verhalten sich Ärzte so? «
Weiß ich auch nicht. Mein Verdacht wäre, dass manche Ärzte und Ärztinnen tatsächlich denken, sie täten dem Patienten mit dieser zusätzlichen Gabe etwas Gutes, zumindest psychisch. Also so im Sinne einer positiven Verstärkung, um den Behandlungserfolg abzusichern. So in etwa habe ich mir das zusammengereimt, als mir mal eine Ärztin nach erfolgreicher Entfernung eines Zeckenteils aus der Haut noch Globuli anbot, um den Heilungsverlauf zu fördern.
Manche Ärzte betrachten sich wohl eher als Heiler denn als Wissenschaftler. Nicht umsonst spricht man auch von der ärztlichen „Kunst“.
MfG
B.
(Damit muss ich mich von hier verabschieden, da ich, aus welchen Gründen auch immer, auf der Liste der unerwünschten Kommentatoren zu stehen scheine 😉
Ich finde es faszinierend welch hohe Wellen dieses Thema doch schlagen kann.
»Im Katalog der Stadtbibliothek Darmstadt […] sind vier Werke von Simon Singh enthalten. “Trick or Treatment”, in der deutschen Übersetzung “Gesund ohne Pillen”, jedoch nicht. Wieso nicht?«
In Bestand der ULB Darmstadt ist auch nichts davon. Der hessische Verbundkatalog (HeBIS) verzeichnet die deutsche Ausgabe an den Standorten Fulda, Mainz und Worms, das Original nirgendwo. Dazu käme dann noch die DNB in Frankfurt.
Vielleicht leidet Hessen ja an homöopathischer Unterwanderung im fortgeschrittenen Stadium.
[Antwort: Den Eindruck der Unterwanderung habe ich von der Stadt Darmstadt un den Erfahrungen mit dem hiesigen Medizinbetrieb durchaus. Zu anderen Städten in Hessen kann ich mangels eigener Erfahrung nichts sagen. Es ist allerdings durchaus bemerkenswert, dass man sich (bis auf Fulda) in ein anderes Bundesland (Mainz, Worms) begeben muss, um das besagte Buch von Simon Singh und Edzard Ernst ausleihen zu können. MK]
Hokuspokus ist keine Wissenschaft
Der Begründer der Homöopathie, Samuel Hahnemann, wollte ein Mittel finden mit dem er die kosmischen Kräfte bzw. die Lebensenergie einfangen konnte um damit Krankheiten zu heilen. Zu diesem Zweck verdünnte (potenzierte) er bestimmte Substanzen mit Wasser und tränkte damit Milchzucker (Globuli). Hahnemann beruft sich dabei auf das sog. Ähnlichkeits- oder Simileprinzip, dessen Grundidee bereits auf die antike griechische Medizin zurückgeht. Dabei sollen Krankheiten durch Arzneistoffe geheilt werden, die bei Gesunden Symptome hervorrufen, die dem Erkrankungsbild ähnlich (simile) sind. Das eigentliche Geheimnis liegt aber im Verschütteln mit der Hand (Dynamisieren) zum Erdmittelpunkt hin. Dadurch sollen die kosmische Kräfte aktiviert und Materie in Energie überführt werden. Die “Medizin” soll dem Schwingungscharakter der Störung ähnlich sein, d.h. sie soll die gleiche Frequenz haben um zu wirken. Zitat von Hahnemann: “Die übertragenen Energien sollen den jeweils vorliegenden Krankheitsprozess günstig beeinflussen indem sie Schwingungen, Rhythmen und Resonanzen im Körper des Patienten modulieren.”
Das Übel an der Wurzel packen
Die meisten Menschen suchen immer nach irgendwelchen Heilmitteln und fallen dabei auf allerlei Betrügereien herein anstatt nach den Ursachen für die eigenen Beschwerden zu suchen und diese zu bekämpfen. Eine gesunde Lebensweise mit einer gesunden Ernährung und regelmäßigem Sport ist die Lösung fast aller Probleme aber dazu sind die meisten in keinster Weise bereit.
Zum letzten Mal
Selbstverständlich sind Kommentare in meinem Blog willkommen. Ich habe mich aber gezwungen gesehen, dazu einige Regeln festzulegen: Bleibt zumindest annähernd on-topic, pflaumt mich nicht an, pflaumt keine anderen an. Das bekommen die allermeisten auch sehr gut hin … einige wenige allerdings nicht, und was mit den wenigen Kommentaren geschieht, deren Autoren nicht bereit sind, sich an die Regeln zu halten, steht da auch. Ich habe nicht die Absicht, mich hier in lange Metadiskussionen verstricken zu lassen, deswegen ist jetzt Schluss.
Wer meint, sich an meinem generellen Mangel an Wissenschaftlichkeit abarbeiten zu müssen oder an anderen unerfreulichen Aspekten meiner Person, der mag das gern tun. Aber bitte nicht in den Kommentaren zu meinen Blog, es sei denn, der Artikel hätte zum Thema “Die Unwissenschaftlichkeit der Herrn Michael Khan”. Da ich aber selbstreferenzielle Blogs nicht besonders schätze, ist das Erscheinen eines solchen Artikels hier eher unwahrscheinlich, deswegen wird, wer wirklich nichts Besseres mit seiner Zeit anzufangen weiß als so etwas, sich anderswo auslassen müssen.
Ein Grund, weshalb Ärzte Homöopathie etc
verschreiben, ist einfach, dass sehr, sehr viele Leute mit Sachen zum Arzt gehen, die im Grunde harmlos sind und schnell von alleine wieder weggehen. Die Erwartungshaltung ist aber, dass sie irgendwelche Pillchen verschrieben kriegen, sonst werden sie sauer. Deswegen gibt’s ne Zuckerpille und gut.
Das ist nachvollziehbar, aber natürlich eine ausgesprochen problematische Praxis.
@Lars Fischer
»Das ist nachvollziehbar, aber natürlich eine ausgesprochen problematische Praxis.«
Was soll daran problematisch sein? Der Patient hat eine Erwartung, die erfüllt wird, ohne ihm zu schaden. Im Gegenteil, das Gefühl, behandelt worden zu sein, fördert noch die Genesung. Wenn der Arzt dem Patienten nichts vorgaukelt, dann hat er alles richtig gemacht.
Andere Möglichkeiten @Lars Fischer
Sicher gibt es Leute, die wegen harmloser Sachen zum Arzt gehen und da die Krankenkassen heutzutage ja keine Schnupfenmittel etc. mehr bezahlen verordnen manche Ärzte homöopathische Globuli um die Patienten schnell wieder loszuwerden. Ein guter Arzt wird das aber nicht tun, sondern stattdessen pflanzliche Mittel empfehlen oder sonstige Ratschläge geben.
Einen Schnupfen kann man beispielsweise durch Nasenspülungen lindern (wenn man es nicht übertreibt). Dazu zieht man Wasser mit etwas Salz durch die Nase hoch oder lässt es mit Hilfe einer speziellen Kanne durch ein Nasenloch ein und durch das andere wieder rauslaufen. Dadurch werden das Sekret, sowie Verklebungen und Borken etwas entfernt und man kann eine Zeitlang wieder leichter atmen. Eine andere Möglichkeit wäre das Inhalieren von Kamillendampf, das besonders für Kinder gut geeignet ist.
http://www.apotheken-umschau.de/…ehts-57502.html
@Mona, @Lars Fischer @Gast
Es gibt in der Tat Ärzte, die homöopathische Medikamente verschreiben, um Patienten, die unbedingt etwas verschrieben haben wollen, zufrieden zu stellen. Manche geben das auch unumwunden zu.
Das mag auf den ersten Blick nicht problematisch wirken, denn es sind ja alle zufrieden und es wurde niemand unmittelbar geschädigt.
Aber ich sehe da schon mehrere Probleme. Einerseits ist es ja nicht Aufgabe des Arztes, der Erwartungshaltung des Patienten nachzukommen, er müsse auf jeden Fall etwas verschrieben bekommen, wenn er als medizinischer Experte der Meinung ist, ein Medikament sei nicht zielführend.
Ferner festigt jede Verschreibung homöopathischer “Medikamente” durch Ärzte, ebenso wie das immer breiter werdende Angebot der Apotheken im homöopathischen Bereich und die aggrssive Vermarktung dieser Produkte, wie auch der Dauerbeschuss durch die Medien, unterstützt durch solche Faktoren wie die genannten vhs-Kurse und ihre unkitische Anpreisung im Programm die verbreitete Meinung, “es müsse doch etwas dran sein an dieser Homöopathie”, wenn Ärzte, Apotheker und andere Studierte sie empfehlen.
Open Placebo
Neuere Forschungen deuten darauf hin, dass Placebos sogar dann wirksam sein können, wenn mit offenen Karten gespielt wird. “Harvard Health Letter”, April 2012, Putting the placebo effect to work [PDF]:
Jeglicher homöopathische Obskurantismus ist heute gewiss weniger denn je ethisch zu rechtfertigen.
@Michael Khan
»Einerseits ist es ja nicht Aufgabe des Arztes, der Erwartungshaltung des Patienten nachzukommen, er müsse auf jeden Fall etwas verschrieben bekommen, wenn er als medizinischer Experte der Meinung ist, ein Medikament sei nicht zielführend.«
Wenn ein Arzt der Meinung ist, ein Medikament sei nicht zielführend, dann sollte er es auch nicht verschreiben. Aber wenn er meint, ein harmloses, wirkstofffreies Präparat sei im konkreten Fall möglicherweise hilfreich (wegen der Placebowirkung), dann kann er es verordnen, ohne dass er ein schlechtes Gewissen haben muss. Das Wohl des Patienten sollte immer an erster Stelle stehen.
»Ferner festigt jede Verschreibung homöopathischer “Medikamente” durch Ärzte […] die verbreitete Meinung, “es müsse doch etwas dran sein an dieser Homöopathie”, wenn Ärzte, Apotheker und andere Studierte sie empfehlen.«
Jetzt geht es weniger um den behandlungsbedürftigen Patienten, als vielmehr um Grundsätzliches. Und da stimme ich zu, quasi wirkstofffreie Präparate sollten wirklich nur in Ausnahmefällen verordnet werden, eben da, wo es aufgrund besonderer Patientenmerkmale wirklich angezeigt erscheint. Falsche Wirkungsversprechungen oder gar Empfehlungen sind bei Homöopathika ethisch nicht vertretbar. Der Einsatz dieser Mittel in der wissenschaftsbasierten Medizin ist immer eine Gratwanderung.
Im Übrigen bin ich der Meinung, dass der Glaube an die Wirksamkeit der Homöopathie, dort, wo vorhanden, ohnehin nur schwer zerstört werden kann. Wenn jemand davon überzeugt ist, dass die Globuli ihm geholfen haben, unternehme ich erst gar nicht den Versuch, ihn davon abzubringen. Mir genügt es, aus meiner ablehnenden Haltung der Homöopathie gegenüber keinen Hehl zu machen.
@Balanus
Wenn ein Arzt abwägt und Globuli verschreibt, weil er meint, dass er den Placeboeffekt nutzen will, ist das eine Sache. Wenn er es macht, damit der Patient endlich Ruhe gibt oder weil er bei den rund sechs Minuten (oder so?), die er pro Kassenpatient aufwenden kann, kein langes Palaver zulassen kann, ist das eine andere. Auf jeden Fall ist der Langzeiteffekt zu beachten, nämlich der, dass pro Verschreibung dieser Humbug wieder ein Stück glaubwürdiger gemacht wurde.
Ferner denke ich, und da sind wir wieder beim Ausgangsthema, es sollte nicht darum gehen, einen wirklich Homöopathie-Gläubigen von etwas abzubringen. Ich denke, es geht nur darum, zu verhindern, dass bei Leuten, die es nicht bersser wissen, der Eindruck entsteht, Homöopathie sei im Grunde eine Wissenschaft und eigentlich die bessere Medizin.
@Michael Khan
Globuli braucht man sich nicht verschreiben zu lassen, die gibt es rezeptfrei in jeder Apotheke zu kaufen und warum man überhaupt einen Arzt für eine solche “Verordnung” brauchen soll, das erschließt sich mir ebenfalls nicht. Vor allem weil Ärzte, im Gegensatz zu Heilpraktikern, ja auch auf das mehrstündige Anamnesegespräch verzichten. Zudem leiden nicht alle Patienten an eingebildeten Krankheiten, die man mit Placebos “heilen” kann. Ich finde es gelinde gesagt etwas heikel, wenn Patienten wissentlich getäuscht werden.
Zum Einsatz von Placebos in der Medizin würde ich gerne auf diesen Blogbeitrag verweisen:
http://scienceblogs.de/…um-einsatz-von-placebos/
@Mona
Zugegeben, ich hatte mich bei der Vorsilbe vertan. Ich meinte “aufschreiben”, wie in “Ich schreib’ ihnen da mal was auf, probieren Sie’s mal aus, aber bezahlen werden Sie es selbst müssen.” Der Sachverhalt der wissentlichen Täuschung liegt in der Tat vor und wird sich über kurz oder lang rächen.
Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Wenn ein Patient wirklich weiß, auf was für einen Humbug er sich einlässt, und er sich trotzdem dafür entscheidet, dann ist das seine Entscheidung, die ihm zusteht.
Aber ich bezweifele, dass die Mehrzahl der Homöopathie-Nutzer auch nur annähernd weiß, was für eine unplausible und objektiv nicht ernst zu nehmende Theorie dahintersteckt, sonst wäre das Ganze schon längst ein irrelevantes Randphänomen. Wir haben also weithin kein informiertes Urteil, und die besagten VHS-Kurse werden daran auch nichts ändern – im Gegenteil. Aber das ist wohl auch die Absicht.
@Michael Khan
»Auf jeden Fall ist der Langzeiteffekt zu beachten, nämlich der, dass pro Verschreibung dieser Humbug wieder ein Stück glaubwürdiger gemacht wurde. «
Vor allem dann, wenn es (scheinbar) geholfen hat und die positive Erfahrung weitergegeben wird.
Ansonsten aber meine ich, dass derartige Überlegungen hinsichtlich der Außenwirkung im Arzt-Patienten-Verhältnis keine Rolle spielen dürfen. Wenn die Chance besteht, dass der Patient von seinen Leiden erlöst wird (auch „eingebildete“ Beschwerden vermindern die Lebensqualität), dann ist das eben in Kauf zu nehmen. So, wie man eben bestimmte Nebenwirkungen oder Risiken einer wirksamen Pharmakotherapie in Kauf nimmt.
Von daher ist es richtig und wichtig, gegen vhs-Kurse und ähnliche Veranstaltungen zu wettern, die die Homöopathie und anderes obskures Zeugs anpreisen. Aber dieser Kampf gegen den „homöopathischen Obskurantismus“ (@Chrys) sollte mMn nicht in der Arztpraxis geführt werden, also in dem Sinne, dass der Arzt den Patienten lieber unbehandelt heimschickt, vielleicht noch mit der Bemerkung, dass ihm auch mit einem Homöopathikum nicht zu helfen sei, als eben zu diesem letzten Mittel zu greifen, wenn der mehr oder weniger informierte Patient einer solchen Behandlung zugeneigt ist.
Außerdem ist es gewiss keine Täuschung, wenn der Arzt sagt, dass die Placebowirkung (bestimmter Globuli) gewaltig sein kann. Bekanntlich ist auch die Darreichungsform eines Placebos wichtig, also Form und Farbe und das Ritual der Einnahme. Der Mensch ist eben keine Maschine, und der Arzt kein Mechatroniker.
Naja, ich denke, damit lasse ich’s mal gut sein, sonst gerate ich noch in eine Endlosschleife… 😉
(und Danke für das Freischalten meines merkwürdigen Künstlernamens!)
@Balanus
»Falsche Wirkungsversprechungen oder gar Empfehlungen sind bei Homöopathika ethisch nicht vertretbar.«
Aber profitabel. DER SPIEGEL 28/2010 berichtet:
http://www.spiegel.de/…gel/print/d-71558786.html
N.B. Im Marien-Wllfahrts-Disneyland Lourdes werden jährlich EUR 2.5 Mrd. umgesetzt. (Quelle: DIE WELTWOCHE 08/2008). Honi soit qui mal y pense 😉
Und das Fazit? @Balanus
Wenn Ärzte Placebos verordnen, weil “der Arzt sagt, dass die Placebowirkung (bestimmter Globuli) gewaltig sein kann”, dann begeben sie sich doch auf die gleiche Stufe wie die Leute, die diesen “Hokuspokus” propagieren. Homöopathisch gebildete Heiler machen sich in der Regel keine Gedanken über mögliche Ursachen oder den Verlauf einer Krankheit. Es genügt, wenn an deren Symptomen rumgedoktert wird mit dem Hinweis, dass sämtliche Krankheiten ja sowieso “ganzheitlich” zu sehen seien. Letzeres meint in der Medizin wohl, das Krankheiten psychosomatisch bedingt seien. Wenn nun aber die Psyche als Auslöser für das Leiden angesehen wird, weil die Leute beispielsweise in ungünstigen Lebensverhältnissen leben oder zu viel Stress haben, dann sollte man doch mehr auf die wirklichen Ursachen eingehen, anstatt ihnen Placebos zu verabreichen.
@Michael Khan
Sie schreiben: “Aber ich bezweifele, dass die Mehrzahl der Homöopathie-Nutzer auch nur annähernd weiß, was für eine unplausible und objektiv nicht ernst zu nehmende Theorie dahintersteckt, sonst wäre das Ganze schon längst ein irrelevantes Randphänomen.”
Das vermute ich auch. Allerdings versucht man in Deutschland Homöopathie immer stärker “Als wichtigen Zweig”, in der Ausbildung der Ärzte zu etablieren. Besonders der ehemalige Präsident der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, tat sich da besonders hervor, er sagte mal: “Medizin ist keine Naturwissenschaft, sondern eine Erfahrungswissenschaft, die sich auch naturwissenschaftlicher Methoden bedient.” Von letzteren scheint man sich jedoch immer mehr entfernen.
http://brightsblog.wordpress.com/…rwissenschaft/
Profite /@Chrys
Die Zahlen zeigen aber auch, wie gering der Anteil der Homöopathika (weniger als 1%) an den Ausgaben für Pharmazeutika ist (Gesamtvolumen des deutschen Pharmaumsatzes rund 40 Milliarden Euro).
Interessant wäre vielleicht auch mal zu bilanzieren, wie viele Patienten durch ärztlich „verordnete“ Globuli und ähnlichem jährlich zu Tode kommen (wegen fehlender Pharmakotherapie), und wie viele durch eine fehlerhafte Arzneimittelbehandlung.
Fazit /@Mona
Da möchte ich auf das von @Chrys (s.o.) gebrachte Zitat verweisen:
Ich denke nicht, dass Kaptchuk und Kollegen sich mit ihrem Placebo-Programm auf die gleiche Stufe begeben wie die Propagierer von „Hokuspokus“. Der Arzt muss sich mit den Homöopathen ja nicht gemein machen, wenn er Placebos, in welcher Form auch immer, einsetzt.
In einem Punkt hat der ehemalige Präsident der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, Recht, wie ich finde: Medizin ist nicht nur Naturwissenschaft und Technik. Auch deshalb gibt es in der Medizin den „Kunstfehler“. Wenn Michael Khans Kollegen eine Rakete im Meer versenken, statt auf die Umlaufbahn zu bringen, dann spricht wohl kaum einer ernsthaft von einem Kunstfehler.
»Wenn nun aber die Psyche als Auslöser für das Leiden angesehen wird, weil die Leute beispielsweise in ungünstigen Lebensverhältnissen leben oder zu viel Stress haben, dann sollte man doch mehr auf die wirklichen Ursachen eingehen, anstatt ihnen Placebos zu verabreichen.«
Oder Prozac, oder Aurorix, oder…
@Balanus
Im verlinkten “Harvard Health Letter” wird expressis verbis zur Vorsicht gemahnt:
Wo aber Ärzte oder Apotheker ungeniert Homöopathika darreichen und arglos hingenommen wird, dass gewisse interessierte Personen es offensichtlich anstreben, der Homöopathie den Anstrich von Wissenschaftlichkeit zu geben, da wird gesunder Skeptizismus, so noch vorhanden, doch wohl eher recht systematisch untergraben.
Falls Patienten beim Arzt nach homöopathischen Mittelchen fragen, könnte der etwa auch antworten, “Das Zeug bringt doch überhaupt nichts. Darum haben die Finnen erfunden finnische Bonbon, das tut gut für Hals und Rachen.” Wenn auf unbedenkliche Alternativen nur überzeugend genug hingewiesen wird, dann dient das dem Patientenwohl letztlich mehr als alle Globuli.
@Balanus
Ich will meine Argumentation nicht mehr lange auswalzen, zumal ich meine, bereits alles zum Thema gesagt zu haben, was mir dazu einfällt. Abschließend muss ich aber doch einige Punkte von Ihnen kommentieren:
Im von mir genannten Fall ging es darum, dass Patienten sich (oft) nicht damit zufrieden geben, eine wirksame Empfehlung zu bekommen. Nein, es muss etwas aus der Apotheke sein.
Ein Patient, dem gesagt wird: “Leg’ dich ins Bett und schwitz’ es aus, dabei solltest du viel trinken.” bleibt nicht “unbehandelt”. Diese Empfehlung, falls befolgt, kann sehr wohl die wirksamste Behandlung sein, allemal bei einer leichten Erkältung.
Ich denke, es ist ein zentrales Problem unserer heutigen Einstellung zur Medizin, dass es bereits als Nicht-Behandlung aufgefasst wird, wenn nicht gleich versucht wird, medikamentös etwas zu erreichen. Was auch immer nicht stimmt, pop a pill und erwarte, dass es sofort hilft, ohne weiteres Zutun und ohne dass man sich selbst Beschränkungen auferlegt.
Ich meine auch, generell wird die Wirkung des Placebo-Effekts etwas zu einseitig der Pseudomedizin zugeordnet. Das ist zwar verständlich – Homöopathie und Co. “funktionieren” für den Patienten deswegen, weil einerseits die gemessenen Behandlungserfolge hochgradig subjektiv sind. Da wird die Tatsache, dass es einem einige Tage nach der Behandlung besser geht, allein der Behandlung zugeschrieben, obwohl der Verlauf realistischerweise ohne Behandlung auch nicht anders gewesen wäre. Zum andern ist da der Placeboeffekt …. und dann ist da nichts mehr.
Bei echten Medikamenten, ob sie nun von der Naturheilkunde kommen oder aus der modernen Pharmaforschung, ist zusätzlich auch noch eine wirkliche, nachweisbare Wirkung des Medikaments vorhanden, aber trotzdem gibt es da auch den Placebo-Effekt, und zwar deutlich.
Jeder Mensch unterliegt ihm, auch Sie und ich, und die Schulmedizin macht ihn sich sehr wohl zunutze. Die Wirkung muss aber nicht unbedingt positiv sein. Die Überzeugung, eine eigentlich wirksame Therapie sei nutzlos, kann zu statistisch relevanten negativen Auswirkungen im Therapieerfolg führen. sollte beispielsweise ein Arzt versuchen, mir zusätzlich zur wahrscheinlich wirksamen Empfehlung, “zum Aufbau des Immunsystems” Globuli aufzuschwatzen, dann wird das bei mir zu einem Vertrauensschwund kommen. Ich würde dem Arzt dann wahrscheinlich nichts mehr glauben, und die Globuli, aber auch die eigentlich sinnvolle Therapie “Leg’ dich hin, halt dich warm …” könnte dann weniger wirkam sein.
Es ist halt so, dass man da nicht Hü sagen kann, ohne auch Hott zu sagen. Wenn man den Placebo-Effekt nutzbringend einsetzen kann, kann es auch passieren, dass das nach hinten losgeht. Also plädiere ich eher dafür, grundsätzlich offen und ehrlich zu sein und dem Patienten niemals was vom Pferd zu erzählen.
Wenn es wirklich angebracht erscheint, kann der Arzt dem Patienten ja erklären, was genau homöopathische Mittel sind, aber ohne das schön zu reden. Wenn der Patient sagt: “Was ist denn das für ein Stuss? So stark verdünnen, als ob ein Tropfen des Wirkstoffs in 50 Erdvolumina Wassers gelöst sind? Verschütteln? Informiertes Wasser? Quark!” … dann ist die Sache klar. Wen der Patient sich das anhört und es trotzdem probieren will, dann … warum nicht?
Wenn man nun anfängt, die Umsätze in der Homöopathie gegen die der Pharmazeutik aufzurechnen, begibt man sich auf abschüssiges Terrain. Ich sehe nicht, was diese Aufrechnung aussagen soll. Die Bewertung der Homöopathie und der Methoden, mit denen sie beworben wird, hat damit doch gar nichts zu tun.
Auch eine Aufzählung von Behandlungsfehlern mit echten Medikamenten ist in diesem Zusammenhang nicht hilfreich. Natürlich werden manche Medikamente, z.B. Psychopharmaka, aber auch Antibiotika, exzessiv verschrieben. Aber dann muss man halt an diser Praxis etwas ändern und nicht stattdessen, wie es gerade Anhänger der Homöopathie versuchen, so tun, als böte die Homöopathie da eine Alternative.
Finnische Bonbons /@Chrys
»Wenn auf unbedenkliche Alternativen nur überzeugend genug hingewiesen wird, dann dient das dem Patientenwohl letztlich mehr als alle Globuli. «
Das ist unbestritten und geht an meiner Argumentation völlig vorbei. Ich plädiere dafür, dass der Arzt, der selbstverständlich mit beiden Beinen auf dem Boden der Wissenschaft zu stehen hat, in ganz bestimmten Situationen auch zu dem letzten Mittel Homöopathie greifen darf, wenn es ihm angezeigt erscheint. Ein Beispiel: Die Schmerzen im Knie haben erkennbar keine organische Ursache, alle Gymnastik und physiotherapeutischen Maßnahmen blieben ohne Erfolg, jetzt kann dieser bestimmte Patient nur noch durch die Gabe von Globuli vielleicht von einer unsinnigen und riskanten Knieoperation bewahrt werden. Wenn „Finnen erfunden haben finnische Bonbon“ gegen derartige Knieschmerzen, ok, dann wäre das auch eine Möglichkeit. Hauptsache, dem Patienten wird geholfen.
Abschließend, auch @Michael Khan: Dem Patienten soll weder was aufgeschwatzt noch vorgemacht werden, da sind wir uns einig, sondern jeder Patient soll genau die Behandlung bekommen, die für ihn individuell am besten ist. Das kann ein bloßer ärztlicher Rat sein (Bettruhe), oder eben auch mal ein Homöopathikum. Aufgeklärten Patienten wie uns mit Globuli zu kommen, wäre jedenfalls ein schwerer ärztlicher Fehler.
@Chrys
Das scheint mir in der Tat eine zutreffende Beschreibung der Vorgänge zu sein, deren Resultate wir sehen. Die Homöopathielobby hat offenbar dort besonders erfolgreich ihre Unterwanderung betrieben, wo der Multiplikatoreffekt besonders stark ist: In VHS-Kursen, im Umfeld der Geburtsvorbereitung, Geburtshilfe und neonatalen Medizin, in Bibliotheken, bei Apotheken, in den Medien, mehr und mehr auch in der Politik.
Keineswegs beschränken sich die Aktivitäten der Homöopathen auf chronische Fälle, bei denen “die Schulmedizin bereits aufgegeben” haben soll, wie es oft dargestellt wird. Nein, jetzt wird auch mit “homöopathischen Impfungen” geworben, gleichzeitig treten Homöopathen Kampagnen los, die die ohnehin bestehende Impfmüdigkeit in der Bevölkerung weiter verstärken.
Dabei ust selbst bei der Behandlung chronischer Krankheiten die Homöopathie offenbar nicht wirklich erfolgreich, wie diese Studie der Charité Berlin nahelegt, Die Autoren sind wohl eher nicht ganz unparteiisch und schon gar nicht homöopathie-kritisch. Claudia Witt ist Stiftungsprofessorin der Carstens-Stiftung und Stefan Willich gibt sich öffentlich auch nicht allzu große Mühe, seine homöopathiefeundliche Einstellung zu verbergen. Siehe u.a. hier, kritischer Abstand geht dann doch anders. Im oben zitierten Paper aus dem Jahre 2010, Titel “Informationen zur Homöopathie”, wird zwar bereits Rosinenpickerei betrieben – man redet da vor allem von chronisch kranken Patienten, was bereits eine wichtige Vorauswahl ist. Dennoch kommen die Autoren selbst bei dieser Untergruppe, wo doch eigentlich “die Schulmedizin” auch schon am Ende ihrer Möglichkeiten ist, zu folgenden Schlüssen:
Das bedeutet: 1.) Selbst in der Untergruppe chronisch kranker Langzeitpatienten, bei denen die echte Medizin auch keine Heilung herbeiführen kann, ist die homöopathische Behandlung eben nicht erfolgreicher als die medizinische, die im speziellen Fall der chronisch kranken Langzeitpatienten eben auch nicht mehr viel machen kann – ich vermute stark, genau deswegen hat man sich gerade diese Gruppe angeschaut und 2.) Ohnehin unterscheiden sich statistisch erfasste Behandlungserfolge kaum von den mit reinen Placebos erreichten.
Selbst in dieser sorgsam ausgewählten Untergruppe kann also die Homöopathie nicht punkten. Eine bemerkenswerte Schlussfolgerung, insbesondere in Anbetracht der Autoren.
@Michael Khan
Wenn sich erst einmal eine kritische Masse an Globuli-Gläubigen angehäuft hat, sodass die als Zielgruppe u.a. für Politiker, Krankenversicherer, Dienstleister im Bildungssektor interessant erscheinen und umworben werden, dann verstärkt sich der Zuwachstrend noch fast automatisch, bis irgendwo eine Sättigung erreicht ist. Menschen, die eigentlich verunsichert sind und denen eine Beurteilung der Stichhaltigkeit sachlicher Argumente schwerfällt, orientieren sich ja oft nur am Verhalten ihrer Umgebung. Ab einem bestimmten Punkt kippt das zugunsten der Lobbyisten und lässt sich dann kaum noch eindämmen. Ein prima Nährboden für Quacksalberei, mit absehbaren Folgen.
Indem man zulässt, dass sich die Homöopathie zudem im Hochschulbereich einnistet, wird womöglich ein Flurschaden angerichtet, der sich schwerlich wieder so einfach beheben lässt. Die Hahnemannschen Ideen passen bestimmt ganz gut zur romantischen Naturphilosphie des frühen 19. Jahrhunderts, nur mit Naturwissenschaft oder auch Naturheilkunde hat das nicht das geringste zu tun. Dass die Befugnisse des Wissenschaftsrates offenbar nicht hinreichen, die Gründung einer Homöopathie-Hochschule zu verhindern (und diese auch noch mit Landesmitteln subventioniert wird), ist ein Armutszeugnis. Und es wird vermutlich nicht die einzige Einrichtung dieser Art in Europa bleiben, wenn man schon einmal erfolgreich damit durchgekommen ist. Wie kriegt man das wieder weg?
@chrys
Der zitierte Zeit-Artikel zur Globuli-Akademie in Traunstein legt nahe, dass das wieder eine von diesen obskuren privaten Hochschulen ist, mit der erst einmal ordentlich Staatsknete abgegriffen wird, ohne dass jemand genau schaut, was die da eigentlich machen. Dass der Kreisausschuss Traunstein in Jubelarien ausbricht, ist nur ein Indiz für die wahrscheinlich gegen Null tendierende Bereitschaft, mal genauer hinzuschauen, was da eigentlich “gelehrt” werden soll. Es handelt sich ja auch nicht um die erste offen esoterische Hochschule Deutschlands. Zudem gibt es die diversen privaten “Business Schools”, die staatlicherseits gern gefördert werden, ohne dass klar ist, was das der Allgemeinheit bringt.
Ich denke, das wird man erst weg kriegen wenn es zum großen Knall kommt, d.h., wenn es einen wirklichen Skandal um die Mittelverwendung geht und in dessen Folge zu einer genauer Überprüfung aller solcher Institute und dann auch der zweifelhaften Angebote etablierter Hochschulen (Stichwort z.B. “Masterstudiengang Eurhythmie”). Dann wird es wohl endlich zu einer weitgehended Diskreditierung kommen. Bis dahin wird aber noch viel Geld verbrannt werden, das anderswo im sicher nicht überfinanzierten deutschen Bildungsystem bestimmt besser angelegt wäre.