Covid-19: Wie viele der Infizierten sterben?

Entwicklung der täglichen neuen Corona-Fälle und Todesfälle in Deutschland im Oktober 2020, Datenquelle: worldometers.info

Ich habe mir eine einfache Frage gestellt: Wie viele der mit dem Covid-19-Virus infizierten Menschen werden sterben? Das müsste doch mittlerweile ganz einfach zu beantworten sein. Immerhin existiert schon eine breite Datenbasis. Ich beziehe meine Daten zumeist (so auch heute) von dieser Quelle

Die Altlasten aus der ersten Welle

Dort finde ich auch Daten zum Ausgang der Fälle (Titel: “Outcome of Cases: Recovery or Death)”. Laut diesen Daten ist die Todesrate in Deutschland aktuell bei knapp 3%. Also ist das meine Antwort?

Leider nicht. Um diesen Prozentsatz zu erhalten, wurde nur eine einigermaßen genau bekannte Zahl, nämlich die Gesamtzahl der infolge einer Covid-19-Infektion verstorbenen Patienten, durch eine mit großen Unsicherheiten behaftete Zahl dividiert, nämlich die Gesamtzahl der bekannten Fälle. 

In dieser Gesamtzahl werden aber noch alle Ungenauigkeiten aus dem Anfang der ersten Welle mitgeschleppt, als noch nicht umfassend getestet wurde und noch große Unkenntnis über die einzelnen Symptome  herrschte. Dass es mit dieser Kennziffer ein Problem gibt, sieht man an ihrem Verlauf. Im März steig dieser Wert bis auf Werte über 25%, und dann fast schlagartig auf unter 5% zu fallen.

Kann überhaupt nicht sein und ist nur zu erklären, wenn man davon ausgeht, dass die Zahl der Infektionen anfangs ganz erheblich unterschätzt wurde. Eine beträchtliche Restunsicherheit wird dabei bis heute mitgeschleppt. 

Noch deutlicher wird dies, wenn man die Zahlen für Frankreich anschaut. Dort stieg die “Todesrate” angeblich anfangs auf 90% und ist trotz der erheblichen Korrektur Mitte März auch heute noch bei fast 25%. Es gibt keine plausible Erklärung, warum sie so hoch sein sollte. Und warum sollte sich die Situation in Frankreich so stark von der in Deutschland unterscheiden? 

Natürlich ist die Situation jetzt schon eine andere als im Frühjahr. Wir haben einiges über Covid-19 gelernt und haben mittlerweile Medikamente, mit denen viele Patienten eine deutlich bessere Chance erhalten. Ein Grund mehr, uns auf den aktuellen Zeitraum zu konzentrieren. 

Lassen wir die Altlasten hinter uns

In Frankreich wie auch in Deutschland verharrte die Zahl der täglich an Covid-19 gestorbenen Menschen nach Abflachen der ersten Welle über Monate hinweg auf einem niedrigen Niveau, um im Oktober wieder deutlich anzusteigen. 

Um die Zahlen aus der Anfangsphase der Pandemie nicht mehr mitzuschleppen, sollten wir auf neuere Daten zurückgreifen, die mit deutlich geringeren Unsicherheiten behaftet sind. Hier bieten sich die Zahl der in letzter Zeit täglich an Covid-19 gestorbenen Menschen sowie die Zahl der täglich neu hinzukommenden diagnostizierten Fälle an. Inzwischen wissen wir viel mehr über das Virus und Krankheit und es wird viel gründlicher getestet als im März. 

Ich habe hier einmal die Zahlen für Deutschland, nur für den Monat Oktober gegenübergestellt, und zwar jeweils den 7-Tages-Mittelwert. Jeder, der im Oktober an der Infektion stirbt, muss sich  eine nicht allzu lange Zeit zuvor angesteckt haben. Die meisten der gestorbenen werden auch diagnostiziert worden sein und tauchen deswegen in der Zahl der neuen Fälle auf.  Die Frage ist nur, wie viel Zeit zwischen der Diagnose und dem Tod liegt.

Entwicklung der täglichen neuen Corona-Fälle und Todesfälle in Deutschland im Oktober 2020, Datenquelle: worldometers.info
Entwicklung der täglichen neuen Corona-Fälle und Todesfälle in Deutschland im Oktober 2020, Datenquelle: worldometers.info

Man kann dort nicht nicht einfach den Zeitabstand von der blauen zur orangefarbigen Kurve ablesen.  Damit macht man es sich zu einfach. Aber es ist schon aussagekräftig, wenn man den Zeitunterschied zwischen dem Beginn des deutlichen Anstiegs der Zahl der täglichen neuen Fälle und dem des deutlichen Anstiegs der der Zahl der täglichen Toten nimmt. 

Ich sehe dort einen Unterschied von etwa 7-14 Tagen. Das bedeutet, dass die an einem Datum gestorbenen Menschen etwa ein bis zwei Wochen zuvor in der Statistik der neuen Fälle aufgetaucht sein müssen.  Um nun zu berechnen, wie viele der Infizierten sterben werden, muss man die Anzahl der Toten an einem Tag durch die Anzahl der neuen Fälle ein bis zwei Wochen früher dividieren. Um die starken statistischen Schwankungen von Tag zu Tag zu vermeiden, nimmt man am besten für beide Größen den den 7-Tage-Mittelwert.

Die deutsche Covid-19-Sterberate

Ein Rechenbeispiel: Ende Oktober starben im 7-Tages-Mittel 68 mit Covid-19 infizierte Menschen in Deutschland an der Krankheit. Eine Woche zuvor, um den 24. Oktober, gab es (wiederum über 7 Tage gemittelt) 9439 neue Fälle pro Tag. Zwei Wochen zuvor waren es 5813. Von den eine bzw. 2 Wochen zuvor diagnostizierten Patienten war also 0.7-1.2% gestorben. 

Noch ein Beispiel: Eine Woche vorher, am 24.10., lag die gemittelte Zahl der Verstorbenen bei 37. Eine bzw. zwei Wochen zuvor wurden 5469 bzw. 3346 neue Fälle diagnostiziert. Daraus ergibt sich eine Sterberate von 0.7-1.1%. 

Wie sieht es im Ausland aus?

Entwicklung der täglichen neuen Corona-Fälle und Todesfälle in Frankreich im Oktober 2020, Datenquelle: worldometers.info
Entwicklung der täglichen neuen Corona-Fälle und Todesfälle in Frankreich im Oktober 2020, Datenquelle: worldometers.info

In Frankreich wird sehr umfassend getestet. Die Zahl der neuen Fälle ist viel höher als bei uns, die Zahl der täglich an Covid-19 gestorbenen Patienten auch. Für Ende des Monats lag die Zahl der Verstorbenen im Mittel bei 307 pro Tag. Das entspricht einem Anteil von 1 bzw. 1.5% der vor einer bzw. 2 Wochen neu hinzugekommenen positiv getesteten Patienten. 

Entwicklung der täglichen neuen Corona-Fälle und Todesfälle im Vereinigten Königreich im Oktober 2020, Datenquelle: worldometers.info
Entwicklung der täglichen neuen Corona-Fälle und Todesfälle im Vereinigten Königreich im Oktober 2020, Datenquelle: worldometers.info

Im Vereinigten Königreich waren es Ende das Monats im 7-Tage-Mittel 259 Covid-19-Tote pro Tag, was etwa 1.2-1.6% der vor einer bzw. zwei Wochen neu diagnostizierten Patienten entspricht. 

Was sagen uns diese Zahlen?

Zunächst einmal ist die gewaltige Diskrepanz zwischen Frankreich und Deutschland, die von den Zahlen zum Ausgang der Fälle suggeriert wurde, verschwunden. Was bleibt, ist in Deutschland und in zwei vergleichbaren Ländern Europas eine aktuelle Sterberate von etwa 1-1.5%. Nicht 3% oder 5% oder gar 25%. 

Auch dieser Wert ist immer noch zu hoch. Er würde nur stimmen, wenn man davon ausgehen könnte, dass wirklich jede Covid-19-Infektion auch statistisch erfasst wird. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass dies so ist. Viele Erkrankte haben nur milde oder gar keine Symptome, werden nicht getestet und tauchen deswegen in der Statistik nicht auf. 

Je mehr getestet und je mehr Covid-19-Infektionen diagnostiziert werden, desto niedriger liegt die Sterberate, denn die berechnet sich ja als der Anteil der positiv getesteten, der an der Krankheit stirbt.

Auch in den USA liegt die Sterberate, berechnet nach dieser Methode, bei etwa 1.3-1.5%. Das widerspricht der Darstellung eines gewissen US-Politikers, dessen Name mir gerade entfallen ist. Der hat nämlich behauptet,  in den USA würde zu viel getestet, sodass zu viele asymptomatische Fälle mitgezählt werden und die Statistik verfälschen. Wäre das aber so, müsste die berechnete Sterberate deutlich niedriger liegen. Es ist viel wahrscheinlicher, dass auch in den USA noch eine erhebliche Dunkelziffer anzunehmen ist. 

Eine solche Dunkelziffer wird es auch in europäischen Ländern geben. Wie groß sie ist, weiß ich nicht. Die tatsächliche Sterberate ist um so geringer, je höher die Dunkelziffer ist. Vielleicht liegt die tatsächliche Sterberate deutlich unter 1%. 

Was sagen diese Zahlen nicht?

Was ich hier aus dem verfügbaren statistischen Material ziehe, bezieht sich nur auf die aktuelle und ist allenfalls unter gewissen Umständen aussagekräftig. 

  1. Eine Sterberate von 1% ist immer noch gewaltig hoch. Sollte es wirklich zu einer ungebremsten Ausbreitung der Seuche in Deutschland kommen, bevor Herdenimmunität wirksam wird, würde eine Sterberate von 1% bedeuten, dass beispielsweise von 50 Millionen Infizierten 500,000 Menschen sterben werden. Selbst bei 0.5% Sterberate wären es immer noch 250,000 Tote. Eine Zahl, die einfach nicht hinzunehmen ist. 
  2. Die Sterberate um 1% gilt ja nur in der aktuellen Situation, also mit einem Gesundheitssystem, das funktioniert. Im Fall einer unkontrollierten Ausbreitung würde es zusammenbrechen, Schwerkranke könnten nicht mehr versorgt werden und es würden viel mehr Infizierte sterben. Hinzu kämen viele Patienten mit anderen Krankheiten, die auch nicht mehr ausreichend behandelt werden können. 
  3. Die Sterberate von um 1% ist nur ein über die gesamte Bevölkerung gerechneter Mittelwert. Für das tatsächliche Risiko, das Covid-19 für den Einzelnen darstellt, sagt diese Zahl erst einmal gar nichts aus. Wenn alte Patienten oder solche mit einer Vorerkrankung kann das individuelle Sterberisiko um ein Vielfaches höher liegen. 

Unsere einzige Hoffnung ist also die Verfügbarkeit wirksamer Behandlungen für bereits mit Covid-19 infiziere Patienten sowie die breite Verfügbarkeit eines Impfstoffs, um die Ausbreitung der Infektion dramatisch zu verlangsamen. Bis dahin müssen wir unser Verhalten anpassen, um die Infektionsrate zu minimieren. 

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Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

41 Kommentare

  1. Ich habe bisher immer von einem längeren Zeitraum zwischen Infektion und Tod gelesen. Zum Beispiel hier die Uniklinik Essen:
    “Wir nahmen an, dass der prozentuale Anteil der Patienten, die intensivpflichtig werden, zwischen 3 und 10 % liegt, dass die Dauer bis zur Intensivpflichtigkeit acht Tage beträgt und dass die Dauer der Intensivpflege 14 oder 20 Tage beträgt.”
    Quelle: hier.

    Da würde ich also davon ausgehen, dass die Patienten in der Intesivpflege zwischen Tag 9 und 28 sterben. Eine längere Zeit zwischen Infektion und Tod würde die Sterberate nach Ihrer Rechnung erhöhen, oder?

    • Da muss man jetzt ein bisschen aufpassen, von welchem Ausgangsdatum man ausgeht. In den von Ihnen genannten Zahlen werden die Dauern vom Zeitpunkt der Infektion aus angegeben. Bei meinen Berechnungen bin vom Zeitpunkt der positiven Diagnose ausgegangen, denn erst dann wird ein Patient als “neuer Fall” gezählt.

      Es kommt dann also zu den 7-14 Tagen vom positiven Test noch die Inkubationszeit von 2-14 Tagen hinzu, plus in den Fällen, in denen der Krankheitsverlauf zunächst nicht schwer verläuft, vielleicht noch ein paar Tage zwischen Auftreten der ersten Symptome und dem Test.

      Wenn die Dauer der Intensivpflege 14-28 Tage beträgt, dann gilt das für alle Patienten, also auch die, die überleben und dann irgendwann aus der Intensivstation entlassen werden. Die schwersten Fälle – nämlich die, bei denen der Patient verstirbt werden aber viel kürzere Zeit auf der Intensivstation nehmen, nämlich bis zur schweren Krise, die der Patient nicht überlebt. Der lange Weg der langsamen Erholung wird vom gestorbenen Patienten nicht mehr durchlaufen.

  2. Warum meint jeder beim Thema Corona das Rad neu erfinden zu müssen? Vor ca 2,5 Wochen hat die WHO eine großangelegte Studie zu der Coronasterblichkeit veröffentlicht.
    Ergebnis: allgemeine Sterblichkeit bei 0,23 %, bei den unter 70 Jährigen bei 0,05 % . Leider interessiert sich niemand für diese Fakten der WHO…

    • Wenn man sich auf ein Paper bezieht, dann nennt man auch die Quelle und vor allem zitiert man daraus richtig. Ich nehme solche Dinge ziemlich ernst. Leider tut das nicht jeder.

      Also, das Paper, um das es offenbar geht (genau weiß ich es nicht, da hätten Sie schon selbst die Quelle nennen müssen), wird wohl das hier sein. Es handelt sich um eine Metastudie. Das, was Sie da an Zahlen nennen, steht überhaupt nicht darin, sondern (ich zitiere):

      Infection fatality rates ranged from 0.00% to 1.63%, corrected values from 0.00% to 1.54%. Across 51 locations, the median COVID-19 infection fatality rate was 0.27% (corrected 0.23%): the rate was 0.09% in locations with COVID-19 population mortality rates less than the global average ( 500 COVID-19 deaths/million people. In people < 70 years, infection fatality rates ranged from 0.00% to 0.31% with crude and corrected medians of 0.05%.

  3. Die Sterberate ist nicht alles. Covid-19 greift Nerven an und dringt auch ins Gehirn vor. Zu den Spätfolgen gehört nach einer Studie auch die durchschnittliche Absenkung des IQs von 4 Punkten, bei asymptomatischem Verlauf und 8 Punkten bei Ausbruch der Krankheit. Das ist erheblich und entspricht einer Gehirnalterung von 10-20 Jahren. Außerdem besteht Grund zur Annahme, daß durch die Infektion einer Altersdemenz Vorschub geleistet wird.

    • Es ist immer hilfreich, eine Quelle zu nennen. Soweit mir bekannt, ist keineswegs verstanden, auf welchem Weg es zu den beobachteten neurologischen Schäden kommt. Auch Immunreaktionen könnten infrage kommen. Siehe z.B. hier

      Aber in meinem Artikel geht es um etwas anderes, nämlich die Sterberate in Deutschland. Das mag zwar nicht alles sein, worüber man sich bei Covid-19 sorgen muss, steht aber für die meisten von uns ziemlich hoch auf der Prioritätenliste.

  4. Ja, man muss zwischen prozentualer Fallsterblichkeit (medizinisch bestätigt und daran gestorben) und Infektionssterblichkeit (infiziert und daran gestorben) unterscheiden, denn viele Infizierte werden nie zu einem medizinischen Fall. Mit Antikörperstudien kann man aber bestimmen wieviele in einem bestimmten Gebiet infiziert wurden. Allerdings geben Antikörperstudien nur dann die Zahl der Infizierten wieder, wenn alle Infizierten auch Antikörper entwickeln und wenn zudem der Antikörperspiegel nicht allzu schnell absinkt. Bei Covid-19 gibt es diesbezüglich Unsicherheiten.

    Die Studie von Ioannidis (einem Stanford-Statistiker, der Covid-19 für „überschätzt“ hält) will die Infektionssterblichkeit von Covid-19 sowohl global als auch regional ermitteln und kommt zu einer mittleren globalen Infektionssterblichkeit von 0.23%, regional gebe es jedoch grosse Unterschiede bis hin zu Unterschieden von Stadtteil zu Stadtteil. Das Sterberisiko steigt zudem massiv mit dem Alter. Wie der Telepolis-Artikel Ioannidis: Mehr als 500 Millionen sollen bereits mit Covid-19 infiziert gewesen sein zeigt, sind die Unsicherheiten der Ioannidis-Studie aber sehr gross.

    Die im Artikel oben erwähnten Sterberaten von über 1% geben meiner Meinung nach keine Infektionssterblichkeit an, sondern eine Fallsterblichkeit, denn es fehlt ein Antikörpertest. Ohne einen solchen Antikörpertest weiss man aber gar nichts über die Gesamtzahl der Infizierten und ohne diese Zahl kann man keine Infektionssterblichkeit angeben.

    • Vor allem muss man bedenken, dass das Paper von Ioannides Medianwerten angibt (ob die nun zutreffend sind oder nicht), die aber nicht mit Mittelwerten verwechselt werden sollten.

  5. Die Altersabhängigkeit der Covid-19 Infektionssterblichkeit
    Die Wahrscheinlichkeit, dass ein unter 50-Jähriger an Covid-19 stirbt ist sehr viel kleiner als die Wahrscheinlichkeit, dass er oder sie Opfer eines Verkehrsunfalles wird oder Suizid begeht. Auch schwere Erkrankungen an Covid-19 sind bei unter 50-Jährigen viel seltener als etwa die Neu-Erkrankung an Krebs. Die Medien berichten aber gerne über schwer an Covid-19 erkrankte Jugendliche kommen aber nicht auf die Idee das mit der Anzahl an Krebserkrankungen bei Jugendlichen zu vergleichen.

    Der empfehlenswerte Nature-Artikel The coronavirus is most deadly if you are older and male — new data reveal the risks macht das deutlich. Dort liest man zu Beginn:

    Von 1.000 mit dem Coronavirus infizierten Menschen unter 50 Jahren stirbt fast keiner. Bei Menschen in den Fünfzigern und frühen Sechzigern werden etwa fünf sterben – mehr Männer als Frauen. Das Risiko steigt dann mit zunehmendem Alter steil an. Auf 1.000 Menschen Mitte siebzig oder älter, die infiziert sind, kommen etwa 116 Menschen, die sich infizieren. Dies sind die nackten Zahlen, die einige der ersten detaillierten Studien über das Sterblichkeitsrisiko für COVID-19 liefern.

    Weiter unten liest man dann, dass für einen 60-Jährigen an Covid-19 Infizierten die Sterbewahrscheinlichkeit bereits 50 Mal grösser ist als die an einem Verkehrsunfall zu sterben.
    Für Grossbritannien wurde folgendes gefunden:

    Im Juni und Juli erhielten Tausende von Menschen in ganz England in der Post einen Nadelstich-Antikörpertest. Von den 109.000 zufällig ausgewählten Jugendlichen und Erwachsenen, die sich dem Test unterzogen, enthielten etwa 6 % Antikörper gegen SARS-CoV-2. Dieses Ergebnis wurde zur Berechnung einer Gesamt-IFR für England von 0,9 % – oder 9 Todesfälle pro 1.000 Fälle – herangezogen. Bei den 15- bis 44-Jährigen lag die IFR nahe Null, bei den 65- bis 74-Jährigen stieg sie auf 3,1 % und bei den Älteren auf 11,6 %.

    Fazit: Covid-19 tötet Ältere um extrem vieles mehr als Jüngere.

      • @Michael Khan: „ Das ist doch nun wirklich keine Neuigkeit.
        Ja, absolut nicht. Aber in meinen Augen ist das wichtiger als fast alles andere was über COVID gesagt wird und wurde.
        Und die Konsequenzen sind massiv: In Spanien starben bereits 15% aller Altersheiminsassen und 2-stellige Prozentzahlen von Toten gab es in Alters- und Pflegeheimen vieler weiterer europäischer Länder (Deutschland hält sich da noch relativ gut).

        • Ist es möglich, dass ein nicht geringer Teil der Toten in Altersheimen auf das Konto der in Ländern wie Spanien extrem drastischen Lockdown-Maßnahmen selbst geht? Alte Leute, die sonst Zeit an der frischen Luft verbringen würden, werden seit Frühjahr eingesperrt und in panische Angst versetzt. Soziale Isolation und chronischer Stress sind bekanntlich tödlich.

          • Wenn ein alter Mensch Atembeschwerden hat, die sich dramatisch verschlimmern, und er kommt in die Klinik wird dort intensivmedizinisch versorgt und stirbt am Ende doch, dann sind die Ärzte schon imstande, die Infektion zu diagnostizieren. Trauen Sie dem medizinischen Fachpersonal ruhig mal etwas zu.

            Was natürlich deutlich die Überlebenschancen verringert, ist ein Mangel an medizinischer Versorgung, weil die Klinik aus allen Nähten platzt, die Intensivstation überfüllt ist und es an Beatmungsgeräten fehlt. Deswegen sollte man tunlichst bestrebt sein, es nicht soweit kommen zu lassen.

            Es ist natürlich auch richtig, dass Wegfall von Besuchen der Vereinsamung Vorschub leistet und dass es nachteilig ist, wenn der Physiotherapeut nicht mehr ins Heim kommt. Ich denke, jedem wäre es lieber, wenn es keine Covid-19-Pandemie gäbe.

          • @Lars
            Es sterben in den Altersheimen Menschen auch an anderen Ursachen als Covid-19. Auch an Einsamkeit. Die hier genannten Zahlen beziehen sich jedoch auf einen diagnostizierten Zusammenhang mit Covid-19.

        • Die Bezeichnung “Insasse” für die Bewohner wurde wahrscheinlich unabsichtlich gewählt, spiegelt aber dennoch die Situation in vielen solchen Einrichtungen wieder – die idealistische Beschreibung von einem anderen Kommentator, die paradiesische Zustände unterstellt, die nun durch ein Lockdown zunichte gemacht würden, entspricht wohl kaum der Wirklichkeit.

  6. Ich führe bereits seit März meine eigene Statistik und beziehe mich ausschließlich auf Daten der JHU und des RKI (https://coronavirus.jhu.edu/map.html, https://experience.arcgis.com/experience/478220a4c454480e823b17327b2bf1d4; JHU ist schneller, RKI ist genauer). Daraus ergibt sich, dass die FALL-Letalität am Mo, 08. 06.20 bei 4,717% lag und seitdem täglich im 0,x- Promillebereich kontinuierlich abnimmt (Stand 02.11.20: 1,902%). Auch ich vergleiche die jeweiligen Maxima der 7-Tage- Mittelwerte der Meldungen von Infektions- und Todesfällen und habe eine ziemlich konstante Differenz von 17 Tagen ermittelt. Zählt man hier die durchschnittliche Inkubationszeit (und Meldeverzug) hinzu, ergeben sich ca. 23 Tage für die leider Verstorbenen zwischen Ansteckung und Tod.

  7. P.S.: Alle Daten beziehen sich nur auf Deutschland!
    Und hier noch ein Hinweis: Die auf der RKI-Dahsboard-Startseite veröffentlichten Zahlen stimmen, und sie stimmen aber auch nicht. Erstens sind neue Fälle nicht neue Fälle, sondern neue Informationen zu erfolgten Infektionen. Zweitens stimmt die Zahl neuer Informationen zum Vortag, das sind aber keine neuen Infektionen zum Vortag. Diese verteilen sich auf die letzten TAGE und WOCHEN. So wurden heute (03.11.20) 15.352 neue Fälle zum Vortag gemeldet, die (vorläufige) Fallzahl beträgt jedoch 8.063 neue Fälle von gestern zu vorgestern, der Rest verteilt sich auf die letzten Tage.

    • Ja gut, ein “neuer Fall” ist auch nach meiner Annahme nur ein diagnostizierter Fall. Was das andere betrifft, da ich ohnehin nur die über 7 Tage gemittelten Werte verwendet habe, sollten zeitliche Unregelmäßigkeiten beim Eintragen der neuen Fälle nicht wirklich durchschlagen.

      • Gut, vielleicht bin ich zu kleinlich. Für mich macht es aber einen großen Unterschied, ob das RKI für die 44.KW 103.749 Fälle gemeldet hat, tatsächlich aber 107.076 diag. Fälle zuzuordnen sind. Der “Horrormeldung” vom 31.10.20 von 19.059 “Neuinfektionen zum Vortag” stehen 13.010 (auch diese Zahl ist nur Makulatur und wird sich durch Nachmeldungen/Korrekturen noch ändern) wirklich zuordenbare Fälle gegenüber. Ich glaube, das ist epidemiologisch schon sehr bedeutsam, denn so lassen sich Ereignisse (Feiertage, Toennis…) besser zuordnen und vor allem Prognosen erstellen.

        • Soweit ich weiß, kommen große Sprünge in der Statistik dadurch zustande, dass manche Stellen an einzelnen Tagen keine Daten übermitteln und dafür an anderen Tagen die gesammelten von den vorherigen Tagen. Die Sprünge haben natürlich mit dem tatsächlichen Infektionsgeschehen nichts zu tun. Bei meinen Nachrechnungen sind diese Schwankungen durch die Mittelung über 7 Tage ohnehin weitgehend verschwunden. Vielleicht können manche mit den nicht geglätteten Daten etwas anfangen. Für meine Abschätzungen hat das aber keine Bedeutung. Ohnehin berechne ich ja nur die Obergrenze der Sterberate. Die tatsächliche Rate der Gestorbenen pro Infizierter kann ich nicht berechnen, und auch sonst niemand, weil niemand die tatsächliche Zahl der Infizierten kennt.

          • Dem stimme ich voll zu, ohne Datenglättung des “Sägezahneffekts” geht es einfach nicht. Die 7- Tage- Mittlung ist auch nach meiner Meinung sehr effektiv, ich verwende sie auch. Bei der Prognose der Sterbefälle hat sich bei meiner Betrachtung die Zahl Verstorbener pro Kalenderwoche (also Mo-So) als gut geeignet erwiesen. Hier zeigt sich augenblicklich wirklich ein exponentieller Anstieg der absoluten Fallzahlen ab, obwohl die Fallsterblichkeit sinkt. Wenn ich mit meiner Sicht richtig liege, werden wir in dieser Woche mit 770 (+/-) Toten rechnen müssen. Ich kann nur hoffen, dass die eingeleiteten Maßnahmen diesen Trend brechen.
            Für die Dunkelziffer der Infektionen gibs ja nun sehr verschiedene Angaben, die der Verstorbenen dürfte dagegen (gerade in Deutschland) verschwindent klein sein. Bei einem Verhältnis von 1:10 (höchste mir bekannte Schätzung) erscheint mir eine Infektionssterblichkeit < 0,2% durchaus plausibel.

  8. Gibt es nicht zu denken, dass das Durchschnittsalter der deutschen C-19-Opfer sehr nahe bei der allgemeinen Lebenserwartung in D. liegt?

    Welche Schlüsse ziehen Sie daraus?

    • Dieser Zusammenhang ergibt sich aus der bereits in einem anderen Kommentar mit Quelle genannten, weithin bekannten Beobachtung, dass Covid-19-Infizierte hohen Alters (und solche mit einer Vorerkrankung) ein höheres Risiko für einen schweren oder tödlichen Verlauf haben. Das ist bei vielen anderen Infektionskrankheiten auch so.

      Aus einem so trivialen Umstand allein sollten aber nicht gleich Schlüsse gezogen werden, ohne andere statistische und medizinische Untersuchungsergebnisse einzubeziehen. Das aber ist nicht Thema des Artikels.

      Zur Beantwortung Ihrer Frage in einem anderen Kommentar: Ich hatte Ihren Kommentar nicht freigeschaltet, weil ich der Meinung war, dass er nichts zur Diskussion beiträgt, das nicht bereits gesagt wurde. Wenn anderswo bereits detaillierter und fundierter derselbe Sachverhalt besprochen wird, bedarf es des zusätzlichen Kommentars nicht.

  9. Wieviele von den 1% sterben denn wirklich AN Corona und nicht MIT Corona? Könnte man das nicht auch mal untersuchen?

    • Aus der Formulierung ihrer Frage schließe ich: Sie haben bereits eruiert, ob untersucht worden ist, inwieweit verstorbene Patienten auch ohne Corona genau so früh gestorben wären. Und die gewonnenen Ergebnisse, zum Beispiel aus Autopsien von Verstorbenen oder aus der statistischen Analyse der Übersterblichkeit, finden Sie nicht überzeugend. Da Sie jetzt nicht konkret Bezug nahmen auf Veröffentlichungen oder Daten, kann ich leider nicht einordnen, woran Sie jetzt genau Anstoß nehmen.

      • Herr Müller deutet wohl die Tatsache an, dass ein positiver PCR-Test mit einem Corona-Toten verbunden wird. Inwieweit dies mit der besseren Vergütung eines Corona-Patienten für Krankenhäuser in Verbindung steht kann ich nicht beurteilen. Als Extrembeispiel wäre hier der verunglückte Motorradfahrer mit positiven Testergebniss als Coronatoter zu nennen. Auch Doppeltzählungen aufgrund Übernahmen von Patienten aus dem Ausland wären zu beachten. Gleichzeitig werden kaum Testungen anderer Infektionskrankheiten durchgeführt zur Erkennung anderer viralen Erkrankungen.
        Es mangelt an der Datenbasis. Genau aus diesem Grund wurden in der Vergangenheit von der Übersterblichkeit aus die “Grippetoten” ermittelt ohne genauere Bezeichnung der einzelnen Virenstämme.

        • Kann man das alles bitte mal belastbar belegen? Der konstruierte Fall mit dem verunglückten Motorradfahrer dürfte an den Haaren herbeigezogen sein – wie kommen Sie zu der Aussage, dass bei ihm nicht als Todesursache die beim Unfall erlittenen Verletzungen genannt werden würden? Die Unterstellung der Unehrlichkeit seitens des medizinischen Personals kann hier nicht unwidersprochen bleiben. Wenn Sie das nicht beurteilen können, sollten Sie das auch nicht unterstellen.

          Auch der angebliche Mangel an Aussagekraft der Statistiken zur Übersterblichkeit oder die behauptete Fehldiagnose der Todesursache, zumal ja auch Ergebnisse von Autopsien vorliegen, harrt noch des Belegs.

  10. Sie betrachten offenbar die Fallsterblichkeit (CFR). Die Infektionssterblichkeit (IFR) liegt niedriger, die Heinsbergstudie und vergleichbare andere Studien zu dieser Frage haben, wenn ich mich richtig erinnere, eine IFR um die 0.4% ermittelt.

    • Das ist richtig, Herr Pfeifer. Mir geht es allein darum, zu sehen, was man aus den täglich herausgegebenen und darum aktuellsten Zahlen herauslesen kann.

      Dass der von mir gewonnene Wert immer noch deutlich zu hoch ist und damit eine Obergrenze der Sterberate darstellt, wird im Blog-Artikel explizit angesprochen. Siehe dazu der Abschnitt mit der Überschrift “Was sagen uns diese Zahlen?.

  11. Zitat Beitrag Michael Khan:

    Eine Sterberate von 1 Prozent ist immer noch gewaltig hoch. Sollte es wirklich zu einer ungebremsten Ausbreitung der Seuche in Deutschland kommen, bevor Herdenimmunität wirksam wird, würde eine Sterberate von 1 Prozent bedeuten, dass beispielsweise von 50 Millionen Infizierten 500,000 Menschen sterben werden.

    Eine eigene Überschlagsrechnung von mir ergibt, dass die Grössenordnung der obigen Abschätzung der zu erwartenden Toten in Deutschland (500,000) korrekt ist.
    Meine Annahme: Die Zahl der Toten wird (fast) aussschliesslich durch die Zahl der Deutschen älter als 80 Jahre bestimmt, denn die Covid-19 Sterblichkeit steigt sehr stark mit dem Alter und beträgt deutlich über 20 Prozent für über 85-Jährige.
    Ich nehme nun vereinfachend an, 50 Millionen Deutsche werden mit Covid-19 infiziert und es sterben nur gerade über 80-Jährige (eine Vereinfachung) und 20% dieser über 80-Jährigen Infizierten sterben an der Infektion. Nun gab es gemäss Statista im Jahre 2009 5 Prozent Deutsche, die älter als 80 Jahre waren.
    Das ergibt folgende Rechnung: Anzahl Covid-19 Tote= 50000000*0.05*0.2 = 500000.
    Fazit:Mit der jetzt bestehenden Altersstruktur Deutschlands sind ungefähr 500,000 Tote zu erwarten, wenn 50 Millionen Deutsche sich mit Covid-19 infizieren. Achtung: es könnten auch deutlich weniger sein, dann nämlich wenn es auch viele über 80 Jährige gibt, die die Infektion asymptomatisch durchmachen. Die von mir genannten über 20 Prozent der über 80 Jährigen, die an Covid-19 sterben beziehen sich ja auf bekannte medizinische Fälle und die verpassen die asymptomatischen Verläufe. Persönlich nehme ich aber an, dass es bei Alten weniger asymptomatisch verlaufende Fälle gibt als bei Jungen.

    Beurteilung: Die meisten, die an Covid-19 sterben sind über 80 Jahre alt und viele von ihnen werden bei einer schwer verlaufenden Covid-19 Infektion nicht intensiv medizinisch behandelt, zum Teil weil sie es selber nicht wünschen. Das bedeutet, dass mit oder ohne Überlastung der Spitäler insgesamt fast gleich viele sterben werden, wobei bei Überlastung aber auch jüngere Patienten (zum Beispiel 60 Jährige) sterben werden, weil sie abgewiesen werden müssten.

    • Ergänzung: Gemäss Age-dependent effects in the transmission and control of COVID-19 epidemics gilt:

      Wir schätzen, dass die Infektionsanfälligkeit bei Personen unter 20 Jahren etwa halb so hoch ist wie bei Erwachsenen über 20 Jahren, und dass sich die klinischen Symptome bei 21% (95% glaubwürdiges Intervall: 12-31%) der Infektionen bei den 10- bis 19-Jährigen manifestieren und bei den über 70-Jährigen auf 69% (57-82%) der Infektionen ansteigen.

      Das ergibt nun mit der Annahme, dass 70% der über 80-Jährigen Infizierten zu einem medizinischen Fall werden, folgende Rechnung : Anzahl Covid-19 Tote= 50000000*0.05*0.7*0.2 = 350000.
      Fazit: wenn 50 Millionen Deutsche infiziert werden gibt es unter Berücksichtigung der Altersstruktur und der Anzahl der nach Infektion Erkrankten bis zu 350‘000 Tote. Im Jahr 2019 starben insgesamt 940‘000 Deutsche. Würden die meisten Covid-Toten im Jahr 2021 anfallen, könnten also im Jahr 2021 ein Drittel mehr Deutsche sterben als im Jahr 2019. Mit Social Distancing und einer breiten Durchimpfung (die bei den Alten beginnen sollte) könnte das aber verhindert werden.

    • Zitat aus dem Artikel zum Thema “Herdenimmunität”.

      “Das hat noch nie funktioniert”

      Doch, das hat bisher in den vielen Millionen Jahren der Evolution des Lebens auf der Erde immer funktioniert. Viren, Bakterien und andere Mikoorgamismen waren schon immer Bedrohungen, auf die die Evolution mit der “Erfindung” des Imunsystems reagiert hat. Das natürliche Imunsystem spielt in der Diskussion um Corona jedoch überhaupt keine Rolle, man tut so, als seien die Menschen diesem angeblich völlig neuartigem Virus völlig schutzlos ausgeliefert. In dem Artikel kommt das Wort Imunsystem z.B. überhaupt nicht vor.

      • Ich sehe keinen Grund für Ihre Annahme, der Autorin des von mir verlinkten Spektrum-Artikels müsste das Prinzip der erworbenen Immunität erklärt werden, denn dieses Prinzip ist in dem Artikel ausführlich und hinreichend erklärt. Dass dahinter das Immunsystem (nicht “Imunsystem”) steht, darf sie mit Fug und Recht als bekannt voraussetzen.

        In dem Spektrum-Artikel geht es nicht um die Existenz der erworbenen Immunität. Die steht gar nicht zur Debatte und wird auch von niemandem bestritten. Wie schon die Überschrift und dann noch einmal der darauf folgende Satz klar machen: das Thema ist dort, ob das Prinzip des Erreichens der Herdenimmunität durch weitgehenden Verzicht auf weitgehende Schutzmaßnahmen sinnvoll und zielführend ist.

        Darauf bezieht sich auch die von Ihnen zitierte Aussage “Das hat noch nie funktioniert”. Diese Aussage bezieht sich nicht, wie Sie unterstellen, auf das grundlegende Prinzip der erworbenen Immunität selbst. Im ganzen Spektrum-Artikel geht es nur um diese Herdenimmunität. Also sehe ich wirklich nicht, worauf Ihr Kommentar abzielt. Haben Sie den Spektrum-Artikel überhaupt vollständig gelesen?

        Hinweis: Weiter unten im Spektrum-Artikel gibt es zwei Abschnitte mit den Überschriften “Funktioniert Herdenimmunität als Strategie?” und “Welche Hürden stehen ihr im Weg?”. Dort begründet die Autorin ihre Meinung, dass das Erreichen der Herdenimmunität durch Verzicht auf Schutz von Infektion keine geeignete Strategie ist. Ich empfehle die Lektüre dieser Abschnitte.

        Es steht jedem frei, der Meinung der Autoren nicht zuzustimmen. Wer ihr aber widersprechen will, sollte zumindest zu den dort genannten Ansichten sowie Zahlen Stellung nehmen. Die grundlose Unterstellung, der Autorin sei die Existenz des Immunsystems nicht bekannt, sehe ich nicht als qualifizierte und sachliche Stellungnahme.

        Um Ihnen nun unnötige Schreibarbeit zu ersparen, weise ich vorsorglich darauf hin, dass ich unqualifizierte Kommentare in aller Regel nicht freizugeben beabsichtige. Mein Blog und die damit verbundene Arbeit ist mir einfach zu schade, um sie mit der Art von Kommentaren überfluten zu lassen, die dieses Thema offenbar zwangsläufig anzieht. Aus meiner Sicht ist COVID-19 ein Thema, das man Ernst nehmen und mit dem sich ernsthaft auseinandersetzen sollte.

    • Corona- Impfbereitschaft in Deutschland ungenügend ?
      Die Durchimpfung einer Bevölkerung führt zur Herdenimmunität und damit dazu, dass auch eine nicht Geimpfte, ein nicht Geimpfter, vor Infektion geschützt ist. Eine natürlich sich entwickelnde Herdenimmunität ist bei einer gefährlichen Infektionskrankheit immer unerwünscht wenn es eine Alternative gibt. Die Alternativen sind entweder Elimination des Virus wie es einigen Inselnationen und China weitgehend gelungen ist oder die Impfung, welche 1) die Geimpften schützt und 2) bei Durchimpfung der gesamten Bevölkerung alle schützt, auch die Ungeimpften.

      Es ist abzusehen, dass in Europa und den USA, die Impfung gegen Sars-CoV-2 die Krankheit unter Kontrolle bringen kann. Werden nur die Risikogruppen (Alte,medizinische Betreuer) geimpft, genügt das schon um schwere Krankheitsverläufe selten zu machen. Ist die Durchimpfung sogar genügend gross, nämlich so gross, dass sich eine Herdenimmunität einstellt, dann gibt es sogar fast gar keine Erkrankungen mehr. Gemäss dem von Michel Khan verlinkten Artikel Herdenimmunität – Verheißung oder heiße Luft? müssen wahrscheinlich zwischen 60 bis 70% der Bevölkerung gegen Sars-CoV-2 geimpft sein, damit sich eine Herdenimmunität einstellt. Doch gemäss Statista Wären Sie grundsätzlich bereit, sich gegen das Coronavirus (COVID-19) impfen zu lassen? sind nur 37% der befragten Deutschen auf alle Fälle bereit sich gegen Corona impfen zu lassen und 34% weitere würden sich wahrscheinlich impfen lassen. Immerhin ergibt die Summe 71%. Liessen sich also auch alle impfen, die sich als wahrscheinliche Impfkandidaten ausgewiesen haben, dann würde sich eine Herdenimmunität einstellen und Corona wäre kein Thema mehr, weil es kaum noch Erkrankungen gäbe.
      Doch leider muss eine Durchimpfung von 71% Deutschlands als optimistisch eingeschätzt werden. Gerade auch unter Corona hat sich die Impfbereitschaft in Deutschland eher weiter erniedrigt anstatt erhöht. Das berichten mehrere Medien. Generell war die Impfbereitschaft in den meisten europäischen Ländern bis vor etwa 10, 20 Jahre sehr gross, besonders gross etwa in Skandinavien, wo es auch ein starkes Vertrauen in den Staat gibt. Doch in letzter Zeit nimmt die Impfbereitschaft ab. Gerade auch bei Akademikern und Gebildeten. Hier finden wir das Paradox, dass mehr Wissen nicht selten zu mehr Impfskepsis führt. Wissbegierige, kritisch eingestellte Menschen finden heute im Internet sehr viel impfkritisches Material. Wer dann noch jedes noch so kleine persönliche Risiko für wichtiger einschätzt als den Nutzen einer Impfung für die Gesellschaft, der kann sich plötzlich mit scheinbar rationalen Argumenten einer Impfung entziehen.
      Was bedeutet das nun für Covid-19? Nun, insgesamt wurden von Deutschland bereits viele Milliarden in Massnahmen gegen die Verbreitung des Corona-Virus ausgegeben (pro Person mehrere tausend Euro). Eine Impfung zuerst der besonders Gefährdeten, später der gesamten Bevölkerung könnte die Krankheit endgültig stoppen. Das würde bedeuten, dass das eingesetzte Geld letztlich doch etwas bewirkt hätte. Es wäre wirklich traurig, wenn mangelnde Impfbereitschaft es verhindern würde, dass wir Corona endgültig los werden.

      • Ich finde solche Formulierungen wie “Elimination des Virus” oder “die Krankheit endgültig stoppen” oder “Corona endgültig los werden” irreführend. Gibt es Erkenntnisse, die darauf hinweisen, dass das Virus tatsächlich ausstirbt und damit vollkommen von der Bildfläche verschwindet? Angesichts der anscheinend befristeten Immunität Genesener sowie der Mutationen des Virus erscheint mir das unwahrscheinlich.

        Weltklasse-Experten wie Donald Trump haben zwar das Verschwinden des COVID-19-Virus lauthals beschworen, die WHO und andere Stellen haben aber schon im Mai 2020 davor gewarnt, dass das COVID-Virus wahrscheinlich niemals verschwinden wird und in der Zukunft ebenso wie die Grippevirus-Stämme eine permanente Gefahr – allerdings eine von vielen – gerade für Risikogruppen wie Alte oder Menschen mit Vorerkrankungen darstellen könnte. Auf der anderen Seite wird es ständige Fortschritte in der Impfmittelforschung und der medikamentösen Bekämpfung der Symptome geben, sodass Epidemien in der Zukunft viel von ihrem Schrecken verlieren könnten.

        Anlass zu hochgeschraubten Erwartungen an den endgültigen Sieg über das Virus sehe ich aber nicht. Hier ist ein Artikel in Nature, erschienen im August, in dem spekuliert wird, wie die Pandemie sich 2021 und weiter entwickeln könnte.

        • @Michael Khan (Zitat 1): Ich finde solche Formulierungen wie “Elimination des Virus” oder “die Krankheit endgültig stoppen” oder “Corona endgültig los werden” irreführend.
          Antwort: Die Pocken wurden eliminiert, Polio steht kurz vor der Elimination und die WHO hat den festen Plan, die Masern zu eliminieren. Leider ist eine weltweite Elimination beim Corona-Virus kaum zu erwarten, denn es wird von Tieren, sogar Haustieren vom Mensch auf das Tier und zurück übertragen (im Gegensatz zu Pocken, Polio, Masern) und es mutiert auch, wenn auch nicht so schnell wie das Grippevirus.

          (Zitat 2): Angesichts der anscheinend befristeten Immunität Genesener sowie der Mutationen des Virus erscheint mir das unwahrscheinlich.
          Antwort:
          1) Eine Corona-Impfung sollte nach heutigem Wissen mindestens einige Monate vor einer Infektion schützen.
          2) Das Virus mutiert zwar, aber lange nicht so stark wie das Grippevirus.
          Die heutigen Grippeimpfungen müssen jährlich angepasst werden, beim Coronavirus könnte es länger dauern bis eine Anpassung nötig ist.

          (Zitat 3): die WHO und andere Stellen haben aber schon im Mai 2020 davor gewarnt, dass das COVID-Virus wahrscheinlich niemals verschwinden wird und in der Zukunft ebenso wie die Grippevirus-Stämme eine permanente Gefahr – allerdings eine von vielen – gerade für Risikogruppen wie Alte oder Menschen mit Vorerkrankungen darstellen könnte. Auf der anderen Seite wird es ständige Fortschritte in der Impfmittelforschung und der medikamentösen Bekämpfung der Symptome geben, sodass Epidemien in der Zukunft viel von ihrem Schrecken verlieren könnten.
          Antwort:
          1) China, Taiwan, Neuseeland, Südkorea, Australien zeigen, dass es möglich ist, Covid-19 fast zu eliminieren. Dies im Gegensatz zur Grippe, wo das wirklich unmöglich ist. Allerdings ist es fraglich ob die erwähnten Länder die Schutzmassnahmen unbegrenzt fortsetzen können.
          2) Ja, es bestehen Chancen schwere Covid-19 Erkrankungen in Zukunft zu verhindern oder selten zu machen. Gerade wurde darüber berichtet, dass ein Antidepressiva bei einer kleinen Versuchsgruppe schwere Verläufe verhinderte. Das aber ist nur ein solcher Bericht unter vielen.

          • 2) Das Virus mutiert zwar, aber lange nicht so stark wie das Grippevirus.

            Das zumindest, wenn es sich langfristig bestätigt, wäre eine gute Nachricht. Beim Grippevirus muss im Sommer, wenn die Herstellung des Impfstoffs in Auftrag gegeben wird, geschätzt werden, mit welchen Virenstämmen man es im kommenden Winter zu tun hat. Vorhersagen sind aber bekanntlich immer dann schwierig, wenn sie die Zukunft betreffen. Im Ergebnis variiert die Wirksamkeit der Impfung erheblich von Jahr zu Jahr, je nachdem, wie gut die Prognose die tatsächlich eintreffenden Stämme vorhersagt. Wenn zumindest dieses Problem sich beim Coronavirus entschärfen würde, wäre das sehr wünschenswert.

        • Die Elimination/Ausmerzung eines Virus, einer Infektionskrankheit sollte immer das primäre Ziel sein. Sogar bei Sars-CoV-2/Covid-19 gibt es noch Chancen dafür wie die Länder beweisen, die keine heimischen, sondern nur noch importierte Covid-19 Fälle haben. Dass man Mutationen bei Sars-CoV-2 findet bedeutet zudem nicht unbedingt, dass die erworbene Immunität nach kurzer Zeit erlischt wie bei der Grippe, denn nur Mutationen, die die Proteine und ihre Faltung beeinflussen, zählen für die Immunantwort. Die meisten Mutationen sind aber diesbezüglich irrelevant, allerdings gibt es auch bei Sars-CoV-2 möglicherweise immunrelevante Mutationen wie der Artikel The coronavirus is mutating — does it matter? zeigt.

          Hoffnung auf eine mögliche Elimination des Virus macht jedenfalls der Artikel Frequent, rapid testing could cripple COVID within weeks, study shows. Dort liest man:

          Das Testen der Hälfte der Bevölkerung wöchentlich mit preiswert, schnell – Umlauf COVID-19 – Tests würde das Virus in Richtung zur Elimination innerhalb von Wochen antreiben – selbst wenn jene Tests erheblich weniger empfindlich als klinische Standardtests sind, entsprechend einer neuen Studie, die heute von der Universität von Kolorado Boulder und von den Harvard Universitätsforschern veröffentlicht wird.

          Eine solche Strategie könnte zu “personalisierten Stay-At-Home Aufträgen” führen, ohne Restaurants, Bars, Einzelhandelsgeschäfte und Schulen zu schließen, so die Autoren.

          “Unsere allgemeine Erkenntnis ist, dass es im Bereich der öffentlichen Gesundheit besser ist, heute einen weniger empfindlichen Test mit Ergebnissen zu haben als morgen einen empfindlicheren mit Ergebnissen”, sagte der Hauptautor Daniel Larremore, ein Assistenzprofessor für Informatik an der CU Boulder. “Anstatt allen zu sagen, dass sie zu Hause bleiben sollen, damit Sie sicher sein können, dass eine Person, die krank ist, es nicht verbreitet, könnten wir nur den ansteckenden Menschen Anweisung geben, zu Hause zu bleiben, damit alle anderen ihr Leben weiterführen können.

  12. Ganz allgemein: Mir wurde vorgeworfen, ich betreibe Zensur, weil ich einzelne Kommentare nicht freigeschaltet habe.

    Generelle Antwort dazu, Zensur im Sinne der Unterdrückung mir nicht genehmer Meinungen findet hier nicht statt. Was ich mache, ist eine Art von Qualitätskontrolle im Interesse der Wahrung eines hohen Informationsgehalts.

    Das ist einfach zu verstehen: Wer Texte nicht liest, aber dennoch einfach irgendwas vollkommen aus der Luft gegriffenes dazu kommentiert, der spart Zeit. Wer keine Hintergrundinformation sucht und keine Daten, um Behauptungen zu widerlegen, spart Zeit. Solche Müllkommentare kann man ganz schnell raushauen – so schnell, wie man tippen kann.

    Eine fundierte Antwort dagegen kostet Zeit. Der Blogger wird aber schnell feststellen, dass auf die fundierte Antwort dann wiederum mit unfundierten Kommentaren geantwortet wird.

    Konsequenz: Der Müll in der Kommentarspalte nimmt unkontrolliert zu und im gleichen Maße nimmt der Informationsgehalt ab. Das werde ich in meinem Blog nicht zulassen. So einfach ist das.

    Bezugnehmend auf diesen Artikel auf Spektrum.de, in dem Strategien zur Erreichung der Herdenimmunität bewertet wurden, fiel in einem nicht freigeschalteten Kommentar der Verweis auf Schweden, wo angeblich der weitgehende Verzicht auf Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Ausbreitung erfolgreich zur Herdenimmunität geführt hatte.

    Offenbar hat der Autor nicht einmal den verlinkten Artikel gelesen. Dort wird nämlich ausdrücklich auf Schweden Bezug genommen, und zwar mehrfach. Zum einen ist dort der Verzicht auf die Vorsichtsmaßnahmen gar nicht so umfassend, wie gern behauptet wird. Zum anderen resultierte die schwedische Vorgehensweise in deutlich höheren Zahlen an Todesfällen und auch einer höheren Fallsterblichkeit als in Nachbarländern.

    Es sollte niemanden überfordern, wenn man die Gültigkeit einer Annahme vorher am Zahlenmaterial erdet, bevor man eine Behauptung öffentlich hinausposaunt. So viel Zeit muss sein.

    Zahlenmaterial ist verfügbar u.a. hier (global), von dort aus verlinkt auf jedes einzelne Land. Schweden hat 609 Tote pro Million Einwohner zu verzeichnen, Norwegen 54, Dänemark 130, Finnland 67 und Deutschland 149. Schweden hat 177355 bekannte Fälle, bei einer Bevölkerung von mehr als 10 Millionen. Es gibt keinerlei Grund zur Annahme, dass dort die Herdenimmunität auch nur annähernd erreicht wurde. Dazu müsste die Anzahl der bekannten Fälle 10 Mal höher liegen. Warum schauen sich die Leute, die auf Schweden verweisen, nicht einmal die Situation im brasilianischen Manaus an?

    Wie bereits bei mir vorgerechnet: Die Sterblichkeit liegt aktuell in Deutschland und vergleichbaren Ländern bei rund 1-1.5% der bekannten Fälle, was einer Sterblichkeit von deutlich unter 1% in Bezug auf alle Infizierten entsprechen dürfte, deren Zahl jedoch nicht bekannt ist. Dies ist wohlgemerkt die aktuelle Situation, bei einem noch nicht überforderten Gesundheitssystem.

    Angenommen, die Infektion würde ungehemmt durchmarschieren und es käme zu einer weitgehenden Durchseuchung, dann ist wohl kaum anzunehmen, dass unser Gesundheitssystem damit klarkommt. Die Sterblichkeitsrate dürfte deutlich steigen, wenn es viel zuwenig Intensivbetten und Beatmungsgeräte gäbe.

    Jetzt kann man leicht ausrechnen, wie viele Tote es gäbe, wenn es tatsächlich 50 Millionen Infizierte hierzulande gäbe. Das habe ich auch in meinem Artikel gemacht, in einigen Kommentaren wurde das nachgerechnet. Wollen wir solche Zustände?

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